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ADB:Mackeldey, Ferdinand

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Artikel „Mackeldey, Ferdinand“ von Roderich von Stintzing in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 13–16, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mackeldey,_Ferdinand&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 10:52 Uhr UTC)
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Mackeldey: Ferdinand M., Jurist, ist am 5. Novbr. 1784 zu Braunschweig, wo sein Vater herzoglicher Stallmeister war, geboren. In Helmstädt, wohin dieser 1793 als Universitätsstallmeister versetzt wurde, besuchte M. das Gymnasium, trat dann auf kurze Zeit in das Erziehungsinstitut seines mütterlichen Oheims J. P. Hundeiker zu Groß-Lafferde (s. Bd. XIII, S. 399 ff.) ein, bezog 1800 das Carolinum in Braunschweig und 1802 die Universität Helmstädt, an der er am 19. Mai 1806 zum Doctor der Rechte promovirt wurde. Alsbald trat er in das Spruchcollegium der juristischen Facultät als Auditor ein, etablirte sich als Advocat und habilitirte sich 1807 als Privatdocent. Am 7. Novbr. dieses Jahres traf ihn ein für sein ganzes Leben verhängnißvolles Unglück: im Verlauf einer halben Stunde verlor er ohne voraufgegangene Krankheit und ohne erkennbare Ursachen das Gehör gänzlich und für immer. Die nächste Folge war, daß er die Advocatur, deren fernere Ausübung ihm nach Einführung des mündlichen Verfahrens unmöglich geworden war, niederlegen mußte. Desto eifriger widmete er sich den Arbeiten am Spruchcollegium und dem akademischen Berufe; 1808 ward er zum a. o. Professor, 1809 zum a. o. Beisitzer des Spruchcollegiums ernannt. Bei Aufhebung der Universität Helmstädt am 10. Decbr. 1809 erfolgte seine Versetzung nach Marburg. Seine bei 400 Franken Gehalt sehr beengte ökonomische Lage erfuhr 1811 durch seine Ernennung zum ordentlichen Professor eine wesentliche Besserung. 1816 verheirathete er sich mit der Tochter des preußischen Generals von Wedell, Dame des Louisenordens. Neun glückliche Jahre hatte M. im Marburg verlebt, als ihm im Herbst 1818 die Professur für römisches Recht an der neugegründeten Hochschule Bonn mit einem Gehalte von 1500 Thlr. angetragen wurde. Nur mit schwerem Herzen entschloß er sich, ein Land zu verlassen, das ihm und mehreren seiner Verwandten in hervorragenden Stellungen zur Heimath geworden war. In Bonn, wo er sein Lehramt mit dem Sommersemester 1819 antrat, hat M. als Mitglied des Spruchcollegiums, dessen Ordinarius er nach Mittermaier’s Abgang von 1821 bis 1828 war, vornämlich aber als Lehrer des römischen Rechts, daneben des Lehnrechts und gemeinen Civilprocesses eine ausgedehnte und erfolgreiche Thätigkeit entfaltet. Sein Vortrag wird als klar und lebendig gerühmt; und trotz seiner Taubheit soll es ihm gelungen sein, seiner Stimme die erforderliche Modulation zu geben. In den besten Zeiten waren seine Pandektenvorlesungen von mehr als 100 Zuhörern besucht. Die Regierung hat seine Verdienste durch Ernennung zum Geheimen Justizrath (1824) und durch Verleihung des rothen Adlerordens 3. Classe (1828) wiederholt anerkannt, eine Gehaltserhöhung dagegen trotz mehrfacher Anträge der Curatorialbehörde [14] (außerordentlicher Regierungsbevollmächtigter v. Rehfues) ihm nie zu Theil werden lassen. Seine Einnahmen, welche außer dem Gehalt von 1500 Thlrn. durchschnittlich 1500 Thlr. Collegiengelder betrugen, zu denen dann die ansehnlichen Honorare für die Arbeiten im Spruchcollegium sowie für die wiederholten Auflagen seines Lehrbuchs und wohl auch für manche privatim ertheilte Gutachten kamen, gestatteten ihm sein Hauswesen auf breitem Fuße zu führen und eine Gastlichkeit zu üben, welche, wie Rehfues in einem amtlichen Berichte (1828) ausspricht, der Universität zu Ehren und Nutzen gereichte. Sein umfänglichstes Werk, durch welches sein Name in den weitesten Kreisen bei Studenten und Praktikern bekannt wurde, ist sein im Jahre 1814 zuerst erschienenes „Lehrbuch der Institutionen des heutigen römischen Rechts“, welches er 1818 völlig umgearbeitet unter dem veränderten Titel „Lehrbuch des heutigen römischen Rechts“ zum zweiten Male herausgab. Wiederholt „vermehrt und verbessert“ erschien es in 4. Auflage, 1822 in zwei Bänden; in der 7. Auflage. 1827 ist an die Stelle der bisher befolgten Institutionenordnung ein eigenes System getreten. Noch in seinem vorletzten Lebensjahre (1833) gab M. die 10., abermals vermehrte Auflage heraus und konnte in der Vorrede berichten, daß sein Lehrbuch auch in Frankreich, Spanien und Rußland durch Uebersetzungen verbreitet sei. Nach seinem Tode ist es von Roßhirt mit Zusätzen in 11. (1838) und 12. Auflage (1842) herausgegeben worden. Eine Chrestomathie der darin citirten Belegstellen erschien 1832 unter dem erdichteten Namen Ludwig Hermann, unter welchem die damals in Marburg studirenden Freunde Ludwig Buff (s. Bd. III, S. 503) und Hermann Kersting (s. Bd. XV, S. 650) sich verbargen. – Der wissenschaftliche Werth dieses Lehrbuchs ist gering; seine Seichtigkeit sowohl in den historischen wie in den dogmatischen Ausführungen ist später fast sprichwörtlich geworden. Der in seinen Urtheilen sonst so schonende Vangerow pflegte auf dem Katheder zu sagen: „Mackeldey’s Buch sei zuerst ein brauchbares Lehrbuch der Institutionen gewesen, habe dann ein Lehrbuch der Pandekten werden sollen und sei jetzt keins von beiden mehr“. Dem oberflächlichen Lernbedürfniß der großen Menge aber genügte es mehr als der bis dahin herrschende „Höpfner’sche Commentar“, den es, wie Hugo in der Recension der 7. Auflage (Gött. gel. Anz. 1827. S. 809) bemerkt, verdrängte. Auch ist das fleißige Bemühen den Leser mit den Fortschritten der Wissenschaft auf dem Laufenden zu erhalten, ehrend anzuerkennen. – Mackeldey’s Lehrgaben, Gelehrsamkeit und praktische Tüchtigkeit genügten nicht den Mangel einer höheren wissenschaftlichen Bedeutung zu verdecken; und als mit Hasse’s (s. Bd. X, S. 759) Versetzung nach Bonn ein ebenso hervorragender als selbstbewußter Vertreter der Savigny’schen historisch-philologischen Schule des mildgesinnten Mittermaier’s Platz in der Fakultät eingenommen hatte, begann eine Periode, in welcher M. die wissenschaftliche Inferiorität seiner Begabung und Richtung in empfindlichster Weise fühlbar gemacht wurde. In „Temme’s Erinnerungen“ (herausgegeben von St. Born 1883. S. 73–88) finden sich Erzählungen aus dem Wintersemester 1822/23, die, wenn sie auch nicht zuverlässig sein mögen, zum Theil sogar mit den actenmäßig bezeugten Thatsachen in Widerspruch, doch im Allgemeinen ein richtiges Bild von Mackeldey’s Stellung und Geltung geben. In Mackeldey’s Vorlesungen war nach Temme’s Erzählung tumultuarischer Unfug und Spott, den sich ein Theil der Zuhörer mit seiner Taubheit erlaubten, an der Tagesordnung. Nach den Acten hat eine Beschwerde Mackeldey’s vom 28. Jan. 1823) über das Mitbringen von Hunden und das Rauchen in seinem Auditorium den Senat veranlaßt, der gesammten Zuhörerschaft eine Verwarnung ertheilen zu lassen; und die ungeschickte und unvorsichtige Art, in welcher der Rector (von Münchow), begleitet vom Universitätsrichter und zwei Pedellen sich im Auditorium dieses [15] Auftrages entledigte, eine heftige Gährung in der Studentenschaft hervorgerufen. Da der Rector, gestützt von dem Regierungsbevollmächtigten von Rehfues, die verlangte Genugthuung verweigerte, ward in wiederholten Studentenversammlungen beschlossen, Bonn in Masse zu verlassen; auch scheint im Geheimen eine Verrufserklärung der Universität ausgesprochen zu sein. Es gelang indeß den Universitätsbehörden, durch kluge und feste Haltung den Sturm zu beschwören. Temme, der als Begleiter eines Prinzen von Bentheim in Bonn studirte, giebt von diesen Vorgängen eine unrichtige Darstellung. Ganz mit Unrecht nennt er auch den ebenso einsichtigen und gewandten als wohlwollenden Rehfues einen intriguanten und herrschsüchtigen rücksichtslosen Büreaukraten. Temme selbst wird in den Acten als Aufhetzer bezeichnet. Aber sein Abgang von der Universität, zu dem Rehfues ihn veranlaßte, hat nicht, wie er angiebt, während der Unruhen stattgefunden, sondern erst am 1. April 1823, nachdem der Sturm längst beschwichtigt und das Semester geschlossen war, fragt ein Pedell bei Rehfues an, ob es nicht möglich sei, diesen „allergrößten Verderb der noch hier anwesenden Studenten und Aufwiegler aller Art fortzuschaffen“. Daß Mackeldey’s Ansehen durch diese Vorgänge in den akademischen Kreisen nicht gehoben wurde, begreift sich leicht. Schon 1823 will er wegen „schwerer persönlicher Erfahrungen“ das Ordinariat des Spruchcollegiums niederlegen. Es gelingt Rehfues ihn zu beschwichtigen, aber der durch fortgesetzte Reibungen in der Fakultät genährte Groll bricht endlich 1828 in helle Flammen aus. M. erklärt es in einem an das Spruchcollegium gerichteten Schreiben für unverträglich mit seiner Ehre, das Amt des Ordinarius, bei dem Mangel an Vertrauen und Wohlwollen sowie bei den Gegensätzen in Richtung und Neigungen, noch länger zu führen. In dem erbitterten Schriftenwechsel, welcher nun folgt, zeigt sich die Fakultät in zwei Lager gespalten: auf der einen Seite steht neben M. nur Ferd. Walter, der sich schon längere Zeit aus dem Spruchcolleg zurückgezogen; die Gegenpartei bilden unter Hasse’s Führung Heffter und v. Droste-Hülshoff. Der unerfreuliche Streit, in dem Hasse es nicht verschmähte, viele Bogen mit kleinlichen Recriminationen zu füllen, gelangte schließlich an den Minister Altenstein, welcher durch Rescript vom 9. Januar 1829 beiden Parteien seine Mißbilligung zu erkennen gab. Die Gegensätze wurden verschärft, als die Partei Hasse’s durch die Beförderung seines Schwiegersohnes Puggé zum Extraordinarius und Böcking’s Versetzung in gleicher Eigenschaft (s. Bd. II. S. 785 ff.) von Berlin nach Bonn neuen Zuwachs erhielt. Vermittelnd wirkte, seiner vornehmen Natur entsprechend, der im Herbst 1829 ebenfalls nach Bonn versetzte Bethmann-Hollweg (s. Bd. XII, S. 762 ff.), vermochte aber doch einen Conflict nicht auszugleichen, den Hasse’s Versuch, seine Pandektenvorlesung zum Nachtheil Mackeldey’s in das Wintersemester zu verlegen, hervorrief. Erst ein Rescript des Ministers von Kamptz vom 5. Aug. 1830), welches die Einhaltung der bisherigen Ordnung des Lehrplans befahl und die Haltung der Streitenden in schärfster Weise mißbilligte, endigte den ärgerlichen Handel. Nicht ohne Grund erklärten sich M. und Walter in einem Separatvotum (vom 26. Febr. 1832.) gegen die von Böcking erbetene und von der Facultät befürwortete Ernennung des Letzteren zum ordentlichen Professor für das von ihm bisher gar nicht gepflegte französische Civilrecht. Auch Rehfues widerrieth die Beförderung, damit die in der Facultät herrschende Partei nicht noch mächtiger werde. – Die Erlebnisse dieser Jahre wurden für M. durch ihre pecuniären Folgen noch peinlicher. Mit dem Ausscheiden aus dem Spruchcollegium gingen ihm ansehnliche Einnahmen verloren; die verminderte Geltung, Hasse’s erfolgreiche Concurrenz machten sich in erheblichem Rückgang der Collegiengelder fühlbar; und das Ministerium lieh den wiederholten, vom Regierungsbevollmächtigten unterstützten [16] Bitten um Gehaltserhöhung kein Gehör. Zu all’ diesem Ungemach kamen noch körperliche Leiden, die im J. 1825 beginnend sich von Jahr zu Jahr steigerten. Wie M. seine Taubheit geduldig ertragen, so leistete er auch dem schmerzhaften Siechthum heroischen Widerstand. Um seinem Lehrberuf zu genügen ließ er sich in den letzten Zeiten, da die Füße ihren Dienst versagten, in den Hörsaal tragen. Er starb am 20. October 1834. Seinen Angehörigen, die er mittellos hinterließ, gewährte die Regierung freigebige Unterstützungen. Schriften: „Diss. inaug. Quatenus a. de recepto contra aurigas et curatores mercium s. speditores conpetat“, Helmst. 1806. „Erörterung der Frage, ob bei den Protestanten eine ohne Einwilligung der Eltern vollzogene Ehe nichtig sei (im Braunschw. Magazin 1806)“. „Conspectus Digestorum in ord. redactorum ad Hellfeldii jurisprud. for. In usum scholarum ab Fr. Schrader et Fr. Mackeldey“, Helmst. 1810. 4°. „Theorie der Erbfolgeordnung nach Napoleons Gesetzbuche“, Marburg 1811. (Angezeigt von Hugo Gött. gel. Anz. 1811. S. 378 ff.). „Theoret. Entwickelung der Art. 787 und 790 des Gesetzbuchs Napoleons. Nachtrag zur Theorie der Erbfolgeordnung“, Cassel 1811. In Bucher’s Repertorium des französ. Rechts, Leipz. 1812, 1813, anonym die Art. Erbe, Erbschaft, Erbrecht, Erbfolge, Erbtheilung und eheliche Gütergemeinschaft. „Lehrbuch der Institutionen“, Gießen 1814. 12. Ausgabe von Roßhirt 1842. „Erläuterung über den Gegenstand, die Ordnung und den Plan seiner Vorlesungen“, Marb. 1817. „Grundriß zu Vorlesungen über deutsches Privatrecht“, Marb. 1816. „Grundriß zu Vorlesungen über den gem. d. Civilproceß“, Bonn 1828. 1830. „Grundriß zu Vorlesungen über gem. d. Lehnrecht“, Bonn 1828. „Diss. de ordinum provincialium in Germ. origine“, Bonn 1832. 4°. „Rechtliche Erörterung der Frage: ob der § 71 der kurhess. Verfassungs-Urkunde auch auf die Deputirten der Landesuniversität zu beziehen sei? Von einem Rhein-Preuß. Rechtsgelehrten“, Bonn 1833. Recensionen in den Heidelb. Jahrb., in der Halleschen und der Jenaer Allg. Litt. Ztg. in den Jahren 1810–1817. Nach seinem Tode sind außer zwei Ausgaben seines Lehrbuchs erschienen: „Excurse über einzelne Rechtsmaterien“, Gießen 1835. 4°. „Grundriß des Erbrechts“, Bonn 1835.

N. Nekrolog der Deutschen, Jahrg. 12. Thl. 2. Akten des Curatoriums und des Spruchcollegiums in Bonn.