ADB:Leuthari

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Artikel „Leuthari, alamannischer Herzog“ von Felix Dahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 677–678, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leuthari&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 20:14 Uhr UTC)
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Leuthari, alamannischer Herzog, wie sein Bruder Butilin, c. a. 550. Es ist noch zweifelhaft, ob Beide wirklich in der Heimath alamannische Stammesherzoge waren, obwol Agathias, der Fortsetzer Prokop’s, das anzudeuten scheint, wenn er sagt, der Merovingenkönig Theudibald (s. den Artikel a. 548–555) habe ihnen die mächtigste Stellung in ihrem Volke gewährt; [678] zwei gleichzeitige Herzoge in Alamannien kommen sonst in dieser Zeit (anders später, inbezug auf das Elsaß) nicht vor und ihr abenteuerndes Auftreten fern in Italien passt wenig zu dem Herzogsamt und dessen Pflichten im Lande. Wie dem sei, der junge König konnte oder wollte nicht hindern, daß die beiden Brüder mit gewaltigen Scharen von Alamannen und Franken – angeblich 72 000–75 000 Mann – dem Hülferuf der letzten, von Narses nach Teja’s Untergang (s. den Artikel) schwer bedrängten Ostgothen in Italien folgend, in Venetien eindrangen: offen und von Reichswegen gegen die Byzantiner Krieg zu führen scheute sich der Meroving doch, da ja sein Vater Theudibert (a. 533–548, s. den Artikel) wie von den Gothen auch vom Kaiser für versprochene Waffenhülfe reiche Zahlungen erhalten hatte (was jenen freilich nicht abgehalten hatte, beide Kämpfenden anzugreifen und für sich selbst auf der Halbinsel Eroberungen zu machen).

Sobald die Brüder mit ihren starken Streitkräften sich in der Aemilia und in Ligurien zeigten, schlossen sich die Gothen in diesen Provinzen an sie, so daß des Narses Feldherrn bis nach Faënza und Ravenna zurück weichen mußten. Einen Winterfeldzug gegen die nordischen Feinde, die sich in einem italischen Winter gar wohl fühlten, vermied Narses: er zählte – wie der Erfolg lehrte, mit Recht! – auf die Hitze, die Erschlaffung, die Seuchen des Sommers. Nachdem der große Feldherr ihnen bei Rimini durch verstellte Flucht eine Schlappe beigebracht, ging er in Winterquartiere nach Rom, wobei er freilich nicht hindern konnte, daß die Uebermächtigen sich noch im Winter, dann im Frühjahr entlang der Ost- und der Westküste der Halbinsel verheerend noch über Rom hinaus bis tief in den Süden ergossen: Butilin mit dem größeren Haufen entlang dem tyrrhenischen Meer durch Campanien, Lucanien, Bruttien bis an die Meerenge von Rhegium, L. mit geringeren Kräften entlang dem ionischen Busen durch Apulien und Calabrien bis Hydruntum (Otranto): dieser wollte mit seiner reichen Beute nach Hause ziehn und dem Bruder von dort neue Hülfsscharen senden: denn Butilin hatte den Gothen versprochen, mit ihnen den Kampf gegen Byzanz auszufechten, nach dem Sieg sollte er ihr Königthum in Italien wieder aufrichten. L. verlor aber auf dem Rückweg im Picentinischen an dem Saum der Küste bei Pisaurum durch Ueberfall einen großen Theil seiner Vorhut, wandte sich dann westlich, zog entlang den Apenninen in die Aemilia, überschritt mit Mühe den Po, ward dann aber zu Ceneta in Venetien mit seinem ganzen Heer von bösen Fiebern und Seuchen hingerafft. Inzwischen zog Butilin aus dem verheerten Süden wieder die Halbinsel aufwärts; auch seine Haufen wurden – es war jetzt Spätsommer – durch die Ruhr gelichtet, die der unmäßige Genuß von Trauben und Most erzeugt hatte: er zählte nur noch 30 000 Mann, als er bei Capua von Narses eingeschlossen „und wie in einem Netz verstrickt mit seinem ganzen Heer erwürgt wurde“; nur fünf Mann sollen (angeblich) entkommen sein.

Quellen und Litteratur: Dahn, Die Könige der Germanen II, 1862. – Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker I, 2. Aufl. 1899, S. 284; über die Stellung der damaligen Herzoge in Alamannien Könige IX. 1, 1901