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ADB:Knobelsdorff, Georg Wenceslaus Freiherr von

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Artikel „Knobelsdorff, Hans Georg Wenceslaus Freiherr von“ von Lionel von Donop in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 305–307, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Knobelsdorff,_Georg_Wenceslaus_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 07:10 Uhr UTC)
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Knobelsdorff: Hans Georg Wenceslaus Freiherr von K., Baumeister und Maler, geb. den 17. Febr. 1699 auf dem Landsitze seines Vaters zu Kuckädel bei Crossen in der Lausitz. Er trat in den Militärdienst und nahm mit Auszeichnung an dem Feldzuge von 1715 unter Führung des Fürsten Leopold von Dessau Theil. Die Verlegung seines Regimentes nach Berlin im J. 1729, wo die Prachtbauten und Skulpturen Schlüter’s ihn fesselten, entschied über seinen weiteren Lebenslauf. Der günstige Erfolg, den er mit einigen unter der Leitung von C. Dubois und A. Pesne gemalten Bildnissen und Landschaften erzielte, veranlaßte ihn, seinen bisherigen Beruf aufzugeben und sich als Künstler auszubilden. Seine natürliche Begabung wies ihn bald ausschließlich auf die Baukunst, in deren Technik Weidemann, v. Wangenheim und Kemmeter d. J. ihn unterrichteten. Gemeinsames Interesse für die Kunst erwarb ihm dann die Freundschaft Friedrich des Großen, der als Kronprinz im J. 1732 von Cüstrin nach Neu-Ruppin übergesiedelt war. K. war hier als Gast des poetisch angeregten Lebenskreises willkommen und fand Thätigkeit in der Herstellung von Gartenanlagen und kleineren Bauten. Eine Studienreise nach Italien im Jahre 1736 gab ihm Gelegenheit, die durch die römische Kunst vermittelte Antike der Hellenen in ihrer Ueberlegenheit zu erkennen. Im April 1737 heimgekehrt fand er Aufnahme an dem heiteren, durch Pflege von Kunst und Wissenschaft reich belebten Hofe seines Herrn zu Rheinsberg in der Mark. Er zeichnete hier eifrig an Compositionen, welche zu einer Prachtausgabe der Henriade verwerthet werden sollten und entwarf mit seinem fürstlichen Gönner neue Pläne für die Zukunft. Gleichzeitig wurde ihm die Fortleitung des von Kemmeter begonnenen Umbaues des alten Schlosses zu Rheinsberg übertragen, dessen Gemächer zweckentsprechender eingetheilt und im herrschenden Geschmack der Zeit ausgestattet wurden. Mit dem Verständniß des gebildeten Landschaftsmalers setzte er das Bauwerk in Einklang mit der Umgebung schöner Gartenanlagen. Zur Vervollständigung seiner Studien bewilligte ihm Friedrich im J. 1740 nach Beendigung jener Erstlingsarbeiten eine Reise nach Frankreich und den Niederlanden. Nach seiner Rückkehr wurde K. zum Sur-Intendant der sämmtlichen königlichen Schlösser, Häuser und Gärten und Directeur en chef aller Baue in den königlichen sämmtlichen Provinzen und 1744 zum Geheimen Finanz-, Kriegs- und Domainenrath ernannt. Als Friedrich der Große während der ersten Jahre seiner Regierung eine Baulust entfaltete, welche die gewöhnlichen Schranken seiner Sparsamkeit durchbrach, wurde K. mit einer Fülle von Aufträgen zu größeren architektonischen Unternehmungen bedacht. Bei dem Flügelanbau des durch seinen Mittelbau architektonisch [306] wirksamen Schlosses zu Charlottenburg, wo die aus dem Nachlaß des Kardinals Polignac in Paris angekaufte Sammlung von Antiken mit anderen Kunstwerken aufgestellt werden sollte, leitete ihn das Bestreben, das Neue mit dem Vorhandenen einheitlich zu verbinden. Der ernste Geschmack des Erbauers fand Genüge an einem einfachen, durch gute Verhältnisse ansprechenden Aeußeren, während der Vorliebe des Königs der zierliche Rococoschmuck des Innern galt. Im Sommer 1742 stand der neue Flügel vollendet im Grün des hergestellten Gartens und gleichzeitig entstand ein Anbau des Schlosses Monbijou. Kurz vorher hatte K. als Intendant der Schauspiele und Musik für den Hof und die hohe Aristokratie den provisorischen Komödiensaal auf dem Schlosse eingerichtet. Am 5. Septbr. 1741 wurde der Grundstein zum Opernhause in Berlin gelegt und im Septbr. 1743 war der imponirende Bau mit der Inschrift an der Hauptfront „Fridericus Rex Apollini et Musis“ beendigt. Die Mängel der ursprünglichen Anlage, welche nach dem Brande von 1843 Friedrich Wilhelm IV. wesentlich im Sinne der alten wieder errichten ließ, erklären sich aus der in jener Zeit erst erwachenden Kenntniß hellenischer Architektur. Die schlichte Gliederung des Aeußeren jedoch, wie auch die Durchbildung im Einzelnen bezeugt ein gründliches Studium der klassischen Formenwelt, deren selbständige Anwendung dem Architekten nicht ohne Kämpfe vergönnt war. Nach dem Texte zu den Originalentwürfen, welche sich im Kupferstichcabinet der königlichen Museen zu Berlin befinden, sind Maaß und Verhältniß der Säulen aus der Gesammtheit des Gebäudes abgeleitet. Die herbe Strenge des Ganzen wurde durch reichen plastischen Schmuck gemildert und die Stirnseite mit freistehendem Portikus korinthischer Säulen versehen. Die Decoration des Innern, welches im Jahre 1787 durch Langhans seine gegenwärtige Einrichtung erhielt, war ursprünglich im glänzenden Rococo gehalten. Die Bühne konnte nach Knobelsdorff’s Anordnung in einen Festsaal von monumentaler Pracht verwandelt werden. Eine neue Aufgabe, bei der K. seinen feinen Sinn für landschaftliche Schönheit bethätigte, erwuchs ihm durch die allmähliche Umwandlung des noch heute als Thiergarten allgemein bekannten Wildgeheges zwischen Berlin und Charlottenburg zu einem parkähnlichen Lusthain. Am Rande desselben legte er auf der Stelle des jetzigen Schlosses Bellevue für sich eine Meierei an. Der nach Knobelsdorff’s Idee vollzogene Umbau des Stadtschlosses zu Potsdam, welcher eine einheitliche stattlichere Gesammtwirkung bezweckte und eine ihr verwandte Umgebung bedingte, erweckte durch die strenge klassische Haltung des Aeußeren den Unwillen und Eingriff des königlichen Bauherrn, wiewol sein Geschmack durch die in der Vollblüthe des Rococo prangende Ausschmückung der inneren Räume zur vollen Geltung gelangte. Friedrich der Große behauptete auch in seiner Stellung zur Kunst eine gewaltige und unbeugsame Herrschernatur. Der geistreiche königliche Dilettant hielt sich als Kenner der Werke eines Piranesi, Palladio u. A. für berechtigt, die freie Thätigkeit des Baumeisters durch seine Einsprache zu fesseln. Er fand bald ein willfähigeres Werkzeug für seine Bauangelegenheiten in dem nüchternen Bouman und verschärfte seit dem Jahre 1745 seinen lebhaften Eigenwillen gegen Knobelsdorff’s Ansichten zu einem unversöhnlichen Gegensatz, wie er nur aus der Natur der beiden stark ausgeprägten Charaktere verständlich scheint. Beim Bau des Lustschlosses zu Sanssouci (1745) auf dem Weinberge bei Potsdam wurden daher die Zeichnungen und Grundrisse des Intendanten nur in soweit berücksichtigt, als sie mit des Königs Federskizze, einer Reminiscenz französischer Vorbilder, übereinstimmten. Nur die Anlage und Verschönerung des Parkes durch Bildwerke (1747), das Ebenmaß in den Verhältnissen des Schloßbaues, der Aufriß der ganzen Nordseite, der Marmorsaal mit Säulen und reich decorirter Kuppel lassen die selbstständige Hand des Architekten erkennen. Das Verhältniß [307] zwischen dem Könige und dem Künstler blieb ungeachtet eines formellen Ausgleichs ein gespanntes, die wichtigsten Aufträge fielen Andern zu und K. sah sich auf untergeordnete Bauten und vorwiegend decorative Werke beschränkt. Nach Vollendung früherer Unternehmungen errichtete er noch einen Sandsteinobelisk, eine Orangerie, den kleinen Kuppelbau der katholischen Kirche am Bassinplatz zu Potsdam (1751), eine später abgebrochene prächtige Marmorcolonnade, im Park von Sanssouci die Neptunsgrotte, einige Gebäude zu militärischen Zwecken und mehrere Bürgerhäuser in Potsdam und Berlin. Der Gunst seines Herrn verlustig entwarf K. für den jungen Fürsten Leopold Maximilian von Dessau den Plan zum modernen Umbau des alten Schlosses von Dessau, welcher im April 1748 mit dem rechten Flügel begonnen, erst im J. 1777 durch den Architekten von Erdmannsdorff (Bd. VI S. 189) vollendet wurde. Der Einfluß Knobelsdorff’s machte sich ferner in dem Grundriß zum Palast des Prinzen Heinrich in Berlin, dem jetzigen Universitätsgebäude geltend, dessen Ausführung Bouman übertragen wurde. K. starb am 16. Sept. 1753 zu Berlin. Sein Tod beseitigte die Gegensätze des Lebens. Friedrich der Große ehrte das Gedächtniß des Jugendfreundes durch eine selbstverfaßte Lobrede, welche am 24. Januar 1754 in der Akademie der Wissenschaften verlesen wurde (vgl. Mémoires de l’Académie de Berlin t. VIII und Neue Ausgabe der Werke Friedrich des Großen von Preuß, t. VII p. 32–36). Ein vorzügliches Portrait Knobelsdorff’s, 1739 von Pesne gemalt, ein charaktervolles Brustbild in der Tracht des 17. Jahrhunderts, in Kupfer gestochen von Seidel, befindet sich in Sanssouci. K. gehört unstreitig zu den hervorragenden Architekten von Berlin und übte auf die Entwickelung der Künste im Lande durch Belebung eines besseren Geschmacks entschiedenen Einfluß. Im Anschluß an die Lehren und Beispiele seiner Vorgänger wahrte er als energischer Charakter und gebildeter Künstler in all’ seinem Streben den Ernst und die Würde der Kunst. Bei Durcharbeitung und Ausführung seiner Pläne standen ihm einige in der baukünstlerischen Technik bewährte Gehülfen, wie Horst, Finck, Krüger und Dietrichs zur Seite. Lange Zeit vor Winckelmann’s Mahnung erkannte er, was die Außenarchitektur betrifft, in der Rückkehr zur Gesetzmäßigkeit der Antike das Rettungsmittel zur Wiederbelebung der Kunst. In der Raumanordnung der Gemächer und Innendecoration dagegen gab er der beweglicheren, vom Geist des Rococo beherrschten Auffassung seiner Zeit nach und entfaltete hierin den Reichthum seiner Phantasie und eine Fülle anmuthigster Motive.

Vgl. Georg Wenceslaus von Knobelsdorff, der Baumeister und Freund Friedrich des Großen. Von Wilhelm von Knobelsdorff, Berlin, Riegel’s Verlagsbuchhandlung 1861.