ADB:Leiningen-Westerburg, Christian Graf von

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Artikel „Leiningen-Westerburg, Christian Graf von“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 220–221, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leiningen-Westerburg,_Christian_Graf_von&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 08:18 Uhr UTC)
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Leiningen: Christian Seraphin Vincenz Graf von Neu-Leiningen-Westerburg, Erlaucht, k. k. Feldmarschalllieutenant, wirklicher geheimer Rath und Kämmerer, Indigena des Königreiches Ungarn, Ehrenbürger der königlichen Freistadt Temesvár, geb. am 10. Februar 1812 zu Graz, † am 1. October 1856 zu Krakau, welcher ungeachtet einer verhältnißmäßig kurzen Lebensdauer dem Staate in militärischer und politischer Hinsicht wesentliche Dienste zu leisten vermochte, verdankte seine sorgfältige Erziehung und Ausbildung vorzugsweise seinem Onkel, dem vorerwähnten Feldmarschalllieutenant Grafen August L., von dem nach des Vaters frühzeitigem Tode der junge Graf Christian in persönliche Obhut genommen worden war. Auf dessen Veranlassung widmete sich L. seit 1830 dem Militärstande und durcheilte rasch in den k. k. Infanterieregimentern Nr. 49, 31, 35 und wieder 31 alle Chargengrade bis zum Oberstlieutenant. Schon 1848 befehligte L. als Oberst das Infanterieregiment Nr. 31, welches empfänglichen Sinnes für seines Commandanten ritterliches Denken und Wirken das kaiserliche Banner unter den schwierigsten Verhältnissen treu und standhaft hochzuhalten wußte. Unter Leiningen’s Commando widerstand das 2. Bataillon des Regiments im politisch ernst bewegten Monate September 1848 auf dem Marsche von Lemberg nach Temesvár allen an dessen Fahnentreue geübten heuchlerischen und verlockenden Verführungsversuchen und in der schweren Zeit der 107tägigen Vertheidigung Temesvár’s bekundete des Regiments gemeinsamer Sinn für Standesbewußtsein und Ehre, welchen nachhaltigen Einfluß L. auf die Ergebenheit und Opferwilligkeit der Offiziere und Mannschaft gewonnen hatte. Für die Vertheidigung Temesvár’s überhaupt galt L., der im November 1848 zum Generalmajor und Brigadier vorrückte, als beispielgebender, unverzagter und vertrauenswürdig leitender Commandant. Nie hatte er Zweifel, nie verließ ihn der Gleichmuth. Und somit konnte er, sobald es gegen den Feind ging, auf die ihm untergeordneten Truppen zuversichtlich zählen. Mit selben hatte er denn auch entschieden und sicher den 14. December 1848 nächst Engelsbrunn die Verbindung mit der aus Siebenbürgen kommenden Colonne des Obersten Berger hergestellt, den Gegner nach mehrstündigem Kampfe über die Maros geworfen und solange die Communication zwischen Temesvár und Arad frei gehalten, bis letzterer Festung auf längere Zeit Lebensmittel und Munition zugeführt werden konnten. Vielversprechende Selbständigkeit bewies Leiningen’s Streifzug, Februar 1849, an die Westgrenze Siebenbürgens, deren Pässe er behufs Deckung des k. k. siebenbürgischen Armeecorps zu besetzen und die Maros zwischen Arad und Déva zu beobachten hatte. L. rückte in Déva ein, sah sich aber nach dem unerwarteten Falle von Hermannstadt genöthigt, jede Offensivabsicht aufzugeben und bis nach Facset zu weichen; dort nahm L. eine beobachtende Stellung zur Deckung der Ostgrenze des Banats und retirirte erst Anfangs April bei Ausbreitung der Insurrection langsam nach Temesvár, welchem durch diese wohlbedacht geführte Action Gelegenheit zu bedeutenderer Approvisionirung geworden war. Im Mai 1849 endlich attaquirte L. den Vorort Temesvár’s, die Josefstadt und jagte den Gegner durch einen ruhig und imposant gelenkten Angriff bis in das Lager von Freidorf. Leiningen’s namhafte Verdienste während der Vertheidigung Temesvár’s wurden durch die Verleihung [221] des Commandeurkreuzes des Leopold-Ordens ausgezeichnet; die Erkenntniß dessen, daß L. Energie und Festigkeit mit klugem und tactvollem Verhalten zu einigen wußte, gaben Anlaß zu seiner Verwendung in politischer Richtung. 1851 wurde Feldmarschalllieutenant L. in außerordentlicher Mission als Bundescommissar nach Frankfurt beordert; 1853, bei Beginn des türkisch-montenegrinischen Conflicts, vertrat er zu Konstantinopel die Forderungen, welche Oesterreich als natürlicher Beschützer der Bekenner des christlichen Glaubens in der Türkei etc. an die Pforte zu stellen für nothwendig fand, und hat Leiningen’s Entschiedenheit, Bestimmtheit und Klugheit binnen 14 Tagen die Pforte gezwungen, alle ausweichenden Entgegnungen aufzugeben und sich dem nur drei Tage giltigen Ultimatum zu fügen; 1854 war L. als Adlatus des Militär- und Civilgouverneurs in Ungarn die Regelung eines großen Theiles der politischen Angelegenheiten zugefallen. Der Kaiser, welcher L. 1852 zum Inhaber des Infanterieregiments Nr. 21 ernannt hatte, anerkannte dessen ersprießliche Dienste zu Frankfurt und Konstantinopel durch die Verleihung des Commandeurkreuzes des Stephan-Ordens und des Ordens der Eisernen Krone 1. Klasse, und betraute selben 1856 mit dem Commando des 2. Armeecorps. Wenige Monate nach Antritt seines Commando’s fiel L. im rüstigsten Mannesalter dem Tode zum Opfer; mit ihm erlosch die nassauische Linie des Hauses Neu-Leiningen-Westerburg im Mannesstamme; Oesterreich verlor an L. vorzeitig einen verläßlichen Truppenführer und einen glücklich wirkenden Staatsmann.

Wurzbach, Biogr. Lex. d. Kaiserth. Oesterr., 14. Thl., Wien 1865. Hirtenfeld, Oesterreich. Militär-Kalender, Wien 1858. Militär-Zeitung, Wien 1856. Blažekovic, Chronik des k. k. 31. Inft.-Rgts., Wien 1867. Thürheim, Gedenkblätter a. d. Kriegsgesch. d. österr. Armee, 1. Bd., Wien 1880. Hagen, Gesch. d. oriental. Frage etc., Frankfurt a/M. 1877. (Ramming,) Der Feldzug in Ungarn und Siebenbürgen im Sommer 1849, Pest 1850. Rogge, Oesterreich von Vilagos bis zur Gegenwart, 1. Bd., Leipzig u. Wien 1872.