ADB:Trausch, Josef
Erzherzog Johann, dem Erzherzog-Palatin Stephan, dem Erzherzog Franz Karl[WS 1] und in einer Audienz bei Kaiser Ferdinand thätig; in der schweren Zeit des Bürgerkrieges 1849 hat er in seinem Amt seiner Vaterstadt die Treue bewiesen. Gegen Ende desselben wurde er nach hergestelltem Frieden von der neuen Landesregierung als Rechtsconsulent zur Statthalterei nach Hermannstadt einberufen, dann im Februar 1850 mit dem Präsidium der k. k. Kammerprocuratur betraut und im October 1853 zum Finanzrath ernannt. Als solcher trat er im December 1860, von seinem Kaiser mit dem Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens ausgezeichnet, auf sein Ansuchen in den Ruhestand, aus dem ihn 1863 und 1864 zu neuer, doch kurzer politischer Thätigkeit der Landtag von Hermannstadt rief, an dem er als Kronberufener theilnahm.
Trausch: Josef T., erfolgreicher Sammler auf dem Feld der siebenbürgischen Geschichte, ist geboren am 9. Februar 1795 in Kronstadt im Siebenbürger Sachsenland, und als emeritirter k. k. Finanzrath am 16. November 1871 daselbst gestorben. Sohn eines Hauses, dessen Häupter seit fünf Menschenaltern durchweg als Geistliche oder Beamte ihrem Volk gedient hatten – sein Vater war Magistratsrath in Kronstadt – machte er, nach beendigten Gymnasialstudien in Kronstadt, juridische Fachstudien in Klausenburg und Neumarkt (Marosch-Vasarhely), lernte darauf einige Monate hindurch die Verhältnisse und den Geschäftsgang der siebenbürgischen Hofkanzlei in Wien kennen und trat dann im Juni 1817 als Magistrats-Honorärsecretär dauernd in den Dienst seiner Vaterstadt und damit zugleich der sächsischen Nation und des Landes. Hier erstieg er nach einander die Stufen der damaligen sächsischen Beamtenlaufbahn, überall wegen seiner ernsten Schulung und seines Pflichteifers erfolgreich thätig; im J. 1831 zum Magistratsrath, 1841 zum Polizeidirector gewählt, lernte er, vom Vertrauen seines Kreises wiederholt als Vertreter in die sächsische Universität – die politische Vertretung der sächsischen Nation mit dem Recht der Statutargesetzgebung, zugleich Appellationsgericht derselben – und auf siebenbürgische Landtage entsandt, einmal auch als Mitglied einer ständischen Deputation in Wien, ebenso auf weitern europäischen Reisen denkend größere Lebensverhältnisse kennen. Im Sturmjahr 1848 war er als Vertreter seiner Nation in Pest und Wien bei demVon Jugend auf mit warmer Neigung der Geschichte zugewandt, benutzte T. alle seine Stellungen und alle seine Muße gerne zu Arbeiten in ihrem Dienst. Den Verein für siebenbürgische Landeskunde, der für die Förderung der deutschen Wissenschaft und der Erforschung des Heimathlandes unter den Siebenbürger Sachsen von außergewöhnlicher Bedeutung geworden ist, hat er (1840) mit gründen helfen; von 1842–1858 als Ausschußmitglied desselben thätig, stand er von 1858–1869 als Vorstand an dessen Spitze. Im Sinne der Vereinsaufgaben und mit Unterstützung des Vereins veröffentlichte T. aus Handschriften des 18. Jahrh. 1847 und 1848 „Annales Hungarici et Transsilvanici“, wesentlich Aufzeichnungen sächsischer Chronisten, deren ältester hier Simon Massa aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist – ein Werk zwar (es führt auch den Titel: Chronicon Fuchsio-Lupino-Oltardinum), dem die streng kritische Grundlage und Durchführung allerdings abgeht, das aber doch geeignet war, in jener Zeit die geschichtliche Forschung hier auf neue Quellen hinzuweisen. Trausch’s [514] Sammlerfleiß zeigt sich auch in der „Geschichte des Burzenländer Capitels“, eine Arbeit, die ihn in den Stürmen der Jahre 1848 und 1849 „die trübe Gegenwart vergessen ließ“, nicht eine pragmatische Geschichte des Capitels, sondern eine Reihe von chronologischen Nachrichten über dasselbe und Denkwürdigkeiten, die doch viel Lehrreiches enthalten. Die Abhandlung ist in dem, unter des Grafen Josef Kemeny Auspicien entstandenen Magazin für Geschichte, Literatur und alle Denk- und Merkwürdigkeiten Siebenbürgens (Bd. III, Kronstadt 1852) veröffentlicht. Die „Uebersichtliche Darstellung der älteren Gemeindeverfassung der Stadt Kronstadt nach den alten Ortsinstitutionen dieser Stadt“ (Kronstadt 1865) beleuchtet die früheren Zustände der öffentlichen Verwaltung desselben; die gleichzeitig erschienenen „Beiträge und Actenstücke zur Reformationsgeschichte von Kronstadt“ sind werthvoll wegen der hier zum ersten Mal gedruckten Apologia reformationis, welche Honterus 1543 zur Vertheidigung seiner Reformatio ecclesiae Coronensis – gedruckt auch in Wittenberg mit einer Vorrede Melanchthon’s 1543 – geschrieben. In die Kämpfe der Gegenwart führen die „Bemerkungen über die, vom siebenbürgischen griechisch-nichtunirten Bischof, Basilius Moga, 1837 den, zu Hermannstadt versammelten Landesständen unterlegte Bittschrift“ (Kronstadt 1844). Von der sächsischen Nationsuniversität mit der Widerlegung derselben betraut führt T. „die breiten und oft ermüdenden Waffen des historischen Rechts“ ins Feld, ein äußerst zahlreiches Gesetz- und Actenmaterial, das allerdings Ueberzeugungskraft besaß – für den, der sich der Belehrung nicht absichtlich verschloß. Dieselbe Absicht rechtsgeschichtlicher Beleuchtung zur Ermöglichung eines Urtheils auf dem Boden des bestehenden Staatsrechts leitete T., als er die „Actenmäßige Darstellung der ungarischen und siebenbürgischen Landtagsverhandlungen über eine Vereinigung des Großfürstenthums Siebenbürgen mit dem Königreich Ungarn“ (Kronstadt 1866) herausgab. Das bedeutendste von Trausch’s Werken ist jedoch sein „Schriftstellerlexicon oder biographisch-literarische Denkblätter der Siebenbürger Deutschen“ (3 Bände, Kronstadt 1868–1871, richtiger 1876), die unermüdete, großer Achtung würdige Arbeit eines langen fleißigen Lebens. Das nie hoch genug zu preisende Werk von Johann Seivert (A. D. B. XXXIII, 665) „Nachrichten von Siebenbürgischen Gelehrten und ihren Schriften“, das im Buchhandel vergriffen war, zu neuem unveränderten Abdruck bringend, bilden die Denkblätter eine ungemein reichhaltige Ergänzung und Fortführung jenes Buches bis 1870, allerdings in einzelnem nicht ohne Irrthümer, wie diese denn schwer zu vermeiden sind bei Sammlung von kleinsten Daten, die nicht selten durch fremde Hände beschafft werden mußten, aber dabei oft selbst in gelegentlichen Erwähnungen einen Reichthum hier nicht geahnten Inhalts bergend, der geradezu überraschend das geistige Leben oder die politischen Mühsale der sächsischen Nation beleuchtet. Die reichste Frucht des rastlosen Sammlerfleißes von T. ist seine großartige, fast über alle Theile, namentlich der sächsischen Geschichte sich erstreckende Handschriftensammlung, die er in 248 Bänden hinterlassen hat und es ist zugleich ein ehrendes Zeugniß der Liebe des Sammlers zu seinem Volke, daß er in seinem Testament bestimmte, die Sammlung möge gegen billige Entschädigung dem evangelischen Gymnasium seiner Vaterstadt oder dem Brukenthalischen Museum in Hermannstadt nach seinem Tode zukommen. Das Kronstädter Presbyterium hat von seinem Näherrechte Gebrauch gemacht und so ist der werthvolle Schatz, zu dem die Forscher auf dem Felde der siebenbürgischen Geschichte immer gerne sich hinwenden, jetzt im Besitze der Kronstädter evangelischen Gymnasialbibliothek.
- Joseph Trausch, Schriftstellerlexicon der Siebenbürger Deutschen III, 409. – Karl Joseph Trausch (sein Sohn), Lebensskizze des Joseph Trausch. Kronstadt [515] 1873. – G. D. Teutsch, Denkrede auf Josef Trausch, im Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde, Bd. XII, S. 1–36.