ADB:Kilian (irischer Bischof)
Rabanus Maurus, dessen Martyrologium die älteste und gewiß eine authentische Quelle über K. ist, führt als die Ursache des Märtyrertodes einfach die Verkündigung des Christenthums ohne die Zuthaten der späteren Ueberlieferung an. Die geschichtliche Bedeutung Kilian’s ist aber trotz alle dem groß genug: er hat die Keime des Christenthums in Ostfranken bereits so fest gepflanzt, daß sie trotz der Ungunst der Verhältnisse nicht wieder ganz verschwanden, und Bonifacius, als er hier erschien, die Nachwirkungen seiner Thätigkeit noch vorfand. Es erscheint sogar sehr wahrscheinlich, daß die Bekehrung des herzoglichen Hauses eine Frucht des Bekehrungseifers Kilian’s ist, wenn auch [736] bei dieser Annahme die übrigens unantastbare Nachricht von dem gewaltsamen Ende Kilian’s schwer verständlich wird. Der Ehrenname eines Apostels der Thüringer, bez. der „Ostfranken“ gebührt ihm unzweifelhaft, nur dürfte es nicht gerathen erscheinen, ihn förmlich als ersten Bischof von Wirzburg aufzuführen. Wie weit seine Wirksamkeit, ob etwa auch über den Thüringerwald hinüber sich erstreckt hat, ist mit Sicherheit nicht überliefert, man wird aber gut thun, die Phantasie dabei nicht zu sehr anzustrengen. K. gehört nach Ostfranken und nach Wirzburg. Die Nachricht, daß zur Zeit des ersten Bischofs Burkhard die Gebeine der drei Märtyrer aufgefunden wurden, darf nicht ohne weiteres zurückgewiesen werden. In Wirzburg wird noch ein Evangelienbuch mit hibernischen Zügen aufbewahrt, das mit hoher Wahrscheinlichkeit auf K. zurückgeführt wird. Alles in Allem also hat man ihn mit Recht zum Diöcesanheiligen erhoben.
Kilian der Heilige, Apostel des späteren Ostfrankens. Das Gebiet des Königreiches Thüringen, südlich und nördlich des Waldes, war nach der Zertrümmerung desselben mit dem fränkischen Reiche unmittelbar vereinigt worden (528). Erst 100 Jahre später erhielt es wieder eine gewisse Selbständigkeit unter eigenen Herzogen zurück, die an der Unstrut so gut als am Main herrschten und auf dem „Castell Wirzburg genannt“ wenigstens zeitweise residirten. Das Land, wie das Herzogsgeschlecht, das vermuthlich ein einheimisches war, waren die längste Zeit, und obwol die Merowinger zum Christenthum übergegangen waren, heidnisch geblieben. Wenn wir von zweifelhaften, sagenhaften Ueberlieferungen, die sich an den Namen der hl. Bilhild anlehnen, absehen, wurde der erste beglaubigte Versuch, hier, in den Gegenden des späteren Ostfrankens, das Christenthum zu predigen und zu pflanzen, erst gegen das Ende des 7. Jahrhunderts gemacht. Dieser Hergang knüpft sich an die Person des Britten Kilian oder, in der ursprünglicheren Namensform, Kyllena geheißen, der bei diesem Unternehmen nebst seinen beiden Gefährten, Coloman und Totnan, zur Zeit des Herzogs Gozbert, den Märtyrertod gefunden hat. Insoweit ist die bez. Ueberlieferung unbedingt glaubwürdig, nur die näheren Umstände, mit welchen die späteren Lebensbeschreibungen Kilian’s, deren älteste dem 10. Jahrhundert angehört, seine Geschichte und sein Ende erzählen, erregen Bedenken und können vor der unbefangenen Kritik nicht bestehen, wenn auch vielleicht einzelne Züge nicht unbedingt zu verwerfen sind. Am wichtigsten ist die Behauptung der späteren Biographen, daß K. die Ermächtigung zur Predigt sich in Rom geholt habe, aber gerade diese erweist sich einem altbrittischen Missionär gegenüber wenig wahrscheinlich.- G. v. Eckhart, Commentarii rerum Franciae orientalis, T. I. – Ign. Gropp, Lebensbeschreibung des hl. Kilian und s. Gesellen etc., Wirtzburg 1738. – Rettberg, Deutsche Kirchengeschichte, II, S. 303 ff.