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ADB:Konrad IV. (Bischof von Breslau)

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Artikel „Konrad, Bischof von Breslau“ von Colmar Grünhagen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 572–576, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_IV._(Bischof_von_Breslau)&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 07:44 Uhr UTC)
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Konrad, Bischof von Breslau 1417–1457[WS 1], der erste schlesische Landeshauptmann, Anführer in den Kämpfen gegen die Hussiten. Sein Geburtsjahr ist nicht bekannt, doch hängen er und sein Bruder Konrad der Canthner bereits am 26. Dec. 1403 als Erbelinge der Oels-Koselschen Lande ihre Siegel an [573] eine Urkunde ihres Vaters, des Herzogs Konrad III. von Oels, Jener schon da als Senior bezeichnet, welcher Name ihm als dem ältesten Sohne in der Reihe der sämmtlich Konrad geheißenen Fürsten dieses Hauses zur Unterscheidung immer beigegeben wird. Als Geistlichen und da gleich als Prälaten finden wir ihn zum ersten Male erwähnt in einer Urkunde vom 20. Mai 1420, welche sein Vater ausstellt in domo prepositi S. Johannis, filii nostri senioris, und in dieser Eigenschaft noch einige Male 1412 und 13, obwohl er (vermuthlich in Folge Defekts des kanonischen Alters) damals noch der höheren Weihen entbehrte, welche er nachweislich erst nach seiner Ernennung zum Bischofe 1418 erlangt hat (Heyne, Bisth. Breslau III, 556 Anm. 1). Nach dem Tode seines Vaters (Ende 1412 od. Anfang 1413), wo er zunächst unter dessen Söhnen der einzige Mündige war, und deshalb zuerst allein, später mit seinem ältesten Bruder Konrad dem Canthner die Regierung über das ganze Oels-Koseler Land führte, scheint er ausschließlich seinem fürstlichen Berufe gelebt zu haben; seiner geistlichen Würde wird in seinen Urkunden (eine vom 29. Aug. 1413 ausgenommen) wenigstens nicht gedacht. Dagegen ist er in dieser Zeit mit dem Könige Sigismund von Ungarn, der damals als nächster Erbe seines Bruders Wenzel bereits einen gewissen Einfluß auf die schlesischen Angelegenheiten übte, in Verbindung gekommen, so daß, als 1417 die Resignation des Breslauer Bischofs Wenzel die Neubesetzung dieses geistlichen Stuhls in die Hände des Papstes legte, der Einfluß Sigismunds die Ernennung Konrads (20. Dec. 1417) bewirken konnte. Am 22. Januar wird er in Ottmachau consecrirt. Als dann 1420 der neue König von Böhmen nach Breslau kommt, tritt Bischof Konrad mit vollster Entschiedenheit auf seine Seite und läßt in diesen Tagen am 15. März 1420 den Prager Bürger Krasa als Ketzer und Lästerer des Kostnitzer Concils verbrennen, auch das Kreuz gegen die hussitischen Ketzer predigen. Ebenso zeigt er sich eifrig bereit, im Vereine mit den übrigen schlesischen Fürsten und Städten dem Könige zur Bekämpfung der Böhmen wirksame Hülfe zu gewähren, und bereits 1421 rücken bischöfliche Söldner in Böhmen ein und besetzen das Braunauer Ländchen, das sie dann auch bis zu Ende des Krieges behaupten. Bischof K. wird bald die eigentliche Seele der von den Schlesiern gegen die Böhmen begonnenen Kämpfe, und bald kommt es dahin, daß die Fürsten und Städte der traditionellen Eifersucht der weltlichen Gewalten gegenüber dem Klerus sich ganz entschlagend, keinerlei Widerspruch erheben, als König Sigismund i. J. 1422 Bischof K. zum obersten Landeshauptmann über ganz Schlesien ernennt, ein um so bedeutsameres Ereigniß, als es die erste derartige, das ganze Land umfassende Ernennung ist, welche die schlesische Geschichte kennt. Bekanntlich haben nun die Schlesier in diesen Kämpfen wenig Ruhm geerntet, die Hussiten zeigen sich ihnen im offenen Felde immer überlegen, und am 28. März 1428 erleidet ein schlesisches Heer unter der Mauer der Bischofsstadt Neiße eine empfindliche Niederlage, bei welcher der Bischof selbst in Lebensgefahr geräth. Wohl vermag sich die Stadt zu halten, aber das Land wird auf das Furchtbarste verwüstet, namentlich seitdem (19. Nov. 1430) die Hussiten auch das bisher für unbezwinglich erachtete Bergschloß des Kirchenlandes Ottmachau in ihre Gewalt bekamen und sich dort dauernd festsetzten. Bischof K. blieb in allen Bedrängnissen dem Kaiser Sigismund treu, an dessen Hofe in Straubing wir ihn 1430 als Gesandten der Schlesier finden, aber auch er mußte sich schließlich dazu verstehen, den Hussiten, mit denen das Basler Concil einen Vergleich vermittelt hatte, die Rückgabe der von ihnen in Schlesien besetzten Schlösser und speziell der Kirchenburg Ottmachau mit schwerem Gelde abzukaufen. Als dann das Schloß zurückgegeben war und, damit sich nicht später wiederum Feinde dort festsetzen könnten, geschleift werden sollte, widersprach das Domkapitel und fand [574] bei dem Kaiser Schutz, wobei dann zugleich die Prinzipienfrage angeregt wurde, ob auch das Neiße-Ottmachauer Land böhmisches Lehen sei, während der Bischof diese Qualität nur dem Grottkauer Gebiete zugeschrieben wissen wollte. K. gab nach und leistete für das ganze Kirchenland den Lehnseid, wogegen denn er nun auch unter den schlesischen Lehensfürsten mitzählte, so daß der fürstliche Rang der Breslauer Bischöfe und die Bezeichnung eines Fürstenthums Neiße wesentlich erst seit dieser Zeit rechte Geltung zu finden beginnen. Wie das Ansehn des Bischofs bei dem Kaiser und den schlesischen Fürsten trotz des ungünstigen Verlaufes der Hussitenkriege nicht gemindert worden ist, mögen wir daraus sehen, daß bei der großen Fürstenvereinigung, welche 1435 zum Schutze des Landfriedens auf Anregung Sigismunds zu Stande kommt, wiederum K. als Bundeshauptmann genannt wird. Unzweifelhaft haben den Bischof bei seiner hartnäckigen Feindschaft gegen das hussitische Wesen vielleicht mehr noch als kirchlicher Eifer nationale Antipathien bestimmt. Er hat diese nicht nur den Czechen sondern auch den Polen gegenüber sehr entschieden an den Tag gelegt. Als während der Hussitenkriege der Gnesener Erzbischof Albert Jastrzembiec die rechtlich nie aufgehobene, aber thatsächlich außer Uebung gekommene Zugehörigkeit des Breslauer Bischofssitzes zu der polnischen Metropole wieder geltend machen und eine vom Papstes ihm aufgetragene Visitation auch auf Breslau ausdehnen wollte (1427), verbat sich das der schon bei seiner Thronbesteigung nur dem Papste, nicht aber dem Metropoliten Obedienz gelobt hatte, auf das Unumwundenste, und der Erzbischof nahm von seinem Vorhaben Abstand – ja der Bischof erließ sogar unter dem 1. Oktober 1435 ein auch von dem Baseler Concile bestätigtes Statut dahin gehend, daß geistliche Aemter oder Pfründen in dem Breslauer Bisthume fortan nur an geborene Schlesier vergeben werden sollten, an Ausländer nur dann, wenn dieselben Graduirte einer akademischen Fakultät seien, eine Bestimmung, welche natürlich ihre Hauptspitze gegen die Polen kehrte. Daß der Bischof dann, als nach Sigismunds Tode 1437 ein polnischer Prinz auf die böhmische Krone Ansprüche machte, fest auf der Seite des deutschen Thronkandidaten Herzog Albrechts von Oesterreich gestanden hat, versteht sich von selbst. Diese deutsche Gesinnung hat K. nicht nur mehrfache weitere Verwüstungen seines Landes durch polnische Kriegshaufen eingetragen, derselbe hat auch und zwar ganz besonders durch das erwähnte Statut den Unwillen des polnischen Chronisten Dlugoß in hohem Maße erregt, und dieser hat uns in seinen Lebensbeschreibungen Breslauer Bischöfe eine höchst abschreckende Schilderung von ihm entworfen. Konrad, sagt derselbe, sei ein kleiner schwarzer Mann gewesen, fett, triefäugig, ein Stotterer, ein Säufer und Schlemmer, dabei unenthaltsam den Weibern gegenüber, in höchstem Maße verschwenderisch, von cholerischer Gemüthsart, wenig gebildet, doch als Dichter und Komponist geschickt. Wir sind nicht mehr im Stande zu untersuchen, wie viel bei dieser Schilderung die nationale Voreingenommenheit hinzugethan hat, und müssen nur zugestehen, daß unter seiner Regierung das Bisthum in schwere Geldnöthe gekommen, die allerdings erklärlich genug scheinen, wenn wir erwägen, daß der Bischof, dem gegenüber Sigismund seine finanziellen Zusagen schlecht gehalten hat, während der Hussitenkämpfe, also länger als ein Decennium zahlreiche Söldnerschaaren zu halten genöthigt war, und daß auch nachdem der Friede mit den Böhmen geschlossen, fast ununterbrochen Fehden größtentheils im Zusammenhange mit den polnischen Händeln vornehmlich in der königslosen Zeit nach 1440 den vielfachen Landfriedensbündnissen zum Trotze das Land beunruhigten, die Kirchengüter ruinirten, die Einkünfte minderten, die Schuldenlast mehrten. Und Bischof K. wäre nicht der Mann gewesen, solchen Kämpfen aus dem Wege zu gehen. Entschlossen und trotzig nahm er jeden hingeworfenen Fehdehandschuh auf, seine [575] Streitschaaren tummeln sich fast ununterbrochen im Felde und kämpfen oft genug siegreich. Aber der Wohlstand des Bisthums, das man einst als das goldene gepriesen hatte, ging dabei zu Grunde. Freilich war es schon unter seinen letzten Vorgängern sehr heruntergekommen. Als K. den bischöflichen Stuhl besteigt, muß sein Bruder, weil, wie er selbst erklärt, die Einkünfte der Kirche zum Unterhalte des Bischofs nicht ausreichten, die Städte Wohlau und Prausnitz und 1420 dann auch noch die Stadt Canth verpfänden, und bereits 1418 wird K. vom Papste suspendirt und excommunicirt, weil er die von der Kurie verlangten Annaten nicht zu zahlen vermochte, eine Schuld, welche anscheinend dann durch die Hussitenkämpfe in Vergessenheit gekommen ist. In den vierziger Jahren wurden dann und schwerlich ganz ohne Verschulden des Bischofs die Geldverlegenheiten so groß (nicht ein Dorf des Bisthums, schreibt der Dompropst 1444, sei unverpfändet), daß das Kapitel Konrad drängte sein Amt freiwillig niederzulegen in der Hoffnung, einen begüterten Prälaten gewinnen zu können, der aus eignen Mitteln dem Stifte wieder aufhelfe. Freilich spielten hier noch andere Interessen hinein. In dem Streite des Papstes Eugens IV. mit dem Baseler Concile war der Bischof (1440) entschieden auf des Ersteren Seite getreten, auch hier von dem polnischen Klerus abweichend, der es mit den Baselern nicht verderben mochte. K. gedachte mit des Papstes Beistande zugleich sich in den Besitz der für das Concil gesammelten Indulgenzgelder zu setzen und gerieth in Folge dessen mit deren Kollektor, dem Dompropste Nikolaus Gramis in ärgerliche lang fortgesponnene Händel. Auch in dieser Sache hatte sich sein Kapitel von ihm getrennt, welches in seiner finanziellen Bedrängniß von dem Concile Vorschüsse und Geldhülfen erbat und erhielt. Um so lebhafter wünschte es sein geistliches Haupt, welches so ganz andere Wege ging, loszuwerden. Bischof K. gab dem Drängen seiner Domherren nach und legte 1444 seine geistliche Würde nieder, allerdings nicht ohne vorher sich ein ansehnliches Jahrgehalt und Bezahlung seiner Privatschulden durch das Kapitel ausbedungen zu haben. Aber das Kapitel erreichte seinen Zweck nicht. Der vermögliche Bischof von Ermeland, den man in Aussicht genommen, konnte sich, obwohl er anfänglich Neigung gezeigt hatte, die demüthigen Bitten des Breslauer Kapitels zu erfüllen, schließlich doch um so weniger entschließen, die Leitung des heruntergekommenen Bisthums zu übernehmen, als eben damals wieder eine jener zahlreichen Fehden entbrannt war, welche das ganze Kirchenland mit Schrecken und Verwüstung füllte und die Domherrn selbst für ihre Breslauer Kurien zittern ließ. Auch ein neuer Versuch des Kapitels den Krakauer Domherrn Theodor Weinrich als Bischof zu gewinnen scheiterte. Auf der anderen Seite war Papst Eugen IV. begreiflicher Weise wenig geneigt, einen treuen und entschlossenen Anhänger von einem so wichtigen Posten verdrängen zu lassen, und auch aus dem Kreise der schlesischen Fürsten und selbst des Breslauer Klerus erhoben sich Stimmen zu Gunsten Konrads. So geschah es denn, daß der Papst durch eine Bulle vom 21. Juli 1445 dem Bischofe befahl, die Leitung des Bisthums wieder zu übernehmen. Derselbe sei, versichert der Papst darin, ein gelehrter und thatkräftiger Mann, mit allen bischöflichen Tugenden geziert. Eifrig remonstrirte das Kapitel und suchte Hülfe bei allen möglichen Instanzen, bei dem Papste, dem Baseler Concile, sogar bei Kaiser Friedrich III., ja es schien zum offenen Waffenkampfe zwischen Bischof und Kapitel kommen zu sollen. Doch brachten Große des Landes im Anfange des Jahres 1446 einen Vergleich zu Stande, der dem Bischofe aufs Neue die Obedienz seiner Domherren sicherte und die Beilegung der leidigen Schuldensachen späterem Schiedssprucbe vorbehielt. Am 27. Mai 1446 vermochte Bischof K. schon wieder eine Diöcesansynode zu Breslau zu halten und auf dieser eine neue Kundgebung zu Gunsten Papst Eugens IV. durchzusetzen. [576] Am 9. August 1447 ist dann der Bischof gestorben. Es wird von ihm gesagt werden dürfen, daß wie sehr auch die Flecken einer unglaublich wüsten Zeit an ihm haften, und wie betrüblich auch seine ewigen Geldnöthe ihn beschränken und bestimmen, er doch unter den Schlesiern jener Epoche am allermeisten mit vollem Bewußtsein eine nationale Politik verfolgt und an seinem Theile viel zu dem großen Resultate jener Zeiten beigetragen hat, daß inmitten zwischen den zu neuer Macht emporgekommenen Czechen und Polen Schlesien deutsch geblieben ist.

Urkundliches über K. bei Klose „von Breslau“ II, 2, 50–81, vgl. auch Heyne, Bisthum Breslau III, 703 (auch 527). Ueber Konrads Antheil an den Hussitenkriegen vgl. Grünhagen, die Hussitenkämpfe der Schlesier, Breslau 1872, über sein späteres Wirken H. Ermisch, Mittel- und Niederschlesien in der königlosen Zeit 1440–52, Zeitschrift des schlesischen Geschichtsvereins Bd. XIII. Heft 1 u. 2.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Gemeint ist 1447, sein Todesjahr.