Zum Inhalt springen

ADB:Krüger, Karl Wilhelm

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Krüger, Karl Wilhelm“ von Karl Felix Halm in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 232–234, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kr%C3%BCger,_Karl_Wilhelm&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 17:16 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Krüger, Oswald
Band 17 (1883), S. 232–234 (Quelle).
Karl Wilhelm Krüger bei Wikisource
Karl Wilhelm Krüger in der Wikipedia
Karl Wilhelm Krüger in Wikidata
GND-Nummer 11656332X
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|17|232|234|Krüger, Karl Wilhelm|Karl Felix Halm|ADB:Krüger, Karl Wilhelm}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=11656332X}}    

Krüger: Karl Wilhelm K., Philolog, geboren im J. 1796 zu Groß-Nossin bei Butow in Hinterpommern, † am 2. Mai 1874 zu Weinheim an der Bergstraße. Nachdem er seine Gymnasialstudien in Stettin vollendet hatte, machte er die Freiheitskriege 1813–15 mit; vom Felde heimgekehrt, studirte er in Halle Philologie, wo damals neben Schütz der geistreiche August Seidler wirkte. Wiewol ausgesprochen war, daß auf die, welche zu Felde gewesen waren, bei Besetzung von Stellen vorzugsweise Rücksicht zu nehmen sei, gelang es ihm nicht, nach Beendigung seiner Universitätsstudien sogleich eine Anstellung in Preußen zu erlangen; wie er selbst andeutet (Kritische Analekten, II. 73), waren seine politischen Gesinnungen verdächtigt worden; so nahm er eine Stelle in Zerbst 1820 als Subconrector an, 1821 wurde er ebendaselbst Conrector, 1822 mit beträchtlicher Gehaltsverbesserung Conrector in Bernburg. Da er sich jedoch schon frühzeitig durch gelehrte Arbeiten als einen vorzüglichen Kenner des Griechischen bewährt hatte, wurde er 1827 als Professor an das Joachimsthal’sche Gymnasium zu Berlin berufen, an dessen Spitze August Meineke stand. [233] An dieser Anstalt wirkte er 10 Jahre lang, die er später in seinem Unmuth die schwersten seines Lebens genannt hat; durch Zerwürfnisse mit Collegen veranlaßt, erbat er sich 1838 seine Entlassung, die ihm mit Pensionsbezug bewilligt wurde. Zu seiner gereizten Stimmung hatten wol auch schwere häusliche Schläge mitgewirkt, da er im J. 1831 seine Frau und drei Kinder an der Cholera verloren hatte. Seit seiner Pensionirung lebte er zuerst in Nauen bei Berlin, dann in Neu-Ruppin, Heidelberg und Weinheim seinen Studien; da er auch mit seinen Verlegern nicht auskam, begründete er eine Buchhandlung (sie besteht noch in Leipzig mit der Firma ‚Krüger’s Erben‘), in deren Verlag fast nur seine eigenen Schriften erschienen sind. Im J. 1848 und den folgenden entwickelte K. auch eine rege politische Thätigkeit in entschiedener demokratischer Richtung. Sie gab Gelegenheit zu mehrfachen Streitschriften („Vier Oppositionsschriften“, Berlin 1850; ferner in den Kritischen Analekten, II. S. 78–98. Politische Pamphlete in den Analekten, III. S. 1–83); eine noch heftigere Polemik aber pflegte K. sein Lebelang als Grammatiker gegen Mitarbeiter auf diesem Gebiete; ihre Bitterkeit machte, so schwergerüstet er auch immer auftrat, einen um so unerfreulicheren Eindruck, als auch Scheelsucht und Brodneid seine Feder gespitzt zu haben schien. Abgesehen von den schroffen Seiten seines ganzen Wesens, hat sich K. um die Alterthumswissenschaft sehr bedeutende, ganz unbestreitbare Verdienste erworben. Wie er selbst erzählt, hat er den gelehrten Commentar zu einigen Schriften des Dionysios noch als Student verfaßt; das über 34 Bogen starke Werk wurde 1823 im Druck vollendet: „Dionysii Halicarnassensis Historiographica, h. e. epistolae ad Cn. Pompejum, ad Q. Aelium Tuberonem et ad Ammaeum altera. Cum priorum editorum suisque annotationibus edidit C. G. Krüger. Subjectae sunt ejus commentationes criticae et historicae de Thucydidis historiarum parte postrema“. Bereits drei Jahre später (Halle 1826) folgte die erste Ausgabe von Xenophon’s Anabasis mit lateinischem Commentar und einem erschöpfenden Index verborum, der später als Lexikon zur Anabasis besonders erschienen ist. Die zweite Ausgabe von 1830 „mit erklärenden Anmerkungen“ brachte einen kurzen deutschen Commentar und hat eine hohe Berühmtheit erlangt als Muster einer Schulausgabe mit kurzen Erläuterungen in knappester Form. In ähnlicher Weise bearbeitet erschienen hierauf die Geschichtswerke des Thukydides 1846–47 und des Herodotos 1855–56 je in 2 Bänden, und die Anabasis des Arrian 1851, nachdem eine größere Ausgabe mit lateinischem Commentar (Berlin 1835–48 in 2 Bdn.) vorangegangen war. Von dem epochemachenden Hauptwerk Krüger’s, der „Griechischen Sprachlehre für Schulen“, begann die erste Auflage 1843 und ist erst 1855 mit dem vierten Heft, das die poetisch-dialektische Syntax enthält, zum Abschluß gelangt. Durch sie ist K. für das Griechische ein wahrer praeceptor Germaniae geworden, weniger für die Schule als für die Lehrer, von denen zahllose eine tüchtigere Kenntniß des Griechischen der Krüger’schen Grammatik verdanken. Auch für die Litteratur ist sie nicht ohne Einfluß geblieben; wenigstens sind so manche naive Bemerkungen über Erscheinungen der griechischen Syntax, die in früheren Commentaren aufstießen, seitdem so ziemlich aus Schulausgaben verschwunden. Was K. an allen seinen Mitarbeitern vermißte, daß keiner die Hauptschriftsteller zu grammatischen Zwecken planmäßig durchgelesen habe, hat er selbst, ausgerüstet mit einer scharfen Beobachtungsgabe, im vollsten Maße geleistet. Er las planmäßig seine Schriftsteller, las sie zum zweiten und dritten Mal und jede neue Lesung brachte wieder neue Beobachtungen in reichlicher Fülle. Wie durchaus selbständig, so zeigt er sich bei seiner kernhaften Kürze auch als einen Meister in der grammatischen Kunstsprache. Geradezu musterhaft ist die Auswahl von Beispielen und Belegstellen, die so umsichtig [234] getroffen ist, daß sich zweckmäßigere Beispiele aus den vorhandenen griechischen Schriftwerken überhaupt nicht beibringen lassen. Einer größeren Verbreitung, insbesondere einer Einführung der Sprachlehre waren mehrfache Hindernisse in den Weg getreten. Zunächst hat man mit gutem Grund eingewendet, daß sie allzu viel enthalte, während die kleinere Grammatik, die früher den unpassenden Titel „Sprachlehre für Anfänger“ führte, wenigstens in den älteren Auflagen allzu knapp und auch zu wenig faßlich erschien. Ebenso begründet war der Einwurf, daß der Druck zu klein für ein Schulbuch sei, der durch Krüger’s Gegenbemerkung, daß auch die verbreitetsten Lexika compreß gedruckt seien (Analekten, II. 81), nicht im geringsten widerlegt erscheint. Sodann hatte sich K. durch seine heftigen Angriffe gegen verdiente Gelehrte, auch gegen Historiker, wie z. B. Droysen und Arn. Schäfer, nicht minder auch durch seine radikalen politischen Grundsätze viele Feinde gemacht. Auch die bissigen Nachworte, die er den verschiedenen Auflagen der Grammatik und auch anderen Schriften, wie der Ausgabe des Herodot anzuhängen pflegte, gereichten nicht zur Empfehlung, sondern mußten eher abmahnen, solche Werke in die Hände von Schülern gelangen zu lassen. Trotz alledem hat die so umfangreiche größere Sprachlehre fünf Auflagen erlebt (von der kleineren liegt bereits die zehnte vor) und ist für tüchtige Lehrer und strebsame Schüler ein unentbehrliches Hülfsbuch geworden, als welches sie nicht so bald verdrängt werden wird. Die sehr lesenswerthen Streitschriften zur Grammatik sind folgende: „Recension der zweiten Auflage von Aug. Matthiae’s ausführlicher Grammatik“, wieder abgedruckt in den Krit. Analekten, I. S. 143–165, „Recension von Raph. Kühner’s Schulgrammatik“ (1836) in den Historisch-philol. Studien, II. S. 31–92, „Kritische Briefe über Buttmann’s griech. Grammatik, ein philologisches Vademecum für Viele“, Berlin 1846 (besonders gegen die neue Bearbeitung von Alex. Buttmann), „Ueber des H. Prof. G. Curtius griech. Formenlehre“, Berl. 1867, „Ueber griechische Schulgrammatiken“ (ebenfalls gegen G. Curtius), Neu-Ruppin 1869, „Epilog zu Krüger’s griechischer Sprachlehre“, Berlin 1871. Daß K. in seiner Polemik nicht selten die Grenzen der Billigkeit überschritten hat, ist nicht zu leugnen, aber ebensowenig läßt sich sagen, daß seine Anfechtungen grundlose gewesen seien; wenigstens hat es keiner von den Angegriffenen unternommen, seinen Gegner Schritt für Schritt zu widerlegen oder ähnliche Schwächen in dessen eigenen Arbeiten nachzuweisen. Den Leistungen Krüger’s als Grammatiker, Kritiker und Erklärer stehen seine geschichtlichen und litterarhistorischen Schriften würdig zur Seite. Die lebendig geschriebene „Geschichte der englischen Revolution unter Karl I.“ (Berlin 1850) entsprang aus seiner demokratischen Richtung. Der griechischen Geschichte gehören zwei größere Werke an: die mit reichen Nachträgen und Berichtigungen ausgestattete lateinische Uebersetzung von Clinton’s Fasti Hellenici von der 55. bis zur 124. Olympiade (Leipz. 1830, 4) und die große Abhandlung über die Pentekontaetie des Thukydides = Bd. I. der historisch-philologischen Studien, Berl. 1837, womit zu vergleichen der scharfe Aufsatz „Modernste historische Kritik“ in den Krit. Analekten, II. 1 ff. Seine übrigen kleineren Schriften („De Xenophontis vita“, „De authentia et integritate Anabaseos Xenoph.“, „Leben des Thukydides mit epikritischem Nachtrag“. „Thukydideische Studien“ etc.) hat K. selbst im zweiten Bande der Studien (1851) und in den drei Heften der Kritischen Analekten gesammelt herausgegeben.

K. W. Krüger, Bruchstücke aus dem Leben eines Schulmanns, 1841 (mit Zusätzen wieder abgedruckt in den Analekten, II. S. 50 ff.) und an verschiedenen Stellen seiner übrigen Schriften. Unsere Zeit. Neue Folge. 12. Jahrg. II. S. 871 f., 1876.