ADB:Füßli, Johann Caspar der Ältere

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Artikel „Füßli, Johann Caspar“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 258–260, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:F%C3%BC%C3%9Fli,_Johann_Caspar_der_%C3%84ltere&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 09:04 Uhr UTC)
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Füßli: Johann Caspar F., Maler und Kunsthistoriker, geb. 1706, † 6. Mai 1782, entstammte einem angesehenen Zürcherischen Bürgergeschlechte, welches in ungewöhnlicher Reichlichkeit insbesondere im 18. Jahrhundert bedeutende Persönlichkeiten, voran auf künstlerischem Felde, unter seinen Gliedern zählte. – Die Füßli (eigentlich zu schreiben: Füeßli) treten von der Mitte des 15. bis in das 19. Jahrhundert als sehr geschickte und weithin beschäftigte Glockengießer, auch, besonders im 15. und 16. Jahrh., als Geschützgießer hervor, und zwar in der ersteren Eigenschaft ununterbrochen von 1421 (wo Peter I.) bis 1837. Als ein eifriger Anhänger Zwingli’s zeigte sich in der Reformationszeit Peter’s (II.) Sohn, der Gießer Hans (1477–1538): er wurde gleich 1519 einer der treuesten Zuhörer desselben und, von tüchtiger Bildung, ließ er 1524 gegen den Meister Hieronymus Gebweiler zu Straßburg eine reformatorische Druckschrift: „Antwurt eins Schwytzer Purens“ erscheinen; ohne größere originale Bedeutung ist seine zwischen 1533 und 1538 angelegte, jedoch nur bis 1519 reichende „Eidgenössische Chronik“ (handschriftlich, doch nicht im Original, auf der Züricher Stadtbibliothek. Sein Bruder Peter (III. 1482–1548) war dagegen der Reformation abgeneigt, führte aber dessen ungeachtet, da ihn die in den italienischen Feldzügen gewonnenen Erfahrungen empfahlen, in der Schlacht bei Cappel 1531 als Büchsenhauptmann die Artillerie: er schilderte selbst, als Augenzeuge eine in erster Reihe beachtenswerthe Quelle, dieses Ereigniß (vgl. E. Egli, Die Schlacht von Cappel 1531, Zürich 1873, S. 79–82 einen Auszug), ebenso wie er seine 1523 nach Jerusalem unternommene Pilgerfahrt beschrieben hatte. – Mit den drei Matthias, Vater (1598–1665), Sohn (1638–1708), Enkel (1671–1739), von denen der erste der Sohn eines Goldschmieds war, hebt die Bedeutung der F. für die künstlerische Bethätigung an. Der älteste, ein Maler von vieler, oft überschäumender Phantasie, daneben auch ein geschmackvoller Silberarbeiter, und der jüngste, welcher auf den Rath seines in Rom gewonnenen Freundes Kupetzky der Bildnißmalerei sich zuwandte, übertreffen den mittleren Matthias weit (vgl. Geschichte der besten Künstler etc., Bd. I. S. 171–179, Bd. II. S. 281–287). – Einer anderen Linie gehörte der in sechster Generation von jenem Peter abstammende Johann Rudolf (d. Aelt. 1680–1761) an, ein Landschafts-, Blumen- und Bildnißmaler.

Johann Caspar ist ein Sohn dieses Johann Rudolf. Er hatte seine Studien besonders in Wien gemacht, worauf er an verschiedenen Orten in Deutschland, besonders am badischen Hofe in Rastatt, dann in Nürnberg und Augsburg, später nach seiner Rückkehr auch in der Schweiz als ein productiver Bildnißmaler auftrat. Allein seine wahren Verdienste liegen, wie noch bei mehreren Malern F., auf litterarischem Gebiete. Wie Füßli’s Haus trotz seiner bescheidenen Vermögensverhältnisse ein Mittelpunkt gesellschaftlicher Anregungen war – er unterrichtete junge Leute in der Kunst und verschaffte ihnen viele Förderung –, so unterhielt er auch eine sehr ausgebreitete Correspondenz. Daraus ging 1755 und 1757 die „Geschichte und Abbildung der besten Mahler in der Schweitz“ (2 Bde. Zürich) hervor, welche völlig umgearbeitet 1769–1779 nochmals als ein eigentlich neues Werk: „Geschichte der besten Künstler in der Schweiz, nebst ihren Bildnissen“ (5 Bde., Zürich) erschien. Die etwas bizarre Art und der vielfach absprechende Ton des Verfassers machen sich in diesem übrigens sehr inhaltreichen Quellenwerke für die Kunstthätigkeit in der Schweiz nicht selten bemerkbar. Die künstlerische Ausstattung, [259] unter der die zierlichen Vignetten die Bildnisse übertreffen, rührten von dem ältesten Sohn Joh. Rudolf (s. u.) her. 1758 ließ F. das „Leben Georg Philipp Rugendas und Joh. Kupezki“ (Zürich) erscheinen, Erinnerungen persönlicher Dankbarkeit gegenüber zwei Künstlern, mit denen F. während seiner deutschen Reisen in Augsburg und Nürnberg bekannt geworden war. Auf die von F. ausgegangene Ausgabe von Mengs „Gedanken über die Schönheit und den Geschmack in der Malerey“ 1765 (Zürich) folgte durch F. selbst als Vorläufer einer eigenen Abtheilung der Kunstlitteratur 1771 das „Raisonnirende Verzeichniß der vornehmsten Kupferstecher und ihrer Werke, zum Gebrauch der Sammler und Liebhaber“ (Zürich). Seit 1758 war F. mit Winkelmann in freundschaftlichem Briefwechsel gewesen, und so veröffentlichte er zehn Jahre nach dessen Tode „Winkelmann’s Briefe an seine Freunde in der Schweiz“ (Zürich 1778), welche außer an ihn selbst und an Salomon Geßner, besonders an Leonhard Usteri (s. d. Art.) – derselbe schrieb auch die Widmung der Sammlung an den Grafen Karl von Firmian anstatt eines Vorwortes – gerichtet waren; gleich nachher ließ F. eine „Geschichte von Winkelmann’s Briefen an seine Freunde in der Schweiz“ (Zürich 1778) folgen. Obschon F. 1756 auch das Amt eines Rathschreibers übernommen hatte, blieb er dennoch daneben selbst künstlerisch thätig. Abgesehen davon, daß nach seinen Vorbildern fremde Künstler fortwährend Bildnisse radirten, wurden die Schaumünzen des Schwyzer Medailleurs Hedlinger nach seinen Zeichnungen in Umrissen edirt. – Ganz besonders bemerkenswerth ist aber auch, daß F. fünf Kinder hatte, welche gleichfalls ein mehr oder weniger großes künstlerisches Talent entfalteten: ein Kupferstich von 1771 (von Joh. Rudolf F.) verherrlicht die ganze Familie als Domus Fuesslinorum artis pingendi cultrix. Zwei Töchter, Anna und Elisabeth, zeichneten sich als Malerinnen von Blumen und Insecten aus, und ebenso war der jüngste Sohn, Kaspar (d. Jüngere: 1743–1786), Buchhändler und entomologischer Sammler und Forscher, als Maler Meister in Insecten und Pflanzen. Ueber den an Ruhm den Vater weit übertreffenden zweiten Sohn Heinrich (d. Jüngeren, 1741–1825) s. d. Art. – Der älteste Sohn, Johann Rudolf (der Jüngste, 1737–1806), verband wieder, gleich dem Vater, die praktische Künstlerarbeit mit dem litterarischen Auftreten als Kunsthistoriker. Schüler und mehrfach Gehülfe seines Vaters – so half er auch bei der Ausführung der Zeichnungen für das Hedlinger’sche Medaillenwerk –, begab sich Johann Rudolf in seinem 28. Jahre nach Wien, um sich hier weiter auszubilden. Dann aber, anfangs durch die Sorge für seinen Lebensunterhalt gezwungen, wandte er sich, zuerst als Secretär eines ungarischen Grafen, anderen Beschäftigungen zu, immerhin dabei seine Mußestunden mit malerischen Studien über das interessante farbenreiche Volksleben, wie es sich seinen Augen darstellte, ausfüllend. Als Feldmesser trat er hernach in den Dienst der Regierung über, stieg unter Kaiser Joseph II. seit 1786 im Geschäfte der ungarischen Steuerregulirung zu einer höheren Stellung empor, wurde aber 1790 durch die infolge des Todes Josephs eintretende nationale Reaction in sehr empfindlicher Weise mitbetroffen. Nach Wien zurückgekehrt, fand er eine Anstellung als Hofconcipist, in welcher er längere Zeit auszuharren sich genöthigt sah. Erst seine seit 1798 (4 Bde. Zürich: bis 1806) erschienene, auf langjährigen sorgfältigen Studien beruhende kunsthistorische Arbeit: „Kritisches Verzeichnis der besten nach den berühmtesten Meistern aller Schulen vorhandenen Kupferstiche“ zog die Aufmerksamkeit des Protectors der kaiserlichen Akademie, Grafen Cobenzl, auf F., welcher nun 1800 als Archivar der Akademie bestellt und mit der Anlegung einer Bibliothek und Kupferstichsammlung für die Bedürfnisse junger studirender Künstler beauftragt wurde. 1801 begann er auch die Veröffentlichung der „Annalen der bildenden [260] Künste für die österreichischen Staaten“ (2 Hefte, Wien 1801 und 1802) herauszugeben, welche zu einer Revue des Wiener Kunstlebens sich erweitern sollten. Künstlerisch nicht mehr selbst thätig – sein Letztes waren Zeichnungen zu Blumauer’s Travestie der Aeneis –, war er in der Förderung jüngerer Künstler, durch seine reichen Erfahrungen und Verbindungen unterstützt, eifrig bemüht. Sein unerwartet rasch eingetretener Tod verhinderte den Abschluß des „Kritischen Verzeichnisses.“ Ueber Joh. Rud. F. bietet das 5. Neujahrsstück der Künstlergesellschaft in Zürich, von 1809, die reichhaltigsten Nachrichten (Verf. Prof. Horner).

Der oben genannte ältere Johann Rudolf hatte aber neben Johann Caspar auch noch einen Sohn Heinrich (d. Aeltere, 1720–1801), welcher gleichfalls, anfangs Landschaften, später Vögel, Insecten malte. Dieser hinwiederum hinterließ einen gleichnamigen Sohn, Heinrich (d. Jüngste, 1755–1829), welcher mit „reinlichem Fleiße“ als Landschaftsmaler sich bethätigte. Bemerkenswerth sind besonders die 1797–1803 herausgegebenen „Merkwürdigen Gegenden der Schweiz, mit einer historischen Beschreibung begleitet“ (Verfasser derselben war der Obmann Joh. Heinr. Füßli), welche in Füßli’s eigenem Verlage erschienen. Denn F., welcher lange in Paris gelebt hatte, hat das Verdienst, in Zürich die erste größere Kunsthandlung angelegt und außerdem, 1799, mitten in den Kriegswirren, die erste Kunstausstellung veranstaltet zu haben. Ueber Heinrich F. handelt das 27. Neujahrsstück der gleichen Serie, von 1831 (Verf. ders.).

Ueber die sämmtlichen genannten Glieder dieses Künstlergeschlechtes vgl. Füßli’s Allgemeines Künstlerlexikon, S. 259, sowie dessen zweiten Theil, S. 398–400.