Zum Inhalt springen

ADB:Maynz, Karl Gustav

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Maynz, Karl Gustav“ von Raimund Schramm in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 133–134, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Maynz,_Karl_Gustav&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 04:07 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 21 (1885), S. 133–134 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Karl Maynz in der Wikipedia
Charles Gustave Maynz in Wikidata
GND-Nummer 116972947
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|21|133|134|Maynz, Karl Gustav|Raimund Schramm|ADB:Maynz, Karl Gustav}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116972947}}    

Maynz: Karl Gustav M., Prof. d. röm. Rechts, geb. am 9. August 1812 zu Essen, † am 10. Nov. 1882 zu Lüttich. M. besuchte die Gymnasien zu Wesel und Essen und wurde im Herbst 1829 an der Universität Bonn immatriculirt. Er ließ sich in die Burschenschaft aufnehmen und wurde Sprecher derselben. Im Laufe des Jahres 1831 wurden Papiere entdeckt, welche eine Untersuchung gegen ihn und andere Mitglieder veranlaßten, dieselbe hatte aber keinen politischen, sondern einen rein akademischen Charakter. M. wurde wegen Theilnahme an einer verbotenen geheimen Studentenverbindung relegirt. Im Laufe des Winters 1832 gelang es ihm jedoch, an der Universität Berlin wieder aufgenommen zu werden und er befand sich dort, als das Attentat vom 3. April 1833 in Frankfurt stattfand, von dessen Folgen auch er mitbetroffen wurde. Mehrere alte Burschenschafter aus verschiedenen Theilen Deutschlands hatten an dem Attentate theilgenommen und daraus schloß der Bundestag, daß nicht nur diese Einzelnen schuldig, sondern die ganze Burschenschaft als moralische Urheberin oder mindestens Mitschuldige zu betrachten sei. Es wurde eine allgemeine Untersuchung gegen alle diejenigen eingeleitet, welche seit 1826 Mitglieder der Burschenschaft gewesen waren und bald füllten sich die Gefängnisse mit ihnen an. Während man namentlich in Baiern mit Nachsicht verfuhr und die jungen Leute, gegen welche im Grunde doch nichts vorgebracht werden konnte, als Unbesonnenheit, bald wieder in Freiheit setzte, verfolgte man sie in Preußen mit äußerster Strenge und verhängte Strafen über sie, welche das Maß der Gerechtigkeit unzweifelhaft überstiegen. Die meisten wurden zu 15jähriger Gefangenschaft verurtheilt, indem ihnen die Bestrebungen zur Wiedererweckung und Erhaltung des deutschen Nationalgeistes auf der Universität und im späteren praktischen Leben, sowie die sie leitende Idee der Einigung Deutschlands unter einer freien Verfassung als Hochverrath angerechnet wurden. Glücklicherweise gelang es vielen, zeitig gewarnt, in das Ausland zu entkommen, unter ihnen auch M. Aus ihren Reihen gingen dann gleich ihm und seinem Collegen, dem berühmten Civilisten Prof. Arntz in Brüssel, mehrere hervorragende Vertreter deutschen Wissens [134] und deutscher Gelehrsamkeit hervor, welche bei fremden Nationen durch ihr Wirken Achtung vor der deutschen Art verbreitet haben. M. ließ sich zunächst in Lüttich nieder und gewann bedeutende Erfolge als Advocat. 1834, kurz nachdem die Universität zu Brüssel gegründet worden, erhielt er an derselben den Hauptlehrstuhl des römischen Rechts, welchen er volle 30 Jahre inne hatte, bis er 1867 in gleicher Eigenschaft an die Universität Lüttich übersiedelte, wo er dann bis zu seinem Tode gelehrt hat. Seine Begabung als Universitätslehrer war eine glänzende, sein lebhafter, feuriger Vortrag, begleitet von ausdrucksvoller Geberde, wirkte fesselnd auf den Zuhörer. Als Hegelianer fand er in der Geschichte und Methodik des römischen Rechts das eigentliche Feld für seine Ideen, doch wendete er sich auch später der Pandektenlehre zu und docirte dieselbe sogar ausschließlich seit seiner Uebersiedlung nach Lüttich, jedoch nicht ohne dieses mehr praktische Gebiet mit seiner subjectiven, philosophischen Anschauung zu durchdringen. In der beinahe absoluten Beschränkung seiner litterarischen Thätigkeit auf ein einziges bedeutendes Werk zeigt er sich als Meister. Mit deutscher Gründlichkeit hat er über 30 Jahre unaufhörlich daran vervollständigt und verbessert. Dasselbe hat 4 Auflagen erlebt, die ersten beiden erschienen 1845 und 1856 unter dem Titel „Éléments du Droit Romain“, welcher für die dritte und vierte zu dem umfassenderen „Cours de Droit Romain“ erweitert wurde, (die vierte, 1877 in Brüssel erschienene Auflage enthält in 3 Bänden zusammen 2285 Seiten). In der in Brüssel erscheinenden Revue de Droit International schreibt darüber Prof. Alphonse Rivier, indem er hervorhebt, welchen bedeutenden Einfluß M. für die Erhaltung der romanistischen Studien nicht nur in seinem Adoptiv-Vaterland, sondern in allen Ländern romanischer Zunge ausgeübt habe: „Es ist das bedeutendste Werk über römisches Recht, welches in unserem Jahrhundert außerhalb Deutschlands erschienen ist.“ In der Pariser Revue internationale de l’Enseignement, December 1882, befindet sich ein Aufsatz von Rivier über M., auf welchen als Quelle zu verweisen ist.