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ADB:Hoff, Konrad

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Artikel „Hoff, Konrad“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 767–770, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hoff,_Konrad&oldid=- (Version vom 19. Dezember 2024, 11:54 Uhr UTC)
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Hoff *): Konrad H., Architekturmaler, geboren am 19. November 1816 zu Schwerin, † am 19. Februar 1883 in München, erhielt als armer Leute Kind den ersten Kunstunterricht in der Feiertagsschule seiner Heimat, erlernte mit Weißquast die Tüncherei, ging von dieser zu Decorationsmalerei über, begab sich im Drange nach weiterer Ausbildung auf die Wanderschaft, kam nach Dresden, wo er zwar die Akademie frequentirte, dieselbe aber aus Mangel [768] an Mitteln bald wieder verlassen mußte. Seines Fortkommens wegen immer gewerblich und auch im Theaterfache beschäftigt, gelangte H. über Breslau, Krakau, Warschau und Wien im Herbst 1840 nach München. Hier trat er bei Jos. A. Schwarzmann (A. D. B. XXXIII, 315) in „Condition“ und arbeitete als Geselle an den Decorationsmalereien in der kgl. Residenz, der Basilika, wodurch H. ebenso wie Hauschild und Schwoiser die Mittel zum Besuche der Akademie erübrigte. Er oblag insbesondere dem Studium der Perspective unter Franz Heindl und später bei Seeberger (A. D. B. XXXIII, 566), dessen Vorbild als Maler von Intérieurs anregend auf H. wirkte. Noch mehr förderte ihn der Verkehr mit gleichstrebenden Freunden, wie Lichtenheld, Langko, Hanno Rhomberg, mit Fr. Bischof, dem Kupferstecher Brennhäuser, Joseph Miller u. A. Dann copirte er fleißig nach älteren Meistern in der Pinakothek und im Schlosse zu Schleißheim, dessen Rococo-Gemächer zu praktischen Studien in der Architektur- und Perspectivmalerei einluden. H. begann mit Genrebildern, bei welchen allmählich der architektonische Hintergrund hervortrat: 1849 brachte er zuerst „Die Wiedergenesende“, eine „Beichte“ in den Kunstverein und einen „Bestraften Katzenfreund“ (nachmals als „Der Antiquar mit den Katzen“ lithographirt von A. v. Ramberg im sog. König-Ludwig-Album); 1850 ein „Hausarchiv“ und die „Dem Einzug von Soldaten zuschauende Familie“; 1851 das häufig wiederholte „Zimmer eines Cardinals“ und 1852 den „Saal eines fürstlichen Jagdschlosses“ (angekauft um die damals ansehnliche Summe von 40 Louis d’or). Bahnbrechend erwies sich H. als wahrer Künstler mit seinem „Morgen nach dem Bankett“ (angekauft 1853 um 660 Gulden); es war ein sorgfältig durchgeführtes, nur mit einem die Neigen ausschlürfenden Mohren staffirtes Stilleben. Der damit gewonnene Beifall veranlaßte den Maler, dasselbe Bild in späterer Mittagsbeleuchtung „Nach der Mahlzeit“ zu wiederholen. Mit dem behaglichen Gefühle des Gelingens legte sich nun der fleißige H. auf dem gerade nicht allzugroßen Stilwechsel bietenden architektonischen Répertoire seiner goldverschnörkelten Zopf- und Rococogemächer mit den schweren Seidentapeten, glitzernden Glaslustern, blitzenden Spiegeln und glatteisigen Parquetten, seine Staffagen zurecht: rothe Cardinäle, sammtschleppende Edelfrauen oder leichte Kammerkätzchen – hierin ein Vorläufer von Körle und Lossow. Zu der großen Reihe von ähnlichen Bildern gehören die „Dämmerstunde“ (1854) mit dem am Fenster sitzenden träumerischen Mädchen, die „Toilette“ (1855), „Zimmer aus einem Schlosse“ (zu Pölnitz bei Neustadt), 1858 das „Musikzimmer“ mit einer singenden Dame, 1859 der „Einzug in eine Stadt“, 1860 eine „Partie aus dem Chor der Münchener Frauenkirche“ (vor ihrer Restauration), ein „Renaissance-Gemach“ mit einem schreibenden Dämchen, 1861 abermals ein Cardinalzimmer, das „Treppenhaus im Schlosse zu Schleißheim“ u. s. w. Das letztgenannte Jahr führte unseren Künstler nach Verona und Venedig; alsbald war der Maler im Bann dieser Zauberwelt, welche mit Ausnahme des Dichters Oskar v. Redwitz noch jeden echten Musensohn umstrickte und beglückte. Nun kommen allerlei Erinnerungen aus „S. Zeno in Verona“ (1862) und vom dortigen Marktplatz, welcher ebenso A. Menzel’s Bravour herausforderte, und den am 25. Decbr. 1904 in Jerusalem verstorbenen G. Bauernfeind zu seinem ersten, eminent gemalten Bilde (1879) reizte: dieses im glühendsten Morgenschein sich abspiegelnde Menschengewimmel mit der vielstimmigen Symphonie der Käufer und Verkäuferinnen und dem frischen Duft der Obstsorten und Blumen. Darauf folgten Erinnerungen aus der „Scuola di S. Rocco“ und der Kirche „S. Sebastiano“ (1863), diesem echt venetianischen Schatzkästchen von Farben, aus der altehrwürdigen „Basilika von Torcello“, aus „S. Miracoli“, aus den Höfen der palastreichen Lagunenstadt (1865) mit [769] „S. Maria Salute“, kurz aus dem poesiereichen Winkelwerk dieser Kirchen, aus dem Dogenpalast, dem Canale Grande und dem Schiffbauplatz (1871), bald in wabernder Mittagsglut oder im träumerischen Mondlichte, kurz in allen Stadien der Beleuchtung. Hier bewährt sich ja in bestrickendster Weise das Wort vom Hineingreifen ins volle Menschenleben! Eine große „Ansicht von Venedig“ (Preis 2500 Gulden) erschien 1872. Darüber vergaß er freilich nicht seine „Ahnensäle“ und Zopfgallerien aus Schleißheim oder dem Würzburger Schlosse, welche mit prinzeßlichen Damen, Aerzten, Bettelmönchen oder Ordensmännern staffirt wurden. Ein solches „Frühstück“ betiteltes Prunkgemach, wo für die noch unsichtbare Herrin der Morgenkaffee servirt wird, kaufte König Ludwig II. für die Neue Pinakothek. Die meisten von Hoff’s Bildern kamen gleich in feste Hand, nach Schwerin, in den Besitz des Königs von Hannover, der Königin von Preußen, des Prinzen Karl von Baiern; außer den ziemlich zahlreich nach auswärts gehenden Bildern erwarb fast alljährlich der Münchener Kunstverein ein Erzeugniß Hoff’s. Seinen rastlosen Bemühungen und seinem organisatorischen Talent gelang die Gründung der Münchener Künstlergenossenschaft und ihrer alljährigen Sommerausstellung; 1872–80 bekleidete H. das nicht immer glatte und neidenswerthe Amt eines Vorstandes dieser Genossenschaft.

Noch vor fünfzig Jahren begnügte man sich aus rohbehobelten, grün oder grau mit Leimfarbe getünchten Bretterwänden in den Münchner Glaspalast kleine Säle und schwimmcabinenhafte Cabinette einzubauen, in welchen die Bilder hart an einander, nach landsmannschaftlicher Fühlung aufgehängt wurden. Dazu kam das störrige Getrampel auf den weitklaffenden Bohlen, deren Spalten des Bretterbodens einen sicheren Aufbewahrungsort für verlorene Gegenstände gaben; an Ruheplätze und Sitze dachte niemand, nur der seine Becken bisweilen übersprühende Brunnen im Mittelraume spendete sommerliche Kühlung auch im Herbste; schnell vergilbte Tannenstämmchen bildeten einzig die landschaftliche Unterbrechung: an Blumenschmuck und andere Zier dachte niemand. Anregungen von jüngerer Seite nach einer freundlich anheimelnden Umgebung, nach einem menschenwürdigeren Dasein wurden von der älteren Generation in Ungnade abgeschlagen, wobei im vorberathenden Plenum dem Vorstande – die Promotion zum „Präsidenten“ erfolgte erst später – die halbweg gewiß nicht unrichtigen Worte entfuhren: „Wir brauchen gute Bilder und Kunstwerke und keine solchen Allotria.“ Hoff’s Wort fuhr wie eine Fanfare in die jüngeren, die nun ihre frisch constituirte Künstlerkneipe im oppositionellen Jubel auf „Allotria“ tauften, sodaß H. der intellectuelle Urheber dieser Vereinigung wurde, aus welcher sich eine Unmasse von Witz, Geist, Talent nebst anderen (freilich auch sehr alltäglichen) Zugaben entwickelten, welche rasch die Oberführung erreichten, dann aber von der „Secession“ und anderen naturnothwendigen Eventualitäten abgelöst wurden, die im unermüdlichen Kreislauf jeglicher Entwicklung wieder weitere Knospen, Blüthen, Früchte und Herbstzeitlosen im organischen Proceß nachzogen: Das Alte fällt, es ändert sich die Zeit und neues Leben grünt aus den Ruinen. Die ganze Genesis vollzieht sich sachlichst unter Leid, Kummer, Verdruß und Schmerzen zu neuen Hoffnungen, Enttäuschungen und Freuden im ewigen Kreislauf, wobei jede neue Generation sich als die einzig lebensfähige und berechtigte erklärt. Ob nun das Ganze Kunst-, Litteratur-, Cultur- oder Weltgeschichte genannt wird, bleibt homogene Wurstigkeit. Daß von jeder neuen Evolution das Heil der Welt abhängt, ist ebenso wahr wie Gellert’s „Fabel von dem Hut“, der in immer verjüngter Form doch derselbe alte Filz bleibt.

[770] H. hat die ehrenvolle, hervorragende Stellung, welche er in der Kunst und im Leben einnahm, auf rauhen, mühe- und dornenvollen Wegen aus eigener Kraft errungen. Was anderen Glückskindern von selbst zufällt, mußte er durch wahre, schwerverdiente Ausdauer und Geradheit erkämpfen. Mit eiserner Energie, unterstützt durch klaren Verstand und hohe Ehrenhaftigkeit erzwang H. was den in wohlgeordneten Verhältnissen geborenen und erzogenen Menschenkindern vom blauen Himmel herab bescheert wird. Wenn sein Auftreten in manchen Fällen nicht die glatte Form und glänzende Oberfläche seiner Salonbilder zeigte, so leistete doch der von Natur aus derb angelegte Mann reichen Ersatz durch die edle Gesinnung, den festen Willen und die aufopfernde Hingebung, womit er die materiellen Interessen der Kunst und der Künstler selbstlos vertrat. Ihm galt nur das Princip und nie die Person; erlittenen Kränkungen trat er nie in gleicher Weise entgegen, übte auch niemals Vergeltung. Infolge seiner Bemühungen in den Kriegsjahren, insbesondere bei Veranstaltung der großen Kunstausstellung und Verloosung zum Besten der Invalidenstiftung erhielt H. das „Verdienstkreuz für die Jahre 1870 und 1871“ und den königl. preußischen Kronenorden III. Classe; der Veteranenverein ernannte ihn zum Ehrenmitglied und gab ihm auch, gleich einem alten Kriegskameraden, mit der ganzen Münchener Künstlerschaft das letzte feierliche Geleit. Als Jury-Mitglied bei den verschiedenen internationalen Kunstausstellungen erhielt H. das Officierkreuz der franz. Ehrenlegion, den k. k. österr. Franz-Joseph-Orden (1873) und 1879 den Verdienstorden vom hl. Michael I. Classe, zugleich mit einer Staatspension. Sein sechzigster Geburtstag wurde mit einem glänzenden Feste und der Uebergabe eines silbernen Pocals gefeiert. Zunehmende Kränklichkeit und sichtliche Ermüdung veranlaßten den Künstler, das Vorstandsamt der Kunstgenossenschaft in jüngere Hände niederzulegen (1880). Eine lange, schmerzhafte Krankheit schloß sein Leben. Wer den Besten seiner Zeit Genüge geleistet, hat vollen Anspruch auf die Dankbarkeit der Nachwelt.

Sein Vermögen und den Ertrag seiner Ateliersammlungen (welche durch J. Steuber am 13. Juni 1883 versteigert wurden) vermachte H. dem Münchener Künstler-Unterstützungsverein.

Vgl. Nekrolog in Beilage 72 d. Allgem. Ztg. vom 13. März 1883. – Regnet in Lützow’s Zeitschrift XVIII, 386. – Kunstvereinsbericht für 1883, S. 71. – Fr. v. Bötticher, 1895. I, 552.

[767] **) Zu S. 393.