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ADB:Kruse, Karl Friedrich Freiherr von

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Artikel „Kruse, Karl Friedrich Freiherr von“ von Karl Schwartz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 265–268, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kruse,_Karl_Friedrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 16:38 Uhr UTC)
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Kruse: Karl Julius Hermann Friedrich Freiherr v. K., Nassau-Usingen’scher Hofkammer- und Regierungspräsident zu Wiesbaden, wurde am 22. Novbr. 1737 in dem bei Nidda gelegenen und als Filialdorf zur evangelischen Pfarrei Wingershausen gehörigen Dorfe Eichelsachsen (Kreis Schotten, Provinz Oberhessen) geboren, wo sein Vater, der hessen-darmstädtische Oberforstmeister Johann Christoph v. K., in dem dortigen Forsthause seinen Wohnsitz hatte. Derselbe gehörte, wie auch sein Wappen zeigt, zu der mecklenburgischen Familie dieses Namens; auch seine Gemahlin Dorothea v. Berlepsch stammte aus Mecklenburg. Er kam 1710 als Page an den darmstädtischen Hof, bildete sich zum Forstmanne aus und wurde 1731 zum Oberforstmeister mit dem Wohnsitze zu Eichelsachsen ernannt. Hier wurden ihm eine Tochter und acht Söhne geboren; jene, nach der Mutter Dorothea genannt, starb als Kind, der sechste Sohn, Friedrich Karl, im Alter von 22 Jahren (4. Mai 1764), zu Eichelsachsen; der älteste Sohn, Ernst Ludwig (geb. am 3. Januar 1736), der in hessen-darmstädtischen Diensten stand, starb 1803; ein anderer Sohn stand im letztgenannten Jahre als Generalmajor in hessen-kassel’schen, ein anderer als Oberst in hannoverschen Diensten. Karl Friedrich, der zweite der acht Söhne, der schon in früher Jugend ungewöhnliche Begabung und Lernbegierde zeigte, widmete sich, durch Hauslehrer gründlich vorbereitet, der Rechts- und Staatswissenschaft und trat nach beendigten Universitätsstudien zu Darmstadt in den Staatsdienst, in welchem er sich wegen seiner seltenen Fähigkeiten und Kenntnisse sowol als wegen seiner persönlichen Vorzüge einer [266] so schnellen Beförderung zu erfreuen hatte, daß er im Alter von 31 Jahren bereits die Stelle eines Geheimen Regierungsraths bekleidete, als ihm im December 1768 der Fürst Karl von Nassau-Usingen (s. Bd. XV S. 313) unter sehr vortheilhaften Bedingungen den Antrag machte, als Director der Regierung und der Hofkammer zu Wiesbaden in seine Dienste zu treten. In der ihm zugegangenen Vocation (d. d. Biebrich, 7. December 1768) sagt der Fürst, daß er den Geheimen Regierungsrath v. Kruse „wegen seiner Uns angerühmten besonderen Geschicklichkeit und sonstiger guten Eigenschaften“ mit dem Prädicate eines Geheimen Rathes dem Regierungs- und dem Hofkammercollegium als Director vorzusetzen beschlossen habe; K. nahm die Berufung an und nachdem ihm die Bestallung (d. d. Biebrich, 25. Januar 1769) zugegangen war, trat er sein neues Amt an und erwarb sich während eines Zeitraumes von 34 Jahren (1769–1803) durch sein ausgezeichnetes Verwaltungstalent, seine strenge Rechtlichkeit und seinen unermüdlichen Diensteifer allgemeine Anerkennung und um das nassauische Land und Fürstenhaus die größten Verdienste, insbesondere auch das unbedingte Vertrauen des Fürsten Karl und seines Regierungsnachfolgers, welchen er auch in ihren Privatangelegenheiten als umsichtiger und treuer Berather zur Seite stand. Schon im ersten Jahre seiner Amtsverwaltung erging an K. unterm 20. Novbr. 1769 die Berufung als wirklicher Reichshofrath, und da er kurz vorher ein ähnliches Anerbieten aus Anhänglichkeit an den Fürsten Karl ausgeschlagen hatte, so wandte sich das Regierungscollegium, in der Besorgniß, daß sein Director der jetzt an ihn gelangten vortheilhaften und ehrenvollen Berufung Folge geben könnte, unterm 30. November 1769 an den Fürsten und stellte, um den dem Lande drohenden großen Verlust abzuwenden, den Antrag, dem Geheimrathe v. K. den Titel Präsident, welchen auch in Weilburg und Saarbrücken die den Regierungscollegien vorsitzenden Geheimräthe führten, und den Dienstcharakter als wirklicher Geheimer Rath beizulegen, ihm auch eine entsprechende Gehaltszulage zu gewähren und für den Fall dereinstiger Pensionirung die Zusicherung eines möglichst ansehnlichen Ruhegehaltes zu ertheilen. Zur Motivirung dieses Antrages wurde in dem Berichte ausgeführt: „Der Geheimrath v. K. habe sein Amt mit solcher Geschicklichkeit und solchem Erfolge verwaltet, daß zur baldigen Abtilgung der bisher so beschwerlichen und von Jahr zu Jahr angewachsenen Schuldenlast der größte Anschein vorhanden sei, und es würde zum größten Nachtheile des fürstlichen Hauses gereichen, wenn er abginge, da es bekannt sei, daß Männer von solcher Begabniß und welche zur würdigen Versehung des von besagtem Geheimrathe bekleideten wichtigen Postens die erforderlichen Eigenschaften besitzen, insbesondere aber, wie Letzterer, mit einer gründlichen Rechtsgelehrsamkeit auch zugleich eine ausgebreitete Einsicht in Cameralwissenschaften, wie nicht weniger eine besondere Geschicklichkeit in Negotiationen verbinden, selten und so leicht nicht aufzufinden seien, weshalb Alles aufgeboten werden müsse, um den ausgezeichneten Mann für die Verzichtleistung auf die ihm durch die neueste Berufung in Aussicht gestellten Vortheile zu entschädigen.“ Der Antrag der Regierung wurde durch Decret des Fürsten (d. d. Biebrich, 13. Januar 1770) in allen seinen Theilen genehmigt und K. blieb nun dem nassauischen Lande erhalten. Im Juni 1773 trat Präsident K. durch seine Vermählung mit Philippina Katharina v. Bieburg, Tochter des Fürsten Karl und der mit ihm morganatisch vermählten Maria Magdalena v. Bieburg (letztere war eine Tochter des Stadtschultheißen Groß zu Wiesbaden und von dem Fürsten in den Adelstand erhoben worden) zu dem fürstlichen Hause auch in ein verwandtschaftliches Verhältniß. Bis dahin hatte er im Schlosse zu Biebrich gewohnt, da er sich vor seinem Eintritte in den nassauischen Staatsdienst verpflichtet hatte, sich beständig am Hoflager des Fürsten aufzuhalten; bei seiner Vermählung aber bezog [267] er eine Wohnung in Wiesbaden, dem Sitze der Landesbehörden, und der Fürst gewährte ihm für den Verlust der freien Tafel und anderer Vortheile durch Gewährung einer Naturalcompetenz an Wein, Früchten, Fourage, Holz und Wildpret eine reichliche Entschädigung. Der treffliche und um sein Land hochverdiente Fürst Karl starb am 21. Juni 1775 und ihm folgte sein edler, durch seltene Eigenschaften des Geistes und Herzens ausgezeichneter Sohn Karl Wilhelm (Bd. XV S. 315), dessen Regierung der bedeutendste Theil der Wirksamkeit des Präsidenten K. angehört. Bei dem bekannten nassauischen Erbvereine, welcher 1783 zwischen der Walramischen und der Ottonischen Linie abgeschlossen wurde, entwickelte K. als Bevollmächtigter für Nassau-Usingen eine sehr hervorragende Thätigkeit. Auch bei dem Rastatter Congresse (9. December 1797 bis 23. April 1799) und bei der Reichsfriedensdeputation, welche im October 1801 zusammentrat, wirkte er mit und sein Verdienst war es, daß durch den Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 das Haus Nassau-Usingen für den in Folge der französischen Revolution erlittenen Verlust aller linksrheinischen Besitzungen eine so reiche Entschädigung erhielt, daß durch dieselbe die alten nassauischen Stammlande der Usingen’schen Linie um mehr als die Hälfte vergrößert wurden. Nach Regensburg begleitete ihn, anfangs als Privatsecretär, nachher als wirklicher Legationssecretär, der 22jährige Rechtscandidat Karl Ibell (Bd. XIII S. 737), der nachmalige Präsident der herzoglich nassauischen Landesregierung, und es gereicht ihm zu besonderem Verdienste, diesen ausgezeichneten Mann, der unter allen nassau’schen Beamten an Fähigkeiten und Verdiensten ohne Frage die erste Stellung einnimmt, für den Staatsdienst gewonnen und in denselben eingeführt zu haben. Die große Verehrung, welche Ibell in den von dem Unterzeichneten in der Biographie desselben veröffentlichten Briefen für seinen Vorgesetzten ausspricht, ist für Kruse’s Werth und Bedeutung ein vollgültiges Zeugniß. In Rastadt sowol als in Regensburg flößte K. durch seine reichen Kenntnisse, seine vielseitige Bildung und die Würde seines Benehmens den übrigen Gesandten und den dort verweilenden hervorragenden Persönlichkeiten die größte Hochachtung ein. Der bekannte Ritter Karl Heinrich v. Lang, welchem er als entschiedener Gegner der durch die französische Staatsumwälzung verbreiteten Grundsätze, die er auch in einer vielgelesenen Schrift aufs nachdrücklichste bekämpft hatte, unsympathisch war, behandelt ihn in seinen „Memoiren“, in welchen er über viele andere Congreßmitglieder in schonungsloser Weise die Geißel der Satire schwingt, ziemlich glimpflich, indem er von ihm bei den Schattenbildern, die er von den Gesandten entwirft, nur sagt (Thl. I S. 319): „für Nassau Herr v. Kruse Hoch- und Wohlgeboren, der sich sehr über die deutschen Jakobiner grämte, die er besonders unter den Diis minoribus witterte.“ Nach dem am 17. Mai 1803 erfolgten Hinscheiden des Fürsten Karl Wilhelm richtete K. an dessen Sohn und Regierungsnachfolger, den Fürsten Friedrich August (Herzog war derselbe erst seit dem 12. Juli 1806, vgl. Bd. VII S. 567), ein Gesuch um Versetzung in den Ruhestand (d. d. Wiesbaden, 4. Juli 1803), in welchem er vorstellte, daß er nach einer langjährigen mühevollen Berufsthätigkeit und in seinem vorgerückten Alter sich nicht mehr die Kraft zutraue, die durch seine Doppelstellung als Chef der Regierung und der Hofkammer sehr gehäuften Geschäfte in solcher Weise, wie es das Interesse des Fürsten und des Landes erfordere, zu versehen, sich jedoch erbot, in besonderen Fällen, wenn es gewünscht werden sollte, dem fürstlichen Hause auch den Rest seiner Kräfte zu widmen. Fürst Friedrich August genehmigte dieses Gesuch unter Gewährung der früher in Aussicht gestellten Pension und verfügte durch ein an die Regierung erlassenes Rescript (d. d. Biebrich, 14. December 1803), daß dem Präsidenten K. und zwar bereits vom 1. Januar des zu Ende gehenden Jahres an sein ganzes Gehalt unverkürzt [268] durch die Hofkammer ausgezahlt werden sollte, wobei er bemerkte: „Er hat dem Fürstlichen Hauß neuerlich in Regensburg Nuzen und ein schönes Arrondissement verschafft und dort Tages Last und Hitze aushalten müssen.“ In solcher Weise belohnte Fürst Friedrich August die seinen beiden Vorgängern und dem nassauischen Lande geleisteten Dienste; Orden gab es damals in Nassau nicht und K. scheint überhaupt äußere Auszeichnungen, auf welche er bei seinem einfachen, bescheidenen Sinne auch wenig Werth legte, außer dem Ritterkreuze des markgräflich badenschen Ordens pour la fidelité nicht besessen zu haben. Bemerkt zu werden verdient, daß K., der ein sehr gelehrter Mann war und sich ungeachtet seiner vielen amtlichen Arbeiten fortwährend mit ernsten wissenschaftlichen Studien beschäftigte, auch in der Landwirthschaft, in welcher er sogar als Schriftsteller auftrat und in der Forstcultur nicht gewöhnliche Kenntnisse und Erfahrung besaß, was sich wol dadurch erklärte, daß er, der Sohn eines Forstmannes, den größten Theil seiner Jugend in ländlicher Umgebung zugebracht hatte und die Liebe für das Landleben ihm gleichsam angeboren war. In Wiesbaden erwarb er auf dem eine entzückend schöne Aussicht gewährenden Geisberge eine ansehnliche Besitzung, welche er stets zu verbessern bemüht war und zu einem freundlichen Tusculum einrichtete, in welchem er in der besseren Jahreszeit die erwünschte Erholung von seinen mühevollen Berufsgeschäften fand. Diese Besitzung verkaufte er für den Betrag von 52 00O fl. an den Fürsten Karl Wilhelm, wie aus einem uns vorliegenden Documente d. d. Wiesbaden, 2. Juni 1791, hervorgeht. Präsident K., dessen Lebenskraft durch die großen Anstrengungen, welchen er sich in seinem mühevollen Dienste hatte unterziehen müssen, erschöpft gewesen zu sein scheint, erfreute sich nicht lange der ihm zu Theil gewordenen Ruhe und starb am 9. März 1806 zu Wiesbaden im noch nicht vollendeten 69. Lebensjahre. Die Erinnerung an sein verdienstliches und segenvolles Wirken ist in den nassauischen Landen auch bei der gegenwärtigen Generation noch nicht erloschen. Seine Schriften sind folgende: „Standrede, gehalten bei der Gruft des Fürsten Karl von Nassau-Usingen“, 1775, 4°; „Kurzer Lehrbegriff der Landwirthschaft und Haushaltungskunst. Zum Gebrauche der deutschen Schulen und des Landmannes in den Nassau-Usingischen Landen“, 1780: „Wahre Darstellung der großen französischen Staatsrevolution in ihrer Entstehung, ihrem Fortgange und in den Folgen, welche dieselbe für Europa und vorzüglich für Teutschland haben dürfte. Mit Beilagen“, 1790, dritte vermehrte und verbesserte Auflage 1792 (die erste Auflage erschien anonym, auf dem Titel der zweiten und dritten Auflage hat er sich genannt); „Freimüthige Betrachtungen über die Gesetzgebung der Teutschen bei Gelegenheit der Wahl eines römischen Kaisers“, 1790.

Nachrichten über ihn enthalten folgende Schriften, in welchen übrigens Ort und Zeit seiner Geburt gar nicht oder unrichtig angegeben sind: Meusel, G. T. Intelligenzblatt zur Allg. Litteraturzeitung v. 1806, Bd. V, S. 683. – Bauer, Histor.-biogr. Wörterbuch, Bd. I, S. 770. – Stepf, Galerie jurid. Autoren, Bd. IV, S. 524. – Biograph Bd. V, S. 395. – Scriba, Biogr.-litter. Lexicon. – Schwartz, Lebensnachrichten über den Regierungspräsidenten Karl v. Ibell. Mit Briefauszügen und Beilagen. Wiesb. 1875 (Annalen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung), S. 15 und Anm., S. 16, 19 u. 20.