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ADB:Hummel, Caspar

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Artikel „Hummel, Caspar“ von Franz Maria Feldhaus in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 507–509, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hummel,_Caspar&oldid=- (Version vom 9. Dezember 2024, 10:23 Uhr UTC)
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Hummel: Johann Kaspar H. (1776–1850), Begründer der Maschinenfabrik C. Hummel in Berlin. H. war am 24. November 1776 als Sohn eines Schlossermeisters in Kassel geboren, erlernte dessen Handwerk, wurde aber Soldat, als die europäischen Staaten 1793 den ersten Coalitionskrieg gegen die französische Republik eröffneten. H. gerieth in Gefangenschaft, wurde in französischen Militärwerkstätten beschäftigt und lernte die dort verwendeten Maschinen kennen. Nach dem Friedensschluß in seine Vaterstadt zurückgekehrt, verfertigte er sich das Modell einer Kanonenbohrmaschine, wie er sie in Frankreich kennen gelernt hatte, und durch glückliche Umstände kam es dahin, daß der König von Preußen Friedrich Wilhelm III., ihm anbot, sich in Berlin niederzulassen und für die preußische Artillerie eine solche Maschine zu bauen, in welcher ein Fortschritt gegen die bisherigen Einrichtungen erkannt wurde. Nachdem H. diese Aufgabe, dank der Beihülfe des Staates, gelöst hatte, und die Maschine dem Betriebe übergeben werden sollte, zerstörte der inzwischen zum Kaiser von Frankreich erwählte Napoleon Bonaparte durch die Schlacht bei Jena 1806 das Glück Preußens und auch Hummel’s hoffnungsvolles Werk. Die Franzosen besetzten Berlin und brachten die Kanonenbohrmaschine als Beutestück nach Frankreich. Wie für ganz Deutschland und einen großen Theil des übrigen Europas, so begannen nun auch für H. Tage des Elends und der Noth. Er hatte zwar neben seinen Arbeiten für die Artillerie bald auch bei Privatleuten durch Anfertigung von Schlosser- und Schmiedearbeiten, sowie durch den Bau von Werkzeugmaschinen und Hebemaschinen Beschäftigung gefunden. Aber daß auch hierin während der schweren Kriegsjahre der Bedarf sehr gering war, ist begreiflich, wenn man sich vergegenwärtigt, mit wie bescheidenen Hülfsmitteln damals die Gewerbe fertig wurden. H. entschloß sich daher, die Fabrikation von Metallknöpfen aufzunehmen, welche in der Kleidung [508] der Herren Mode waren. Er baute sich die dazu erforderlichen Maschinen selbst und fand dann in den Jahren 1812 bis 1817 bei den Schneidern, Kaufleuten und auf den großen Messen in Leipzig und Frankfurt genügenden Absatz für seine Knöpfe.

Inzwischen war aber Deutschland durch die Völkerschlacht bei Leipzig 1813 von der französischen Plage befreit worden. Die Verbündeten waren 1814 in Paris eingezogen und die Victoria mit dem Viergespann, welche Napoleon von dem Brandenburger Thor in Berlin als Kriegsbeute nach Frankreich geschleppt hatte, wurde stark beschädigt wieder zurückgebracht. H. reparirte sie durch Einbauen eines kräftigen Eisengerippes und stellte sie auf dem Brandenburger Thor wieder auf. Auch verfertigte er die eisernen Feuerbecken und Schmuckstücke, welche bei der Siegesfeier verwendet wurden und mußte während derselben mit seinen Leuten die Freudenfeuer anzünden und unterhalten. Bedeutende Schlosser- und Schmiedearbeiten haben ihn in den Jahren bis etwa 1824 beschäftigt. In dieser Zeit neuerwachender Friedensarbeit wurde kaum ein bedeutender öffentlicher Bau in Berlin ausgeführt, bei dem H. nicht thatkräftig mitgewirkt hätte. Das Königl. Schauspielhaus (1819–1821 unter Leitung Schinkel’s erbaut) erhielt alle großen Eisenconstructionen, auch ein Wasserpumpwerk, von H. Dort und im Königl. Opernhause wurden von ihm Bühnenmaschinerien aller Art aufgestellt. Für das Potsdamer Thor, für die Schloßbrücke, Jungfernbrücke, Gertraudenbrücke und Langebrücke machte er die Gitter und für die Brücken die Maschinen zum Aufziehen der Klappen. Dem Packhof am Kupfergraben lieferte er die Winden, dem Botanischen Garten ein großes eisernes Dach für das Palmenhaus und für viele öffentliche und private Gebäude eiserne Fenster und Blitzableiter. Auch große Fabrikanlagen führte er in diesen Jahren aus, so für die königl. Porzellanfabrik, die königl. Gesundheitsgeschirrfabrik und die Ofenfabrik von Feilner in Berlin.

Mit dem Eintritte des Friedens hatte das Kriegsministerium wieder begonnen, die Ausrüstung der Armee zu verbessern. Bis zum Jahre 1843 hatte H. daher für die Artillerie Drehbänke, Bohrmaschinen, Kugelformmaschinen, für das „Raketenlaboratorium“ verschiedene Pressen, für die Pulverfabrik eine vollständige neue Einrichtung zu liefern. Seine Thätigkeit in dieser Richtung erreichte ihren Höhepunkt, als er den Bau einer neuen Geschützbohrmaschine- und Drehbank beendet hatte und dieselben im J. 1832 der Artillerie übergab.

Als H. bei Begründung seines Geschäftes im J. 1804 (Kirchhofstr. 10, jetzt Johannisstr. 2) auf Befehl des Königs durch die Schenkung von Werkzeugen unterstützt wurde, kam es jedoch nicht lediglich darauf an, dem Militär Hülfsmittel zu schaffen, sondern es geschah mit der vertragsmäßigen Verpflichtung, „Maschinen und mechanische Werkzeuge für inländische Fabrikanten und Künstler mit seiner Kenntniß und der erforderlichen Genauigkeit anzufertigen“. In diesem Bestreben, die Privatindustrie in Preußen durch Förderung des Maschinenbaues zu heben, hat die Regierung in H. einen praktischen und bis an sein Lebensende unermüdlichen gewissenhaften Helfer gehabt. Daß man dies schon 1861 würdigte, sieht man daran, daß am Sockel des Standbildes von Beuth auf dem Schinkelplatze H. als Erbauer der Druckmaschine verewigt ist.

Hummel’s Thätigkeit auf maschinentechnischem Gebiete entwickelte sich besonders, seit die Regierung ihm 1820 geholfen hatte, kostspielige Versuche mit der Fabrikation von Scheermaschinen-Spiralschneidemessern zu machen, sodaß H. bis 1830 etwa 100 Tuchscheermaschinen baute, von denen etliche von der Regierung an minder bemittelte Tuchmacher verschenkt, die meisten jedoch von [509] Fabrikanten gekauft wurden. Gleichzeitig hatte H. durch seine vielseitige Thätigkeit Gelegenheit gefunden, Papierwalzen abzudrehen, und nachdem es ihm gelungen war, eine solche neu herzustellen, baute er 1828 den ersten Calander für eine schlesische Leinenfabrik. Durch die Reparaturen, welche er für Kattunfabrikanten an englischen und französischen Maschinen ausführte, lernte er deren Bauart und Verwendung kennen und baute 1826 die erste deutsche Gravirmaschine für Kupferwalzen. Auch die erste deutsche hydraulische Presse für die Textilindustrie, nachdem er schon vier Jahre vorher die großen Schwierigkeiten in der Herstellung gußeiserner Preßcylinder bei der Ausführung der Cohäsionspresse für die Artillerie glücklich überwunden hatte, wurde von ihm ausgeführt.

Den erfolgreichsten Aufschwung nahm seine Thätigkeit auf diesem Gebiete, als H. 1830 die erste Einfarben-Walzendruckmaschine und 1837 die erste „Perrotine“, und zwar eine zu drei Farben, baute. Diese beiden Arten von Druckmaschinen baut seine Firma noch heute, aber sie haben sich mit der Zeit so vervollkommnet, daß man ihre ausländische Abstammung kaum erkennt. Die Beschäftigung mit den Maschinen für Buchdruck und Kupferdruck begann, als H. 1836 die ersten Kupferdruckpressen für die Hauptverwaltung der Staatsschulden baute, und bald darauf durch Reparaturen an englischen Buchdruckhandpressen, den sogenannten Columbia-Pressen, veranlaßt wurde, 1838 solche auch neu zu bauen. Zur Construction von Schnellpressen wurde 1847 übergegangen.

Bis zum J. 1818 hatte H. seine Werkzeugmaschinen mit dem Schwungrade von Hand drehen lassen. Um diese Zeit kam bei ihm die erste Dampfmaschine zur Anwendung, ein Geschenk der Regierung. 1841 ließ er sich eine verbesserte vom Mechanikus Freund bauen und 1843 kaufte er von Borsig einen neuen Dampfkessel, welcher nahezu 34 Jahre im Betrieb blieb.

Am 7. October 1850 starb H. im Alter von 74 Jahren. Im J. 1825 war Joseph Constantin Bialon, ein geborener Schlesier († 1872), nachdem er das von Beuth begründete Königl. Gewerbeinstitut besucht hatte, als Lehrling bei H. eingetreten, arbeitete zunächst als Schlosser und Dreher, dann als Zeichner, machte bald auch Reisen für H., wurde dessen Schwiegersohn und 1838 Theilnehmer der Firma, welche er seit 1850 allein fortführte. Dessen Sohn Richard Bialon ist seit 1872 Inhaber des Werks.

Bearbeitet nach einer von Commerzienrath R. Bialon am 23. Nov. 1904 den Angestellten und Arbeitern der Firma C. Hummel gehaltenen Centenarrede; vgl. auch: „Welt der Technik“ 1904, Nr. 24, S. 431.