ADB:Latour, Theodor Graf Baillet de
Vater zu den ihrem Kaiser und Vaterlande ergebensten Persönlichkeiten des österreichischen Heeres. Nach einer gründlichen militärischen Ausbildung, die er 7 Jahre in der Militär-Akademie zu Wiener-Neustadt und 3 Jahre in der Ingenieur-Akademie zu Wien genossen hatte, trat L. 1799 gleich als Oberlieutenant in das Ingenieurcorps, von dort 1804 in den Generalstab und nahm Theil an den Feldzügen 1799, 1800 in Italien, 1805 in Deutschland, wobei er zu Ulm in feindliche Gefangenschaft gerieth, 1809 in Galizien, 1812 im Auxiliarcorps. Wiederholt im Laufe dieser Kriege seiner Bravour und Entschlossenheit wegen lobend genannt, errang ihm seine in der Schlacht bei Podubny am 11. und 12. August 1812 bewiesene umsichtige Wirksamkeit, sein kühnes und wohlbedachtes Vorgehen gegen überlegene Streitkräfte so wie die Eroberung von Geschützen die Verleihung der höchsten militärischen Auszeichnung, des Ritterkreuzes des Militär-Maria-Theresien-Ordens. Sein Verhalten bei Dresden und Leipzig 1813 wird in den Relationen dieser Schlachten in anerkennendster Weise gerühmt, für seine wesentlichen Verdienste im Feldzuge 1814 und 1815 als Generalstabschef des Armeecorps des Kronprinzen von Württemberg wurde aber L. außer der Tour vom Obersten zum Generalmajor befördert. In der nun folgenden Friedenszeit, während welcher er 1825 zum Inhaber des 3. Artillerie-Regiments, 1831 zum Feldmarschall-Lieutenant, 1832 zum Inhaber des 28. Infanterie-Regiments, 1846 zum Feldzeugmeister ernannt wurde, hatte [17] L. sein bestes Wissen und Können dem Dienste des Heeres gewidmet, sowohl als Artillerie-Brigadier zu Olmütz, wie als Präses der Militärcommission der deutschen Bundesversammlung zu Frankfurt, ferner bei Ausarbeitung des Befestigungsentwurfes für Rastatt, dann endlich als Stellvertreter des Genie-Directors. Das J. 1848, die Monarchie in ihren Grundfesten erschütternd, sollte jedoch für L. verhängnißvoll werden. Zur Führung des Kriegsministeriums berufen, waltete er ohne Rücksicht auf sein hohes Alter unermüdlich, selbstlos seines schweren Amtes; sein wohlgemeintes Streben ging sichtlich dahin, der öffentlichen Stimmung keinen Anlaß zur Beunruhigung zu geben. Hierfür hatten aber die von herrschsüchtigen Aufwieglern irregeleiteten, die Gesetze nicht achtenden Massen kein Verständniß. L. wurde als Volksfeind erklärt, vom Pöbel im Kriegsministerium aufgesucht und in einer für alle Zeiten schmachvollen Art am 6. Octbr. 1848 ermordet.
Latour: Theodor Franz, Graf Baillet von L., k. k. Feldzeugmeister, zu Linz am 15. Juni 1780 geboren, zählt gleich seinem im vorigen Artikel charakterisirten- Wurzbach, Biograph. Lexikon d. Kaiserth. Oesterreich etc., 1. Bd., Wien 1856. Hirtenfeld, Der Mil. Maria-Theresien-Orden etc., Wien 1857. Die Hofkriegsrathspräsidenten und Kriegsminister d. k. k. österr. Armee, Wien 1874. Schweigerd, Oesterreichs Helden und Heerführer, 3. Bd., Wien 1854. Teuffenbach, Vaterländisches Ehrenbuch, Wien u. Teschen 1877. Springer, Gesch. Oesterr. etc., Leipzig 1865. Meynert, Gesch. d. Ereignisse in der österr. Monarchie 1848/49, Wien 1853. Erinnerungen an den k. k. FZM. und Kriegsminister Theodor Gf. Baillet de Latour, Gratz 1849. Ergebnisse d. v. d. k. k. Milit.-Gerichte geführten Untersuchung wider die Mörder des k. k. Kriegsministers FZM. Gf. Theodor Baillet de Latour, Wien 1850. Dunder, Denkschr. üb. d. Wiener October-Revolut., Wien 1849. Welden, Feldzug d. Oesterr. gegen Rußland im J. 1812, Wien 1870. Svoboda, Die Zöglinge der Wiener-Neustädter Militär-Akademie, Wien 1870.