ADB:Leoprechting, Karl Freiherr von

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Artikel „Leoprechting, Karl Freiherr von“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 405–406, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leoprechting,_Karl_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 28. April 2024, 10:54 Uhr UTC)
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Leoprechting: Karl Freiherr v. L., Germanist und Historiker, geb. am 17. December 1818 zu Mannheim, studirte am Lyceum daselbst und im Kayserschen Institut zu Heidelberg, weilte einige Jahre bei seinem Großvater Baron v. Maubuisson im Schlosse Eulenburg, nächst Worms, wo der frühere pfälzische Geheimrath v. Lamezan den Grund zu seiner späteren Richtung legte. Nachdem L. auch noch die landwirthschaftliche Schule zu Wiesbaden frequentirt hatte, [406] machte er 1839–42 eine große Cavaliertour durch Italien, Sicilien, Spanien, Frankreich, Holland und Belgien, später durch Oesterreich und ganz Ungarn; kaufte 1844 das am Lech, nächst Landsberg, gelegene Schloß Peringen, wo er alsbald einen Schatz von alten Büchern zusammenbrachte und über Historien und Chroniken saß, dann abwechselnd wieder nach München ging und nach ganz autodidaktisch-planloser Methode auf der Staatsbibliothek und im Reichs- und Staatsarchive den Kapitalstock zu seinen handschriftlichen Studien sammelte. Zugleich besaß er aber auch ein offenes Ohr und einen scharfen, beobachtenden Blick für das Volksleben und -Treiben und so kam es, daß der wackere Freiherr aus Lust und Freude an den „alten Geschichten“ oft von seinem Schlößlein in die rauchigen Wirthshaus- und Spinnstuben hinabstieg, um die fliegenden Traditionen einzuheimsen, die er sorgsam in Schrift brachte und sehr geschickt in dem Buche „Aus dem Lechrain. Zur deutschen Sitten- und Sagenkunde“ (1855) verarbeitete – nach Form und Gehalt ein wahres Musterbuch der Forschung, welches in der Folge von allen Germanisten mit Achtung genannt und citirt wurde. L. gab diese Erzählungen aus dem Volke treu wieder; es sind weder Geschichten noch Märchen, doch spiegelt sich darinnen der religiöse Hausbedarf des Volkes, der Aberglaube, welcher, aus grauer Heidenzeit vererbt, ebenso der Beachtung des Forschers werth ist, wie die Geschichte des Landes und der einzelnen Familien. L. zog auch „das Bauernjahr“ mit seinen Festen und Spielen, Loostagen und Gebräuchen in das Bereich der Culturhistorie; dazu fügte er die charakteristischen Lieder (mit den Melodien) und die gangbaren Sprichwörter, so daß das ganze „Singen und Sagen“ dieses merkwürdigen Landstriches abgeschlossen vor uns steht. Im J. 1854 verkaufte er sein Peringen und zog nach einer Winterrast zu München 1855 in die Nähe seines Stammgutes Leoprechting nach Neuötting, wo er ein schönes Herrenhaus erwarb mit feuerfesten Gewölben, worin er seine Bücherei und Archivalien barg. Von nun an war es hauptsächlich Genealogie und baierische Geschichte, auf welche er, unterstützt durch ein immenses Gedächtniß, mit behäbiger Lust sammelte. Mit allen Antiquaren im regen Verkehr, erwarb er Handschriften, Urkunden, Briefe und Bücher, welche bald einen stattlichen Katalog füllten. Schon 1852 und 1854 übergab er einige seiner Studien, z. B. über die Freiherren von Donnersperg und die schöne Arbeit über die Geschlechtskunde der Hörwarthe von Hohenburg dem Historischen Vereine von Oberbaiern, welcher sie in seinem Archiv (XII. 311 ff. und XIV. 197 ff.) abdruckte; andere Elaborate erschienen in den Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbaiern (1861–1863). Von seinen übrigen Schriften, welche er meist nicht in den Buchhandel gab, sondern nur als Manuscript gedruckt an Bekannte und Fachgenossen verschenkte, verdient das „Stammbuch von Possenhofen, der Insel Wörth und Garatshausen“ (München 1854, Druck von C. Wolf) und die Monographie „Des Freiherrn Alexander Saurzapff und seines alten Geschlechtes Heimgang“ (München 1861 bei C. Wolf) besondere Nennung. L. starb auf einer Reise zu Mannheim am 20. Januar 1864.

Vgl. Nekr. in Nr. 40 Morgenblatt zur Baier. Ztg. v. 9. Febr. 1864 u. im 27. Jahresbericht des Histor. Vereins v. Oberbaiern, 1866.