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ADB:Johann (erwählter Bischof von Lüttich)

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Artikel „Johann von Baiern, Bischof von Lüttich“ von Karl Theodor Wenzelburger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 231–233, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_(erw%C3%A4hlter_Bischof_von_L%C3%BCttich)&oldid=- (Version vom 11. Dezember 2024, 21:09 Uhr UTC)
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Johann von Baiern, Bischof von Lüttich, der jüngste der drei Söhne des Herzogs Albrecht von Baiern, Graf von Holland, Zeeland und Hennegau, aus dessen erster Ehe mit Margarethe von Brieg und Liegnitz, geb. 1373, trat auf Verlangen seines Vaters in den geistlichen Stand, wurde Domherr in Cambrai und, erst 17 Jahre alt, vermöge des Einflusses seines Vaters vom [232] Domkapitel in Lüttich zum Fürstbischof erwählt und von Kaiser und Papst bereitwillig bestätigt. Freilich wohnte in ihm kein besonders geistlicher Sinn: die Priesterweihe wollte er nie empfangen und er nannte sich deshalb auch nur Elekt, lieber schwang er die Streitaxt als das Weihrauchfaß, Krieg, Ritterfeste und schöne Frauen zogen ihn mehr als alles Andere an. Dagegen besaß er einen außerordentlich scharfen Verstand und verstand es bei jeder Gelegenheit seinen Vortheil wahrzunehmen. Am Anfang war man in Lüttich mit seiner Regierung zufrieden, man klagte zwar über seine Geldverschwendung, aber er hielt sich doch bei Allem, was er that, strenge innerhalb der Grenzen des Rechtes und wußte die Ordnung in der oft so unruhigen Stadt trefflich zu handhaben. Fünf Jahre nach seinem Einzug, 1395, gerieth er einer unbedeutenden Ursache wegen mit der Bürgerschaft in ernstlichen Conflict, was ihn so verdroß, daß er seinen Sitz eine Zeit kang nach Diest auf brabantisches Gebiet verlegte. Er bekam zwar sofort die Oberhand, allein die Strenge, mit der er die richterliche Macht in Lüttich handhabte, war ein Dorn in den Augen des Volkes, das er sich seit dieser Zeit entfremdete. Verschiedene vom Glück begünstigte kriegerische Unternehmungen, wie ein Zug gegen die Friesen, ein Krieg mit dem Herzog von Geldern veränderte an der feindseligen Stimmung des Volkes nichts, das ihm wegen seiner Herrschfucht mißtraute. Er verließ deshalb zum zweiten Male die Stadt, eine wenigstens äußerliche Versöhnung folgte, aber neue Unruhen nöthigten ihn, im Juli 1405 Lüttich wieder zu verlassen. Hier bemächtigte sich der Pöbel vollständig der Gewalt, am 29. September 1406 wurde ein neuer Bischof erwählt und der Aufstand verbreitete sich bald über das ganze Lütticher Land. J., der bis jetzt immer noch eine gewisse Mäßigung an den Tag gelegt hatte, beschloß nunmehr, alle Mittel, auch die grausamsten und strengsten, anzuwenden, um die Stadt wieder zum Gehorsam zurückzubringen. Er reiste selbst nach Deutschland, England und Frankreich und fand überall bereitwillige Zusage der Hülfe; mit seinem indessen in Holland durch den Tod seines Vaters Albrecht mit der gräflichen Würde bekleideten Bruder Wilhelm entwarf er den Plan eines Feldzugs und noch ehe das Jahr 1407 zu Ende war, hatten die Feindseligkeiten begonnen. Im Frühjahr 1408 griffen die Lütticher Maastricht an, wo J. sich aufhielt, drei Monate hatten sie die Stadt schon vergeblich belagert, als zwei Heere zum Entsatz heranrückten: Wilhelm von Holland mit 12,000 Mann und Herzog Johann ohne Furcht von Burgund mit 16,000 Mann. Am 23. September 1408 kam es bei dem Dorfe Othée oder Elch zur Schlacht, in der die Lütticher vollständig geschlagen wurden, 20,000 derselben blieben auf dem Platze. Die Rache, die nunmehr an den Aufrührern genommen, war eine so furchtbare, daß J. von dieser Zeit an den Beinamen „ohne Gnade“ erhielt; hundertweise wurden die Bürger ertränkt und enthauptet und die Stadt selbst verlor alle ihre Privilegien. Acht Jahre herrschte nun J. als Sieger in der Stadt, endlich, im April 1417, kam eine Versöhnung zu Stande und J. gab ihr ihre confiscirten Privilegien größtentheils zurück. Der Grund dieser plötzlichen Nachgiebigkeit lag jedoch nicht sowol in seiner persönlichen Milde, als vielmehr in seinen Aussichten auf die Nachlassenschaft seines Bruders, der gegen den Willen des Kaisers Sigismund seine Tochter Jacobäa zu seiner Nachfolgerin bestimmt hatte. Der Kaiser stellte sich nämlich auf den Standpunkt, daß Holland ein Schwertlehen sei und daß dasselbe, wenn Wilhelm VI. ohne männliche Nachkommen stürbe, wieder an das Reich zurückfallen müßte. Am 30. Mai 1417 starb Wilhelm VI. und J. verließ alsbald sein Bisthum, um auf seinen holländischen Besitzungen in der Nähe den ferneren Lauf der Dinge zu beobachten. Hier standen sich zwei Parteien schroff gegenüber, die Hoek’schen drangen auf die Anerkennung Jacobäa’s zur Gräfin von Holland, während die Kabeljau’schen diesem Project feindlich entgegentraten, [233] die mächtigste Stadt von Holland, Dordrecht stand nicht allein auf Seite der letzteren, sondern weigerte sich auch Jacobäa anzuerkennen. Da jedoch diese Partei durch Verbannungen und Güterconfiskationen augenblicklich sehr geschwächt war und wohl sah, daß sie ohne einen tüchtigen Anführer nichts vermochte, so klopfte sie bei J. an, der mit ihr schon vorher auf gutem Fuße stand. Er begab sich sofort nach Dordrecht und verlangte von Jacobäa, daß sie ihn, so lange sie nicht verheirathet sei, als Vormund und Ruhwart anerkenne. Am 10. November 1417 huldigte ihm Dordrecht, nachdem Jacobäa sein Ansinnen abgewiesen hatte. Indessen hatte sich letztere mit Johann von Brabant vermählt und da beide Gatten Blutsverwandte waren, so suchte man ein Mittel, um die Ehe für ungültig zu erklären. Zwar hatte der Papst Martin V. die kirchliche Dispensation gegeben, allein Sigismund und J. wußten den Papst zur Zurücknahme derselben zu bestimmen. Jacobäa hielt sich aber an die erste Bulle und die Heirath wurde in aller Eile vollzogen (10. März 1418). Da nunmehr Jacobäa in ihrem Mann einen natürlichen Vormund besaß, so konnte J. auch keinen rechtlichen Anspruch auf die Vormundschaft mehr machen; um aber dennoch zu seinem Ziel zu gelangen, legte er sein geistliches Amt nieder, verzichtete auf sein Bisthum, heirathete Elisabeth von Görlitz, die Wittwe des Herzogs Antoine von Brabant und Stiefmutter Johans IV. und ließ sich vom Kaiser Sigismund mit Holland und Zeeland belehnen. Der darauf ausbrechende Krieg wurde hauptsächlich um Dordrecht geführt, das Jacobäa vergeblich belagerte. Da alle Anschläge auf die Stadt mißlangen, so gab sie am 3. Februar 1419 ihre Zustimmung zu einem Vertrage, der durch Vermittlung Philipps von Burgund in Woudrichem (Workum) zu Stande kam und dessen Hauptbedingungen dahin gingen, daß J. einen großen Theil von Holland, namentlich Dordrecht, Rotterdam und Gorkum als Lehen von Jacobäa und ihrem Gemahl besitzen, daß er in den drei Grafschaften während fünf Jahre zugleich mit Johann von Brabant die Regierung führen und daß er, wenn Jacobäa kinderlos sterben würde, der Erbe seiner Nichte werden sollte. Dagegen verzichtete J. auf alle ihm vom Kaiser verliehenen Rechte auf Jacobäa’s Länder, aber der würdelose Johann von Brabant fügte diesem Vertrag noch eigenmächtig die Bestimmung zu, daß er Johann von Baiern zu seinem Statthalter in Holland und Zeeland ernannte, ihn also zum thatsächlichen Herrn derselben machte. So im vollen Besitze der Macht gebrauchte er diese hauptsächlich dazu, um die Hoek’sche Partei zu unterdrücken, er eroberte Leyden und setzte den dortigen Burggrafen ab (17. August 1420). Bald verpfändete ihm Johann von Brabant Holland und Zeeland für eine ansehnliche Summe. Bis zum J. 1425 hielt er die Gewalt fest in Händen, Jacobäa hatte indessen ihren Gemahl verlassen und in England eine zweite Ehe geschlossen, sie kam mit Glocester in die Niederlande, um den Kampf um ihr väterliches Erbe aufs Neue zu beginnen, die Feindseligkeiten waren schon eröffnet, als Johan von Baiern am 6. Januar 1425 plötzlich starb. Ein holländischer Edelmann, Johann van Woerden, früher einer der Vertrauten Johanns, hatte die Blätter des Gebetbuchs, dessen sich J. zu bedienen pflegte, mit einem langsam wirkenden Gift bestrichen, an dem derselbe auch starb. Ob die That auf Veranlassung Jacobäas und Glocester’s geschehen, kann nicht behauptet, viel weniger bewiesen werden. Kurz vor seinem Tode hatte J. seinen Vetter Philipp von Burgund zu seinem Erben ernannt.

Vgl. Löher, Jacobäa von Baiern.