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ADB:Kaestner, Viktor

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Artikel „Kästner, Joseph Victor“ von Friedrich Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 451–452, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kaestner,_Viktor&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 17:00 Uhr UTC)
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Kästner: Joseph Victor K., mundartlicher Dichter, geb. am 1. Januar 1828 zu Kerz in Siebenbürgen, † als k k. Finanzbezirkscommissär in Hermannstadt am 29. August 1857. Auch die litterarischen Bewegungen im Mutterlande ziehen ihre letzten Kreise in den Colonistengebieten diesseits und jenseits des Oceans. Jungdeutschland fand unter den Sachsen in Siebenbürgen keinen ganz unbedeutenden Vertreter in Josef Marlin (s. d.), die romantische Schule in K. Er ist einer der ersten gewesen, der überdieß dem volksmäßig Nationalen nicht nur in bald sinnig minnigen, bald märchenhaften, bald patriotischen, bald scherzenden Weisen Ausdruck verlieh, sondern die Mundart selbst nach allen diesen Richtungen hin anwendet. Als Sohn eines sächsischen Landpfarrers stand sie ihm allerdings auch mit ihrer ganzen Fülle und Weichheit zur Verfügung, und der hohe landschaftliche Reiz seines Geburtsortes Kerz im schönen Thale des [452] Altflusses, an dessen südliche Ufer die Hochgebirge der Karpaten herantreten, hatten sein poetisch empfängliches Gemüth ebenso nachhaltig berührt als die historischen Erinnerungen an die Cistercienserabtei des 12. Jahrhunderts, deren Trümmer den Pfarrhof begränzen. Nimmt man dazu noch die politisch aufgeregte Zeit, in welche seine Jugend fällt, mit dem beginnenden Kampfe der nichtmagyarischen Nationalitäten Ungarns gegen die zu überschäumendem Selbstbewußtsein erwachten Magyaren, das endlich in den Jahren 1848–49 zum ersten stürmischen Ausbruch kam, nach Bewältigung der Revolution den kurzsichtigen österreichischen Absolutismus, der die Nationalitäten in kaum geringerem Maße bedrohte als der Chauvinismus, so sind alle Elemente vorhanden, um dichterisch zu stimmen. Und so fehlte zuletzt auch der tragische Conflict nicht: der glühende Freund seines Volkes, der leidenschaftlich aufwallende Dichter fand seinen äußern Beruf als – Finanzbeamter im Dienste der Gewalt, die in den Völkern wie in den Einzelnen nur Material für die Büreaukratie sah. Aus diesem innern Widerspruche fließen nicht wenigere seiner Lieder als aus der Liebe zur Heimath und zu Weib und Kind, die ihm die letzten drei Jahre seines Lebens verschönerten. Ein früher Tod raffte ihn dahin. Seine Gedichte (Lyrisches, Episches und Scherzhaftes) erschienen von Freundeshand gesammelt 1862 in Hermannstadt bei Th. Steinhaußen, zugleich in Schriftdeutsch übertragen. Einen biographischen Nachruf widmete ihm Eugen v. Trauschenfels im „Oesterreichischen Morgenblatt“ 1858, Nr. 46–49 und später „Transsilvania“, Neue Folge, 1863, Nr. 8 und Trausch im Schriftsteller-Lexikon u. d. W.