Zum Inhalt springen

ADB:Kratz, Gustav

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Kratz, Gustav“ von Otto von Heinemann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 360–362, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kratz,_Gustav&oldid=- (Version vom 19. Dezember 2024, 18:04 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 51 (1906), S. 360–362 (Quelle).
Gustav Kratz bei Wikisource
Gustav Kratz in der Wikipedia
Gustav Kratz in Wikidata
GND-Nummer 137743181
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|51|360|362|Kratz, Gustav|Otto von Heinemann|ADB:Kratz, Gustav}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=137743181}}    

Kratz: Gustav Adolf K., pommerscher Historiker, geboren am 19. November 1829 zu Wintershagen, Kreis Stolp, † am 7. November 1864 zu Stettin, war der Sohn des Rittergutsbesitzers Gustav Heinrich K. Anfangs durch Hauslehrer und benachbarte Geistliche unterrichtet, besuchte er 1841–44 die höhere Bürgerschule zu Stolp und 1844–47 das Joachimsthalsche Gymnasium zu Berlin. Während seiner Berliner Zeit wurde er mit anderen Schulkameraden öfters nach Babelsberg geholt als Spielgefährte des jungen Prinzen Friedrich Wilhelm (nachmaligen Kaisers Friedrich), der ihn daher auch später einmal als „Jugendgefährten“ bezeichnete. Im Januar 1848 bezog er das neugegründete kgl. Gymnasium zu Anklam, das er Ostern 1850 mit dem Zeugniß der Reife verließ, um sich zunächst in Greifswald dem Studium der Rechte und Cameralia zu widmen, wo er gleichzeitig bei dem dortigen Jägerbataillon seiner Militärpflicht genügte. Ostern 1851–53 studirte er in Berlin [361] und bestand am 24. Juni 1853 beim kgl. Appellationsgericht zu Köslin die Prüfung als Auscultator. Als solcher und seit dem 25. December 1855 als Referendar war er am kgl. Kreisgerichte zu Stolp beschäftigt. Eine früh erwachte, in eifrigem Studium und Sammeln genährte und bethätigte Liebe zu archivalisch-historischen Arbeiten im Bereiche namentlich der heimathlichen Geschichte hat ihn dann aber, nachdem er die praktische juristische Laufbahn bis an die Schwelle der dritten Prüfung zurückgelegt hatte, bewogen, dem kgl. Heroldsamte zu Berlin und, als er sich hier vergeblich um eine Anstellung bemüht hatte, der kgl. Archivverwaltung seine Dienste anzubieten. Im März 1858 trat er unter Beurlaubung aus dem Justizdienste bei dem kgl. Provinzial-, jetzt Staatsarchive zu Stettin als Hülfsarbeiter ein, zunächst ohne jedes Gehalt und ohne irgendwelche Aussicht auf Anstellung. Am 1. Januar 1861 wurde er dann dort commissarisch und am 27. Juni endgültig als zweiter Archivar neben dem Provinzialarchivar Dr. Robert Klempin (siehe A. D. B. XVI, 154) angestellt. In seiner neuen Stellung konnte K. ganz seinen Neigungen leben. Bald nach seinem Eintritte in den Archivdienst nahm er, veranlaßt durch das öffentliche Preisausschreiben der Familie v. Kleist vom 16. Juni 1857, die Bearbeitung der Geschichte dieses alten pommerschen Geschlechts in Angriff, deren erster, für die Landesgeschichte wichtigster Theil, das Urkundenbuch, 1862 auf Kosten Kratz’ der Oeffentlichkeit übergeben wurde. In den folgenden, speciell für die Familie wichtigeren historisch-biographischen Theilen, die erst 1873–87 veröffentlicht wurden, rühren aus Kratz’ Feder nur Theil II, Abth. 1: „Allgemeine historische Einleitung“ und 3: „Ursprung und Wappen des Geschlechtes von Kleist“ her.

Im J. 1863 folgten die noch immer unentbehrlichen „Matrikeln und Verzeichnisse der pommerschen Ritterschaft vom 14. bis in das 19. Jahrhundert“, im Verein mit R. Klempin. Die Vollendung seines noch heute viel benutzten Hauptwerkes „Die Städte der Provinz Pommern. Abriß ihrer Geschichte, zumeist auf Urkunden beruhend“ hat er nicht mehr erlebt. Es erschien, mit einer längeren Einleitung Klempin’s versehen, erst 1865. Leider hatte sich bei K. die Anlage zu einem schweren Brustleiden gezeigt, das ihn schon 1863 zu einem mehrmonatlichen Urlaube nöthigte und schließlich sich zur galoppirenden Schwindsucht entwickelte, der er im folgenden Jahre erlag, nachdem er noch am 23. Mai 1864 an der Universität Leipzig zum Dr. phil. promovirt war.

Nach seinem Tode erschienen 1865 aus Kratz’ Feder ein Aufsatz „Die pommerschen Farben“ (Balt. Studien XX, 2) und die als Dissertation benutzte grundlegende Abhandlung „Die pommerschen Schloßgesessenen“, die von dem Verfasser bei seiner tödlichen Erkrankung bereits in den Druck gegeben, nach dem Wunsche des Sohnes, „das Werkchen als das letzte seiner schriftstellerischen Thätigkeit auf dem ihm liebgewordenen Felde der Pommerschen Alterthumskunde, Genealogie und Heraldik in die Oeffentlichkeit gelangen zu lassen“, von dem Vater des Verstorbenen herausgegeben wurde. Kratz’ frühzeitiger Tod bedeutete einen großen Verlust für die Erforschung der Geschichte des deutschen, besonders des pommerschen Adels und für die Genealogie, Heraldik und Sphragistik. Seine an das kgl. Staatsarchiv zu Stettin gelangten reichen Materialsammlungen zur Geschichte der pommerschen adeligen Geschlechter sind noch heute ein wesentliches Hülfsmittel für Forschungen zur pommerschen Adelsgeschichte. Ein von ihm geplantes Werk über die pommerschen Siegel ist über die Vorarbeiten, eine reichhaltige Sammlung von dem mit einem hervorragenden Zeichentalent Begabten selbstgefertigter Siegelzeichnungen und -abdrücke, nicht hinausgekommen. Hätte ihn nicht der Tod in der Vollkraft seines Schaffens hinweggerafft, dann besäßen wir jedenfalls bereits [362] ein solches Werk, das so noch heute zu den frommen Wünschen der pommerschen Geschichtsforscher gehört.

Nachruf L. Frhr. v. Ledebur’s in dessen Archiv für Deutsche Adels-Geschichte II (1865). – Familienpapiere im Besitze von Kratz’ Schwester Frau v. Uckermann zu Groß-Machmin, Kr. Stolp. – Acten des Directoriums der kgl. Staatsarchive zu Berlin und der Universität Leipzig.