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ADB:Kilian (Familie)

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Artikel „Kilian“ von Wilhelm Schmidt (Kunsthistoriker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 736–738, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kilian_(Familie)&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 05:45 Uhr UTC)
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Kilian: ausgedehnte Künstler-, besonders Kupferstecherfamilie in Augsburg, welche die Welt mit ihren Erzeugnissen überschwemmte. Der Stammvater ist Bartholomäus K., ein Goldschmied aus Schlesien, geb. 1548, der sich in Augsburg niederließ und 1583 daselbst starb. Lucas K., Sohn des Vorigen, tüchtiger Zeichner und Kupferstecher, geb. 1579 zu Augsburg, lernte bei seinem Stiefvater D. Custos, und dieser schickte ihn dann nach Venedig, wo er nach Tintoretto, P. Veronese, Palma giovine stach. Nach Augsburg zurückgekehrt, entfaltete er eine überaus reiche Thätigkeit. Er starb daselbst 1637. Lucas hat sich in den verschiedensten Gebieten der kupferstecherischen Thätigkeit geübt: er stach historische Vorwürfe, Porträts, Ornamente. Seine historischen Sachen, die zum Theil nach bekannten nordischen Manieristen, wie H. Gerhard, H. von Achen, M. Kager, M. Gundelach, J. Heintz, Rottenhammer, C. van Haerlem, B. Spranger, P. Candit, aber auch nach Michelangelo, Fr. Vanni, Parmeggianino und den oben schon genannten Venezianern ausgeführt sind, tragen in der Zeichnung die Schwächen der Zeit; ein reineres Vergnügen gewähren seine zum Theil recht schönen Porträts. Seine Ornamente (Grottesken) für Goldschmiede u. dgl. sind heute wieder von Interesse, weil man jetzt die Arbeiten der Barockzeit wieder studirt. K. verstand sich auch auf das Erfinden historischer Vorwürfe; so zeichnete er die Emblemata sacra Passionis Salvatoris nostri Jesu Christi, die R. Custos in Kupfer brachte, ferner die 9 Musen, von Wolfgang Kilian gestochen.

Wolfgang K., Bruder des Lucas, geb. 1581 zu Augsburg, lernte bei D. Custos, der ihn, nachdem Lucas aus Venedig zurückgekehrt war, ebendahin sandte, wo er nach Tintoretto, P. Veronese, Bassano, P. Farinato stach. Nach Augsburg zurückgekehrt, malte er viele Porträts und arbeitete in Kupfer. Als sein Hauptwerk gilt das nach Sandrarts Gemälde ausgeführte Fest des westfälischen Friedens zu Nürnberg 1649, wovon das Original daselbst im Rathhaus hängt. Seine starke Familie (er hatte 15 Kinder. wovon jedoch blos 6 in mannbares Alter kamen), mag mit Schuld gewesen sein, daß seine Bildnisse, die den Haupttheil seines Werkes ausmachen, zumeist nicht mit der nöthigen Durchbildung gestochen sind, seinem Bruder Lucas steht er nach. Er starb 1662 zu Augsburg.

Magnus (Mang), wahrscheinlich ein Bruder der Vorigen, malte Bildnisse. Das nach ihm von Wolfgang gestochene des Herzogs Wolfgang Wilhelm ist von 1615 datirt, das von Philipp gestochene des Salomon Codomannus scheint schwerlich sehr lange vor dessen Tod (1637) gemalt worden zu sein.

[737] Johann, Goldschmied, Sohn Wolfgangs, geb. 1623, hielt sich lange in Italien auf und verfertigte in seiner Heimath viele große Kirchenarbeiten. Er starb 1697.

Philipp, Zeichner und Kupferstecher, geb. am 8. Juli 1628 zu Augsburg, lernte bei seinem Vater Wolfgang und ging dann mit seinem Bruder Johann, einem Goldschmied nach Italien. Nach Augsburg zurückgekehrt, stach er viele Blätter, besonders Porträts, die sich dem Einflusse seines Bruders Bartholomäus nicht entziehen konnten. Sie sind zum Theil recht verdienstlich. Philipp starb den 14. Octbr. 1693 in seiner Vaterstadt.

Bartholomäus, Sohn Wolfgangs, Zeichner und Kupferstecher, geb. den 6. Mai 1630 zu Augsburg, lernte zuerst bei seinem Vater, dann dritthalb Jahre bei Matthäus Merian in Frankfurt, sodann hielt er sich vierthalb Jahre in Paris bei verschiedenen Künstlern, besonderes Fr. de Poilly, auf. Er starb den 11. Januar 1696 zu Augsburg. B. ist der bedeutendste Künstler der Familie, ja er behauptet unter den zahlreichen trefflichen Stechern seiner Zeit keine der letzten Stellen. Seine Manier pflegt sehr malerisch zu sein; das Fleisch ist gewöhnlich mit zarten Strichelchen und Punkten weich behandelt, die Zeichnung meist zu loben, die Ausführung recht gewissenhaft. Auch Mariett schätzte ihn. Schade, daß er nicht in einer größeren Kunstmetropole leben konnte, als in dem handwerklichen Augsburg; es war das überhaupt das Schicksal der deutschen Kupferstecher des 17. Jahrhunderts, und die Porträtmaler in Augsburg, Ulm, Nürnberg etc. ragten nicht über die Mittelmäßigkeit hinaus. Das von B. nach A. Schoonjan’s Gemälde ausgeführte Werk: „Joseph I., römischer König zu Pferde“ (es besteht aus 16 Blättern und ist 35 Fuß hoch) ist wol der größte Stich, der überhaupt existirt.

Wolfgang Philipp, Sohn Philipps, geb. den 1. Mai 1654 zu Augsburg, wohnte zuerst daselbst, dann in Nürnberg, endlich in Königsberg in Ostpreußen, wo er den 3. April 1732 das Zeitliche segnete. Er ist ein recht mittelmäßiger Kupferstecher gewesen; auch er stach Bildnisse, von denen Füßli 114 anführt.

Jeremias, Sohn Philipps, geb. 1666 zu Augsburg, † daselbst 1730, stach gleichfalls nur mittelmäßige Blätter. Zwei Bildnisse, das des Karl Gustav Wrangel und des Georg Sedelmayer sind uns von ihm bekannt.

Georg, Sohn Wolfgang Philipps, Maler und Kupferstecher, geb. 1683 zu Augsburg, † 1745 daselbst, erhielt unentgeldlichen Unterricht vom Maler Isaak Fischer. Er ging nach Dresden und nach Berlin, wo er sich einige Jahre aufhielt und sowohl Historie als Bildnisse malte, sodann wurde er nach Wien und nach Nürnberg zu dem Kunsthändler Christoph Weigel und an verschiedene deutsche Höfe berufen. Er malte besonders Porträts in Pastell. Seine in Schwarzkunst gestochenen Bildnisse gehören immerhin zu den besten Sachen dieser Art in Deutschland.

Paul, Sohn Wolfgang Philipps, Kupferstecher, geb. 1687 zu Augsburg, arbeitete in seiner Vaterstadt, dann in Nürnberg, Wien und Breslau, wo er 1718 starb.

Georg Christoph, Sohn Georgs, geb. 1709 zu Augsburg, genoß den Unterricht seines Vaters. Er hielt sich auf seinen Reisen einige Zeit in Nürnberg, Oesterreich, Ungarn, besonders zu Wien auf. Zu Augsburg gründete er einen Kunstverlag. Seine Schwarzkunstblätter sind ziemlich unbedeutend. Er hat auch radirt. Er starb 1781 in Augsburg.

Philipp Andreas, Sohn Georgs, Zeichner und Kupferstecher, geb. 1714 zu Augsburg, lernte bei J. A. Friedrich und zu Nürnberg bei J. M. Preißler. [738] Unter dessen Leitung stach er Blätter für Scheuchzer’s Physica sacra. Auf Reisen in Deutschland und den Niederlanden bildete er sich noch mehr aus und erlangte einen Ruf als einer der besten historischen Stecher. König August III. von Polen schätzte ihn sehr und verlieh ihm den Titel eines königlichen Hofkupferstechers. K. stach für die Pitture del Salone imperiale del Palazzo di Firenze, (1751) für die Gallerie Brühl (1754) und besonders für das große Werk der Dresdener Gallerie, zumeist nach seinen eigenen Zeichnungen. Als der siebenjährige Krieg die Fortsetzung des letztern unterbrach, machte sich der Künstler an den Stich seiner bekannten Bibel (130 Blätter). Kilian’s Blätter sind in Folge der engen Verbindung von Aetznadel und Stichel sehr malerisch, unserer Zeit würden sie freilich zu leer und weichlich vorkommen. Der geschickte Stecher starb bereits 1759 zu Augsburg.

Christoph Gustav, vielleicht ebenfalls ein Sohn Georgs, ist uns durch ein gutes Mezzotintoblatt bekannt: „Maria Theresia als Kaiserin“, bezeichnet Christoph Gustav Kilian sculps. et. excud. Aug. Vind. (circa 1746).