Zum Inhalt springen

ADB:Knuth, Paul

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Knuth, Paul“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 274–275, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Knuth,_Paul&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 15:57 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Knosp, Rudolf von
Band 51 (1906), S. 274–275 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Paul Knuth in der Wikipedia
Paul Knuth in Wikidata
GND-Nummer 117524921
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|51|274|275|Knuth, Paul|Ernst Wunschmann|ADB:Knuth, Paul}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117524921}}    

Knuth: Paul K., Botaniker, geboren zu Greifswald am 20. November 1854, † zu Kiel am 30. October 1900. Nach Absolvirung des Gymnasiums seiner Vaterstadt widmete sich K. an der dortigen Universität vom Herbste 1873 an mit einer halbjährigen Unterbrechung in Bonn dem Studium der Naturwissenschaften, das er nach beendigtem Triennium durch seine Promotion zum Dr. phil. auf Grund einer chemischen Dissertation: „Ueber eine neue Tribrombenzolsulfosäure“ zum vorläufigen Abschluß brachte. Nachdem er bald darauf nach einer kurzen Thätigkeit als Hülfslehrer an der Realschule in Iserlohn die Prüfung für das höhere Schulamt bestanden hatte, wurde er an derselben Anstalt als ordentlicher Lehrer angestellt, bis er 1881 an die Oberrealschule nach Kiel berufen wurde. In diesem Wirkungskreise verblieb er. Im J. 1895 wurde er zum Professor ernannt, 1898 von der Leopoldinisch-Carolinischen Akademie deutscher Naturforscher zum Mitgliede gewählt. Im Herbste dieses Jahres unternahm er behufs blüthenbiologischer Forschungen unterstützt von der preußischen Akademie der Wissenschaften eine Reise um die Welt, von der er nach dreivierteljähriger Abwesenheit von Europa krank nach der Heimath zurückkehrte, wo er bald darauf, erst 46 Jahre alt, einem alten Magen- und Darmleiden erlag.

Trotz der kurzen Lebenszeit, während welcher es K. zu wirken vergönnt war, hat er dennoch, ausgestattet mit einer intensiven Arbeitskraft, eine größere Zahl die botanische Wissenschaft fördernder Arbeiten geliefert. In dem unten verzeichneten Nachruf von Appel sind seine sämmtlichen Publicationen in zeitlicher Ordnung angegeben. Zunächst verdienen seine floristischen Studien genannt zu werden, die er seit seiner Uebersiedlung nach Kiel in Angriff nahm. Sie beziehen sich auf die Pflanzenwelt Schleswig-Holsteins, Helgolands und der friesischen Inseln, die er wiederholt botanisch durchforscht hat. Er veröffentlichte seine Ergebnisse in der 1888 erschienenen „Schulflora der Provinz Schleswig-Holstein“ und in der „Flora der nordfriesischen Inseln“ vom Jahre 1895. Mit letztgenanntem Werke wollte er auch die Resultate seiner blüthenbiologischen Untersuchungen, die er auf allen Excursionen schon von Anfang an mit Vorliebe anstellte, ursprünglich verknüpfen. Er entschied sich dann aber dafür, diese gesondert herauszugeben. So erschien noch vor jener Flora 1894 die Arbeit: „Blumen und Insekten auf den nordfriesischen Inseln“, der später noch weitere Beiträge in den Schriften des naturwissenschaftlichen Vereines für Schleswig-Holstein (Bd. X, 2) folgten. Auch das noch wenig bebaute Feld der Phänologie suchte er zu fördern und weitere Kreise dafür zu interessiren. Er erließ daher 1890 einen Aufruf an hundert Botaniker, um sie, dem Vorgange Hermann Hoffmann’s (s. A. D. B. L, 412) folgend, an der Hand der von ihm ausgearbeiteten Anweisung zu gleichzeitigen Beobachtungen anzuregen. Auf diese Weise brachte er gegen 30 Beobachtungsstellen zu Stande. Seine phänologischen Abhandlungen erschienen ziemlich zerstreut theils in der „Heimath“ (1890–95), theils in den Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein (1896–99), theils in Tagesblättern. Die Vorstudien zu den floristischen Arbeiten regten K. an, auch der Geschichte seiner Wissenschaft, soweit sie sich auf das von ihm bearbeitete Gebiet bezieht, nachzugehen. Er schrieb aus dieser Veranlassung eine „Geschichte der Botanik in Schleswig-Holstein“, deren erster Theil, die vorlinné’schen Botaniker behandelnd, 1890 herauskam und der 1892 ein zweiter Theil über die späteren Botaniker folgte. Seinen historischen Neigungen entsprang auch die Neuherausgabe von Christian Konrad Sprengel’s (s. A. D. B. XXXV, 293) berühmtem Buche: „Das entdeckte Geheimniß der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen“, die er aus Anlaß des hundertjährigen Jubiläums jener Schrift [275] für Ostwald’s Klassiker der modernen Wissenschaften (Band 48–51) besorgte. Der hier behandelte Gegenstand mag ihn besonders angezogen haben. Denn, wie erwähnt, war die Blüthenbiologie, die Frage nach den Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen- und Thierwelt, das Feld, auf dem er am erfolgreichsten gearbeitet hat. Die zahlreichen Einzelarbeiten nach jener Richtung hin sind aus dem schon angeführten Litteraturnachweis des Appel’schen Nachrufs ersichtlich. Von zusammenhängenden Schriften sei hier nur der 1894 veröffentlichte „Grundriß der Blüthenbiologie“ hervorgehoben, der aus der Praxis des Unterrichts entsprang und in den betheiligten Lehrerkreisen weite Verbreitung gefunden hat. Das Hauptwerk seines Lebens war das „Handbuch der Blüthenbiologie“. K. gab dem Titel seines Buches den Zusatz „unter Zugrundelegung von Hermann Müller’s Werk: Die Befruchtung der Blumen durch Insekten“. In der That dachte er sich anfangs wol seine Arbeit nur als eine Neubearbeitung jenes classischen Buches. Bald jedoch wuchs das Material so an, daß, wenn auch fußend auf der von Müller gegebenen Grundlage, doch ein ganz neues Werk von erheblichem Umfange entstand. Der erste Band erschien 1898. Er enthält die Einleitung und die Litteraturangaben, deren Umfang – 2871 Nummern – einen Schluß auf die Arbeitsleistung des Verfassers zuläßt. In demselben Jahre kam noch der erste Theil des zweiten Bandes heraus, in welchem die Bestäubungsverhältnisse der europäischen Ranunculaceae bis zu den Compositae behandelt sind. Der zweite Theil wurde 1899 veröffentlicht und schildert den Rest der Dicotylen, die Monocotylen und Gymnospermen Europas und des arktischen Gebietes. In dem dritten Bande wollte K. die bezüglichen Verhältnisse bei den außereuropäischen Gewächsen darlegen. Zu diesem Zwecke unternahm er die Eingangs erwähnte, durch Unterstützung der Berliner Akademie möglich gemachte große Reise.

Nachdem K. am 18. October 1898 Europa von Genua aus verlassen hatte, traf er nach kurzem Aufenthalte in Singapore am 16. November in Buitenzorg auf Java ein, das er zum Hauptstützpunkt seiner Reise machte und woselbst er volle vier Monate, bis zum 20. März 1899, verblieb. Die Rückkehr erfolgte nach nochmaligem kurzen Besuche von Singapore über Japan nach Californien und durch Nordamerika bis New-York. Am 16. Juli 1899 landete K. wieder in Europa. Die Ergebnisse seiner Reise selbst zu bearbeiten hinderte ihn leider sein frühzeitiger Tod. Die Herausgabe des dritten Bandes der Blüthenbiologie mußte andern Händen anvertraut werden. Sie übernahm mit Benutzung weniger im Nachlasse Knuth’s vorgefundener Blüthenskizzen, unter Mitwirkung von Dr. Otto Appel Dr. Ernst Loew, Professor am Kaiser-Wilhelm-Realgymnasium in Berlin nach gleichen Grundsätzen wie in den beiden ersten Bänden. Der 1904 herausgekommene erste Theil bringt die Fortsetzung der blüthenbiologischen Litteratur (Nr. 2872–3547) und die specielle Besprechung der in außereuropäischen Gebieten bisher beobachteten Erscheinungen innerhalb der Familien der Cycadaceae bis zu den Cornaceae.

Nachruf v. Otto Appel in Berichte d. dtsch. Bot. Ges. XVIII, 1900.