ADB:Metternich, Clemens Fürst von
*): Clemens Wenzel Lothar, Graf später Fürst M., österreichischer Haus-, Hof- und Staatskanzler, Sohn des Grafen Franz Georg v. M. und der Gräfin Maria Beatrix Aloisia v. Kagenegg, wurde am 15. Mai 1773 zu Coblenz geboren. Aufgewachsen an den prächtigen und genußsüchtigen Höfen der drei rheinischen Kurfürsten, an denen der aus kurtrierischen in österreichischen Dienst übergetretene Vater als Gesandter lebte, bezog M. schon 1788 die Universität Straßburg, wo er hauptsächlich die Vorlesungen über deutsches Staatsrecht anhörte. Infolge der revolutionären Bewegungen in Frankreich nach Hause zurückgekehrt, wurde er von der katholischen Bank des westfälischen Grafencollegiums als Ceremonienmeister 1790 zur Kaiserkrönung Leopolds II., 1792 zur Krönung Franz II. nach Frankfurt a. M. abgeordnet. In der Zwischenzeit verweilte er in Mainz, wo er wieder die Vorlesungen der Universität besuchte und zugleich durch fleißigen Verkehr in der aus deutschen und französischen Elementen eigenartig zusammengesetzten Gesellschaft am Hofe des Kurerzcanzlers sich weltmännische Gewandtheit und Biegsamkeit aneignete. Nach Ausbruch des Krieges mit Frankreich ging M. nach Brüssel und arbeitete in der Kanzlei des Vaters, der dort als kaiserlicher Minister bei der Generalregierung der Niederlande residirte, und unternahm Ausflüge auf den flandrischen Kriegsschauplatz. In diese Zeit (August 1794) fällt seine erste litterarische Veröffentlichung, eine Flugschrift: „Ueber die Nothwendigkeit einer allgemeinen Bewaffnung des Volkes an den Grenzen Frankreichs, von einem Freunde der allgemeinen Ruhe“, worin er unter heftiger Polemik gegen die Diplomaten der alten Schule, „schale Köpfe“, die Bewaffnung und Erhebung der Völker predigt.
MetternichNach einem längeren Aufenthalt in England, wo er mit dem Prinzen von Wales, dem späteren König Georg IV. bekannt wurde, ging M. im October 1794 nach Wien und vermählte sich am 27. September 1795 zu Austerlitz mit der Enkelin des Fürsten Kaunitz, Eleonore, wodurch er in den leitenden Kreisen Wiens Fuß faßte. Seine äußeren Vorzüge, die Anmuth seiner Erscheinung und die einschmeichelnde Liebenswürdigkeit seines Benehmens und seiner Unterhaltung, die weltmännische Bildung seines Geistes, schienen ihn für den diplomatischen Dienst zu empfehlen, während er selbst in diesen Jahren sich vorzugsweise mit Naturwissenschaften und Medicin beschäftigte. Doch ließ er sich im December 1797 von dem westfälischen Grafencollegium zum Rastatter Congreß abordnen, dem er bis zum März 1799 beiwohnte, ohne an den diplomatischen Verhandlungen besonderen Antheil zu nehmen. Nach Wien zurückgekehrt, wurde M. im Januar 1801 zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am kursächsischen Hofe ernannt, mit dem Auftrage, hauptsächlich dem in Dresden damals vorherrschenden preußischen Einflusse entgegenzuarbeiten und übrigens die an dem neutralen Hofe hervortretenden Bestrebungen Rußlands und Frankreichs aufmerksam zu beobachten. Nach einer zweijährigen Thätigkeit als Gesandter in Dresden, die ihm zur Entfaltung diplomatischer Geschicklichkeit wenig oder keine Gelegenheit gab, aber seiner gesellschaftlichen Verbindung namentlich mit russischen und polnischen Familien sehr vortheilhaft wurde, ging M. im November 1803 in gleicher Eigenschaft nach Berlin, wo er einen größeren Wirkungskreis und ernstere politische Aufgaben vor sich sah. Während er ursprünglich angewiesen war, sich bei dem Charakter der preußischen Politik von den russisch-englischen Bestrebungen zur Gewinnung Preußens fernzuhalten und der französischen Vertretung in Berlin freundliches Entgegenkommen zu zeigen (vgl. Metternich’s Instruction für Berlin bei Fournier, Gentz und Cobenzl) [778] erhielt er schon im nächsten Jahre den Auftrag, dahin zu wirken, daß die zwischen Rußland und Oesterreich gegen Frankreich geschlossene Verbindung, aus welcher der dritte Coalitionskrieg entsprang, durch den Beitritt Preußens verstärkt werde. Metternich’s Bemühungen dabei waren nicht glücklich. Wenn die entschiedene Vorliebe König Friedrich Wilhelms III. für das System der Neutralität und seine Abneigung gegen kriegerische Verwickelungen den Erfolg der Bestrebungen Rußlands und Oesterreichs ohnehin sehr erschwerten, so irrte M. in seinem diplomatischen Vorgehen ohnehin noch darin, daß er ebenso wie die russischen Staatsmänner den Beitritt Preußens durch gewaltsame Maßregeln und durch Einschüchterung zu erzwingen für möglich hielt. Erst der Umschwung der preußischen Politik im October 1805, der sich unter dem Eindruck der Verletzung preußischen Gebietes durch französische Truppen und durch die persönliche Einwirkung Kaiser Alexanders vollzog, eröffnete auch für M. die Möglichkeit einer erfolgreicheren Thätigkeit für die Ziele der österreichischen Politik. Er trat dem am 3. Novbr. 1805 zwischen Rußland und Preußen zu Potsdam unterzeichneten Allianzvertrag bei, so wenig auch die verclausulirten und vieldeutigen Bestimmungen über die Theilnahme Preußens an dem Kriege gegen Frankreich seinen Wünschen genügen konnten. Nachdem die Coalition zwischen Oesterreich und Rußland durch den Frieden von Preßburg sich aufgelöst und Preußen zu Schönbrunn und Paris mit Frankreich sich verständigt hatte, wurde M., der für seine Wirksamkeit am preußischen Hofe mit dem Großkreuz des Stephansordens ausgezeichnet war, von Berlin abberufen und erst zum Botschafter in Petersburg, dann auf besonderen Wunsch Napoleons zum Botschafter in Paris ernannt. Nach einem mehrmonatlichen Aufenthalt in Wien kam M. zu Anfang August 1806 in Paris an, wo er sowohl am kaiserlichen Hofe als in der Gesellschaft sich eine hervorragende Stellung zu schaffen wußte und besonders zu Talleyrand, der immer ein Freund der Verbindung mit Oesterreich gewesen ist, und zu Napoleon’s Schwester Caroline, der Gemahlin Murat’s, in nahe Beziehungen trat. Seine eigentliche diplomatische Thätigteit begann jedoch erst ein Jahr später, nachdem durch die Tilsiter Verträge der vierte Coalitionskrieg beendet und zugleich die Allianz zwischen Frankreich und Rußland abgeschlossen war. Am 10. Octbr. 1807, nach langwierigen und wenig erfolgreichen Verhandlungen, brachte M. zu Fontainebleau den Vertrag zum Abschluß, der die Grenzen Oesterreichs und Frankreichs in Italien regelte. Hauptsächlich aber richtete M. seine Aufmerksamkeit auf das Verhältniß Napoleon’s zu Alexander, welches er mit Recht als das wichtigste Moment in der europäischen Lage ansah. Er ging bereitwillig auf die Anregung Napoleon’s ein, der die Mitwirkung Oesterreichs zu den in Tilsit gegen die Türkei vereinbarten russisch-französischen Entwürfen in Vorschlag brachte, wie er denn überhaupt das beste Einvernehmen mit Napoleon pflegte und wiederholt Verhandlungen über eine Allianz mit Frankreich anknüpfte. Auch das Vorgehen Napoleon’s in Spanien, so sehr es ihn empörte und so eifrig er in Berichten voll feuriger Beredsamkeit die Unverträglichkeit der Napoleonischen Uebermacht mit dem Bestehen irgend eines selbständigen Staates hervorhob, brachte in seiner politischen Haltung einen wesentlichen Umschwung nicht hervor. Denn M. war durchdrungen von der Uebermacht des französischen Reiches, der auch die Spanier erliegen würden, und erwartete einen wirklichen Umschwung erst von dem Tode Napoleon’s. Auch die bekannte Audienz vom 15. August 1808, bei welcher Napoleon den Grafen M. mit lebhaften Vorwürfen wegen der österreichischen Rüstungen überhäufte, besitzt die ihr sonst für die Vorgeschichte des Krieges von 1809 beigemessene Bedeutung keineswegs; sie störte selbst die persönlichen Beziehungen Metternich’s zu Napoleon so wenig, daß derselbe seine Zulassung zu der Zusammenkunft in Erfurt beantragen konnte, die [779] denn freilich von französischer Seite abgelehnt wurde. Erst in Wien, wohin M. im November 1808 zu den entscheidenden Berathungen über Krieg und Frieden berufen war, zeigte auch er sich als Anhänger einer baldigen Schilderhebung, und seine Angaben über die französischen Streitkräfte, deren Schwächung durch den spanischen Krieg er überschätzte, scheinen zu den kriegerischen Entschlüssen der österreichischen Regierung wesentlich beigetragen zu haben. Bald nach der Rückkehr Metternich’s nach Paris, die am 1. Januar 1809 erfolgte, nahmen die Beziehungen Oesterreichs zu Frankreich einen immer gespannteren Charakter an, was auch auf seine persönliche Stellung in Paris besonders zu Napoleon nachtheilig einwirkte. Bei Ausbruch des Krieges wurde M. in Paris zurückgehalten, da man von österreichischer Seite einige Mitglieder der französischen Botschaft in Ungarn internirt hatte. Erst im Juni unter militärischer Bedeckung nach Wien gebracht und Anfang Juli in Komorn ausgewechselt, traf M. am 3. Juli mit Kaiser Franz zusammen, in dessen Gefolge er der Schlacht von Wagram beiwohnte. Nach der Niederlage des österreichischen Heeres war es dann M., der in einer am 7. Juli zu Ernstbrunn gepflogenen Berathung die Anknüpfung von Friedensverhandlungen mit Napoleon vorschlug. Als infolge dessen der bisherige Minister des Auswärtigen Graf Philipp Stadion am nächsten Tage um seine Entlassung bat, wurde M. vom Kaiser zu seinem Nachfolger berufen, nahm jedoch nur bedingungsweise an. Er blieb dem Kaiser als Berather zur Seite, während Stadion zur Armee des Erzherzogs Karl abging, und wurde am 4. August zum Staats- und Conferenzminister ernannt. Seine politische Haltung in dieser Stellung war zunächst sehr schwankend: er neigte seinerseits dem Abschluß eines Friedens zu, ohne doch, besonders bei der immer noch kriegerischen Stimmung des Kaisers, die Möglichkeit einer Erneuerung des Kampfes ganz von sich zu weisen. Mit dem Grafen Nugent zusammen wurde M. zu den von Napoleon nach einigem Zögern angenommenen Friedensverhandlungen nach Altenburg abgesandt, wo sich zugleich Champagny als französischer Bevollmächtigter einfand. Man kam hier jedoch zu keiner Verständigung, sodaß Kaiser Franz den Grafen Bubna zu Napoleon sandte, der dann seine Friedensbedingungen in einer Art Ultimatum zusammenfaßte, welches nach einer am 25. Septbr. stattgefundenen Berathung von Kaiser Franz im wesentlichen angenommen wurde. Zu den ferneren Verhandlungen wurde Fürst Liechtenstein nach Wien gesandt, welcher den Frieden in der Nacht vom 13. zum 14. October unterzeichnete. M. war von den letzten und entscheidenden Verhandlungen fern gehalten worden, der Friede wurde über seinen Kopf hinweg zum Abschluß gebracht, doch war er noch am 8. October endgültig zum „Minister des kaiserlichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten“ ernannt worden.
Bei der überaus schwierigen Lage, in der sich Oesterreich nach dem Wiener Frieden befand, bei der hoffnungslosen Niedergeschlagenheit, die sich nach dem schönen Aufschwung von 1809 der Gemüther bemächtigt hatte, war M. ohne Zweifel die geeigneteste Persönlichkeit zur Leitung der auswärtigen Politik Oesterreichs. Wenn irgend Einer, so erkannte M. die Gefahren, mit denen die Uebermacht Frankreichs und der zugleich gewaltthätige und treulose Charakter Napoleon’s einen jeden selbständigen Staat beständig bedrohte; er wußte, daß mit dem napoleonischen Kaiserreich ein wirklich freundliches oder auch nur friedliches Verhältniß dauernd aufrecht zu halten unmöglich sei. Allein, kühl abwägenden Verstandes, allezeit „nüchtern“, wie er sich selbst nannte, ohne Leidenschaft und selbst ohne Schwung, wie er als Staatsmann immer gewesen ist, ließ er sich durch seine eigenen principiellen Anschauungen über Napoleon und sein Regiment jetzt in seiner politischen Haltung so wenig beherrschen, wie er sich im J. 1809 durch das Aufwogen der nationalen Gefühle in Deutschland und Oesterreich hatte hinreißen [780] lassen. Sein schmiegsamer Geist, der sich jeder Lage anzubequemen wußte und sich über die Preisgebung der eigenen Grundsätze durch Zugeständnisse leicht hinwegsetzte, entsprach ganz der politischen Haltung, welche der österreichische Staat erforderte und welche M. von Anfang an zu verfolgen entschlossen war. Schon am 10. August 1809 hatte er in einem Vortrage an den Kaiser das künftige politische System Oesterreichs mit den Worten gekennzeichnet: „Wir müssen vom Tage des Friedens an unser System auf ausschließendes Laviren, auf Ausweichen, auf Schmeicheln beschränken. So allein fristen wir unsere Existenz vielleicht bis zum Tage der allgemeinen Erlösung. … Uns bleibt nur ein Ausweg: Unsere Kraft auf bessere Zeiten aufzuheben, an unserer Erhaltung – ohne Rückblick auf unseren bisherigen Gang – zu arbeiten.“ Für die Durchführung dieser Politik, für die Erhaltung der Integrität Oesterreichs überhaupt, hielt er die „Anschmiegung an das triumphirende französische System“ für unerläßlich, nicht als ein an sich lobenswerthes und für allezeit festzuhaltendes politisches Princip, aber als das einzige Auskunftsmittel in den Drangsalen der Gegenwart. Es versteht sich deshalb, daß er mit Eifer darauf einging, als von französischer Seite die Hand der Erzherzogin Marie Louise für Napoleon begehrt wurde; er versprach sich von dieser dynastischen Verbindung für Oesterreich eine Reihe von Jahren ruhiger Entwickelung und glaubte darin selbst das Anzeichen einer Sinnesänderung Napoleons zu Gunsten einer friedfertigeren und stabileren Regierungsweise zu sehen. Um zugleich Klarheit über die Anschauungen Napoleon’s zu gewinnen, ging M. im Frühjahr 1810 selbst nach Paris, wo er bis zum September verweilte. Es gelang ihm, die zwischen Oesterreich und Frankreich noch schwebenden Fragen, über den Transithandel durch Illyrien, den Sequester auf die Güter vormaliger deutscher Reichsstände u. s. w., zu einer befriedigenden Lösung zu bringen. Ueberhaupt gestaltete sich das Verhältniß zu Napoleon, der auch die Bemühungen Oesterreichs um ein Anlehen unterstützte, sehr günstig für Oesterreich. M. überschätzte diese Beziehungen nicht; er blieb überzeugt, daß Napoleon bei seinem Charakter das Streben nach der Weltmonarchie nicht aufgeben könne; aber für Oesterreich fand er doch in der dynastischen Verbindung mit Napoleon eine Garantie des Bestehens auf lange Zeit hinaus und zugleich in dem sich immer mehr verschärfenden Gegensatz zwischen Frankreich und Rußland die Gelegenheit, sich wieder zu einer bedeutsamen Stellung emporzuheben. Er sah voraus, daß bei dem unvermeidlichen Zusammenstoß dieser Mächte Oesterreich von beiden Seiten werde umworben werden. Eine Verbindung mit Rußland dachte er dann ohne weiteres zurückzuweisen; auch eine active Verbindung Oesterreichs mit Frankreich, mit der Macht, „deren ausschließende Absicht die Zerstörung der bisherigen Ordnung der Dinge sei“, verwarf M. als einen „Krieg gegen heilige, unwandelbare Grundsätze“. Er empfahl vielmehr dem Kaiser, da auch eine vollständige Neutralität sich nicht werde durchführen lassen, bei dem Ausbruch des Krieges die französischen Pläne in Polen durch Eingehen auf den von Napoleon angeregten Austausch von Galizien gegen Illyrien zu unterstützen (Vortrag vom 17. Januar 1811). Allein der Verlauf der Dinge im J. 1811 wurde doch ein anderer, als M. berechnet hatte. Ohne sich viel um Oesterreich zu bekümmern, rüsteten Frankreich und Rußland zu dem Kriege, der über das Schicksal Europa’s entscheiden mußte, so daß M. gegen Ende des Jahres es für nothwendig hielt, aus seiner Zurückhaltung herauszutreten und seinerseits dem französischen Kaiser durch Schwarzenberg Allianzvorschläge zu machen. Dazu bestimmte ihn hauptsächlich seine Ueberzeugung von der größeren Wahrscheinlichkeit französischer Siege, verbunden mit der Aussicht auf Gebietsvergrößerungen, die Napoleon in seiner Weise freigebig hoffen ließ. Es ist kein Zweifel, daß M. damals selbst an die Wiedererwerbung von Schlesien [781] gedacht hat, während er gleichzeitig dem preußischen Hofe durch Scharnhorst wenigstens mündlich ein Bündniß mit Rußland anempfahl (vergl. A. Stern in der Revue historique XVI, 358). Am 14. März 1812 wurde in der That, im ganzen nach den Entwürfen Metternich’s, durch Schwarzenberg der Allianzvertrag mit Frankreich unterzeichnet, durch welchen Oesterreich sich zur Stellung eines Hülfscorps gegen Rußland verpflichtete, wogegen nach glücklich beendetem Kriege Entschädigungen und Gebietsvergrößerungen von Napoleon zugesichert wurden. Gleichzeitig ließ jedoch M. im tiefsten Geheimniß nach Petersburg die beruhigende Versicherung gelangen, daß Oesterreich sich am Kriege nicht sehr ernstlich betheiligen und sein Hülfscorps jedenfalls nicht über 30000 Mann hinaus verstärken werde. Diesem Bestreben, sich nach beiden Seiten hin alle Möglichkeiten offen zu halten, entsprach auch Metternich’s Haltung während des Krieges von 1812. Er machte Napoleon in Dresden (Mai 1812) im Gefolge des Kaisers Franz seine Aufwartung und verlebte mit der Kaiserin Marie Louise einige Monate in Prag; aber er pflegte gleichzeitig die Verbindung mit Rußland wie mit England und knüpfte mit dem Leiter der preußischen Politik, dem Freiherrn v. Hardenberg, ein geheimes Einverständniß an, welches die Grundlage der langjährigen guten Beziehungen der beiden deutschen Mächte wurde. Der Ausgang des Krieges, was er auch selbst später behauptet haben mag, überraschte ihn: er hatte weder auf den zähen Widerstand der russischen Truppen gerechnet, noch vollends auf die Standhaftigkeit des Kaisers Alexander, von dessen Charakterschwäche er die schlechteste Meinung hatte und gegen dessen wechselvolle Politik er allezeit das tiefste Mißtrauen fühlte. Der Wandel der europäischen Lage, wie er sich in der Vernichtung des französischen Heeres und der entschlossenen Fortsetzung des Kampfes gegen die napoleonische Weltmacht durch die Russen darstellte, eröffnete jetzt seiner Politik eine Aussicht von unerwarteter Größe. Ein unmittelbarer Anschluß an Rußland, wie er unter österreichischer Zustimmung und Mitwirkung von preußischer Seite geschah, konnte für M. nicht in Frage kommen; noch weniger aber war er gesonnen, dem Verlangen Napoleon’s entsprechend, an Frankreichs Seite mit verstärkter Hülfsmacht an einem neuen Feldzug gegen Rußland theilzunehmen. Herstellung des allgemeinen Friedens und des Gleichgewichts der Mächte unter einander, das waren vielmehr die Gesichtspunkte, welche die Politik des Grafen M. beherrschten. „Alle Absichten Metternich’s“, so schreibt Graf Ernst Hardenberg am 1. Februar, „sind nur auf den allgemeinen Frieden gerichtet.“ Ohne Zweifel hätte M., bei dem Zustande der financiellen und militärischen Hülfsquellen Oesterreichs und bei der Gesinnung des Kaisers Franz, sein Ziel am liebsten auf diplomatischem Wege allein erreicht, was auch seinem eigenen friedfertigen und allen gewaltsamen Entschlüssen abgeneigten Charakter am meisten entsprochen hätte: allein bei der Unwahrscheinlichkeit eines Erfolges auf friedlichem Wege scheint er doch schon früh auch eine wirkliche Theilnahme Oesterreichs am Kriege gegen Frankreich ernstlich in Aussicht genommen zu haben. Zunächst bot er auf allen Seiten, auch in England, Oesterreichs Vermittelung an. Indem er sich dabei besonders angelegen sein ließ, durch Schilderung der Gährung in Deutschland, durch Mittheilungen über die geheimen Pläne Alexanders, auf Napoleon in friedfertigem Sinne einzuwirken, vermochte er den französischen Kaiser zur Annahme der österreichischen Friedensvermittelung und zur Aufhebung des Vertrages von 1812, nachdem er schon vorher das österreichische Hülfscorps eigenmächtig von Warschau auf das linke Ufer der Weichsel nach Krakau zurückgezogen hatte. Die ferneren Verhandlungen über diese Vermittelung, die auch von Rußland und Preußen angenommen, von England aber abgelehnt wurde, führten dann unter Metternich’s überaus geschickter Leitung dahin, daß Oesterreich aus der Verbindung mit Frankreich sich [782] vollständig loslösen und zu Anfang Mai den kriegführenden Mächten seine bewaffnete Mediation ankündigen konnte, während es gleichzeitig Sachsen durch den Vertrag vom 20. April gewann und andere Mittelstaaten, auch Murat von Neapel, und, wie es scheint, selbst Jerome von Westfalen zu gewinnen suchte, um den kriegführenden Mächten eine dritte Partei von ausschlaggebender Stärke entgegenstellen zu können. Die Bedingungen, die M. als Grundlage der bewaffneten Vermittelung den Verbündeten durch Stadion dem Kaiser Napoleon durch Bubna im Mai übermitteln ließ, waren höchst gemäßigt: sie beschränkten sich im wesentlichen auf Auflösung des Herzogthums Warschau, Rückgabe Illyriens an Oesterreich, Verzicht Napoleon’s auf alle rechtsrheinischen Besitzungen. Napoleon ging darauf nicht ein und Rußland und Preußen erwiderten die österreichischen Vorschläge mit der Aufstellung eines bei weitem umfassenderen Friedensprogrammes. Wenn auch M., der inzwischen zu Anfang Juni mit Kaiser Franz nach Böhmen gegangen war, die Forderungen der Verbündeten nicht ohne weiteres annahm, so näherte er sich ihnen doch durch die Verhandlungen in Gitschin und Opotschna immer mehr und verstand sich am 27. Juni zur Unterzeichnung des Vertrages von Reichenbach, durch den Oesterreich für den Fall der Ablehnung seiner Bedingungen zum Kriege mit Frankreich verpflichtet wurde. Zugleich veranlaßte M. den Kaiser Napoleon durch die viel erörterte Unterredung in Dresden, gegen Verlängerung des Waffenstillstandes seine Bevollmächtigten nach Prag zum Friedenscongreß zu senden. Er selbst versprach sich bereits nichts mehr von ferneren Verhandlungen: sein Vortrag an Kaiser Franz vom 12. Juli beweist, daß er zum Anschluß an die Coalition jetzt fest entschlossen war. Nachdem dann, wie er erwartet, der Congreß in Prag ergebnißlos geblieben und das Ultimatum von Napoleon innerhalb der festgesetzten Frist unbeantwortet gelassen war, erfolgte in der Nacht vom 10. zum 11. August die Kriegserklärung Oesterreichs an Frankreich. Wenn dies hauptsächlich das Werk Metternich’s gewesen ist, so wird man doch einem unterrichteten und wohlwollenden Beurtheiler seiner Politik, dem Grafen Ernst Hardenberg, beistimmen können, der damals meinte: er könne dem Grafen M. keine großen Complimente über diese Wendung der Dinge machen, die doch hauptsächlich der Halsstarrigkeit Napoleon’s zuzuschreiben sei.
Es war M. ohne Zweifel gelungen, durch seine bedächtige, klug berechnende Politik die Entscheidung in die Hände Oesterreichs zu bringen; nach dem Beitritt zur Coalition mußte es seine Aufgabe sein, innerhalb derselben Oesterreich auch ferner die führende Stellung und bei den künftigen Friedensverhandlungen die ausschlaggebende Bedeutung zu sichern. Während er zu diesem Zwecke einerseits durch die Verträge von Teplitz (9. September 1813) die Verbindung zwischen Oesterreich und den verbündeten Mächten enger schloß, richtete er gleichzeitig sein Bestreben dahin, durch Sonderverträge mit einzelnen deutschen Staaten einer Umgestaltung der deutschen Dinge zu Gunsten Preußens und im Sinne der von den preußischen Staatsmännern und Generalen verfochtenen Ideen vorzubeugen und der Ausdehnung des russischen Einflusses, sowie den auf Errichtung eines polnischen Königreichs gerichteten Plänen Alexanders bei Zeiten entgegenzuarbeiten. Er selbst hat später einmal an Hardenberg geschrieben, daß ihn seit dieser Zeit hauptsächlich die Sorge beschäftigt habe: „Die Unmöglichkeit, zu verhindern, daß eine ungeheuere Machtvergrößerung Rußlands das nothwendige Ergebniß der Zertrümmerung des französischen Colosses würde.“ Die unverwüstliche Gutmüthigkeit des preußischen Ministers Hardenberg erleichterte ihm wenigstens den ersten Theil dieser Aufgabe. M. wurde bevollmächtigt, die Verhandlungen über den Beitritt Süddeutschlands ausschließlich zu führen, und konnte am 8. October zu Ried den Vertrag mit Bayern abschließen, der diesem Staate vollständige Souveränetät [783] zusicherte und damit die Vorentscheidung für die Gestaltung der deutschen Verfassung traf. Andererseits entsprach es der gegen Rußland gerichteten Tendenz seiner Politik, wenn er in jedem Augenblick zu Unterhandlungen mit Frankreich sich bereit zeigte, um auf mäßige Bedingungen hin den Frieden herzustellen. Im Anschluß an die in Teplitz geschlossenen Vereinbarungen, welche als Ziel der Coalition die Herstellung des Gleichgewichtes unter den europäischen Mächten bezeichneten, betrachtete M. damals die Zurückführung Frankreichs in seine „natürlichen Grenzen“, Rhein, Alpen und Pyrenäen als ausreichende Grundlage für den Friedensschluß; eine Anschauung, die in dem Frankfurter Manifest vom 1. December 1813 ihren öffentlichen Ausdruck fand. Darin machten ihn auch die großen und raschen Erfolge der Verbündeten nicht wankend; vielmehr kann es keinem Zweifel unterliegen, daß nach der Ueberschreitung des Rheines, die hauptsächlich auf sein Bestreben großentheils in der Schweiz erfolgte, die Politik Metternich’s, in Uebereinstimmung mit den Ansichten des Kaisers Franz und mit der Heerführung Schwarzenberg’s, dem Drängen der Russen und Preußen auf ein entschlossenes Vorgehen gegen Paris einen zähen und nachhaltigen, wenn auch mehr passiven Widerstand entgegengesetzt hat, nicht aus militärischen Erwägungen oder aus Neigung für Napoleon und seine Dynastie, sondern aus Mißtrauen gegen die polnischen Pläne Kaiser Alexander’s. Er befürchtete nämlich, und vielleicht nicht ohne Grund, daß bei einer siegreichen Fortsetzung des Krieges und nach der Einnahme von Paris Alexander in Verbindung mit den Preußen von Frankreich sich Abtretungen selbst über die Grenzen von 1792 hinaus machen lassen und dann gegen Cession von Galizien den Elsaß an Oesterreich geben wolle. Das stellte sich namentlich heraus, als nach Einnahme des Plateaus von Langres über die Fortführung des Krieges und über die Sendung von Bevollmächtigten nach Chatillon zu Friedensunterhandlungen Beschuß gefaßt werden mußte. Wenn dabei von russischer und preußischer Seite die kräftige Fortsetzung des Krieges ausgemacht wurde, so wußte M. es durchzusetzen, daß die Verbündeten ihre Vertreter nach Chatillon schickten, wobei freilich nun die Wiederherstellung der französischen Grenze von 1792 als Grundlage für den Frieden angenommen wurde. Aehnlich war seine Haltung bei den Berathungen, die um die Mitte Februar in Troyes stattfanden, veranlaßt durch die Abberufung des russischen Vertreters von Chatillon und durch eine Anfrage des französischen Congreßgesandten Caulaincourt, ob die Verbündeten gegen Annahme ihrer Friedensbedingungen sogleich einen Waffenstillstand bewilligen würden. Nach heftigen Auseinandersetzungen, bei denen der Gegensatz der österreichischen und der russischen Politik den Bestand der Coalition ernstlich gefährdete, kam es zwischen M. und Alexander persönlich zu einer Verständigung in dem Sinne, daß die Oesterreicher ihren Widerstand gegen den Marsch auf Paris aufgaben, Alexander aber seine Zustimmung zur Fortsetzung der Unterhandlungen in Chatillon und zur Unterzeichnung eines Präliminarfriedens auf Grund der Grenzen von 1792 ertheilte. Das Verhalten Metternich’s bei allen diesen Verhandlungen, wie es sich namentlich in seinem ablehnenden Benehmen gegen Wilhelm v. Humboldt zeigt, schließt jeden Zweifel an der Aufrichtigkeit seiner friedlichen Bemühungen aus; er wäre selbst zur Unterzeichnung des Friedens mit Napoleon bereit gewesen, so erwünscht ihm andrerseits die Restauration der Bourbonen war. Aber die Verhandlungen in Chatillon scheiterten; am 1. März erneuerten Oesterreich, Preußen, Rußland und England zu Chaumont in feierlicher Weise ihren Bund, und am 31. März zogen die Truppen der Verbündeten in Paris ein. M., der inzwischen in Dijon geblieben war, traf erst am 10. April in Paris ein, wo er am nächsten Tage das Abkommen über die Entsagung Napoleon’s und seine [784] Ueberführung nach Elba unterzeichnete. Auf seinen Vorschlag wurden dabei zugleich der Kaiserin Marie Louise die Herzogthümer Parma, Piacenza und Guastalla zugesprochen. Nachdem M. dann am 30. Mai den Pariser Frieden und am 3. Juni einen geheimen Vertrag mit Baiern über die Ausführung des Tractates von Ried unterzeichnet, reiste er auf Einladung des Prinzregenten mit Kaiser Alexander und König Friedrich Wilhelm nach London und von da nach Wien, wo er am 18. Juli anlangte. Kaiser Franz, der erst jetzt nach den unbestreitbar großen Erfolgen der österreichischen Politik seinem Minister sein volles Vertrauen zuwandte und ihm die Leitung der auswärtigen Politik fast uneingeschränkt überließ, überhäufte ihn mit Ehren. Am 3. Mai 1813 hatte er M. zum Kanzler des militärischen Maria-Theresia-Ordens ernannt, am 20. Octbr. wegen „seiner vom glücklichsten Erfolge gekrönten Leitung des auswärtigen Departements“ in den erblichen österreichischen Fürstenstand erhoben; jetzt gewährte er ihm die Aufnahme des österreichisch-lothringischen Wappens in das Metternich’sche Familienwappen (21. April 1814), schenkte ihm die Grafschaft Daruvar (21. April), gab ihm die erbliche Magnatenwürde für Ungarn (25. Mai) und verlieh ihm am 20. September das goldene Civil-Ehrenkreuz wegen „seiner besonderen Verdienste um die Rückkehr eines auf Recht und Ordnung gegründeten Zustandes der Gesellschaft“.
Der Congreß in Wien, der die territorialen Grenzen der Staaten und die künftige Gestaltung des deutschen Bundes zu regeln hatte, bereitete dem Fürsten M. eine Reihe neuer diplomatischer Erfolge. Es waren die alten Gegensätze, die 1813 und 1814 die Einigkeit der Verbündeten so oft gefährdet hatten, welche jetzt in Wien zum Austrag gebracht werden mußten. Kaiser Alexander, von dem der Kampf für die Befreiung Europa’s ausgegangen war, verlangte zum Lohne dafür die Krone des Königreichs Polen; Preußen, dem seine Verträge die Wiederherstellung in den Stand vor 1806 zusicherten, beanspruchte das Königreich Sachsen. Gegen beide Forderungen mußte M. Einspruch erheben: die Vereinigung aller altpolnischen Provinzen in der Hand Alexanders schien das österreichische Staatsinteresse ebenso sehr zu gefährden, wie die Vereinigung Sachsens und Schlesiens in der Hand Preußens. Seit Jahren verfolgte er mit ängstlicher Aufmerksamkeit die Haltung der Russen im Orient und an der Weichsel, wo ihre Macht ihm nicht minder bedrohlich für das europäische Gleichgewicht erschien als die Uebermacht Napoleons, und ebenso hatte er den preußischen Plänen gegenüber schon gleich nach der Schlacht von Leipzig erklärt, daß der Kaiser von Oesterreich die Vereinigung Sachsens mit Preußen niemals zugeben werde. (Bericht Aberdeen’s vom 30. October bei Oncken, aus den letzten Monaten des Jahres 1813, in Raumer’s Taschenbuch 1883.) Es war nur natürlich, daß M. jetzt ganz im Geiste seiner bisherigen Politik den preußischen und russischen Ansprüchen entgegentrat. Gleichwol würde er einen Erfolg in dem schließlich erreichten Maße schwerlich errungen haben, wenn ihm nicht die Gewandtheit des französischen Congreßbevollmächtigten Talleyrand zu Hülfe gekommen wäre. Ihnen schloß sich auch der englische Vertreter Lord Castlereagh an. Am 3. Januar 1815 unterzeichneten sie im tiefsten Geheimniß einen Allianzvertrag, durch den sich die drei Mächte England, Frankreich und Oesterreich zu gegenseitiger Unterstützung verpflichteten, falls eine von ihnen „wegen ihrer gemeinsam aufgestellten gerechten und billigen Vorschläge“ angegriffen oder bedroht werden sollte. Es schien einige Zeit, als solle es wirklich zum Bruch kommen; M., dessen Verhalten anfangs schwankend und selbst nicht ohne Zweideutigkeit gewesen war, zeigte eine sehr kriegerische Stimmung. Allein unter der vermittelnden Thätigkeit Castlereagh’s, der mit der schroff ablehnenden Haltung Oesterreichs und Frankreichs keineswegs immer einverstanden war, gelangte man schließlich doch zu einer [785] Verständigung über die sächsische und polnische Frage. M. erreichte sein Ziel insoweit, als er die Wiederherstellung eines Königreichs Polen im alten Umfang zu Gunsten Alexanders und die Vereinigung von Sachsen mit Preußen verhinderte; allein sein persönliches Ansehen hatte dabei wenig gewonnen. Man bewunderte die Liebenswürdigkeit seines Wesens, welches Anstand ohne Ziererei und Würde ohne Steifheit zeigte; man rühmte die Gewandtheit und Leichtigkeit seiner diplomatischen Actionen; aber man klagte zugleich über seine bis zum „Finassiren“ getriebene Feinheit, über seine Neigung zum Mystificiren und Intriguiren, und die Unzuverlässigkeit seines Charakters führte dahin, daß Kaiser Alexander ihn laut der Unwahrhaftigkeit bezichtigte und jeden persönlichen Verkehr mit ihm abbrach. – Vollständiger noch als in der sächsischen und polnischen Frage war der Sieg der Metternich’schen Ideen bei der Regelung der deutschen und italienischen Verhältnisse. Im Sinne der schon 1813 bei den Verträgen mit Baiern und anderen Staaten von ihm planmäßig befolgten Politik schuf die Bundesacte vom 8. Juni aus Deutschland einen Staatenbund, in welchem unter überwiegendem Einfluß von Oesterreich alle deutschen Staaten volle Souveränetätsrechte genossen; M. dachte damit, wie er es 1848 in einer Denkschrift für Erzherzog Johann bezeichnete, einen „großen im Mittelpunkt des europäischen Continents liegenden politischen Körper von friedlicher und erhaltender Gewalt“ zu schaffen. Auch für Italien hätte M. gern einen dem deutschen ähnlichen Staatenbund begründet; er mußte sich begnügen, durch die Errichtung des lombardisch-venetianischen Königreichs, durch die Versorgung österreichischer Erzherzöge in Toscana und Modena etc., dem österreichischen Staate auch in Italien einen beherrschenden Einfluß zu sichern. Die Katastrophe Murat’s in Neapel unterstützte ihn darin besonders: durch einen geheimen Vertrag vom 12. Juni 1815 brachte er die neue bourbonische Regierung in Abhängigkeit von Oesterreich. M. selbst hat die Ergebnisse des Wiener Congresses allezeit als sein eigenes Werk angesehen, dessen allseitige Aufrechthaltung er fortan als seine Lebensaufgabe betrachtete; die Neuordnung Europa’s, wie sie aus den Verhandlungen in Wien hervorgegangen war, erschien ihm als endgiltig, die Entwickelung als im wesentlichen abgeschlossen, die Leitung der europäischen Politik im Sinne starrer Erhaltung auf Grund des legitimistischen Princips, dessen erfolgreiche Hervorhebung und Verfechtung durch Talleyrand den nachhaltigsten Eindruck auf ihn machte, als unerläßlich. Diese Ueberzeugungen erfüllten seine Seele so vollständig, daß für Entwickelung neuer und schöpferischer Gedanken darin kaum mehr Raum blieb.
Die Rückkehr Napoleons nach Frankreich, welche die Mächte mit seiner Aechtung und mit der Erneuerung des Bundes von Chaumont erwiderten, hatte die letzten Arbeiten des Congresses wesentlich beschleunigt. Wenige Tage nach Unterzeichnung der Congreßacte verließ auch M. Wien (12. Juni) und kam über Heidelberg, wo er die Nachricht von der Schlacht bei Belle-Alliance erhielt, im Juli in Paris an. Bei den Verhandlungen, die hier über die Bedingungen eines neuen Friedens gepflogen wurden, vertrat M. im Gegensatz zu Preußen und anderen deutschen Staaten den Standpunkt, daß man keinen Eroberungskrieg geführt habe und deshalb sich mit den Ansprüchen gegen Frankreich auf die Wiederherstellung der Grenzen von 1790 beschränken müsse. Außerdem sollte für sieben Jahre ein Besatzungsheer der Verbündeten in Frankreich zurückbleiben. Auf diesen von M. in einer Denkschrift vom 8. September vorgeschlagenen Grundlagen kam in der That der Friede am 2. October vorläufig, am 20. November endgiltig zum Abschluß. An demselben Tage erneuerten England, Rußland, Oesterreich und Preußen ihren alten Bund und versprachen sich, durch Zusammenkünfte der Monarchen oder der Minister über die Erhaltung von Ruhe und Ordnung in Europa zu wachen. Am 26. September war schon die Unterzeichnung [786] der heiligen Allianz vorangegangen. Von Paris aus, welches er wenige Tage nach Abschluß des zweiten Pariser Friedens verließ, ging M. zunächst nach Italien, wo er bei einem längeren Aufenthalt in Mailand mit dem Kronprinzen Ludwig und dem Minister v. Rechberg über die zwischen Oesterreich und Baiern noch obschwebenden territorialen Streitigkeiten verhandelte. Nach längeren Auseinandersetzungen, die von baierischer Seite mit großer Heftigkeit geführt wurden, bequemte sich Baiern zu dem am 14. April 1816 in München unterzeichneten Vertrag, durch welchen Salzburg und das Innviertel an Oesterreich abgetreten wurden. Daneben widmete M. den italienischen Verhältnissen die größte Aufmerksamkeit. Nach den Beobachtungen, die er selbst bei seinen wiederholten Reisen in Italien (1816 und 1817) machte und nach den Berichten seines geheimen Agenten, des ehemaligen Murat’schen Minister Manzi, konnte er sich nicht verhehlen, daß in Italien eine tiefe Mißstimmung und allgemeine Unzufriedenheit herrsche. Allein von internationalen Verwicklungen glaubte er trotz der Umtriebe russischer Agenten in Italien nichts befürchten zu müssen, und für die Beruhigung der Lombardei meinte er durch Empfehlung commercieller Verbesserungen und durch eine Decentralisation der Verwaltung unter Heranziehung italienischer Beamten genügend Sorge zu tragen. Eine allgemeine Reform der italienischen Zustände und eine Berücksichtigung der nationalen Bestrebungen lag ihm völlig ferne; dem Polizeiregimente, welches sich über Italien ausbreitete und dessen verderbliche Rückwirkungen auch auf Deutschland nicht ausbleiben konnten, ist er nicht entgegengetreten, wenn er es auch nicht selbst hervorgerufen hat. Aehnlich wie in Italien verhielt sich M. gegenüber den inneren Zuständen Oesterreichs. Er war keineswegs blind gegen die Fehler und Mängel derselben; aber auch hier beschränkte er sich doch auf Vorschläge zur Hebung der Finanzen durch Beseitigung der Papiergeldwirthschaft, auf zweckmäßigere Eintheilung des Geschäftskreises der Ministerien und im allgemeinen im bewußten Gegensatz zu der josephinischen Politik auf Decentralisation und Pflege der provinziellen Selbständigkeit. Eine umfassende und durchgreifende Regeneration des durch die verflossenen Kriege bei aller äußeren Machterweiterung innerlich so tief erschütterten Kaiserstaates konnte ihm nicht in den Sinn kommen; auch seine späteren Mittheilungen über seine damaligen Pläne zur Gründung eines Reichsraths (Schreiben an Kübeck, 14. Februar 1851, Metternich’s nachgelassene Papiere 8, 509 ff.) haben in den gleichzeitigen Documenten bisher keine Bestätigung gefunden. Wie anders in der nämlichen Zeit die großartige Thätigkeit der preußischen Staatsmänner! Während diese in der durch die auswärtigen Verhältnisse verbürgten Dauer des Friedens die Aufforderung zu inneren Reformen von der einschneidendsten und zukunftsreichsten Bedeutung fanden, war M. vielmehr der Ansicht und sprach es unumwunden aus: daß grade die damalige Zeit weniger geeignet sei zu Reformen im ausgedehnten Sinne, als irgend eine andere (Vortrag an Kaiser Franz vom 27. October 1817).
Dieselben Anschauungen waren, wie sich versteht, maßgebend für das Verhalten Metternich’s in den deutschen Angelegenheiten. Er hielt den Staatenbund, wie er durch die Bundesacte vom 8. Juni 1815 begründet war, nicht nur für die beste, sondern für die einzig mögliche Form des Zusammenlebens der deutschen Mächte; er meinte, in dem Verhältnisse des Bundes „solle selbst nichts dem Namen nach geändert werden“. Uebrigens bewies er dem politischen Leben gegenüber, soweit es sich nach Maßgabe der Bundesacte entwickelte, in den ersten Jahren nach 1815 eine gewisse Zurückhaltung; selbst der Einführung constitutioneller Verfassungen in einzelnen deutschen Staaten auf Grund des bekannten § 13 der Bundesacte sah er gleichmüthig zu.
Erst die lebhaftere Bewegung der deutschen Jugend auf den Universitäten, [787] das Emporkommen einer oppositionellen Presse, der er durch die Gründung der „Wiener Jahrbücher“ entgegentrat, endlich das Wartburgfest, erweckten seine Aufmerksamkeit und veranlaßten den Gedanken eines Einschreitens gegen die deutsche Bewegung von Bundeswegen. Nachdem M. im Sommer 1818 in Karlsbad bei einer Zusammenkunft mit Kapodistria sich überzeugt, daß auch Kaiser Alexander von Rußland mehr als früher dem Princip der „Erhaltung der Ruhe“ zuneige, ging er Ende August nach Frankfurt a. M., wo er von den Bundestagsgesandten mit der höchsten Verehrung und Bewunderung aufgenommen wurde. Es gelang ihm hier, durch sein persönliches Eingreifen, unterstützt von Preußen, wenigstens einige der schwebenden Fragen, namentlich über die Kriegsverfassung des deutschen Bundes zum Austrag zu bringen. Er selbst schlug seine Thätigkeit nicht gering an: er bezeichnete sich als eine moralische Macht in Deutschland und selbst in Europa, die vollenden könne was vorher unausführbar erschienen sei. Nach einer Berathung auf dem Johannisberg, den er am 1. Juli 1816 als Dotation erhalten, mit Hardenberg und Anderen (17. September), reiste er dann rheinabwärts nach Aachen, wo sich die Monarchen und Minister von Oesterreich, Rußland und Preußen sowie Vertreter Englands, Frankreichs und anderer Staaten zum Congreß zusammenfanden. Man verständigte sich leicht und schnell über die vorliegenden Gegenstände: es fiel auf, wie einverstanden selbst M. und Kaiser Alexander erschienen. Neben den mehr officiellen Verhandlungen, in denen namentlich die Beziehungen zu Frankreich und einige deutsche Streitfragen geregelt wurden, gingen noch vertrauliche Besprechungen her, besonders zwischen Oesterreich und Preußen, wobei man sich über die Nothwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens gegen die deutsche Bewegung einigte. Es war M., der hierbei die Führung übernahm. Ueberhaupt datirt von dem Congreß in Aachen vielleicht noch mehr als von dem in Wien das Uebergewicht, das M. in Europa wie in Deutschland Jahre hindurch unangefochten behauptet hat. Wie er nach seiner Aussöhnung mit Kaiser Alexander in den allgemeinen europäischen Angelegenheiten unzweifelhaft das entscheidende Wort zu sprechen hatte, so wußte er auch jetzt durch persönliche Einwirkung auf den König von Preußen und seine Rathgeber in den deutschen Dingen eine schlechthin beherrschende Stellung zu erlangen. Nicht als ob er die leitenden Kreise in Preußen ihren eigenen Gedanken entfremdet und seinen Anschauungen unterworfen hätte: was er in den Denkschriften über Erziehungswesen, Preßverhältnisse und repräsentative Verfassungen in der Form von Provinzialständen damals auseinandersetzte, entsprach ganz den eigensten Ueberzeugungen König Friedrich Wilhelms und bildete die Grundlage für das gemeinsame Vorgehen der beiden Mächte im J. 1819. Die Ermordung Kotzebue’s (23. März 1819) bot dazu eine willkommene Handhabe. M. verweilte grade in Italien, wohin er den Kaiser Franz begleitet hatte, als er die Nachricht von der That Ludwig Sand’s erhielt. Er sah darin die Folge einer ausgebreiteten Verschwörung, deren Theilnehmer den Mörder durch das Loos erwählt hätten, und war entschlossen, aus dem Ereigniß den möglichsten Vortheil zu ziehen. Für die Ausnahmegesetze, die er gegen Universitäten und Presse plante, versprach er sich nichts vom Bundestage, dessen Schwerfälligkeit ihm nicht verborgen blieb; er dachte zunächst sich mit Preußen und mit den größeren deutschen Staaten zu verständigen und dann erst die Sache an den Bundestag zu bringen. Von Italien aus, über dessen Zustand er jetzt ganz befriedigt war, reiste er nach Böhmen und traf in Teplitz mit König Friedrich Wilhelm und Hardenberg zusammen, die sich ganz mit seinen Ansichten im Einklang befanden und namentlich, wie M., die in dem Artikel 13 verheißenen Repräsentativverfassungen als ständische Vertretungen, nicht als Volksvertretungen im modernen Sinne verstanden wissen wollten. Am [788] 1. August wurde von M. und Hardenberg eine geheime Punktation unterzeichnet, „über die Grundsätze, nach welchen die Höfe von Oesterreich und Preußen in den inneren Angelegenheiten des deutschen Bundes zu verfahren entschlossen sind“, welche den späteren Karlsbader Beschlüssen als Grundlage gedient hat. Neben der erwähnten Interpretation des Artikels 13 einigte man sich darin über die Nothwendigkeit eines strengen Bundespreßgesetzes und über darin Maßregeln gegen die Universitäten und Schulen. Im August traten dann die Bevollmächtigten der deutschen Staaten unter Metternich’s Leitung, dem Gentz zur Seite stand, in Karlsbad zusammen. Indem man die Frage der Repräsentativverfassung vorläufig vertagte, verständigte man sich über eine provisorische Executivverordnung, welche den Bundestag zur Ueberwachung der Ausführung der Bundesbeschlüsse und selbst zu Zwangsmaßregeln ermächtigte, und über Gesetze betreffend die Universitäten, die Presse und die demagogischen Umtriebe, zu deren Untersuchung eine Centralcommission gebildet werden sollte. M., dem die Versammlung am Schluß der Berathungen „den vereinten Ausdruck unbegrenzter Verehrung und Dankbarkeit“ darbrachte, war außerordentlich befriedigt von den genannten Beschlüssen, er nannte sie eine „große That“; er fand darin den vollen Ausdruck seiner Gedanken, die Summe seiner Anschauungen über das öffentliche Recht, ein untadelhaftes System antirevolutionärer Maßregeln. In der That war das Ergebniß der Karlsbader Conferencen ein vollständiger Sieg Metternich’s. Mit der Annahme der dort gefassten Beschlüsse, wie sie am 20. September am Bundestag nicht ohne Gewaltsamkeit durchgeführt wurde, unterwarf sich Deutschland dem von M. ausgehenden System der Unterdrückung aller nationalen und liberalen Bestrebungen; der deutsche Bund entsagte fortan jedem Versuche, die berechtigten nationalen Forderungen der Deutschen zu befriedigen und suchte und fand das Wesen seiner Thätigkeit hauptsächlich in Polizeimaßregeln. Für die zukunftsschwere Bedeutung dieses Umschwungs hatte M. keine Empfindung; die leichten Erfolge, die seine Diplomatie in Italien und in Deutschland errang, steigerten sein ohnehin großes Selbstgefühl zu einer Höhe, von der aus er in doctrinärer Beschränktheit auf alle seine Zeitgenossen verächtlich herabsah. „Warum muß gerade ich unter so vielen Millionen Menschen der sein, der da denken soll, wo andere Andere nicht denken, handeln, wo andere nicht handeln, schreiben, weil es Andere nicht können“, hat er damals geäußert; und ein ander Mal „Zwanzigmal täglich muß ich mir sagen: Guter Gott, wie sehr habe ich Recht und die Andern Unrecht.“ In dem Genusse dieser Erfolge störte es ihn auch nicht, daß einige deutsche Staaten, wie Baiern und Würtemberg, in der Sorge um ihre bedrohte Souveränität durch eine zweideutige Haltung die scheinbare Einheit der deutschen Cabinette ernstlich gefährdeten. Die an die Karlsbader Verhandlungen sich anschließenden ministeriellen Conferenzen, die im November 1819 in Wien begonnen und bis in den Sommer 1820 fortgesetzt, zur Wiener Schlußacte vom 15. Mai 1820 führten, vollzog sich gleichfalls wesentlich unter Metternich’s Einfluß, wenn er hier auch nicht mit allen seinen Plänen ebenso entschieden wie in Karlsbad durchdringen konnte, sondern dem Particularismus und Souveränetsbewußtsein einzelner Staaten Zugeständnisse machen mußte. Die Bestimmungen über das Wesen und den Wirkungskreis des Bundes, die auswärtige Politik und das Heerwesen, die Verfassungen in den einzelnen Staaten, wurden im ganzen nach seinen Vorschlägen formulirt. Ein Versuch des Königs von Würtemberg, die in Wien getroffenen Vereinbarungen als bloße Vorarbeiten dem Bundestage zu unterbreiten, wurde von M. nachdrücklich zurückgewiesen. Dagegen fand sich M. in das fernere Bestreben der Volksvertretungen in den süddeutschen Staaten, an deren Ersetzung durch landständische Verfassungen er wenigstens einige Zeit lang [789] gedacht hatte. Er betrachtete jetzt, wie er es in dem Schreiben an Berstett vom 4. Mai 1820 auseinandersetzte, auch diese neue Formen des öffentlichen Lebens als gesetzlich geschaffene Institutionen, als einen Theil des bestehenden Rechtszustandes, dessen Aufrechthaltung seine erste und wichtigste Sorge bildete, und würde den Versuch zu ihrer Beseitigung ebenso wenig unterstützt haben, wie er das gleichzeitige Vorgehen der Ultra’s in Frankreich billigte. In diesem Sinne empfahl er den deutschen Ministern, die ihn um Rathschläge für ihr künftiges Verhalten angingen, Vertrauen in die Dauer des Friedenszustandes von Europa und in die Uebereinstimmung der Großmächte, Ausdauer in der Erhaltung der gesetzlichen Grundlagen der bestehenden Constitutionen, und im Nothfalle, vertrauensvolle Anrufung des Bundes.
Während M. solcherweise in Karlsbad und Wien die Entwicklung der deutschen Verhältnisse in die Bahn zwängte, welche dieselben im nächsten Jahrzehnt innehielten, nahmen die europäischen Dinge eine Wendung, die gleichfalls seine Dazwischenkunft hervorrief. Die revolutionären Bewegungen in Spanien und Portugal zwar berührten ihn wenig, aber die Erhebung in Neapel, dessen Ruhe und Zufriedenheit er noch ein Jahr früher so gerühmt hatte, betrachtete er wie eine unmittelbar gegen Oesterreich gerichtete Kriegserklärung, die er sofort entschlossen war durch ein militärisches Einschreiten zu beantworten. Er wäre dabei am liebsten selbständig vorgegangen, mußte sich aber bei dem Widerspruch Frankreichs und Rußlands bequemen, zu einem neuen Congresse seine Zustimmung zu geben, der im October 1820 unter Theilnahme der Monarchen Oesterreichs, Rußlands und Preußens und von Vertretern Frankreichs und Englands in Troppau zusammentrat. Nach längeren Verhandlungen, bei denen M. sich hauptsächlich mit dem ihm recht widerwärtigen Kapodistria auseinanderzusetzen hatte, einigten sich die drei Ostmächte am 19. November über ein Präliminarprotocoll, welches den Grundsatz aufstellte, daß „diejenigen Staaten, die eine durch Aufruhr bewirkte Regierungsveränderung erlitten haben, damit aus der europäischen Allianz ausscheiden“, für die übrigen Staaten in einem solchen Falle das Recht der Intervention beanspruchte und demgemäß Oesterreich zum Einrücken eines Heeres in Neapel ermächtigte. Gleichzeitig wurde für den Anfang des nächsten Jahres ein neuer Congreß nach Laibach berufen, zu dem auch der König von Neapel eingeladen werden sollte. Uebrigens aber hatte M. wenig Ursache, sich der Verhandlungen von Troppau zu freuen: Kaiser Alexander und noch mehr Kavodistria, dessen abweichende Anschauungen M. nur durch seine „gründliche, vollständige Narrheit“ zu erklären wußte, machten ihm schweren Kummer; sie verhinderten die Verwirklichung seines Planes eines allgemeinen Garantievertrages, der die territorialen Verhältnisse ebenso wie die Verfassungen der einzelnen Staaten verbürgen sollte, so daß M. es für nöthig hielt, in einer sehr weitschweifigen „profession de foi“ dem Kaiser seine geschichtsphilosophischen Betrachtungen über die Revolution zu überreichen; Frankreich folgte nur zögernd und widerwillig dem Vorgehen der Ostmächte; England vollends versagte seine Zustimmung zu der Interventionspolitik, wofür M. sich rächte, indem er alle Mittheilungen aus London einfach für „recht miserabel“ erklärte. Selbst die kleinen deutschen Höfe sahen dem eigenmächtigen Verfahren der drei Mächte nicht ohne Bedenken zu. In Laibach, wo der neue Congreß im Januar 1821 sich versammelte, erreichte M. gleichwol zunächst sein Ziel. Nachdem König Ferdinand von Neapel, von dem M. am 9. September 1818 zum Herzog von Portella erhoben war, und als Vertreter der Constitutionellen der Herzog von San Gallo angehört waren, wurde Oesterreich mit der Durchführung der Intervention in Neapel beauftragt, die im Monat März durch einen kurzen Feldzug ausgeführt wurde. Ein weiterer Erfolg war die Niederschlagung der piemontesischen Militärrevolution, [790] mit Unterstützung österreichischer Truppen, Erfolge, welche die Herrschaft Oesterreichs in Italien fester gründeten, als vorher und in demselben Maße den Einfluß Frankreichs und Englands in der europäischen Politik zurückdrängten. M. war zufrieden; er schrieb: „der gesunde Menschenverstand hat gesiegt“; was ihn am meisten befriedigte und worin er mit Recht die Bedeutung der Conferenzen von Laibach erblickte, das waren die vortrefflichen Beziehungen zu Kaiser Alexander und die Zurückdrängung Kapodistria’s, die seinen unausgesetzten Bemühungen damals allmählich gelang. In dem Gefühl seiner Triumphe ließ sich M. auch nicht durch die Nachrichten von dem Aufstande der Griechen beunruhigen; er sah darin eine Revolution mehr, wie die neapolitanische und sardinische, die „außerhalb der Civilisation liege“, wie er an Stadion schrieb, und die zunächst sich selbst überlassen werden müsse. Von Theilnahme für die unglücklichen Griechen war bei ihm keine Rede; in den Türken hatte er von jeher „die sichersten und besten Nachbarn“ Oesterreichs gesehen. Sein vornehmstes Bestreben war nur, den Kaiser Alexander festzuhalten, dessen menschenfreundliche, liberale Anwandlungen ihm immer neue Sorgen verursachten; das gelang ihm über Erwarten: „wenn Jemand aus schwarz weiß geworden ist, so ist er es“, schrieb er damals (9. Mai). Kaiser Alexander begleitete selbst das Manifest, mit dem am 12. Mai der Schluß des Congresses von Laibach bezeichnet wurde, noch mit einer besonderen russischen Erklärung, worin er die Erhaltung der allgemeinen Ruhe ausdrücklich als sein Ziel verkündete. M. stand auf der Höhe seines Ruhmes: er wurde zum „Haus-, Hof- und Staatskanzler“ ernannt, in Anerkennung der Verdienste, welche er sich im Laufe seines zwölfjährigen Ministeriums durch seine Bemühungen zur Wiederherstellung des allgemeinen Friedens und besonders in den letzten beiden Jahren durch seine „Sorge für den Sieg des Rechts über das leidenschaftliche Treiben der Störer des inneren wie des äußeren Friedens der Staaten“ erworben habe (25. Mai 1821).
Indessen entwickelten sich die Dinge im Orient keineswegs so einfach, wie M. anfangs geglaubt hatte. Es kam zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Rußland und der Türkei; der Aufstand, dessen baldige Niederschlagung er erwartet hatte, griff weiter um sich und verursachte durch die von beiden Seiten verübten Grausamkeiten die größte Aufregung in Europa. M. erkannte schon im August 1821 die Nothwendigkeit der Einberufung eines neuen Congresses. Vorher suchte er sich jedoch durch Einwirkung auf die leitenden Persönlichkeiten seines Erfolges zu versichern; denn in seinen Augen stellte sich das ganze Getriebe des öffentlichen Lebens in Persönlichkeiten dar: für die weltbewegenden historischen Ideen, für die den Völkern innewohnenden Kräfte fehlte ihm der Sinn. Im October 1821 verständigte er sich in Hannover mit dem König von England und mit Lord Castlereagh über die Nothwendigkeit der „Erhaltung des Friedens zwischen Rußland und der Pforte“; besonders aber ließ er sich angelegen sein, bei Kaiser Alexander auf die vollständige Entfernung Kapodistria’s, „das böse Element ewiger Zerwürfnisse“, „die negative Macht“ hinzuwirken. Die Verhandlungen mit dem außerordentlichen Botschafter Alexander’s, Tatischtschew (März und Juni 1822) führten in der That vorläufig zu einem vollständigen Siege Metternich’s: Alexander erklärte sich bereit, die Beziehungen zur Türkei wieder anzuknüpfen und billigte die Ansichten, die M. in einer geheimen Denkschrift vom 9. April 1822 über die orientalische Frage niedergelegt hatte. Kapodistria selbst mußte sich bald darauf vom russischen Hofe zurückziehen. Die Genugthuung Metternich’s über diesen Umschwung in Petersburg war unbeschreiblich: „der Genius des Guten triumphirt über den Genius des Bösen; nie hat sich ein Cabinet so schwer compromittirt wie das russische, das große Werk Peters des Großen und aller seiner Nachfolger ist mit einem [791] Schlage vernichtet“, so schrieb er damals. Dagegen fühlte er sich tief und schmerzlich ergriffen bei der Nachricht von dem Selbstmorde seines alten Freundes Castlereagh (Lord Londonderry), der, wie er sich ausdrückt, gelernt hatte, ihn zu verstehen (22. August), und an dessen Nachfolger Canning M. bald nicht geringeren Verdruß erleben sollte als bisher an Kapodistria. Das zeigte sich schon auf dem Congreß zu Verona (20. Octbr. bis 14. Decbr. 1822). In der orientalischen Frage zwar wurde leicht eine Verständigung dahin erzielt, daß die Verbündeten die maßvollen Forderungen Rußlands an die Türkei in Constantinopel zu befürworten sich verpflichteten, während man andrerseits die Griechen einfach ihrem Schicksal überlassen wollte; auch in der Beurtheilung der italienischen Angelegenheiten, die nach wie vor dem entscheidenden Einflusse Oesterreichs vorbehalten blieben, herrschte volle Einmüthigkeit. Aber bei den Verhandlungen über ein Einschreiten gegen die vor kurzem in Spanien ausgebrochene Revolution, welches von Frankreich beantragt und auch von Rußland gewünscht wurde, erklärte England in entschiedener Weise seinen Widerwillen gegen das von den andern Mächten vertretene Princip der Interventionspolitik. Ohne ein sicheres Vorgefühl des Umschwungs, der sich hierdurch in der europäischen Politik ankündigte und in der ferneren Entwickelung der orientalischen Verhältnisse immer deutlicher zu Tage trat, verharrte M. bei dem System der Politik, das er nun einmal eingeschlagen und dessen Untrüglichkeit er in umfangreichen Denkschriften und Erlassen voll doctrinärer Abstractionen unermüdlich auseinandersetzte. Aber selbst in den deutschen Angelegenheiten schien der Zauber seiner Macht gebrochen; bei den Conferenzen, zu denen sich die Minister der größeren deutschen Staaten im Januar 1823 in Wien zusammenfanden, vermochte M. mit seinen Vorschlägen auf weitere Repressivmaßregeln, Aufhebung der Oeffentlichkeit der Landtagsverhandlungen etc. zunächst nicht durchzudringen, eine Niederlage, für die ihn die Demüthigung Würtembergs, das gegen die Beschlüsse von Verona offenen Widerspruch erhoben hatte, nur wenig trösten konnte. Glücklicher war M. im nächsten Jahre. Nachdem er bei einer Zusammenkunft in Tegernsee die bairischen Staatsmänner völlig für seine Pläne gewonnen und den Minister Zentner selbst, „den Vater der baierischen Verfassung, den ersten Vorkämpfer in Deutschland für das Repräsentativsystem“ zur Ausarbeitung einer Denkschrift im Sinne seiner eigenen Ideen veranlaßt hatte (Ende Mai und Anfang Juni 1824) reiste er nach dem Johannisberg, wo er mit den leitenden deutschen Staatsmännern sich über die Verlängerung und Verschärfung der Karlsbader Beschlüsse verständigte. Im Monat August wurde in der That in Frankfurt a. M. nach einem von österreichischer Seite im Anschluß an Zentner’s Denkschrift formulirten Antrage einstimmig die Verlängerung des provisorischen Preßgesetzes und des Gesetzes gegen die Universitäten beschlossen. Zugleich wurden unter starker Hervorhebung des monarchischen Princips die Bundesstaaten verpflichtet, die bei den öffentlichen Landtagsverhandlungen hervortretenden Mißbräuche zu beseitigen. Nach diesen Erfolgen, die ihn wieder mit der höchsten Zufriedenheit über seine Leistungen erfüllten, konnte M. die fernere Entwickelung der deutschen Dinge sich selbst überlassen und sich wieder ganz der Verwickelung im Orient zuwenden, die sich inzwischen immer ernster und drohender gestaltet hatte.
Bei der Zusammenkunft, die im October 1823 zwischen den Kaisern von Rußland und Oesterreich in Czernowitz stattfand, während M. durch Krankheit in Lemberg zurückgehalten wurde, bewies Kaiser Alexander seinen festen Willen, an der zu Verona vereinbarten friedfertigen und maßvollen Politik in der orientalischen Frage festzuhalten. Alexander äußerte geradezu, daß er einen Sieg der Türken wünsche; die Griechen hätten sich durch ihre Principien wenig interessant gemacht. Aber die Zufriedenheit Metternich’s hierüber, der [792] inzwischen mit Nesselrode in Lemberg verhandelte, dauerte nicht lange. Schon im Januar 1824 erließ Rußland ein Rundschreiben, in welchem es die Wiederanknüpfung der Beziehungen zur Pforte von einer Intervention zu Gunsten Griechenlands abhängig machte. Als Programm dieser Intervention bezeichnete es die Bildung dreier griechischer Fürstenthümer unter der Oberhoheit der Pforte. Dieser unerwarteten Wendung der Dinge gegenüber hielt M. es für das Gerathenste, durch scheinbares Eingehen die Sachen hinzuziehen, um nur vor allen Dingen einem europäischen Conflicte vorzubeugen. Bei den Couferenzen, die in Petersburg über das russische Programm gehalten wurden, ließ er wohl gelegentlich durch den österreichischen Vertreter mit großer Geschicklichkeit den Gedanken hinwerfen, daß im Fall der Unmöglichkeit einer Unterwerfung der Griechen Oesterreich ihre vollständige Unabhängigkeit am liebsten sehen würde. Allein seine Politik vermochte sich doch nicht zu einem wirklich fruchtbaren Plane oder zu einer entschlossen eingreifenden Action aufzuschwingen. Zum großen Verdruß von Gentz, der die Bedeutung der orientalischen Frage von Anfang an aufs höchste anschlug und sie als die „Frage um Leben und Tod“, „um Aufrechthaltung oder Untergang des politischen Systems Oesterreichs“ betrachtete (an Ottenfels 25. April 1824), suchte M. in unfruchtbaren Unterhandlungen die Entwickelung dieser Frage hinzuhalten und die darin liegenden Gefahren, denen gegenüber er ein gewisses Gefühl von Ohnmacht hatte, sich selbst und Anderen hinwegzudemonstriren. Die Folgen dieser politischen Haltung traten bald klar zu Tage: sie führten zur Isolirung Oesterreich in der europäischen Politik und zur Vernichtung seines Einflusses im Orient zu Gunsten Rußlands.
Im März 1825 war M. nach Paris gereist, wohin ihn außer der Krankheit seiner Gattin, die sich dort schon seit Jahren aufhielt, auch der Wunsch rief, sich nach der Thronbesteigung Karls X. über die Lage der Dinge zu unterrichten und die französische Politik fester an die österreichische anzuschließen. Schon wenige Tage nach seiner Ankunft starb seine Gattin (19. März), nachdem er bereits früher rasch hinter einander zwei Töchter (Clementine und die von Talleyrand bewunderte und verehrte Marie Fürstin Eßterhazy) verloren hatte. Er fand den Stand der Dinge in Frankreich im Allgemeinen recht schlecht, war jedoch mit der Politik Villèle’s, der ihm in Allem zuzustimmen schien, sehr zufrieden und freute sich der Beweise von Achtung und Bewunderung, die ihm von allen Seiten reichlich dargebracht wurden. Dagegen hatte M. den Verdruß, daß ein Besuch, den er in London beabsichtigte, um den über Alles gehaßten Canning, „die Weltgeißel“, das „météore malfaisant“, entweder zu bekehren oder zu beseitigen, von der englischen Regierung abgelehnt wurde. Den Sommer über verlebte M. in Mailand und Ischl, mit gelassener Ruhe dem Fortgang des griechischen Kampfes zuschauend, voll Vertrauen in seine Geschicklichkeit und „Kraft zur Leitung des Steuerruders“. Zu Gentz äußerte er damals, die Sache greife ihn nicht mehr an, „als hätte er ein recht intricates Melodrama zu schreiben“ (13. Juli). Die Ankunft der ägyptischen Truppen und deren ersten Erfolge bestärkten ihn in der Erwartung, daß es mit den Griechen, von denen er immer die schlechteste Meinung hatte, zu Ende gehe. In seiner „moralischen Ruhe“, die aus dem unerschütterlichen Bewußtsein seiner Ueberlegenheit hervorging, störte ihn auch der unwillkommene Gang der Politik keineswegs. Von der russischen Politik, auf die der „hergelaufene Corse“, „der Abenteurer Pozzo di Borgo“ Einfluß übte, erwartete er nichts mehr, so wenig wie von Canning; auch Preußen, wo Bernstorff und Ancillon Arbeiten lieferten, die „unter aller Kritik schlecht und abgeschmackt“ seien, hatte er aufgegeben; dagegen glaubte er jetzt sicher auf Frankreich rechnen zu können. Ein Ereigniß von der größten Tragweite war bei dieser Lage der Dinge die Thronbesteigung des Kaisers [793] Nicolaus von Rußland. M. fühlte wohl, was er an Alexander verlor, auf den er in entscheidenden Augenblicken doch immer einen gewissen persönlichen Einfluß hatte ausüben können. Aber da er einmal alle Regenten und Staatsmänner in Revolutionäre und Legitimisten eintheilte, so war er doch auch mit Nicolaus ganz zufrieden und rechnete ihn unter die „Reinen“, weil derselbe die Griechen als „Rebellen“ bezeichnete, die er niemals unterstützen werde. Auch das Vorgehen des Kaisers, der im März 1826 unter strenger Sonderung der russisch-türkischen und der griechisch-türkischen Beziehungen von der Pforte die Herstellung des Status quo vor 1821 in den Donaufürstenthümern, volle Ausführung des Bukarester Friedens und Sendung türkischer Bevollmächtigter an die Grenze verlangte, hatte zunächst seinen ganzen Beifall; die österreichische Vertretung in Constantinopel wurde sogar angewiesen, die Erfüllung dieser Forderungen eifrig zu befürworten, die denn auch zur großen Genugthuung der Oesterreicher erfolgte. Um so größer war der Verdruß Metternichs, als er bald darauf erfuhr, daß England und Rußland sich am 4. April 1826 im tiefsten Geheimniß verständigt hatten, um gemeinsam die griechische Frage durch Bildung eines unter türkische Oberhoheit gestellten griechischen Staates zu lösen. Auch über diese Wendung der Dinge, die er nie für möglich gehalten hätte, setzte sich M. in seiner gewohnten Weise hinweg; er erklärte einfach das Ergebniß der russisch-englischen Verständigung für eine Mißgeburt, „die in wenigen Wochen von ihren eigenen Urhebern verleugnet werden würde“. Befangen in einem Doctrinarismus, der seine eigene politische Action zur Unfruchtbarkeit verurtheilte, verständnißlos für die nüchterne Interessenpolitik der Russen und Engländer, begleitete er nach wie vor die europäischen Ereignisse mit geschichtsphilosophischen Betrachtungen und die Leistungen der fremden Cabinette mit der absprechendsten Kritik, ohne sich doch selbst zu wirklichen staatsmännischen Gedanken und Thaten aufraffen zu können. So begnügte er sich auch dem Vertrage vom 4. April gegenüber zu erklären, daß die österreichische Politik unter Verzicht auf die eigene Initiative die Vorschläge der Mächte ruhig abwarte (Erlaß an Eßterhazy, 8. Juni 1826). Als diese dann eingingen in der Gestalt, daß England und Rußland die drei anderen Großmächte zur Theilnahme an der Beilegung des griechisch-türkischen Conflictes auf Grund des Protocolls vom 4. April einluden, verhielt M. sich wieder völlig ablehnend; er bezeichnete die Vorschläge der beiden Mächte als das „unreifste und nichtigste Machwerk“, dessen Erwägung er eigentlich seiner unwürdig hielt. Bei aller eingebildeten Unerschütterlichkeit seiner Grundsätze, und bei allem Scharfblick, den er sich selbst in reichstem Maße zuerkannte, unterlagen dabei seine Ansichten beständigen Schwankungen und sein diplomatisches Verhalten war selbst nicht frei von Zweideutigkeit, sodaß Kaiser Nicolaus ihn bald ebenso wie früher Kaiser Alexander des Verrathes und des Betruges beschuldigte. M. versprach, die friedlichen Bestrebungen der Mächte in Constantinopel zu unterstützen; aber er ermuthigte zugleich die Pforte zum Widerstande durch irrige Mittheilungen über die friedfertigen Absichten des Kaisers Nicolaus; er rechnete auf die Unterstützung der französischen Regierung, die er seit seinem Besuche in Paris ganz auf seiner Seite zu haben wähnte, und mußte erleben, daß von Canning gewonnen Frankreich durch den Vertrag vom 6. Juli 1827 sich Rußland und England anschloß und damit im Gegensatz zu der 1814 und 1815 unter Metternich’s Auspicien geschaffenen europäischen Allianz eine neue Tripelallianz begründete; dann änderte er wieder seine Ansichten über Nicolaus, überzeugte sich, daß derselbe rücksichtslos gegen die Türkei vorgehen wolle, und beruhigte sich endlich damit, daß es „ihm nie gelingen werde, England dabei mitzuschleppen“ (Vortrag an den Kaiser, 7. Juli 1827). Aber auch in dieser Ansicht, die er besonders nach dem Tode Canning’s festhielt, fand er sich bald getäuscht: [794] unter englischer Führung vernichtete die Flotte der drei durch den Vertrag vom 6. Juli verbündeten Mächte am 20. Octbr. 1827 die türkische Flotte in der Bucht von Navarin. M., der eben noch zwischen den Mächten und der Türkei zu vermitteln begonnen hatte, erblickte in der Lage, wie sie sich nun gestaltete, ein „Resultat der liberalen Politik“ eine „wahre Erderschütterung“, und empfahl dem österreichischen Vertreter in Constantinopel, sich wieder auf die Linie „völliger Unbeweglichkeit“ zurückzuziehen. Dabei zweifelte er jedoch keinen Augenblick, daß er doch noch die russische Politik und ihren Vertreter, den „polternden Nesselrode“ „todt schmettern“ werde, und versicherte seinem Kaiser, „jede Wette eingehen zu wollen, daß wenn er mit einem Zauberschlag in Constantinopel sein könnte, er den Rummel in Kürze beendigen würde“. Er kam jetzt sogar wieder auf seinen früheren Gedanken zurück und beantragte bei den Mächten, der Türkei die administrative Selbständigkeit Griechenlands, und im Falle der Ablehnung dessen vollständige Unabhängigkeit vorzuschlagen. Zugleich bemühte er sich, bald England, wo sein Freund Wellington ans Ruder gelangt war und ihm viel Entgegenkommen bewies, bald Frankreich, dessen Minister La Ferronays er bei einer Zusammenkunft in Teplitz gewonnen zu haben sich schmeichelte, von der Tripelallianz zu trennen. Es blieb alles vergeblich: der Krieg zwischen Rußland und der Türkei kam im Frühjahr 1828 zum Ausbruch und Frankreich sandte seine Truppen nach Morea, zur höchlichen Entrüstung Metternich’s, der darin ein deutliches Anzeichen für den nahen Ausbruch einer Revolution in Frankreich erkennen wollte. Uebrigens ließ er die Dinge jetzt ihren Gang gehen, wie sie wollten: die Russen überschritten unter Diebitsch den Balkan, unter preußischer Vermittelung, der sich Oesterreich mehr scheinbar als thatsächlich anschloß, wurde zu Adrianopel am 14. Septbr. 1829 der Friede geschlossen, der die einige Monate später im Londoner Protocoll vom 3. Febr. 1830 anerkannte Unabhängigkeit Griechenlands vorbereitete. Alles in Allem, mochte auch M. selbst wiederholt die völlige Unabhängigkeit Griechenlands befürwortet haben, war der vorläufige Abschluß der orientalischen Verwickelungen doch eine schwere Niederlage der österreichischen Politik. Mit Preußen in kühler Freundschaft, ohne alle vertrauliche Verbindung mit England oder Frankreich, mit Rußland völlig überworfen, stand Oesterreich allein da unter den großen Mächten Europas und mußte ruhig zusehen, wie die russische Herrschaft an der unteren Donau, der großen Lebensader des österreichischen Staates, sich festfetzte. Wenn die innere Schwäche des Kaiserstaates, die Mängel seiner finanziellen und militärischen Einrichtungen, die M. keineswegs übersah, zu dieser zurückhaltenden Politik wesentlich beigetragen hatten, so fällt doch auch ein nicht geringer Theil der Schuld dem Fürsten M. selbst zu, bei dem die Neigung zu geschichtsphilosophischen Speculationen und die Vorliebe für schmähsüchtige Beurtheilung fremder Staatsmänner und ihrer Leistungen die positive Schöpfungskraft und alle frischen und fruchtbaren staatsmännischen Gedanken überwucherten und erstickten. Er war übrigens nicht ganz blind gegen die Schwierigkeiten der Lage, aber, wie der an Kaiser Franz erstattete Vortrag über den Frieden von Adrianopel beweist, er glaubte, daß nun mit dem Ende des Bundes der Tripelallianz, dieses „wüsten Chaos unverträglicher Elemente“ der von der österreichischen Politik durch die alte Allianz vertretene Gedanke der „Erhaltung alles rechtlich Bestehenden“ wieder zur Herrschaft gelangen und Oesterreich „innerhalb der neuen politischen Gestaltungen dann wieder seine Stelle einnehmen werde“. Welche Stelle das sei, wußte er freilich nicht anzugeben: er meinte, „die unbestreitbare Gewalt der Dinge wird sie uns vorzeigen“ (9. Octbr. 1829). Schneller, als er erwartet, aber auch in ganz anderer Weise, als er gedacht, sollte sich schon im nächsten Jahre diese Ansicht Metternich’s verwirklichen.
[795] Nachdem M. bereits im Winter von 1829 wiederholt aber vergeblich versucht hatte, namentlich durch Wiederherstellung der alten guten Beziehungen zu Rußland der Isolirung Oesterreichs in den Fragen der internationalen Politik ein Ende zu machen, kam ihm ein Ereigniß zu Hülfe, das freilich im ersten Augenblick sein ganzes System über den Haufen zu werfen drohte. Im Juli 1830 brach in Paris die Revolution aus, die M. früher wol öfter vorher verkündet, grade in jenem Augenblick aber keineswegs erwartet hatte. Von Königswart aus, wo er die Nachricht von dem Siege der Revolution erhielt, eilte er nach Karlsbad und traf dort mit dem Grafen Nesselrode eine vorläufige Vereinbarung dahin: daß man sich nicht in die inneren Verhältnisse Frankreichs mischen, daß man aber einen Angriff gegen die vertragsmäßig feststehenden „materiellen Interessen“ Europa’s ebensowenig dulden wolle wie eine Verletzung der inneren Ruhe der verschiedenen Staaten Europa’s (6. August 1830). Auf den weiteren Vorschlag Metternich’s, in Berlin einen Centralpunkt zu schaffen, um von dort aus die Gleichförmigkeit des Vorgehens der drei Mächte bei jedem Vorfalle festzustellen, wollte jedoch Nesselrode nicht eingehen. Immerhin war durch diese Verabredungen die erste Grundlage geschaffen für eine Verständigung zwischen Oesterreich, Rußland und Preußen, die sich in den nächsten Jahren mehr und mehr befestigte. Von einem Vorgehen gegen die revolutionären Bewegungen konnte, da es an einer wirklichen Verständigung unter den drei Mächten noch fehlte, zunächst freilich keine Rede sein. M. selbst war der erste, der im Widerspruch mit seinen früher so oft verkündeten heiligsten Grundsätzen die aus der Revolution hervorgegangene Regierung König Ludwig Philipps anerkannte (8. September), wiewol er dieselbe gleichzeitig „für unvereinbar mit der Ruhe Europa’s“ erklärte (an Apponyi, 12. September). Auch die bald darauf ausbrechenden Bewegungen in Deutschland (Sachsen, Braunschweig, Kurhessen, Hannover), in Belgien und selbst in Polen, veranlaßten M. nicht aus seiner Zurückhaltung herauszutreten. Das Ansuchen des Königes von Holland um materielle Hülfe von österreichischer Seite wurde mit kühler Berufung auf die geographische Lage Oesterreichs zurückgewiesen. Er begnügte sich an seinen früheren Anschauungen über die Interventionspolitik theoretisch festzuhalten, indem er die Verkündigung des Princips der Nichtintervention durch die Franzosen mit der Zurückweisung der Gensd’armen durch die Räuber und den Protesten der Brandstifter gegen die Feuerwehr auf eine Linie stellte (an Eßterhazy, 21. October 1830). Zu einem thatsächlichen Einschreiten fand sich M. erst veranlaßt, als auch in Parma, Modena, Ferrara und Bologna Aufstände ausbrachen, welche den Fortbestand der österreichischen Herrschaft in Italien ernstlich gefährdeten. Unbekümmert um die feindselige Haltung der französischen Regierung, welche den Ausbruch eines europäischen Krieges in nahe Aussicht zu stellen schien, ließ M. im Frühjahr 1831 die österreichischen Truppen in Parma, Modena und den Kirchenstaat einrücken und die Ruhe wiederherstellen. Doch hütete er sich die errungenen Vortheile zu mißbrauchen: er ließ Ancona wieder räumen und schloß sich selbst den von anderen Großmächten ausgehenden Vorstellungen an, um den Papst zur Einführung von Reformen in der Verwaltung des Kirchenstaates zu veranlassen. Zu dieser maßvollen Politik, die er gleichzeitig auch in der belgischen und Luxemburger Frage bewies, wurde M. nicht allein bewogen durch seine Friedensliebe und durch eine gewisse Nachgiebigkeit gegen die neuen Ideen über Verfassungen etc., an denen selbst Gentz im „Beobachter“ jetzt Geschmack zu finden anfing: hauptsächlich scheint auf seine Haltung doch auch die Unsicherheit der Beziehungen zu Preußen und Rußland lähmend eingewirkt zu haben. In der That sah M. nach der Julirevolution die wichtigste Aufgabe seiner auswärtigen Politik in der Wiederherstellung der alten Allianz, um der österreichischen Politik [796] in Europa einen zuverlässigen Rückhalt zu sichern und der von Frankreich ausgehenden revolutionären Bewegung durch eine feierliche Sanction des Interventionsprincips entgegenzutreten. Als das einzige Heilmittel bei dem Zustande Europa’s bezeichnete er damals: „die innigste Verständigung unter den drei Monarchen über die Grundsätze, welche sie fortan zu verfolgen entschlossen sind, über die Art und Weise solche in speciellen Fällen zur Anwendung zu bringen, und endlich über die Wahl der Form und der Worte, in welchen sie die ihrer Politik zum Leitfaden dienenden Grundsätze vor dem europäischen Publicum auszusprechen sich berufen finden können.“ (An Werner, 31. Juli 1881.) Durch unablässige Bemühungen ist es dem Fürsten M. in der That gelungen, das in diesen Sätzen ausgesprochene politische Programm zu verwirklichen. Graf Nesselrode zwar verhielt sich gegen die wiederholten Anträge, die M. in diesem Sinne nach Petersburg richtete, zuerst ebenso ablehnend wie er sich in Karlsbad gezeigt hatte. Sehr entgegenkommend zeigte sich dagegen Preußen, dessen König, durch die revolutionären Bewegungen in Deutschland ernstlich beunruhigt, eifrig auf die Ideen Metternich’s einging. Der Einwilligung Preußens sicher und mit geschickter Benutzung der Vorgänge bei dem sogenannten Hambacher Feste stellte Oesterreich in Frankfurt a. M. im Anschluß an die Wiener Schlußacte eine Reihe von Anträgen, welche, am 28. Juni 1882 einstimmig zum Beschluß erhoben, die ständischen Verhandlungen einer strengen Aufsicht von Bundeswegen unterwarfen. Der Versuch Palmerston’s, unter Berufung auf die Wiener Congreßacte hiergegen Verwahrung einzulegen, wurde von M. mit großer Entschiedenheit zurückgewiesen und als „eine der bedauerlichsten Erscheinungen einer aus Verwirrung der Begriffe und Verkehrtheit der Stellungen so reichen Zeit“ bezeichnet (31. October 1832). Im nächsten Jahre glückte es M., auch Rußland vollständig für sich zu gewinnen. Nachdem er sich um die Mitte August 1833, bei Gelegenheit einer Zusammenkunft zwischen Kaiser Franz und König Friedrich Wilhelm III. in Theresienstadt, in Teplitz mit dem preußischen Cabinet über ein ferneres, einmüthiges Handeln namentlich in Deutschland nochmals völlig verständigt, traf M. in Münchengrätz mit Kaiser Nicolaus von Rußland zusammen, der ihn mit Schmeicheleien überhäufte – begrüßte ihn mit den Worten: „ich bin hierher gekommen, um mich unter die Befehle meines Chefs zu stellen“ – und die früher so oft durch Nesselrode zurückgewiesenen Vorschläge Metternich’s zu einer formellen Vereinigung der conservativen Mächte gegen die Revolution jetzt bereitwillig annahm. Als Gegenleistung beanspruchte und erlangte Nicolaus die Unterstützung Oesterreichs im Orient. Außer einem zwischen Rußland und Oesterreich allein abgeschlossenen Vertrage, in welchem beide Staaten die Existenz der Türkei unter der damaligen Dynastie verbürgten und bei dem etwaigen Untergang des osmanischen Reiches sich zu einem gemeinsamen Vorgehen verpflichteten, verständigte man sich über eine feierliche Festsetzung des Interventionsrechtes, welche dann unter Theilnahme Preußens durch den Berliner Vortrag vom 15. October 1833 erfolgte. Die erste Frucht dieser zwischen Oesterreich und seinen alten Verbündeten in Teplitz und Münchengrätz hergestellten Eintracht waren die Conferenzen, die seit dem Januar 1834 unter Vorsitz Metternich’s und unter Betheiligung von Vertretern der größeren deutschen Staaten in Wien gehalten wurden und deren Ergebniß in den 60 Artikeln des Schlußprotocolls vom 12. Juni 1834 niedergelegt ist. Sie enthielten als eine abermalige Erläuterung der Bundesacte und der Wiener Schlußacte Bestimmungen über die Landstände und deren Verhandlungen, über Universitäten und Schulen etc., lauter Maßregeln, wie M. in seiner Schlußrede sich ausdrückte, „zum Behuf des Schutzes der bestehenden und Wiederherstellung der gestörten Ordnung in Deutschland“. M. hatte die Genugthuung, daß namentlich König Friedrich Wilhelm III. seine [797] Thätigkeit bei diesen Verhandlungen würdigte und ihm eigenhändig seine Anerkennung aussprach für die „unschätzbaren Verdienste, die er sich unter den mannigfaltigsten und schwierigsten Verhältnissen um das politische Erhaltungsprincip erworben habe“ (Schreiben vom 25. Juni 1834).
In dem Gefühle der Sicherheit, welches M. bei der Allianz Oesterreichs mit Rußland und Preußen empfand und nach der glücklichen Befestigung der herrschenden Stellung Oesterreichs in Italien wie in Deutschland, konnte M. der Entwickelung der Dinge in Europa ruhig zusehen. Er war der Ansicht, daß eigentlich keine der schwebenden Fragen eine „europäische politische Angelegenheit“ sei, die eine thatkräftige Einwirkung von seiner Seite erfordere. Nur der Schweiz gegenüber, deren Tendenz zur Ausbildung eines Bundesstaates und zur Stärkung der Centralgewalt er höchlich mißbilligte, nahm er eine Haltung offener Feindseligkeit an, ermunterte die sonderbündlerischen Bestrebungen und sprach in vertraulichen Briefen von der Nothwendigkeit, die Schweiz mit einem „Sanitäts-Cordon“ abzuschließen, um die übrigen europäischen Staaten vor dem Eindringen der revolutionären Pest zu bewahren (an Apponyi, 13. Februar 1834). Uebrigens aber bewies M. große Zurückhaltung. Die Regelung der Beziehungen Rußlands zur Pforte durch den Vertrag von Hunkiar Iskelessi, die Verhandlungen über die Streitigkeiten zwischen Belgien und Holland etc. vollzogen sich ohne besondere Theilnahme Metternich’s; selbst die Nachricht von dem Abschluß der Quadrupelallianz zwischen Frankreich, England, Spanien und Portugal vom 22. April 1834, die Palmerston als „das Bündniß der constitutionellen Staaten des Westens gegen die heilige Allianz des Ostens“ bezeichnete, nahm er gleichmüthig hin. In Gemeinschaft mit Preußen und Rußland rief er den österreichischen Gesandten aus Madrid ab; aber er begnügte sich übrigens, den Thronprätendenten Don Carlos durch Bezeigung seiner wärmsten Theilnahme „moralisch“, wie er sich ausdrückte, und materiell höchstens durch geringfügige Geldsendungen zu unterstützen. Wenn er in allem, was rings um ihn geschah, nach wie vor den Ansturm des Revolution gegen die bestehenden Zustände erblickte (an Apponyi, 2. November 1834), so hatte er es doch jetzt aufgegeben, über den engsten Interessenkreis des österreichischen Staates in Deutschland, Italien und der Schweiz hinaus dagegen seinerseits anzukämpfen.
Aus dieser immer mehr und mehr hervortretenden Schwäche Metternich’s erklärt sich auch sein Verhalten gegenüber den dringenden Aufgaben der inneren Politik Oesterreichs. Wir wiederholen, was wir schon oben bemerkt: M. war keineswegs blind gegen die Nothwendigkeit von Reformen, bei denen er selbst, trotz der angeblichen Starrheit seiner Grundsätze, dem Geist der neuen Zeit Zugeständnisse zu machen bereit gewesen wäre. Aber so maßgebend sein Einfluß in der auswärtigen Politik war, so wenig vermochte er bei der hartnäckigen Abneigung des Kaisers Franz gegen alle Neuerungen in der inneren Politik irgendwelche entscheidende Einwirkung auszuüben. Auch mit dem Tode des Kaisers Franz (2. März 1835) und der Thronbesteigung Ferdinands trat darin keine Aenderung ein. Es wäre vielleicht für eine thatkräftige und entschlossene Natur der Augenblick gewesen, die Zügel der Regierung fest zu ergreifen und die als unerläßlich anerkannten Reformen durchzuführen; allein M., bei allem Ansehen, das er genoß, war nicht der Mann dazu. Nach lebhaften inneren Kämpfen, die namentlich durch den Gegensatz zwischen M. und dem Grafen Anton Kolowrat hervorgerufen wurden, kam es gegen Ende des Jahres 1836 zur Einrichtung der „Staatsconferenz“, der außer den genannten Ministern die Erzherzöge Ludwig und Franz Karl als ständige Mitglieder angehörten. Eine Reform der inneren Regierung wurde jedoch damit, wie sich bald herausstellte, keineswegs erreicht, vielmehr wurde der Geschäftsgang noch langsamer und [798] schwerfälliger, die Schwierigkeit einer reformatorischen Wirksamkeit noch größer. M. selbst war mit dem Gang der Dinge höchst unzufrieden. Er urtheilte, daß man in Oesterreich überhaupt nicht mehr regiere, daß man sich begnüge nur noch zu verwalten. Er klagte über Kolowrat, der sich einrede, Selbständigkeit zu besitzen und sich dabei von dem Hofkammerpräsidenten Eichhof terrorisiren lasse; in sich selbst fühlte er nicht mehr die Kraft, den Dingen eine andere Wendung zu geben und der Katastrophe, deren Herannahen er mehr instinctiv fühlte als klar erkannte, vorzubeugen. Wie die Tagebücher seiner Gemahlin zeigen, wurde seine Stimmung immer trüber, seine theilnahmlose Schwäche immer größer und zugleich so fühlbar, daß Erzherzog Franz Karl und Graf Clam-Martinitz ihm lebhafte Vorstellungen darüber machen konnten. Er zeigte sich jetzt doch in den Fragen der inneren Politik so, wie Gentz ihn früher bei schwierigen auswärtigen Verwicklungen gefunden hatte (vgl. o.): er liebte es nicht, sich ausdauernd mit Geschäften zu befassen, bei denen er nur „Unannehmlichkeiten und Widersprüchen“ begegnete; er erging sich in düsteren Klagen, „kritisirte“ und „demonstrirte“ nach seiner Gewohnheit: einem ernsthaften Kampfe ging er scheu aus dem Wege und zog es vor mit den Gegnern zu pactiren, statt ihren Widerstand zu brechen.
Wie wenig er aber selbst bei denjenigen Fragen der inneren Politik zu erreichen vermochte, deren er sich aus allgemeinem Interesse für die Wohlfahrt des Reiches und aus Gründen der äußeren Politik mit einem gewissen Eifer annahm, das zeigte, außer seiner Betheiligung an den ungarischen Verhältnissen, hauptsächlich seine unfruchtbare Thätigkeit für die österreichische Handelspolitik, deren Reform er im Hinblick auf das Emporblühen des preußischen Zollvereins für unerläßlich ansah. Schon im J. 1833, als der Anschluß Baierns und Würtembergs an den Zollverein unmittelbar bevorstand, hatte M. in einem Vortrage an den Kaiser auf die Bedeutung des Zollvereins für die gesammte Entwickelung der deutschen Dinge hingewiesen und zur Paralysirung des steigenden preußischen Einflusses, vor dem Oesterreich als „Ausland“ mehr und mehr zurücktrete, den Gedanken eines alle deutschen Staaten umfassenden Zollverbandes ausgesprochen. Aber seine Bemühungen hatten damals so wenig Erfolg wie acht Jahre später, wo er, unter unumwundener Anerkennung des commerciellen Aufschwungs innerhalb der Staaten des Zollvereins, eine durchgreifende Reform der österreichischen Handelspolitik überhaupt und zugleich den Beitritt zum Zollverein oder zum mindesten den Abschluß eines Handelsvertrages mit demselben in dringendster Weise befürwortete. (Schreiben an Kübeck, 20. October 1841.)
Nur in den Fragen der auswärtigen Politik konnte M. sich noch seines alten Einflusses, wenn auch nicht mehr der alten Erfolge rühmen. Der in Münchengrätz im J. 1833 zwischen den drei Ostmächten geschlossene Bund war im Herbst 1835 in Teplitz bei einer Zusammenkunft zwischen Kaiser Ferdinand, Nicolaus und König Friedrich Wilhelm III. in feierlicher Weise erneuert worden. M. kann nicht lobend genug hervorheben, wie vollständig sich dort die Einmüthigkeit der drei Monarchen herausgestellt habe, vollständiger als auf irgend einem anderen Congresse der letzten 22 Jahre (an Apponyi, 12. October 1835). Auch Kaiser Nicolaus selbst, der von Böhmen aus nach Wien kam, erklärte dort: „Nichts kann uns nunmehr trennen“. Schon bei der nächsten Verwicklung im Orient sollte jedoch diese Eintracht, die ohnehin mehr Rußland als Oesterreich zu gute kam, auf eine harte Probe gestellt werden. Bei dem erneuten Ausbruch des Krieges zwischen Aegypten und der Pforte und der Bedrohung Constantinopels durch Ibrahim Pascha hätte M. am liebsten in alter Weise eine Conferenz nach Wien berufen, um dort die orientalischen Wirren international schlichten zu lassen. Kaiser Nicolaus lehnte das ab: er zog sich von Oesterreich zurück und [799] näherte sich England, sodaß man in Wien laut über den „Abfall der Russen“ klagte und M. vor Verdruß an einer Art Nervenfieber schwer erkrankte (August 1839). Die Folge war, daß er an der weiteren Entwickelung zunächst keinen entscheidenden Antheil mehr nehmen konnte. Er war nicht unzufrieden darüber, daß das „herzliche Einvernehmen“ Englands und Frankreichs jetzt erschüttert wurde, denn in der damaligen französischen Politik erblickte er eine „Geißel Europas“ und warnte davor: man möge nicht so „mit dem Säbel rasseln“. Als dann vollends Thiers in Frankreich ans Ruder gelangte, schloß sich M. bereitwillig der von England und Rußland vorbereiteten politischen Richtung an und gab gern seine Zustimmung zu dem am 15. Juli 1840 zu London zwischen England, Rußland und Preußen unterzeichneten Vertrage der Quadrupelallianz, der unter Ausschluß Frankreichs die Regelung der orientalischen Verwicklungen bezweckte. Bei dem Kriegslärm, der hierauf in dem „verrückten“ Frankreich ausbrach, wie M. in einem Schreiben an König Feiedrich Wilhelm IV. sich ausdrückt (9. October 1840), suchte eifrig eine besondere Verständigung mit Preußen, welche in der zu Wien zwischen den beiden Mächten für den Fall eines Krieges geschlossenen militärischen Vereinbarung ihren Ausdruck fand. Andererseits bemühte er sich ernstlich, die Dinge nicht zu einem wirklichen Bruch kommen zu lassen, und Es war doch wesentlich ein Erfolg der vermittelnden Thätigkeit Oesterreichs, die zugleich auf Frankreich und auf die Pforte ausgleichend und versöhnend einwirkte, daß das Einvernehmen zwischen den fünf Großmächten wiederhergestellt und ein Vertrag unterzeichnet werden konnte, welcher der Kriegsgefahr ein Ende machte und bis zum Krimkriege die orientalischen Verhältnisse regelte (13. Juli 1841). An dem Gesammtergebniß der Politik Metternich’s im Orient wurde hierdurch freilich nichts geändert: es blieb dabei, daß die sich von der Türkei allmählich ablösenden selbständigen Staaten dem russischen Einfluß unterlagen. M. erkannte wohl, daß der Zerfall der Türkei unaufhaltsam fortschreite, daß die Reformen, zu denen er selbst rieth, nur Auskunftsmittel ohne dauernden Werth seien; aber wie er einmal nach Beer’s treffender Bemerkung nur das Gewordene als berechtigt anerkannte, für das Werdende kein Verständniß hatte, so überließ er die Dinge an der unteren Donau der entscheidenden Einwirkung Rußlands und beruhigte sich mit dem Gedanken an die Verträge von Münchengrätz und Teplitz und mit der Ueberzeugung, daß Kaiser Nicolaus schließlich doch in den Grundprincipien mit ihm einig sei und nur gelegentlich einen kleinen „Profit“ zu machen suche. (An Woyna, 12. April 1842.)
Eine ernstere und sichtbarere Niederlage erlitt die Politik Metternich’s in der Schweiz. Gegenüber den inneren Zwistigkeiten in diesem Lande, deren Ursprung und Charakter wir oben berührten, hatte M., festhaltend an der Conföderationsacte von 1815 und an „der Cantonalsouveränetät“ als Grundlage des „föderativen Begriffes“ sich unablässig bestrebt, unter den Mächten ein Einverständniß und nöthigenfalls ein gemeinsames Einschreiten in der Schweiz herbeizuführen. Diese Bemühungen waren gescheitert, hauptsächlich an dem Widerstände Palmerston’s, in welchem M. wie einst in Canning jetzt die Verkörperung de bösen Princips in der europäischen Politik erblickte. Dagegen entwickelte sich im Laufe dieser Unterhandlungen, zusammenwirkend mit der durch die spanischen Ereignisse eingetretenen Entfremdung zwischen England und Frankreich, eine Annäherung Frankreichs an Oesterreich, in der das Selbstbewußtsein Metternich’s eine Huldigung für den „sittlichen Sinn“ und „die Stärke der festen Stellung“ Oesterreichs sehen wollte. (An Apponyi, 19. April 1847.) Allein die Verständigung mit Guizot, der den bekannten Klindworth als geheimen Unterhändler nach Wien gesendet hatte und M. mit Schmeicheleien überhäufte, konnte nicht hindern, daß im Herbst 1847 der offene Krieg zwischen dem Sonderbunde und [800] der Eidgenossenschaft zum Ausbruch kam, und daß die „Vertheidiger des guten Rechtes“, wie M. sie nannte, eine Niederlage erlitten. Mit tiefem Schmerz mußte M. constatiren, daß der „Kreuzzug“, wie man den Krieg der Sonderbündler in Wien nannte, mißlungen und daß der leibhaftige Radicalismus in der Schweiz die Regierungsgewalt an sich gebracht hatte. Es war eine Niederlage seiner Politik, die er tief empfand und vor deren Rückwirkungen er ernste Besorgnisse hegte.
Wohin M. in diesem Moment überhaupt seine Augen wenden mochte: überall sah er die Dinge in einer „schrecklichen Krisis“. „Die Welt ist krank“, klagt er in den Briefen an seinen vertrauten Apponyi, „der Krebs frißt immer weiter um sich“. Auch Preußen war jetzt abgefallen: der „excentrische“, „phantastische“ König Friedrich Wilhelm IV., der „immer experimentiren muß“, wie M. sich ausdrückt, hatte unbeirrt durch die Vorstellungen, die M. ihm im August 1845 bei einer gemeinschaftlichen Rheinreise gemacht hatte, den Weg des „Constitutionalismus“ beschritten und die verschiedenen Provinzialstände zu einem vereinigten Landtage nach Berlin einberufen. M. besorgte davon die äußersten Gefahren für Preußen und für Deutschland; er fürchtete eine Stärkung der nationalen Bewegung in Deutschland, des „Deutschthums“, und hielt es für nothwendig, sich sogleich mit den Mittelstaaten dagegen zu verbinden und selbst die Hülfe Guizot’s zur Stärkung des föderativen Charakters des deutschen Bundes anzurufen. (An Apponyi, 10. März 1847.) Ebenso trübe lagen die Dinge für ihn in Italien: in Rom hatte der „liberalisirende“ Papst, gegen den M. doch nicht vorzugehen wagte, der nationalen Bewegung einen Aufschwung gegeben, der die ganze Halbinsel in ihren Tiefen erschütterte und sich bald überall, selbst in der Lombardei, in vereinzelten Aufständen Luft machte. Sardinien seinerseits, das sich bisher mehr an Oesterreich angeschlossen, suchte zum großen Verdruß Metternich’s Anlehnung an Preußen und an England, so daß M. schon den bevorstehenden Sieg der radicalen Partei in Turin und ihr Bündniß mit der Schweiz prophezeihte. Und alle diese Bestrebungen fanden einen Rückhalt an England, über dessen „unmoralische politische Stellung“ M. nicht genug schelten konnte. (An Friedrich Wilhelm IV., 11. Januar 1848.) Dazu kamen die inneren Zustände in Oesterreich selbst. In Ungarn trat Kossuth an die Spitze der Bewegung, die im Landtage ein legales Organ und beredte Vertreter fand; in den deutschen, wie in den slavischen Ländern, namentlich in Böhmen, regte sich eine lebhafte Opposition in den Landständen. Die Beamten zeigten sich der von allen Seiten heranfluthenden Bewegung nicht gewachsen; M. klagte über ihre Unfähigkeit, sich in die Lage hineinzufinden, er nannte sie „halbbrüchige Formalisten und träge Sinecuristen“, fand aber in gewohnter Selbsttäuschung gegenüber den österreichischen Mängeln einen Trost in der „preußischen Ueberfüllung mit schofler Waare“ (Schreiben an Kolowrat). Er hatte ein Gefühl davon, daß der Boden ihm unter den Füßen schwinde und daß er, wie er später einmal schreibt, als Repräsentant der österreichischen Macht dem Ausland gegenüber etwas repräsentirte, was bereits nicht mehr existirte, daß er eine „Phantasmagorie“, „ein Geist ohne Körper“ sei. (An Fiquelmont, 20. März 1848.)
So kam das Jahr 1848 heran. Nach den Verwicklungen von 1847, des „verworrensten Jahres“, das er je erlebt zu haben meinte, erwartete M. von dem neuen Jahre mit zuversichtlicher Bestimmtheit eine Klärung der Lage. Sie trat ein, aber so, wie er sie bei allen seinen trüben Erwartungen doch nicht vorhergesehen hatte. Schon im Januar brach in Palermo und in Neapel eine siegreiche Revolution aus, und indem M., im ersten Schrecken hierüber, sich nach Paris mit der Anfrage an Guizot wandte, inwieweit Frankreich zur „Vertheidigung [801] der conservativen Principien“ werde mitwirken können, wurde Guizot selbst gestürzt, König Ludwig Philipp verjagt und in Frankreich die Republik eingeführt. M. hatte die Lage Frankreiches immer höchst ungünstig beurtheilt, aber eine Revolution doch erst bei dem Tode des Königs erwartet. Er war jetzt bereit, die Republik anzuerkennen, wie er Ludwig Philipp anerkannt hatte, vorausgesetzt, daß sie die von der Monarchie geschlossenen Verträge respectire, und suchte zugleich durch eine Verständigung mit Preußen, dessen Zustände er noch vor einem Jahre grade der französischen Regierung gegenüber in den schwärzesten Farben geschildert hatte, dem Rückschlag der Revolution in Deutschland und Oesterreich zuvorzukommen. Es war zu spät: „kommt einmal das Krachen, so folgt der Sturz mit Blitzesschnelle“, wie er selbst am 7. März an den preußischen Minister v. Canitz schrieb. Auch in Wien entstand eine Bewegung, welche durch die nun auch von M. befürworteten Zugeständnisse nicht mehr beruhigt werden konnte und vor welcher M. selbst zurückweichen mußte. Am 13. März reichte er seine Entlassung dem Kaiser ein, der sie am 18. März in den gnädigsten Ausdrücken annahm.
Nach einer nicht ungefährlichen Abreise von Wien, welche sich bei der gegen M. heftig erregten Volksstimmung als nothwendig erwies, ging M. mit seiner Familie über Leipzig, Hannover und Rotterdam nach England, wo er in London und Brighton, hauptsächlich im Verkehr mit Wellington, den er als seinen „bewährtesten Freund“ bezeichnet, einige Zeit in stiller Zurückgezogenheit lebte. Im October 1849 siedelte er, hauptsächlich aus ökonomischen Gründen, nach Brüssel über wo er bis Ende Mai 1851 verweilte.
Die Revolution hatte seinen Gleichmuth nicht berührt noch sein Selbstbewußtsein erschüttert. Er hörte nicht auf, sich selbst und Anderen zu beweisen, daß er stets Recht gehabt habe, indem er immer wiederholte, daß er das Reich nicht regiert, sondern nur dessen Politik geleitet habe. In seiner lehrhaften Weise fuhr er fort, in Schreiben an den Erzherzog Johann, an Kübeck, Schwarzenberg und Andere sich über die großen Fragen der Zeit auszulassen, ohne rechtes Verständniß für die wirkenden Kräfte der Geschichte, immer nur bestrebt, die fluthenden Erscheinungen des öffentlichen Lebens in starre Formeln zu fassen und den selbständigen Regungen der Völker den todten Buchstaben der Tractate entgegenzuhalten. So erklärte er die Frage der italienischen Nationalität für eine „sentimentale Frage“: Realität besäßen nur die Verträge. Für Deutschland kannte er nur die Form des Staatenbundes, ein Deutschland ohne Oesterreich war ihm undenkbar, ein deutscher Reichstag neben einem preußischen Landtag erschien ihm als ebenso unmöglich wie eine Central-Repräsentation in Oesterreich neben den Landtagen der einzelnen Länder.
Nach einem längeren Aufenthalt auf dem Johannisberg wo er u. a. den Besuch König Friedrich Wilhelm’s IV. und des damaligen preußischen Bundestagsgesandten, des Herrn von Bismarck empfing, kam M. am 24. September 1851 wieder in Wien an.
Hier verbrachte er jetzt in seinem Hause am Rennwege die Wintermonate, während er den Sommer gewöhnlich auf seinem Gute Königswart in Böhmen verlebte. Am 3. März 1854 hatte er den Schmerz, nach 23jähriger Ehe seine dritte Gemahlin Melanie, geborene Zichy-Ferraris, zu verlieren, deren kürzlich veröffentlichte Tagebücher so anziehende Mittheilungen über M. und sein Leben enthalten; seine zweite Gemahlin, Antonie Leykam (Gräfin von Beilstein), mit der er sich 1827 vermählt, war bereits 1829 verstorben. An der Politik hatte M. keinen bestimmenden Antheil mehr, doch blieb er in engem Verkehr mit Schwarzenberg und dessen Nachfolger Buol, und unterließ nicht, über die schwebenden politischen Fragen seine Ansichten zu äußern, nach seiner Gewohnheit über die [802] Dinge mehr weitschweifig reflectirend, als mit bestimmten Anträgen hervortretend. Mit der Politik Oesterreichs im Krimkriege war er wenig einverstanden; er warnte davor, sich überhaupt in die orientalische Verwicklungen einzulassen, bei denen Oesterreich nach seiner seltsamen Ansicht nichts zu gewinnen und viel zu verlieren habe; er mißbilligte den am 2. December 1854 mit den Westmächten geschlossenen Vertrag, und empfahl immer wieder, wie 40 Jahre früher, für Oesterreich als die beste Politik das „Zuwarten“. Inmitten der Verwicklungen die durch das Bündniß des napoleonischen Kaiserreichs mit Sardinien gegen Oesterreich entstanden, bei einer politischen Lage, die er als einen „Widerspruch gegen den gesunden Menschenverstand“, als eine „Beleidigung der menschlichen Vernunft“ bezeichnete, ist M. am 11. Juni 1859 gestorben. – Von seinen Söhnen überlebte ihn ein Sohn zweiter Ehe, Richard Clemens Lothar, geb. am 7. Januar 1829, der von 1859 bis 1871 österreichischer Botschafter in Paris war, und zwei Söhne dritter Ehe.
- Die wichtigste Quelle für die Geschichte Metternich’s bildet die von 1880 bis 1884 in 8 Bänden veröffentlichte Sammlung „Aus Metternich’s nachgelassenen Papieren“; die darin enthaltenen memoirenhaften Aufzeichnungen aus verschiedenen Zeiten seines Lebens sind wenig glaubwürdig (vergl. den Aufsatz „die Memoiren Metternich’s“ in der Hist. Zeitschrift, N. F. Bd. VIII), um so werthvoller, wenn auch lückenhaft und nicht ohne willkürlich vorgenommene Aenderungen, sind die amtlichen Schreiben und privaten Briefe Metternich’s. Von weiteren Quellenschriften und Bearbeitungen sind zu erwähnen die Veröffentlichungen von Prokesch-Osten, namentlich „Aus dem Nachlaß von Prokesch-Osten“ 2 Bde., 1881. – W. Oncken, Oesterreich und Preußen im Befreiungskriege, und dessen Aufsätze in dem Historischen Taschenbuche, 6. Folge, Bd. 2. 4. 5. – Beer, Zehn Jahre österreichischer Politik 1801 bis 1810 (1877); die Finanzen Oesterreichs (1883); die orientalische Politik Oesterreichs seit 1774 (1883). – Ranke, die Denkwürdigkeiten des Staatskanzlers Fürsten Hardenberg. – Martens, Traités conclus par la Russie avec l’Autriche (Bd. 3 und 4). – Wertheimer, Geschichte Oesterreichs und Ungarns, 1. Bd. (1884). – A. Schmidt, Zeitgenössische Geschichten (1859). Von Zeitgeschichten verdienen Erwähnung: Treitschke, deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert; Gervinus, Geschichte des 19. Jahrhunderts; Springer, Geschichte Oesterreichs; Hillebrand, Geschichte Frankreich’s; die Werke von Haussonville und Guizot (Memoiren) über die französische, von Farini und Bianchi über die italienische Politik; Thiers, Histoire du Consulat et de l’Empire, (von M. selbst wiederholt als im ganzen zuverlässige Quelle für dir Geschichte seiner eigenen Politik anerkannt) u. s. w. Aeltere Biographien, meist wenig bedeutenden Inhalts, sind von Pilat (1825), und Binder (1836), Schmidt-Weißenfels (1860); von neueren Studien über M. sind beachtenswerth die von Springer („Preußische Jahrbücher Bd. 4); Häusser (Hist. Zeitschrift Bd. 3); Hillebrand (Zeiten, Völker und Menschen, Bd. 5); Mendelssohn-Bartholdy (Hist. Zeitschrift Bd. 18, über Metternichs orientalische Politik) und ganz besonders von Beer (in „Der neue Plutarch“, Bd. 5, 1877).
[777] *) Zu Bd. XXI S. 526.