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ADB:Leutze, Emanuel

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Artikel „Leutze, Emanuel“ von Moritz Blanckarts in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 500–502, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leutze,_Emanuel&oldid=- (Version vom 4. Dezember 2024, 08:56 Uhr UTC)
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Leutze: Emanuel L., Historienmaler, geb. am 24. Mai 1816 zu Schwäbisch-Gmünd, † am 18. Juli 1868 zu Washington. Schon im zarten Kindesalter kam er mit seinen Eltern, welche die württembergische Heimath für immer verließen, nach Amerika, wo sich der Vater in Philadelphia als Kaufmann niederließ. Derselbe begann bald zu kränkeln und bei den Nachtwachen an seinem Lager übte L. zuerst sein Zeichentalent, das sich immer mehr entwickelte, wodurch sein Entschluß, sich ganz der Kunst zu widmen, frühzeitig zur Reife kam. Nach gediegener Schulbildung malte er schon als Knabe von 14 Jahren Porträts zum Preise von fünf Dollars. Durch solche und ähnliche Arbeiten sicherte er nach des Vaters Tod seinen Unterhalt; aber er fühlte doch, daß er noch gründlicher Studien bedürfe und, obwol er als Bildnißmaler bereits einen gewissen Ruf erlangt hatte, trat er, 17 Jahre alt, als Schüler in die Zeichnenschule des englischen Malers John A. Smith in Philadelphia ein. Ein Auftrag des Herausgebers eines „Democratic Journal“, für dies Blatt die Bildnisse politisch bedeutender Männer zu malen, nützte ihm jedoch mehr, da er dadurch Uebung und einflußreiche Bekanntschaften gewann. Sein darauf gemaltes Bild „Ein Indianer in die untergehende Sonne schauend“ machte solches Aufsehen, daß ihm ein Kunstfreund, Herr Carry, so viele Bestellungen verschaffte, um seinen längst gehegten Wunsch, in Deutschland seine künstlerische Ausbildung zu vollenden, ausführen zu können. Im Frühling 1841 kam L. über Amsterdam [501] nach Düsseldorf, wo er sofort in die oberste Klasse der Akademie aufgenommen wurde, und schon im Herbst brachte die dortige Ausstellung sein Bild „Columbus vor dem hohen Rath zu Salamanca seinen Reiseplan erklärend“, das durch die eigenartige Frische der Auffassung und Behandlung zu großen Erwartungen berechtigte. Ein folgendes Gemälde „Columbus’ dritte Rückkehr aus Amerika“ fiel indessen minder glücklich aus, da seine Originalität dabei mit den Regeln der akademischen Ueberlieferung in Widerspruch gerathen war, was ein gewisses Schwanken in ihm erzeugt hatte. Diesem inneren Zwiespalt zu entgehen, verließ er die Akademie und richtete sich ein Privatatelier ein, worin Lessing ihn häufig besuchte, um ihn mit künstlerischem Rath zu fördern. Die nun entstandenen kleinen Bilder „Sir Walter Raleigh’s Abschied von seiner Gattin“ (1842, gestochen von C. Burt) und „Cromwell am Sterbebett seiner Tochter“ zeigten erfreuliche Fortschritte. Darauf trat er 1842 eine längere Reise an, die ihn zunächst nach München und dann nach Italien führte, wo er in Rom und Venedig neben dem Studiren und Copiren der alten Meisterwerke noch Zeit zu eigenen Schöpfungen fand, von denen „Die erste Landung der Normannen in Amerika“ zu seinen besten Werken zählt. Erst 1845 kehrte er nach Düsseldorf zurück, um von nun an dort eine wahrhaft staunenswerthe Thätigkeit zu entfalten. Als Frucht derselben sind hervorzuheben die großen Historienbilder „John Knox, der Maria Stuart eine Strafpredigt haltend“ und „Sir Walter Raleigh und Königin Elisabeth auf dem Spaziergang“ (beide 1845); „Englische Bilderstürmer, eine Kirche verwüstend“ und „Torquemada, den König Ferdinand bestimmend, die Gesandtschaft der Juden abzuweisen“ (beide 1846); „Heinrich VIII. und Anna Boleyn im Park“; „Ein Puritaner, seine Tochter vor einem Madonnenbild überraschend“ und „Columbus’ festlicher Empfang bei seiner ersten Heimkehr aus Amerika“ (1847); „Erstürmung des letzten Tempels bei der Eroberung von Mexico durch Ferdinand Cortez“ (1848) und „Karl I. unterzeichnet Strafford’s Todesurtheil“ (1849). Diese theilweise ganz vorzüglichen Werke wurden aber sämmtlich übertroffen durch „Washington’s Uebergang über den Delaware am 25. December 1776“, ein in Composition und Ausführung gleich hervorragendes Bild mit beinahe lebensgroßen Figuren (gestochen von Girardet), welches er zweimal malte. Die erste Darstellung wurde bei einem Brand im Atelier beschädigt, später aber wiederhergestellt und vielfach versandt. Sie ist jetzt Eigenthum der Kunsthalle in Bremen. Die zweite ging sofort (1851) nach Amerika, wo sie so volksthümlich wurde, daß sich ihre Nachbildungen überall, selbst auf Theatervorhängen befinden. L. gehörte jetzt zu den ersten Malern Düsseldorfs und übte auch auf das gesellschaftliche Leben derselben den nachhaltigsten Einfluß. Er war viele Jahre Vorsitzender des Vereins Düsseldorfer Künstler zu gegenseitiger Unterstützung und Hülfe und gab 1848 den ersten Anlaß zur Stiftung des Künstlervereins „Malkasten“, sowie 1857 zur Berufung der ersten allgemeinen deutschen Künstlerversammlung nach Bingen, wodurch die „Allgemeine deutsche Kunstgenossenschaft“ entstand, um deren ernste Bestrebungen er sich sehr verdient machte. Im J. 1851 machte L. eine Reise nach Amerika, wo er den Auftrag zu seinem größten Staffeleibilde erhielt: „Washington in der Schlacht bei Monmouth“ (1852–54), eine ungemein lebendige Composition mit einer Menge lebensgroßer Figuren, die er gleich nach seiner Rückkehr begann. Dann malte er noch eine ganze Reihe größerer und kleinerer Bilder, theils historischen, theils romantischen Inhalts, wie „Die Rose der Alhambra“ nach Washington Irvings’ Novelle. „Abfahrt des Columbo nach Amerika“ in zwei verschiedenartigen Darstellungen, „Cromwell’s Besuch bei Milton“ (gestochen von Dinger); „Karls I. letzte Soirée“; „Die Rückkehr Friedrich II. als Kronprinz aus Spandau“ (1857); „Heinrich VIII. und Anna Boleyn“ (1858); „Korporal [502] Jasper rettet die amerikanische Fahne bei Charlestown“ u. A., bis er 1859 nach Amerika übersiedelte, um dort im Capitol zu Washington den Sitzungssaal des Senats mit Wandgemälden zu schmücken, von denen er aber nur eins, das Vordringen der Civilisation nach Westen darstellend, vollendete. Die Studien zu demselben sammelte er auf einer beschwerlichen Reise in das Felsengebirge und die Indianergebiete. Daneben schuf er auch verschiedene Oelbilder, wovon „Die Besitzergreifung von Maryland durch die Engländer unter Calvart“ wol das Bedeutendste ist. 1863 kehrte er noch einmal nach Düsseldorf zurück, um seine Familie dort abzuholen. Während seiner mehrmonatigen Anwesenheit dort malte er die Bilder „Columbus’ Ankunft in Amerika“ und „Auswanderer, von Indianern bedroht“, und in Amerika, wo er abwechselnd in New-York und in Washington lebte, entstanden dann noch die Gemälde: „Die siegreiche Venezia“, „Auszug der Mauren aus der Alhambra“, „Die lustigen Weiber von Windsor“, „Margarethe of Braksome nach Walter Scott“, „Maria Stuart nach ihrer Rückkehr nach Schottland die erste Messe hörend“, „Cromwell, Staatspapiere durchmusternd“, „Lady Godiva“ und „Elaine“, beide nach Tennyson, und eine Scene aus Bulwer’s Drama „Richelieu“. Wenige Tage vor seinem Tode, der in Folge großer Hitze durch einen Hirnschlag herbeigeführt war, vollendete er auch noch den großen Karton zu einem zweiten Wandbild im Capitol, die Aufhebung der Sklaverei schildernd. Neben all’ diesen Werken hat L. immer viele Porträts gemalt, die zum größten Theil durch Auffassung und Ausführung geradezu meisterhaft sind, wie das seines Schwiegervaters, des preußischen Obersten Lottner u. A. Die meisten seiner Arbeiten befinden sich in den Vereinigten Staaten in Privatbesitz. Viele derselben sind in Deutschland gar nicht zur Ausstellung gelangt, deshalb ist er auch dort berühmter als hier. Mit unerschöpflicher Vielseitigkeit verband L. ein glückliches Compositionstalent, ein seltenes Individualisirungsvermögen und einen außergewöhnlichen Farbensinn, der sich in einem frischen, blühenden, aber stets natürlichen Colorit äußert. Rastloser Fleiß und gründliche Studien vervollkommneten diese Gaben fortwährend, und wenn man seinen Werken mitunter nicht ohne Grund eine gewisse Flüchtigkeit in der Zeichnung und Durchbildung vorwirft, so tragen doch alle den Stempel wahrer Genialität. Von Auszeichnungen wurden ihm auf den Ausstellungen in Berlin und Brüssel die großen goldenen Medaillen und vom König von Preußen 1858 der Professortitel zu Theil. L. war ein kräftiger, stark gebauter Mann, lebhaften Temperaments, thatkräftig, gewandt und schlagfertig in der Rede und von einer umfassenden Bildung.

Wiegmann, Die Kunstakademie zu Düsseldorf (Düsseldorf 1856). Wolfg. Müller, Düsseldorfer Künstler aus den letzten 25 Jahren (Leipzig 1854). Hermann Becker, Nekrolog in der Kölnischen Zeitung, 1868.