Zum Inhalt springen

ADB:Jasche, Valerius

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Jasche, Valerius“ von Gottfried von Bülow in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 728–729, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jasche,_Valerius&oldid=- (Version vom 14. Oktober 2024, 21:13 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 13 (1881), S. 728–729 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Valerius Jasche in der Wikipedia
Valerius Jasche in Wikidata
GND-Nummer 129833150
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|13|728|729|Jasche, Valerius|Gottfried von Bülow|ADB:Jasche, Valerius}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=129833150}}    

Jasche: Valerius J., lutherischer Geistlicher und Schulmann, geb. 1624 in Colberg, † am 24. Juni 1684 in Stolp, wohin er sich wegen einer Operation begeben hatte. Sein Vater, Mag. Joachim J., eines Colberger Kaufmanns Sohn, war 1615 zum Pastor an der St. Marienkirche daselbst berufen und stand wegen seines gottesfürchtigen Wandels und seines zur Zeit der kaiserlichen Besetzung 1630 dem Bekehrungsseifer der Jesuiten gegenüber unter höchster Lebensgefahr bewiesenen Glaubensmuthes bei seiner Gemeinde sehr in Ansehen. Daß ihm sein Haus angezündet, und auf der Straße, wie in der Kirche wiederholt auf ihn geschossen wurde, machte ihn nicht irre, und diese Unerschrockenheit [729] verfehlte auch auf die Haltung der Bürgerschaft ihre Wirkung nicht. Er starb 1648. Der Sohn vollendete seine in Colberg begonnene Schulbildung aus der damals unter Mag. Joachim Otto’s Leitung stehenden Schule in Stolp und ging 1640 nach Königsberg, wo er Theologie und Philosophie, daneben auch Metoposkopie und Chiromantie, später auch noch Mathematik studirte. Nach des Vaters Tode war er kurze Zeit in Colberg, durchzog aber von 1649 an zu weiterer Ausbildung einen großen Theil Deutschlands, wobei er sich in Köln, Marburg und Straßburg längere Zeit aufhielt und die Stätten classischer Gelehrsamkeit in den Niederlanden besuchte. Am 23. Januar 1655 wurde er am Lyceum seiner Vaterstadt als Conrector und 1663 als Rector angestellt. Von der Universität Rostock, bei der er 1654 als Doctorandus eingeschrieben war und über 1. Timoth. 2, 4–6 disputirte, gewann er am 7. Mai 1665 den Grad eines Licentiaten der Theologie. Als Schulmann genoß er nicht nur den Ruf der Tüchtigkeit, so daß das Lyceum unter ihm großen Aufschwung nahm, sondern er war sogar mit Leidenschaft seinem Amte zugethan. Mit dem Glockenschlag stand er im Auditorium und versäumte nie eine Lection, war aber auch nicht frei von allerhand Schwächen. Seine Eitelkeit verleitete ihn, von Schülern und Untergebenen sich „Excellenz“ tituliren zu lassen; und als ein Schüler, der Strafe erhalten sollte, darauf speculirend ihn mit „Euer Gnaden“ anredete, erwiderte er: „Laß er’s nur bei der Excellenz“ und erließ die Strafe. Am 28. März 1667 erhielt er das nach ortsüblicher Weise mit dem Schulamte verbundene Amt eines Vesperpredigers und genießt den Ruhm, in dieser Stellung in Pommern einer der ersten gewesen zu sein, der dem besonders in Colberg arg grassirenden Hexenwahn entgegentrat. Ueber acht Wochen lang kämpfte er einmal unerschrocken, aber auch mit einer keine Grenzen kennenden leidenschaftlichen Heftigkeit gegen seinen unduldsamen, brennlustigen Collegen Dr. Johann Colberg († 1687 als Pastor und Professor in Greifswald), um drei der Hexerei angeklagten Weibern das Leben zu retten. Die ganze Stadt gerieth durch den mit höchster Erbitterung und den schärfsten persönlichen Invectiven geführten Kanzelstreit in die größte Aufregung: von Entsetzen ergriffen, verließen die Leute, wenn J. predigte, die Kirche, sahen Gesichte u. dgl.; auch für ihn selbst war die Sache nicht ohne Gefahr. Indessen, wenn er auch das nächste Ziel nicht erreichte, die unglücklichen Weiber am Leben zu erhalten, so ist doch dieser Streit nicht ohne segensreiche Wirkung geblieben; die städtischen Annalen melden von keinem späteren Hexenproceß in Colberg. Neben seiner Amtsthätigkeit fand J. noch Zeit zu vielfacher wissenschaftlicher Arbeit, auch schrieb er außer Schulschriften eine große Zahl jener damals sehr beliebten Hochzeits- und Trauergedichte, sowie Leichenreden, die heute nur noch wegen der damit verbundenen Personalien Beachtung finden. Seine bekannteste schriftstellerische Arbeit ist die seiner Zeit beifällig aufgenommene Herausgabe der Compilation des Abts Andreas vom Kloster Michelsberg bei Bamberg, De vita S. Ottonis libri quatuor mit Anmerkungen, 526 Seiten in 4° (Colbergae excudebat Ludovicus Röderus, anno 1681). Nicht zur Ausführung, wenigstens nicht zur Veröffentlichung, kam eine ausführliche Geschichte des Bischofs Otto, die zugleich Antiquitates ecclesiae Colbergensis versprach, über welche sein späterer Nachfolger, der Colberger Historiograph Wachs ungünstig und wol auch mißgünstig berichtet. Mit Beihülfe einiger anderer Gelehrten legte J. 1677 den Grund zu der bei der St. Marienkirche in Colberg noch vorhandenen Bibliothek, die auch den Bürgern geöffnet sein sollte und deren Bibliothekar er war. Vermählt war J. mit Anna Sophie Große, Tochter des Generalsuperintendenten Große.

Riemann, Geschichte von Colberg.