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ADB:Michelsen, Johann Andreas Christian

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Artikel „Michelsen, Johann Andreas Christian“ von Moritz Cantor in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 698, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Michelsen,_Johann_Andreas_Christian&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 09:12 Uhr UTC)
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Michelsen: Johann Andreas Christian M., Mathematiker, geb. 6. Juni 1749 in Quedlinburg, † 8. August 1797 in Berlin. Er war der Sohn eines kleinen Beamten, der nicht viel für die Erziehung seiner Kinder auszugeben vermochte. Schon als Gymnasiast suchte deshalb M. durch Ertheilung von Unterrichtsstunden sich auf eigene Füße zu stellen, und erlangte so bereits mit 14 Jahren eine hohe Entwicklung seines angeborenen Lehrtalentes. Auch in Halle, wohin er 1769 zum Studium der Theologie sich begab, sorgte er für sich selbst, indem er am dortigen Waisenhause in den unteren Klassen den mathematischen Unterricht ertheilte. Unter seinen Schülern war Ernst Gottfried Fischer (Bd. VII, S. 62), später sein Nachfolger in seiner berliner Stellung. 1772 kam M. als Hofmeister nach Brandenburg in die Familie des damaligen Oberstlieutenant v. Béville, woselbst er 1775 die Aufmerksamkeit des auf Besuch anwesenden Directors des Gymnasiums zum grauen Kloster in Berlin, Anton Friedrich Büsching (Bd. III, S. 644) erregte. Als 1778 an dessen Anstalt die vierte mathematische Professur frei wurde, veranlaßte er die Berufung Michelsen’s an dieselbe, ohne daß dieser vorher eine Ahnung davon hatte. M. trat noch im December 1778 in die Anstalt ein, der er von nun an 19 Jahre bis an sein Lebensende seine Kräfte widmete, allmählich in höhere Professuren eintretend, zuletzt Prorector des Gymnasiums, dessen financielle Verwaltung nach allen Richtungen hin er aus Liebhaberei an der Sache längst an sich gezogen hatte. Auch die Wittwenkasse des Gymnasiums stand unter seiner Leitung, und 1796 wurde er zu einem der Directoren der Allgemeinen Wittwenkasse ernannt. M. legte 1778 das Magisterexamen in Halle ab auf Grund einer lateinisch geschriebenen Abhandlung über die sokratische Methode. Diese Methode, darauf hinausgehend, den Schüler allmählich finden zu lassen, ihm durch Fragen zu entlocken, was man ihn lehren will, diente M. bei seinen mathematischen Unterrichtsstunden und machte dieselben so anziehend und erfolgreich. Auch einige elementarmathematische Schriften in diesem Geiste verfaßte er. Am Meisten hat aber M. der Wissenschaft durch die Uebersetzung von Euler’s Einleitung in die Analysis des Unendlichen und Differentialrechnung (6 Bde, 1788–93) genützt, wenn auch die Zusätze, soweit sie M. eigenthümlich waren, kaum von hohem Werthe genannt werden können. Die Akademie der Wissenschaften ernannte M. 1793, wol auf jene Uebersetzung hin, zum Mitgliede. Deren deutsche Abhandlungen für 1792–1797 enthalten eine umfangreiche Abhandlung „über die Theorien derjenigen mathematischen Gegenstände, die in das Gebiet des bürgerlichen Lebens gehören“, welche durch ihren schlecht gewählten Titel keinswegs verräth, daß sie auf interessante mathematisch-philosophische Dinge sich bezieht. In seinem Familienleben hatte M. das Unglück, eine zärtlich geliebte Gattin nach nur dreijähriger Ehe 1782 zu verlieren. Kinderlos und alleinstehend ging er bereits 1783 eine zweite Ehe ein, die ihm eine durch vier Kinder belebte glückliche Häuslichkeit bereitete. Michelsen’s Tod war die Folge einer schon längere Zeit andauernden Krankheit der Athmungswerkzeuge.

Mémoires de l’Académie de Berlin pour 1798 (Histoire de l’Académie Royale pag. 28–36).