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ADB:Johann Heinrich

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Artikel „Johann Heinrich“ von Alfons Huber in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 234–236, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_Heinrich&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 09:13 Uhr UTC)
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Johann (Heinrich), Graf von Tirol (1335–41), dann Markgraf von Mähren (1349–75), wurde als das fünfte Kind und der dritte Sohn [235] des Königs Johann von Böhmen und der Elisabeth, Schwester Wenzels III., des letzten der Přemysliden, am 12. Februar 1322 geboren. Schon vor seiner Geburt war sein Vater bemüht gewesen, seinem Hause durch eine eheliche Verbindung mit dem von ihm aus Böhmen verdrängten Herzoge Heinrich von Kärnten und Grafen von Tirol dessen Länder zu verschaffen. Da Heinrich, der nur zwei Töchter, aber keine Söhne hatte, durch große Geldsummen bewogen, den Wünschen des Königs Johann sich geneigt zeigte, so wurde im Herbst 1327 ein Vertrag geschlossen, wonach Johanns gleichnamiger Sohn, der schon jetzt zur Erziehung an den Hof seines Schwiegervaters nach Tirol gebracht wurde, eine von Heinrichs Töchtern heirathen sollte. Im September 1330 wurde zwischen dem noch nicht neunjährigen Prinzen und Heinrichs zweiter Tochter, der 12jährigen Margaretha (Maultasch) die Hochzeit gefeiert. Die Aussichten für die Luxemburger gestalteten sich immer günstiger. Die dritte Ehe des „Königs“ Heinrich, die er im Februar 1328 eingegangen, blieb kinderlos. Margaretha’s ältere Schwester Adelheid wurde wegen ihres „großen Siechthums“ im J. 1334 für regierungsunfähig erklärt und mit verschiedenen Einkünften abgefunden, so daß alle Weiberlehen, zu denen auch die verschiedenen tirolischen Grafschaften gehörten, an die Gemahlin des böhmischen Prinzen J. fallen mußten. Um sich die Unterstützung Johanns von Kärnten zu sichern, hatte Ludwig der Baier demselben zuerst 1327 und dann noch einmal als Kaiser im Februar 1330 das Privileg verliehen, daß ihm, wenn er keine männlichen Nachkommen hinterließe, seine Töchter oder Bruderstöchter oder auch ein Gemahl derselben auch im Besitze der Reichslehen, somit namentlich auch des Herzogthums Kärnten, sollten folgen dürfen. Als am 2. April 1335 der „König Heinrich von Böhmen“, der letzte männliche Sprößling des Hauses Görz-Tirol aus dem Leben schied, schien der Nachfolge seiner Tochter Margaretha und ihres Gemahls J. von Böhmen in Kärnten und Tirol nichts im Wege zu stehen. Allein schon im November 1330 hatte Kaiser Ludwig trotz des dem Könige Heinrich kurz vorher verliehenen Privilegs mit den Herzogen von Oesterreich einen geheimen Vertrag geschlossen, daß diese nach Heinrichs Tode Kärnten erhalten sollten, wogegen sie ihm zur Erlangung des Landes Tirols behilflich sein wollten. Diesem Vertrage gemäß verlieh der Kaiser am 2. Mai 1335 den Herzogen von Oesterreich das Herzogthum Kärnten und fügte jetzt auch noch Südtirol hinzu, wogegen Nordtirol an seine Söhne fallen sollte. Da König Johann in jener Zeit in Paris an den bei einem Turniere erhaltenen Wunden krank darniederlag, sein älterer Sohn Markgraf Karl von Mähren als Regent von Böhmen dieses Land nicht verlassen konnte, so war die Vertheidigung Kärntens und Tirols in die Hände eines 13jährigen Knaben und seiner jungen Frau gelegt. Kärnten wurde denn auch von den Oesterreichern ohne Widerstand in Besitz genommen. Tirol dagegen vertheidigte Karl von Mähren, der um Neujahr 1336 für seinen minderjährigen Bruder die Regierung dieses Landes übernahm, von den Einwohnern kräftig unterstützt, mit Erfolg gegen die von allen Seiten andringenden Feinde. Der Friede von Enns (9. October 1336) ließ Kärnten den Oesterreichern, Tirol aber dem Prinzen J. und seiner Gemahlin. Aber nur wenige Jahre behauptete sich J. im Besitze dieses Landes. Seine Ehe mit Margaretha (Maultasch) war eine recht unglückliche. Man erzählte sich von ihm, daß er seine Gemahlin roh behandle, ja ihr sogar oft in die Brüste beiße. Noch unangenehmer war dieser, daß sie nicht blos bisher keine Nachkommenschaft hatte, sondern überhaupt an seiner Fähigkeit, einen Erben zu erzeugen, zweifeln zu dürfen glaubte. Sie klagte ihr Leid einigen vertrauten Adelichen, welche über den Einfluß mehrerer Böhmen und über die durch Karl von Mähren eingeführte strenge Finanzverwaltung unzufrieden waren. Sie beschlossen [236] nun, J. zu vertreiben und die Hand Margaretha’s und die Regierung Tirols dem ältesten Sohne des Kaisers, dem verwittweten Markgrafen Ludwig von Brandenburg zu übertragen. Nachdem ein erster Versuch im Sommer 1340 durch das rasche und energische Einschreiten Karls von Mähren vereitelt worden war, gelang um so besser ein zweiter. Als J. am 2. Nov. 1341 von einer Jagd ins Schloß Tirol zurückkehren wollte, waren die Thore verschlossen und sein böhmisches Gefolge vertrieben. Nirgends fand er in Tirol Unterstützung; mit Schmach bedeckt mußte er aus dem Lande ziehen. Erst im Juli 1349 wurde dann auf Wunsch Johanns, der sich wieder zu verehelichen wünschte, dessen Ehe mit Margaretha, da er wegen „Verhexung“ nie im Stande gewesen sei, dieselbe zu vollziehen, durch den Bischof Ulrich von Chur als päpstlichen Bevollmächtigten für nichtig erklärt. Am 26. December 1349 übertrug ihm sein Bruder Karl IV. den Verfügungen seines Vaters gemäß die Markgrafschaft Mähren als böhmisches Afterlehen. Eine politische Rolle hat er übrigens nie mehr gespielt. Auch persönlich scheint er seinem Bruder Karl IV. nicht sehr nahe gestanden zu haben. Viel seltener findet man ihn in dessen Umgebung, als manche deutsche Reichsfürsten oder schlesische Herzoge; auf einer größeren Reise, etwa einem Zuge nach Italien, hat er den Kaiser nie begleitet. Von seiner zweiten Gemahlin Margaretha von Troppau, die er 1350 heirathete († 1363), hinterließ er fünf Kinder, Jodok oder Jost, der ihm bei seinem Tode am 12. November 1375 als Markgraf von Mähren folgte, Johann Sobieslaw, der 1381 Bischof von Leitomischl, 1387 Bischof von Olmütz und noch im nämlichen Jahre Patriarch von Aquileja wurde, Prokop, der in den Kämpfen König Wenzels mit dem böhmischen Herrenbunde eine Rolle spielte, Katharina, welche den Herzog Heinrich von Falkenberg, und Elisabeth, die den Markgrafen Wilhelm von Meißen heirathete. Seine dritte kurze Ehe mit Margaretha von Oesterreich, Wittwe Meinhards III. von Baiern-Tirol, des Sohnes der Margaretha Maultasch, war kinderlos geblieben.

A. Huber, Geschichte der Vereinigung Tirols mit Oesterreich und der vorbereitenden Ereignisse. Böhmer-Huber, die Regesten des Kaiserreichs unter Kaiser Karl IV.