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ADB:Hocher, Johann Paul Freiherr von

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Artikel „Hocher, Johann Paul“ von Heinrich Ritter von Zeißberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 520–521, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hocher,_Johann_Paul_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 15:01 Uhr UTC)
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Hocher: Johann Paul H., Sohn eines Professors und Advokaten zu Freiburg im Breisgau, am 12. August 1616 daselbst geboren, floh 1635 vor den Schweden nach Innsbruck, fand Beschäftigung bei dem Advokaten D. Drächsl in Botzen, zerfiel aber später mit demselben und trat nun selbständig als Advokat auf. Zwar verwickelte ihn Drächsl aus Rachsucht in einen Proceß, doch gewann er denselben und lenkte zugleich die Aufmerksamkeit des erzherzogl. Hofes auf sich, so daß er 1652 Regierungsrath und 1655 Vicekanzler von Tirol wurde. 1656 auf sein Ansuchen dieses Amtes wieder enthoben, lebte er bis 1660 abermals meist in Bozen, wurde im letztgenannten Jahre geadelt und fürstl. bischöflicher Hofrath und Hofkanzler zu Brixen. 1662 machte ihn Erzherzog Sigmund Franz zum Regierungskanzler. Doch gleichzeitig übertrug ihm der Kaiser mit dem Charakter eines Reichshofrathes das Directorium des Fürstenrathes auf dem Regensburger Reichstage, wo er bis 1665 thätig war. Der Tod des Erzherzogs Sigmund Franz rief H. nach Tirol, das jetzt an den Kaiser fiel, zurück. Von diesem zum österreichischen Hofvicekanzler ernannt, vertrat er [521] bei der Erbhuldigung zu Innsbruck den erkrankten Hofkanzler Graf Sinzendorf, dem er, als derselbe 1665 starb, in diesem Amte folgte. Als Hofkanzler gehörte H. zur geheimen Conferenz und waltete seines Amtes, das dem heutigen Ministerium des Innern entsprach, in einer der schwierigsten Epochen Oesterreichs; es kann uns daher nicht Wunder nehmen, wenn derselbe von seinen Beurtheilern je nach deren Parteistandpunkte bald gelobt, bald getadelt wird. Die fremden Gesandten, welche mit ihm in Berührung kamen, lobten übereinstimmend seine große Geschäftskenntniß und seinen rastlosen Fleiß. Dabei arbeitete er jedoch langsam und sprach ermüdend. Auch verleugnete er als Staatsmann den einstigen Advokaten nicht. Seine Treue und Verschwiegenheit war zweifellos. Er war unbestechlich, für Schmeicheleien und Auszeichnungen unzugänglich. Er genoß das volle Vertrauen des Kaisers. Die größten Herren scheuten sich nicht, um sein Fürwort zu bitten. Dabei war H. viel gehaßt und verfolgt und es fehlte nicht an, freilich vergeblichen, Versuchen, ihn zu stürzen. Am meisten haßten ihn die Ungarn und alle jene, welche an den ständischen Freiheiten hingen. Denn H. war streng absolutistisch gesinnt. In den Processen gegen Zrinyi, Frangepani und Nádasdy führte H. den Vorsitz und ebenso in jenem Gerichtshofe, welchem die Revision der Tattenbach’schen Proceßacten übertragen wurde. Auch befürwortete er die Einführung eines Gouvernements in Ungarn. Hocher’s Hauptgönner war Lobkowitz, doch trennten sich in der Folge ihre Wege. Lobkowitz, der den offenen Bruch mit Frankreich um jeden Preis vermeiden wollte, büßte allmälig das Vertrauen des Kaisers ein, der sich seit 1673 mit Vorliebe in wichtigen Fragen an H. wendete. H. war es auch, der sich durch einen einstigen Kammerdiener von Gremonuille’s Secretär die Depeschen verschaffte, welche Lobkowitzens Sturz zur Folge hatten. H., welcher die schärfsten Stellen daraus dem Kaiser mittheilte, gehörte jener Commission an, die der Kaiser zur Untersuchung der Schuld seines ersten Ministers niedersetzte, und übergab am 17. October 1674 dem letzteren das kaiserliche Decret, worin ihm seine Absetzung und Verbannung vom Hofe angekündigt wurde. Dagegen behauptete sich H. bis an seinen Tod im Vertrauen des Kaisers, der auf sein Anrathen die Universität Innsbruck (1677) gründete und ihm die kleine in der Grafschaft Nellenburg gelegene Herrschaft Hohenkrän verlieh (1671), wovon man ihn vielfach H., Freiherrn von Hohenkrän genannt findet. H. starb zu Wien am 1. März 1683. Er war zwei Mal vermählt. Seine erste Frau, die er am 7. Juli 1643 ehelichte, M. Helene Kerschbaumer, Tochter eines wohlhabenden Gutsbesitzers zu Salurns, starb 1660. Sie hinterließ ihm fünf Töchter, aber keinen Sohn. Er vermählte sich noch in demselben Jahre mit der Wittwe Rosina v. Mitterhofen, geb. v. Enzenberg zu Schlanders, die aus erster Ehe drei Kinder, darunter einen Sohn, ihm zubrachte. Hocher’s Bildniß wird im Ferdinandeum zu Innsbruck aufbewahrt.

Vgl. die Gesandtschaftsberichte des Esaias Pufendorf (hsg. von K. G. Helbig, Leipzig 1862, namentlich S. 70) und des Justus Eberhard Passer (Arch. f. K. ö. Gesch., XXXVII. 365, 66), sowie der Botschafter Venedigs (Font. res. Austr. XXVII.), den Aufsatz: Johann Paul Hocher in der Neuen Zeitschrift des Ferdinandeums, V. u. besonders A. Wolf, Fürst Wenzel Lobkowitz, Wien 1869.