Zum Inhalt springen

ADB:Ludwig, Wilhelm Friedrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Ludwig, Wilhelm Friederich“ von Karl August Klüpfel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 615–616, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ludwig,_Wilhelm_Friedrich&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 05:39 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Ludwig, Rudolf
Band 19 (1884), S. 615–616 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Wilhelm von Ludwig in der Wikipedia
Wilhelm von Ludwig in Wikidata
GND-Nummer 117283843
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|19|615|616|Ludwig, Wilhelm Friederich|Karl August Klüpfel|ADB:Ludwig, Wilhelm Friedrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117283843}}    

Ludwig: Wilhelm Friederich L., ein berühmter Stuttgarter Arzt, wurde am 16. Sept. 1790 in dem Pfarrdorfe Uhlbach in der Nähe von Stuttgart geboren, wo sein Vater damals Pfarrer war. Bis zum zehnten Lebensjahr blieb er in dem kinderreichen elterlichen Hause, und trat alsdann in die lateinische Schule zu Markgröningen ein, an welcher sein um etwa 14 Jahre älterer Bruder als Präceptor angestellt war. Als dieser 4 Jahre später nach Neuenburg[1][2] versetzt wurde, zog er mit ihm dorthin, um sich unter der Anleitung eines Wundarztes zur Chirurgie auszubilden. Nebenbei ertheilte ihm aber sein Bruder Unterricht in den alten Sprachen mit solchem Erfolg, daß er im Herbst 1807 das Maturitätsexamen bestehen konnte. Er bezog sofort die Universität Tübingen und zeichnete sich hier durch Fleiß und Talent aus, die sich auch darin bewährten, daß er eine chirurgische Preisaufgabe löste. Seine Lehrer waren Kielmeyer, Autenrieth, Ferd. Gmelin und Froriep, welcher letztere sich besonders seiner annahm. Im Frühjahr 1811 bestand er die Prüfungen in Medicin und Chirurgie mit ausgezeichneten Zeugnissen, und erwarb mit einer Dissertation „De novo trepano praecipue pro orbitae vulneribus“ den medicinischen Doctorgrad. L. wurde von seinen Lehrern zu einem Reisestipendium empfohlen, um seine Kenntnisse durch Anschauung größerer Krankenhäuser zu erweitern; aber dieser Zweck wurde bei ihm auf andere Weise erreicht, indem er, zum Militär ausgehoben und als Unterarzt verwendet, auf dem Feldzug nach Rußland vielfach Gelegenheit fand, in Spitälern thätig zu sein. Nach dem Uebergang über die Beresina gerieth er fieberkrank und entkräftet in russische Gefangenschaft, und wurde im Frühjahr 1813 mit anderen Gefangenen in das Innere Rußlands gebracht. Dort gewann er das Vertrauen einer Fürstin Gagarin und begleitete sie auf Reisen in den südlichen Provinzen. Als nach Anschluß Württembergs an die Verbündeten die Gefangenen freigelassen wurden, kehrte auch L. wieder in die Heimath zurück. Zunächst hatte er die Leitung eines Militärspitals in Hohenheim zu besorgen, wurde sodann als Lehrer am medicinisch-chirurgischen Institut zu Ludwigsburg angestellt, und am 8. Juli 1815 zum ordentlichen Professor der Chirurgie und Geburtshülfe an der Universität Tübingen ernannt. Nachdem er noch die chirurgischen Kliniken in Wien, Landshut und Würzburg besucht hatte, trat er sein Lehramt an, aber schon am 31. März 1816 ernannte ihn König Friedrich zu seinem Leibarzt. Doch versah L. die Stelle in Tübingen noch während der Abwesenheit seines Nachfolgers im Wintersemester 1816–17. Erst im Mai 1817 kehrte er als Leibarzt des neuen Königs Wilhelm und als Medicinalrath nach Stuttgart zurück, wo er bald einer der gesuchtesten Aerzte wurde, und namentlich als geschickter Operateur eines großen Rufes genoß. Neben der gewöhnlichen Praxis wurde er sehr häufig in schwierigen Fällen beigezogen und galt besonders in höheren Kreisen als erste medicinische Autorität. Vorzüglich geschätzt war sein Scharfblick in der Diagnose. Noch werden manche treffende Aeußerungen von ihm erzählt, die seine Freimüthigkeit, sein einfaches gerades Wesen gegenüber von ängstlichen Rücksichten, die gern die Wahrheit verhüllen, bekunden. Im December 1842 wurde er zum Staatsrath, 1844 zum Director des Medicinalcollegiums ernannt, im October 1855 auf seine Bitte dieser Aemter enthoben, jedoch mit Beibehaltung seiner Stellung als Leibarzt. Im August 1861 feierte er noch rüstig und von seinen Collegen hochverehrt sein medicinisches Doctorjubiläum; bald nachher aber wurde er von Altersbeschwerden, Blasenleiden und grauem Staar, heimgesucht. [616] Ersteres wurde durch eine Operation glücklich gehoben, aber seine Lebenskräfte sanken zusehends, und am 14. Decbr. 1865, anderthalb Jahre nach dem Tod seines Königs, erlosch sein Leben ohne unmittelbare Vorahnung. Seiner testamentarischen Verordnung gemäß wurde er in einfachster Weise auf dem Kirchhof seines Geburtsortes Uhlbach Abends bei Fackelschein begraben. L. war nie verheirathet gewesen und hatte sein ansehnliches Vermögen zu ausgedehnter Wohlthätigkeit verwendet. Den größten Theil seiner Hinterlassenschaft bestimmte er laut Testaments zur Gründung eines Krankenhauses für arme Württemberger. Der Bau wurde 1869 begonnen und 1874 vollendet, und sofort das hübsche, im Renaissancestil ausgeführte Gebäude dem Gebrauch übergeben. Dasselbe ist für 50 Kranke berechnet und hat zwei Abtheilungen für innere Medicin und Chirurgie, welche letztere in der Regel die Hälfte der Kranken enthalten soll. Jede Abtheilung hat ihren eigenen Vorstand, doch so daß der für innere Medicin die Direction des Ganzen führt. Das Spital hat den Namen „Charlottenhülfe“ und gewährt auch solchen, die den vollen Preis bezahlen können, Aufnahme.

Vgl. Schwäbischer Merkur vom 3. Juni 1866. Nr. 130.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 615. Z. 11 v. o. l.: Neuenbürg. [Bd. 33, S. 797]
  2. S. 615. Z. 11 v. o. l.: Neuenbürg (statt Neuenburg). [Bd. 45, S. 669]