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ADB:Mensdorff-Pouilly, Emanuel Graf von

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Artikel „Mensdorff-Pouilly, Emanuel Graf“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 366–370, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mensdorff-Pouilly,_Emanuel_Graf_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 10:50 Uhr UTC)
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Mensdorff-Pouilly: Emanuel Graf M., k. k. Kämmerer, wirklicher geh. Rath, k. k. General der Cavallerie, geboren am 24. Jänner 1777 zu Nancy, † am 28. Juni 1852 zu Wien, entstammte der seit dem Jahre 1397 baronisirten Familie Pouilly; seine Eltern waren der königlich französische maréchal de camp Albert Ludwig Baron von Pouilly, seit 1760 auch Graf von Roussy und Philippine Antoinette Marquise de Custine, Tochter des Großfalconiers am Hofe Königs Stanislaus von Polen, Marquis de Custine. Diesem nach nannte sich M. ursprünglich Pouilly; den Namen Mensdorff, welcher jenem eines Dorfes in der Grafschaft Roussy entsprach, nahm er dagegen 1793 auf Veranlassung seines Vaters vorsichtshalber an, um nicht erkannt zu werden, falls er in die Hände [367] der Republikaner fallen sollte; dauernd den Namen Mensdorff-Pouilly zu führen und denselben auch auf seine Nachkommen übertragen zu dürfen, gestattete ihm endlich 1818 Kaiser Franz I. gelegentlich als er ihm in Berücksichtigung seiner treuen und guten Dienste zu den alten Titeln der Familie Pouilly die Würde eines Grafen mit allen damit verbundenen Vorrechten in den k. k. Erblanden verlieh. – Mensdorff’s zu Paris verbrachte Jugendjahre fielen größtentheils in die bewegteste Zeit der großen französischen Revolution und trugen die Eindrücke derselben im Zusammenhalte mit der Einflußnahme seines Vaters wesentlich dazu bei, Mensdorff’s Charakter rascher zu entwickeln, ihn für die Wahrung des monarchischen Regierungsprincipes zu erwärmen. Von diesem Gefühle erfüllt, begleitete er denn auch schon 1792 seinen zum Vertreter der emigrirten französischen Prinzen gewählten Vater in das preußische Hauptquartier und stand an dessen Seite während der Kanonade bei Valmy am 20. September. Und da ihn überdies lebhafte Entschlußfähigkeit, geistige Begabung und Kampfeslust vorzugsweise für den Kriegerberuf geeignet erscheinen ließen, so erwirkte Mensdorff’s Vater mit 1. Juli 1793 dessen Aufnahme in das österreichische Heer, in welchem er lebenslang hervorragend tüchtig und höchst verdienstvoll thätig gewesen. Seine erste Eintheilung erhielt M. im Chevauxlegers-Regiment Kinsky Nr. 5 (1798 bis 1802 leichtes Dragoner-Regiment Nr. 12, jetzt Dragoner Nr. 10); mit diesem Regimente betheiligte er sich anfänglich als Cadet, dann als Unterlieutenant in den Jahren 1793 und 1794 an den Kämpfen in Nordfrankreich und in den Niederlanden und bewies namentlich bei Avesnes le Sec, am 12. September 1793, fast tollkühnen Muth; schon 1796, inzwischen zum Oberlieutenant befördert, fand M. aber die erwünschte Gelegenheit, sich wiederholt durch Umsicht und Verwendbarkeit bemerkbar zu machen, so bei Malsch am 9. Juli, bei Cannstatt, am 17. Juli, wo er als Nachhut-Commandant eine leichte Schußwunde erhielt, bei Würzburg, am 3. September, an welchem Tage er als provisorischer Escadrons-Commandant mit besonderer Geschicklichkeit die Vorhut der Euerfeld umgehenden Cavallerie des Fürsten Johann Lichtenstein befehligte, endlich im Streifcommando des Rittmeisters Ferdinand Grafen Bubna, als selbes Anfangs October zu Kron-Weißenburg den die Landesbewaffnung organisirenden französischen General-Lieutenant Mayer gefangen nahm. Nicht minder anerkennenswerth focht M. 1799 bei Frauenfeld am 25. Mai, doch hatte er hierbei das Mißgeschick, an der rechten Hand derart schwer verwundet zu werden, daß dieselbe für seine ganze Lebenszeit unbrauchbar blieb, und er in der Folge Feder und Schwert nur mit der linken Hand führen konnte. Dies hinderte M. jedoch keineswegs nach eingetretener Genesung und nachdem er 1804 die Prinzessin Sophie, geborene Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld geehelicht hatte, wieder zum Dienst einzurücken und seine Unternehmungslust und Energie im Feldzuge 1805 als Escadrons-Commandant zu Tirol erneut zu bethätigen. Gewandt und sicher führte er nämlich die Avantgarde jener Cavallerietruppe, welche sich in der Nacht vom 12.–13. November durch einen kühnen Nachtmarsch in nächster Nähe des Feindes der bevorstehenden Gefangennahme zu entziehen entschlossen hatte und nach Böhmen durchschlug. Mannhaft war auch Mensdorff’s Verhalten im Jahre 1806, als er sich zu Saalfeld auf Urlaub befand und den Hof seines Schwiegervaters vor mancher Unbill der durchziehenden feindlichen Truppen bewahrte, sowie die Beisetzung der Leiche des im Gefechte bei Saalfeld gefallenen Prinzen Louis von Preußen in der Kirche zu Saalfeld ermöglichte. Somit hatte M. schon in jungen Jahren und bei den verschiedensten Anlässen durch klar vorliegende Thaten bekundet, daß mit festem Willen, ruhiger Beobachtungsgabe und sich rasch hieranschließenden zielbewußten Handlungen auch in niederen Stellungen Vorzügliches geleistet werden könne und war demnach seine 1808 [368] erfolgte Ernennung zum Major im Ulanen-Regiment Merveldt (jetzt Nr. 1) eine wohlverdiente. In dieser Charge erwarb sich M. gleich beim Beginne des Feldzuges 1809 den nur besonders verdienstvollen, auf eigene Verantwortung hin unternommenen Leistungen zukommenden Militär-Maria-Theresien-Orden. Es geschah dies bei Amberg am 13. April, in welchem Gefechte M. aus der ihm anbefohlenen Defensive in die Offensive überging, die ihm an Zahl überlegene Cavallerie durch gut geleitete Angriffe wiederholt bis gegen Ursensolen zurückwarf und dieselbe verhinderte, sich Ambergs zu bemächtigen, welches zum Vereinigungspunkt zweier nachrückender Armeecorps bestimmt gewesen. Hierbei in der Schulter leicht verwundet, verließ M. erst nach beendetem Gefechte das Kampffeld; am 23. April, bei Regensburg, stand er aber schon wieder dem Feinde gegenüber und wußte sich neuerlich die vollste Anerkennung zu erringen, denn an diesem Tage gelang es ihm, seine zum Weichen gekommene Division in kürzester Zeit zu sammeln, den verfolgenden Gegner im kühnen Anpralle zurückzuwerfen, und erst dann geordnet zu retiriren, nachdem herbeigeeilte feindliche Verstärkungen ein Verbleiben in der erkämpften Stellung unmöglich gemacht hatten. Die bei dieser Gelegenheit erhaltenen mehrfachen Säbelhiebe machten M. diesesmal aber leider für längere Zeit kampfunfähig. Kaum jedoch in etwas genesen, widmete er sich dafür mit größtem Eifer der ihm nun übertragenen Organisation einer fränkischen Legion, welcher Thätigkeit übrigens der Friedensschluß zu Schönbrunn ein vorzeitiges Ende bereitete. Noch 1809 avancirte M. zum Oberstlieutenant im Ulanen-Regimente Erzherzog Karl Nr. 3; im August des Jahres 1810 stand er bereits als Oberst an der Spitze dieses Regiments, welches er bis 1812 befehligte und für dessen Kampfbereitschaft und Schlagfertigkeit er in jeder Hinsicht sorgsamst bemüht gewesen. Da erfolgte 1812 der Abschluß eines Bündnisses Oesterreichs und Frankreichs gegen Rußland und nöthigte M. – weil Franzose von Geburt – zum Verlassen der Reihen des k. k. Heeres. Schweren Herzens hatte sich M. zu diesem Schritte entschlossen, und so eilte er denn um so gehobeneren Sinnes unverzüglich in das österreichische Hauptquartier zu Lieben bei Prag, als im J. 1813 die Kriegsvorbereitungen gegen Napoleons Armeen angeordnet worden waren. Gestützt auf den vom Kaiser Franz gewahrten Rücktritt in gleichem Range erhielt M. seine Eintheilung wieder als Oberst im Ulanen-Regimente Erzherzog Karl Nr. 3; das Commando des Regiments übernahm er jedoch nicht, weil ihm die Leitung eines aus österreichischen und russischen Truppen zusammengestellten Streifcommandos anvertraut worden war. Hiermit eröffnete sich M. ein Wirkungskreis, welcher vor Allem Herzhaftigkeit, Beweglichkeit, Rastlosigkeit, kluges Vergleichen, gewandtes Berechnen, scharfes Urtheil sowie rasches Eingreifen erforderte. Und da M. all’ dieser Eigenschaften im hohen Grade Herr gewesen, so wußte er denn auch theils selbstständig, theils unter dem russischen General-Lieutenant Thielmann operirend, vom 21. August bis 6. December 1813 den Gegner bei überraschend schneller Durchschreitung weiter Strecken in Flanke und Rücken zu beobachten und zu beunruhigen, durch Aufhebung von Courieren, Munitions-, Proviant-, Ergänzungs- und Gefangenen-Transporten, Kassen, Magazinen, Spitälern u. s. w. zu schädigen und demselben auch im offenen Kampfe namhafte Verluste an Mann und Pferden, sowie auch an Geschützen beizubringen. Jeder Tag jener Zeit ist für M. sonach ein Ehrentag, wenngleich nicht jeder einzelne zu solchen Erfolgen führte, wie die Alarmirung von Leipzig in der Nacht vom 26. zum 27. August, der Ueberfall von Wurzen am 12. September, das Gefecht von Altenburg und Zeitz am 28. September, „dessen glänzenden Ausgang“ Thielmann „vorzüglich dem kalten, entschlossenen Benehmen Mensdorff’s“ dankte, und wofür M. von Kaiser Alexander mit dem Wladimir-Orden dritter Klasse ausgezeichnet, von Kaiser Franz durch den Ausdruck [369] „besonderer Allerhöchster Zufriedenheit“ geehrt wurde; ferner das höchst verdienstvolle Festhalten des Generals Lefebvre bei Weißenfels am 10. October, so daß dieser nur mit geringer Kraft den Marschall Augereau unterstützen konnte; der Kampf bei Lindenau während der Schlacht am 16. October, bezüglich welches Gyulai „mit dem ausgezeichnetsten Lobe des rastlosen Eifers und des heldenmüthigen Benehmens Mensdorff’s“ gedenkt; die hartnäckige folgenschwere Vertheidigung der Brücke bei Neu-Kösen am 21. October; die Wegnahme von Geschützen, Pulverkarren, Ambulancen zwischen Eisenach und Eichrodt (Geisa) am 25. October; der mit ruhmvoller Geistesgegenwart, Urtheilskraft und Entschlossenheit bewirkte Angriff in die Flanke der französischen Kürassiere unter General Graf Saint Germain bei Hanau am 30. October u. s. w. Thatsächlich war es auch M., welcher in weitgreifender Auffassung seiner ihm gewordenen Bestimmung in der Nacht vom 2. zum 3. November den Gegner verfolgend, der Erste über den Rhein setzte, hierauf aber den allgemeinen Dispositionen gemäß dem Rheine entlang bis zur Schweiz Streifungen vornahm. Und so wie M. schon früher allerorts ungeachtet der Marsch- und Kampfesmühen über alle Vorkommnisse und Beobachtungen gut orientirend zu unterrichten wußte, so geschah es auch jetzt, wo er überdies noch mit der Besorgung verschiedener politischer Missionen betraut gewesen. Mit dem 6. December schloß Mensdorff’s, mustergiltige, Pflichttreue und Opferwilligkeit bekundende, Verwendung als Streifkommandoführer, den 7. December wurde er, inzwischen zum Ulanen-Regimente Nr. 1 eingetheilt, zur Dienstleistung an die Seite des Commandanten des 5. deutschen Armeecorps, des regierenden Herzogs von Sachsen-Coburg berufen, wo seine Thätigkeit im Allgemeinen eine berathende wurde. In dieser Stellung avancirte M. 1815 außer der Tour zum Generalmajor, worauf er nach eingetretenem Friedensschlusse bis 1824 eine Cavallerie-Brigade in Böhmen befehligte, im letztgenannten Jahre das Festungscommando von Mainz übernahm, 1825 mit der Ernennung zum zweiten Inhaber des Husaren-Regiments Nr. 1 ausgezeichnet wurde, 1829 außertourlich in die Feldmarschall-Lieutenants-Charge vorrückte und zum Gouverneur-Stellvertreter von Mainz ernannt wurde, welchem Posten er gesetzesgemäß 5 Jahre vorstand. Als Ehrenbürger von Mainz verließ M. diesen Ort, in welchem sein entschiedenes, kluges, sowie humanes und Jedermann stets hilfebietendes Wirken den lebhaften Dank der Besatzung wie auch der Bevölkerung gefunden hatte. M., welcher nun noch von 1834–1840 als commandirender General in Böhmen befehligte, 1840–1848 die Stelle eines Hofkriegsraths-Vice-Präsidenten versehen hatte, 1843 gelegenheitlich seines 50jährigen Dienstjubiläums von Kaiser Ferdinand eigenhändig mit dem Großkreuze des Leopold-Ordens geschmückt worden war, 1846 zum General der Cavallerie befördert wurde, schloß endlich 1848 in Rücksicht auf seine Gesundheitsverhältnisse seine active Dienstverpflichtung mit dem Uebertritt in den Ruhestand. Dessenungeachtet begab sich M. bereitwilligst im Juni 1848 als kaiserlicher Commissar nach Prag, ja stellte sich im Spätherbste desselben Jahres dem Armee-Commandanten Fürsten Windischgrätz zur Verfügung, ohne jedoch zur Verwendung kommen zu können, da ihn ein hartnäckiges Gichtleiden auf das Krankenlager geworfen hatte. Diese Krankheit forderte auch den 28. Juni 1852 sein Leben, während sein gesinnungstüchtiger, hingebungsvoller, selbstentsagender Charakter noch in späten Zeiten als zur Nacheiferung empfehlend, geschildert werden wird.

Stutterheim, Der Krieg von 1809. Wien 1811. Schaab, Gesch. der Bundesfestung Mainz. Mainz 1835. Berichtigung zur Schlacht bei Hanau; s. öst. milit. Zeitschr. 1839. 2. Bd. Oesterreichischer Soldatenfreund. Wien, Jahrgang 1852. Hirtenfeld, Der Milit.-Maria-Theresien-Orden etc. Wien [370] 1857. Wurzbach, Biogr. Lex. d. Kaiserth. Oesterreich. 16. Th. Wien 1867. Das Wirken des Streifcorps unter dem k. k. Obersten Emanuel Gf. Mensdorff-Pouilly im Feldzuge 1813 in Deutschland s. Streffleur’s öst. milit. Zeitschr. Wien 1876. 1. Bd. Thürheim, Gedenkblätter aus d. Kriegsgesch. 2. Bd. Wien 1880. Siebert, Ueber den Streifzug Thielemann’s im Feldzuge 1813 s. Mittheilungen d. k. k. Kriegsarchivs. Wien 1883.