Zum Inhalt springen

ADB:Lambrecht, Jodocus

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Lambrecht, Jodocus“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 565–566, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lambrecht,_Jodocus&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 04:28 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Lamprecht der Pfaffe
Band 17 (1883), S. 565–566 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand September 2010, suchen)
Joos Lambrecht in Wikidata
GND-Nummer 102545812
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|17|565|566|Lambrecht, Jodocus|Jakob Franck|ADB:Lambrecht, Jodocus}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=102545812}}    

Lambrecht: Jodocus L., sehr bedeutender niederländischer Buchdrucker im 16. Jahrhundert, zugleich Kupferstecher und Formschneider, Literator, Grammatiker und Dichter. Je nach der Sprache, in welcher er seine Preßerzeugnisses veröffentlichte, nennt er seinen Vornamen Jodocus, Judocus und Joos in niederdeutscher, Josse in französischer Sprache, seinen Familiennamen in der Regel L., aber auch Lambert und in lateinischer Sprache Lambertus, seinen Stand aber Prenter, Typographus, Typoglyphus, auch Letterstecker und Lettersnyder. Ueber sein Vorleben und seine Familienverhältnisse geben die Bibliographen keine Nachrichten und wir müssen uns mit einem Akte in den Archiven der Stadt Gent begnügen, wornach sein Großvater Olivier und sein Vater Adrian hieß so wie daß er erst in vorgerückten Jahren anfing, die Typographie zu betreiben, weil dieser Akt, 1514 auf 1515 geschrieben, unseren Künstler bereits als großjährig erklärt; die Veröffentlichung aber seines ersten Druckes erfolgte erst 1536, demnach mehr als zwanzig Jahre später. Kurz vor seiner Zeit hatte noch Peter Keysere zu Gent (Bd. XV, S. 699), sein Vorgänger, dicker, plumper und verschiedener Typen sich bedient, L. dagegen trat mit solchen auf, die er selbst gestochen und gegossen hatte und zwar von solcher Zierlichkeit und Sauberkeit, daß zu seiner Zeit kein anderer in dieser Kunst mit ihm wetteifern konnte; auch sein Druck bekundet ein Talent ersten Ranges, er ist rein, deutlich und den Augen angenehm. Die Vollendung aber, welche er seinen Typen und seinem Druck zu geben verstanden hatte, wendete er eben so seinen Kupferdrucken zu und in den Arbeiten seines Grabstichels zeichnete er sich nicht minder aus wie in der Typographie und in den Rechnungen seiner Vaterstadt vom Jahre 1541 und 1542 kommt er wiederholt vor als Summen erhalten zu haben „over ’t versteken en onderhouden de zeghel tanghen“ und wird hier ausdrücklich auch als „zegelstekere“ aufgeführt. Alle Werke unseres Druckers sind selten und jedes hat seinen eigenthümlichen Werth, sei es wegen des gelungenen Druckes oder seines Textes oder seiner Kupferstiche. Die bekanntesten aber sind seine Münztafeln. Die große Zahl dieser letzteren über Verhältniß und Vergleichung der Münzen, welche in den Niederlanden zu Anfang des 16. Jahrhunderts erschienen, erklärt sich durch den ausgebreiteten Handel, den die vlämischen Städte mit den fremden Ländern unterhielten. Damals besaß man noch nicht die finanziellen Hilfsmittel unserer Tage: jeder Kaufmann trug die Münze seines Lande bei sich und es war für den Handelsmann ganz unerläßlich, jeder Zeit sein Vademecum bei sich zu haben, um den Gold- oder Silberwerth zu erkennen, den man ihm als Tausch für seine Waaren anbot. Solche Münztafeln erschienen denn (die ältesten 1499) häufig zu Antwerpen, Brüssel, Ypern und zu Brügge, aber erst die durch L. angefertigten, Musterwerk von Genauigkeit, Stich und Druck, gelangten zu allgemeinem Gebrauche (vgl. auch Le Dayn, Victor) und noch bis heute haben dieselben für die Numismatik ihren großen Werth behalten. Aber eben so eifrig beschäftigte sich L. auch mit wissenschaftlichen Studien. Er ist der Verfasser und Drucker einer Grammatik, der ersten ihrer Art in vlämischer Sprache, worin er bestimmte Regeln für die Orthographie der niederländischen Sprache aufstellte, um die litterarischen Zänkereien zu vermeiden, in denen sich die Schriftsteller seiner Zeit ergingen. Und in der That verdankt man es L., Generalregeln festgesetzt zu haben, welche dazu dienten, die Sprache zu vervollkommnen, denn die Mehrzahl seiner grammatikalischen Reformen wurde später adoptirt. Aber auch nebenbei hat der Druck dieser Grammatik Interesse, weil man bis jetzt nur ein einziges Exemplar derselben kennt, welches (Vanderhaeghen a. a. O. S. 85–86) auf einer Bücherauction im Haag um 73 Gulden versteigert ward. Das Werk führt den Titel: „Nédérlād-Spellynghe | uutghesteld by vraghe ende andwoorde | duer Joas Lambrecht Lettersteker“, 1550. 8. Die Anwendung [566] dieses neuen grammatikalischen Systems unseres Druckers macht sich nicht nur in mehreren aus seinen Pressen hervorgegangenen Werken bemerkbar, wovon das interessanteste ein ascetisches Buch ist: „De testamentē der twalf Patriarchen | Jacobs Kinderen“, 1551, sondern auch in einigen Ordonnanzen des flandrischen Rathes, über deren Druck er ein Privileg besaß. Als Dichter endlich veröffentlichte er aus seiner Presse: „Les actes et dernier Svpplice, De Nicolas de Borgne dict Buz, Traistre: Redigés en rime, Par Josse Lambert, tailleur de lettres“, 1543, von welchem Buche bis jetzt gleichfalls nur ein einziges Exemplar auf uns gekommen ist. Auch noch in einer anderen Beziehung strebte L. eine Reform an. Sein Druck nämlich: „Refereynen int vroede, op de vrage, Wat dier ter waerelt meest fortse verwint …“, 1539. 8. ist das erste vlämische Buch, für welches nicht gothische, sondern römische Typen verwendet wurden, und erst später wurde es in den Niederlanden Gebrauch, sich der letzteren allgemein zu bedienen. Leider hat dieses für die Hände des Volkes bestimmte Buch dasselbe Schicksal erlitten, wie jederzeit die für die Schüler gedruckten Schriften: wir kennen nur noch drei Exemplare, die sich erhalten haben. Gegen das Jahr 1553 zog sich L., geschwächt ohne Zweifel durch Arbeiten und Jahre, von dem Geschäfte zurück und verkaufte sein Haus „in die onderstraet“ an Peter Van den Keere, den Vater des Druckers Heinrich v. d. K. (Bd. XV, S. 518). Seine Officin aber hatte sich „teghē ouer Tstad huus“ (e regione domus Civitatis) befunden. Wie lange er nach dieser Veräußerung noch gelebt habe, ist nicht nachzuweisen. Sein Signet mit der Devise: „Cessent solita, dum meliora“ und „Satis Quercus“ hat Vanderhaeghen a. a. O. S. 51 nachbilden lassen. Die Anzahl aller seiner bis jetzt aufgefundenn kleineren und größeren Drucke beläuft sich auf 108, und sein erster führt den Titel: „Epistola quaedam D. Erasmi R. nunquam ante hac edita“, 1536. 8. und sein letzter datirter: „Enchiridion scholasticum“, 1553. 4. Von anderen außer den bereits angezeigten verdienen großes Lob: „Catonis Disticha Moralia“, 1541. 8. mit einer griechischen, französischen und vlämischen Interpretation, die für eine jede dieser Sprachen in anderen Typen gedruckt ist und zwar das Latein in römischer, das Griechische in griechischer, das Französische in runder und das vlämische in gothischer Schrift, außerdem wurde für den Commentar des Crucius italische Schrift angewendet; ferner: „Evaluwacye metten figuren, van alle de gauden (Gulden) en zelueren pēnynghen …“, 1543. 8.; „En zuuerlic bouexkin van der Ketyuigheyt der menschelicker naturen …“, 1543. 8.; „Le triomphe de Jésus-Christ“, großer Holzschnitt aus dem Jahre 1543; „Dictionariolū Rervm Vulgarivm“, 1544. 4.

Voisin, Josse L. imprimeur, graveur, poète et grammairien. 2. édit. 1842. Bulletin du Biblioph. belge 1859, 171. Vanderhaeghen, Bibliographie Gantoise I, 51, 375–376.