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ADB:Hohenwart, Franz Graf von

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Artikel „Hohenwart, Franz Josef Hannibal Graf v.“ von Peter von Radics in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 697–700, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hohenwart,_Franz_Graf_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 15:00 Uhr UTC)
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Hohenwart: Franz Josef Hannibal Graf v. H., geb. zu Laibach am 24. Mai 1771, gest. daselbst am 2. August 1844. Dem uralten baierischen Geschlechte der Herrn von Hohenwart, das bereits um 994 in einem Zweige nach Krain verpflanzt ward, und von hier zu immer größerem Ruhme, zu immer höherer Bedeutung im Staatsleben Oesterreichs, beziehungsweise Deutschlands gedieh entstammend erblickte Franz Josef Hannibal als zweitgeborner Sohn des Grafen Georg Jacob H., Landrechtspräsidenten in Krain zu Laibach das Licht der [698] Welt. Schon als Knabe im Hause seiner Eltern erhielt H., der Neigung seines Vaters entsprechend, die auch er sofort theilte, einen gediegenen Unterricht in der Geschichte und in den Naturwissenschaften sowie in der namentlich für das Land Krain so wichtigen Disciplin der Landwirthschaft. Die Kaiserin Maria Theresia hatte auch in Krain eine Gesellschaft des Ackerbaus und der nützlichen Künste ins Leben gerufen (1767) und als deren Director fungirte Hohenwart’s Vater, der sich auch auf das lebhafteste für die Erforschung der Landesgeschichte Krains interessirte, wie aus der kräftigen Unterstützung hervorgeht, die er dem Verfasser der noch heute unübertroffenen „Geschichte Krains“ Anton Linhart angedeihen ließ. Mit Beginn des J. 1782 kam H. zur Erziehung nach Florenz und zwar zu seinem Oheim, dem nachherigen Fürsterzbischof von Wien Sigismund Anton Grafen H. und ward so der „Mitschüler“ des damaligen Erzherzogs und späteren Kaisers Franz, denn Sigismund Anton Graf H. leitete bekanntlich die Erziehung der Prinzen am Hofe von Toskana. Aus den Tagen dieses gemeinsam mit seinem späteren Monarchen genossenen Unterrichtes bewahrte Graf H. noch im Greisenalter eine von seinem Oheim herrührende Handschrift „über die Methode des Geschichtsunterrichtes“, die eben den Vorträgen desselben bei dem Prinzen zu Grunde lag und die der Neffe bei der in den 40er Jahren erfolgten Gründung des Laibacher historischen Vereins für Krain (seit 1868 sistirt) dem Archive dieses schön begonnenen wissenschaftlichen Instituts widmete. Aus Florenz kam H. zur schließlichen Ausbildung nach Wien, wo zwischen ihm und seinem Collegen Karl von Schreibers, dem nachmaligen Director des kaiserl. königl. Naturaliencabinetes bald der innigste Freundschaftsbund entstand. Vereint mit diesem jungen Manne zu gemeinschaftlichem Streben auf den verschiedenen Gebieten des Naturstudiums trieb H. Naturgeschichte, Anatomie, Medicin und Montanistik mit gleich regem Eifer. Nach Vollendung der theoretischen Studien in der Residenz unternahm H. zu praktischer Belehrung – und insbesondere angeregt durch die Wanderungen des in der Heimath Krain damals thätigen Ethnographen und Culturhistorikers Balth. Hacquet – (s. Bd. X, S. 300) eine Reise nach Dalmatien, die ihm eine Fülle des Neuen in ethnographischer und naturgeschichtlicher Beziehung bot und seinen Blick auf die südslavischen Verhältnisse lenkte. Von diesem Exkurse in Laibach wieder angelangt, widmete sich H. den Traditionen der Familie entsprechend dem Staatsdienste und trat in die politische Laufbahn, da er ja als eigentliches Fachstudium in Wien die juridisch-politischen Curse durchgemacht hatte.

Neben dem öffentlichen Dienste bei der krainischen Landesstelle trieb aber H. seine Lieblingsstudien, die Naturwissenschaften, Montanistik fort, und Geschichte und zählte mit zu den täglichen Besuchern jenes anregenden geistigen Kreises, den der ausgezeichnete Mäcen, der gelehrte Freiherr Sigmund Zois in seinem „Musenhofe“ auf dem Rann (in Laibach) versammelt sah, aus welchem Kreise u. a. der berühmte Slavist Kopitar hervorging und wo jeder Fremde von Namen und Rang, der Krains Hauptstadt berührte, Einkehr hielt. Hier traf H. auch den vielgereisten Kunstfreund Freiherrn von Erberg, den nachherigen Erzieher des Kronprinzen Ferdinand von Oesterreich, den Schöpfer eines eigenen sehr reichhaltigen und ausgewählten Kunst- und Kunstindustrie-Museums auf Schloß Lustthal bei Laibach, das jedoch heute – nach dem Tode der letzten Freiin von Erberg, vermählte Gräfin Attems – in alle Winde zerstreut erscheint. Freiherr von Erberg ward nachher auch des Grafen Schwager, indem sich dieser 1797 mit dessen Schwester Margaretha Freiin von Erberg vermählte. Zwei Jahre vor seiner Vermählung 1795 bei Beginn der Feindseligkeiten Oesterreichs mit Frankreich war H. zum Kreiscommissär beim Laibacher Gubernium ernannt worden, in welcher Stellung er seinem Monarchen mit aller Hingebung [699] diente und in mancherlei schwierigen Verhältnissen verwendet wurde. Das Jahr 1803 fand ihn als Vice-Capitän in Capo d’Istria bei Triest; seine Mußestunden und kleineren Urlaube benutzte er zu Seefahrten um sich in seinen Lieblingsfächern, den Naturwissenschaften noch weiter praktisch auszubilden. Doch alsbald kamen wieder die kriegerischen Ereignisse und im December 1804 wurde H. wegen seiner Anhänglichkeit und Treue gegen Kaiser Franz vom französischen General Seres, dem Commandanten von Triest festgenommen und unter Eskorte zum General Massena nach Görz abgeführt; nur die Bemühung seines „Freundes“, des Generals Charpentier rettete ihn und er ward nach 14tägiger Haft auf freien Fuß gestellt. 1809 ward H. Kreishauptmann in Rudolfswert (Neustadtl) und organisirte als solcher mit allem Feuereifer des Patrioten den Landsturm „gegen den Franzmann“. „Da er – schreibt seine Gattin, die ihm bei seinem 1844 erfolgten Tode den Nekrolog verfaßt hat, damals über 250 Menschen theils Gotschauern, theils Reifnitzern, sowie mehreren Bürgern des Neustädter Kreises das Leben rettete, sollte er in Folge eines Befehles des (Generalgouverneurs von Illyrien) Marschall Marmont zum Tode durch Erschießen verurtheilt werden; nur die Dazwischenkunft des Friedens (1813) rettete ihn.“ Als nach dem Abzuge der Franzosen aus Krain und der Rückkehr der Oesterreicher die Stände des Herzogthums Krain die unter der Franzosenherrschaft abolirte Verfassung des Landes wieder herzustellen bemüht waren und die Restitution derselben von Kaiser Franz erbaten, da wurden durch Jahre Promemorias und Petitionen an den Allerh. Hof nach Wien abgefaßt und wie aus den in den Archiven vorliegenden Handschriften hervorleuchtet, war es in erster Linie H., der für die herkömmlichen Rechte und Freiheiten der Heimath wacker eintrat. Im J. 1818 erschien die neue Verfassung für das Herzogthum Krain; zwei Jahre vorher (1816) war Graf H. als Gubernialrath nach Venedig versetzt worden, doch blieb er nicht lange auf diesem Posten, schon 1820 nahm er – da er zu kränkeln begann – seine Pension und kehrte für den Ruhestand nach Krain zurück.

Jetzt konnte sich H. ganz seinen Lieblingsneigungen, den Studien der Natur und den Plänen für die Förderung von Kunst und Wissen im Lande mit aller Muße hingeben. Den Sommer auf seinem lieblichen Schlosse Raunach bei St. Peter (Eisenbahnstation der Südbahn via Laibach-Triest), den Winter in der Hauptstadt zubringend widmete H. seine Zeit ausschließlich dem Dienste der engeren Heimath Krain. Die Landwirthschaftsgesellschaft wählte ihn zu ihrem Präsidenten und hatte ihren sofortigen Aufschwung vorzüglich ihm zu danken. – Die „Adelsberger Grotten“ – die bekanntlich ausgedehntesten Tropfsteinhöhlen des Karstgebietes – wenngleich bereits im Mittelalter gekannt und besucht, wie dies in der Grotte selbst erhaltene alte Inschriften von 1213, 1323, 1343 etc. bezeugen, wurden doch eigentlich erst um 1816 wieder entdeckt und zu weiterem Vordringen praktikabel gemacht. Ein Hauptverdienst hiezu anregend und ermuthigend gewirkt zu haben, fällt dem benachbarten Gutsherrn von Raunach zu, dem Grafen H., der denn auch die seither ziemlich reichhaltige Litteratur der Adelsberger Grotten mit einem 1830 bei Sollinger in Wien erschienenen mit 19 Kupfern (Ansichten aus der Grotte) versehenen „Wegweiser“ eröffnete. Ein Jahr später 1831 feierte der um das Wol Krains unermüdlich besorgte Graf den Triumph, daß seine vorzüglichste Lieblingsidee, die Einrichtung eines Landesmuseums für Krain, mit naturhistorischen, historischen, ethnographischen und kunstindustriellen wie gewerbtechnischen Abtheilungen realisirt war und die schon gleich bei ihrem Inslebentreten reichen Sammlungen am 4. October als dem Namensfeste des Kaisers eröffnet werden konnten. Kaiser Franz hatte auf die Anregung Metternich’s, der zur Zeit des Laibacher Congresses [700] die Sammlungen des Baron Zois kennen gelernt hatte, und auf die Bitte seines einstigen „Mitschülers H.“ dem neuen Museum die Mineraliensammlung aus dem Nachlasse des Baron Zois für 6000 fl. erkauft; die Stände Krains, deren „Mitlandmann“ H. war, widmeten die Localiäten und einen Fond, die Privaten wetteiferten in Gaben an Geld und Musealstücken, die vielen gelehrten Freunde des Grafen im In- und Auslande, mit denen H. in regem Briefwechsel stand, trugen das Ihrige zur glänzenden Ausstattung bei. – Der 1836 erschienene von Graf H. selbst verfaßte „Leitfaden für die das Landesmuseum in Laibach Besuchenden“ weist bereits in die Hunderte von Nummern jeder Abtheilung dieses in seiner ursprünglichen Organisation wohlgegliederten, in wahrem Sinne des Wortes den Namen Landes- oder Nationalmuseum verdienenden herrlichen Institutes. Es ist bedauerlich, daß diese Anstalt, die heute durch die in ihr zur Verwahrung gelangten colossalen Pfahlbauten, überhaupt prähistorischen Funde wieder in den Vordergrund der allgemeinen Beachtung gerückt erscheint, nicht die Zeiten her im Sinne der ursprünglichen Gründung in allen ihren Theilen gleichmäßig fortentwickelt wurde; wäre dies geschehen, so besäße entsprechend dem weitaussehenden Blicke ihres Gründers des Grafen H. das Laibacher Landesmuseum heute eine ebenso reichhaltige Sammlung kunstindustrieller, gewerbtechnischer, ethnographischer, lokalhistorischer Gegenstände, wie es in Betreff der naturgeschichtlichen Sammlungen, insbesondere im Hinblick auf die Fauna wohl versehen erscheint. Dem Custos Karl Deschmann ist die systematische Ordnung der jüngsten prähistorischen Funde Krains in den Räumen des Museums zu danken.

Graf H., der mit allen Fasern seines starken Geistes an dem Museum hing, entschloß sich, obschon in Folge einer schweren Fußwunde immer hinfälliger, erst 1843, ein Jahr vor seinem Tode allen Geschäften zu entsagen, beim Museum, dessen Präsident er war, wie bei der Landwirthschaftsgesellschaft. Ein Jahr später ward der Graf von seinem bösartigen unheilbaren Leiden durch den Tod befreit. Er starb den 2. August 1844 im 72. Lebensjahre, „ein mildthätiger Freund der Armen, von allen seinen Freunden und Angehörigen, von allen, die seine Eigenschaften kannten, besonders aber von seiner Gattin, mit der er durch 47 Jahre in einer glücklichen Ehe lebte, tief betrauert und beweint“. Sein Erbe trat der Neffe, der Sohn seines Bruders Andreas Grafen (geh. Rathes, Hofrathes etc. etc.) an, Karl Graf H., der gewesene Ministerpräsident und Führer der conservativen Partei im österreichischen Abgeordnetenhause, dem auch Schloß Raunach mit dem interessanten Familienarchive der Grafen zufiel.

Handschr. von Baron Erberg in der kais. Familienbibliothek in Wien. – Handschr. der fürstlich Auersperg’schen Bibliothek in Laibach. – Biogr. Skizze Graf Franz Josef Hannibal Hohenwart von Margaretha Gräfin Hohenwart geb. Baronin Erberg (Mittheilungen des hist. Vereins f. Krain, 1851. S. 3 ff.). – Geschichte der Landwirthschaftsgesellschaft f. Krain, von D. J. Bleiweis, Laibach 1868, S. 4 ff. – Adelsberg und seine Grotten von P. v. Radics, Triest 1861. – Musealschriften.