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ADB:Mintrop, Theodor

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Artikel „Mintrop, Theodor“ von Bund. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 769–771, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mintrop,_Theodor&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 09:18 Uhr UTC)
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Mintrop: Theodor M., ein bedeutender Maler der rheinischen Schule, wurde am 7. April 1814 auf Barkhofen bei Werden a. d. Ruhr geboren; sein Vater betrieb eine große Ackerwirthschaft und war Vorsteher der Bauerschaft Heidhausen. Früh entdeckte man bei dem Knaben die außergewöhnlichen Anlagen zum Zeichnen, das er in der Nachbildung alter Heiligenbilder und geschnitzter Engel übte. Der Lehrer unterstützte das mächtig hervortretende Talent und nur zu bald war der Knabe in der Gewalt der Kunst. Aus den Zahlen, die er schrieb, aus den Buchstaben bildeten sich Gestalten, die sich nicht bannen ließen, bis er sie gezeichnet hatte. Vor seinen geistigen Augen schwebten die Göttergestalten der Griechen; Engel, nach den Schilderungen seiner frommen Mutter, und nackte Kinder, die ihm die Wirklichkeit nahe gebracht. Er sah in den Wolken den Reigen seliger Geister, im Strome des Windes den Tanz der Elfen. Dann zeichnete er auch Gruppen aus dem Landleben, riesige Gestalten, die irgend eine Arbeit verrichteten. Immer aber waren die Gestalten ohne Gewandung dargestellt, was dem ahnungslosen Knaben oft übel vermerkt wurde. – Das Leben spannt die Landkinder früher ins Joch der Arbeit als die zarten Pflänzchen der Stadt. Zeitig der Schule entlassen, in welcher er nur wenig gelernt, mußte M. bald Hand ans Werk legen, um alle ländlichen Arbeiten zu üben, wobei ihm in dem frischen Zuge der Bergluft und bei derber Nahrung eine schöne körperliche Entwickelung zu Theil wurde. In jener Zeit sah er zum ersten Male den Stich der Madonna della Sedia, und ohne je von ihrem Schöpfer und dessen gewaltigen Werken gehört zu haben, durchrann es ihm, wie er später oft erzählte, beim Anblick dieser Schönheit Mark und Bein. Aus bloßer Erinnerung bildete er sie getreu bis zur kleinsten Linie nach und wo er jetzt ein Weib mit einem Kinde sah, da bot sich ihm ein unerschöpfliches Studium und seine ihm in allem willfährige Mutter mußte ihm an Sonntagen mit einem Kinde auf dem Schooße in allen Stellungen Modell sitzen. Unter schwerer Arbeit, denn er mußte einen Knecht ersetzen, und im stillen Weiterschaffen in der Welt seiner Ideen hatte er sich zu einem schönen Jüngling entwickelt, so daß sein herrlicher [770] Kopf den Stempel künstlerischer Weihe zeigte. So kam ihm das 20. Lebensjahr und mit diesem die Zeit seines Militärdienstes. 1834 wurde er als Kanonier einem Artillerieregimente zugetheilt, das wechselzeitig in Münster und Köln Garnison hatte. Nun erschloß sich ihm auch im Reiche der Dichtung eine neue Welt. Zum ersten Male geriethen ihm Schiller’s Gedichte in die Hand; zeilenweise mußte er sich den neuen Boden gewinnen; bald suchte er auch die Bekanntschaft der anderen großen Dichter, Goethe, Wieland und Lessing, und später Shakespeare. In jener Zeit zogen auch einst in einem Garten die Marmorstatuen der Venus und des Neptun zwischen Wasserwerk und grünem Laub seine Augen auf sich. Die weiße Frau mit winkenden Armen füllte alle seine Träume. Aus diesem Banne befreiten ihn erst wieder die Holzschnitte von Raphael’s „Loggien“, die ihm zufällig in die Hände fielen. In gleicher mächtiger Weise erfaßte ihn die Musik von Beethoven und Mozart. – So kam er nach Beendigung seiner Militärdienstzeit als ein ganz anderer Mensch zurück in seine Heimath. Jetzt wurde das Verlangen, Künstler zu werden, zu heißer Gluth, und doch, wo lag die Möglichkeit der Erfüllung? Aber bald war er wieder mit dem Zwange der Pflicht ausgesöhnt. Am Tage schwere Arbeit, am Abend ein begeisterter Vorleser in matterleuchteter Gesindestube, aber am Sonntage ein Gesegneter im stillen Schaffen; da entstanden Zeichnungen, die später das Entzücken älterer Meister wurden und noch jetzt die Freude der Kunstkenner sind. – So gingen ihm Jahre vorüber. Schon war er ein „alter Knecht“ geworden, und wenn er auch seine Zeichenübungen fortsetzte, wenn sich auch seine Blätter zu geistvollen Compositionen gestaltet hatten, so begann doch bereits seine Hoffnung, ein Künstler zu werden, langsam zu erlöschen. Aber gerade in der dunkelsten Zeit seiner Verlassenheit kam ihm die Erlösung. Es war im October 1844. M. war mit seinem Gespann auf dem Felde. Da wurde er von einem Fremden, dem Maler Eduard Geselschap aus Düsseldorf, angerufen. Dieser, auf einem Ausfluge nach der Ruhr, hatte von dem seltsamen „Bauerngenie“ gehört und beschlossen, ihn aufzusuchen. Voll Staunen sah der Künstler die Arbeiten des Autodidacten. Da war ein „Reigen nackter Kinder“, „Zwei Jünglinge (ohne Gewandung), die sich Freundschaft schwören“, eine „Heilige Cäcilie, die mit Engeln musicirend, der Gottesmutter den Lobgesang darbringt“. Auf den weißgetünchten Wänden seines kleinen Schlafzimmers hatte der junge Bauer aber in Kohle die „Jahreszeiten“ in einer Schönheit dargestellt, vor der der Maler sich in Bewunderung beugte. – Wenige Wochen später hielt der neue Kunstjünger seinen Einzug in die rheinische Musenstadt, beseligt, endlich am Ziele zu sein und mit dem Gelöbniß sich von dem, der ihn dahin geführt, nie im Leben zu trennen. Es störte ihn nicht, daß er zuerst als älterer Mann zwischen Schülern saß, die kaum dem Knabenalter entwachsen waren. Sein Feuereifer ließ diese ja auch schnell genug hinter sich. Director W. v. Schadow und sein Lehrer C. Sohn widmeten ihm besondere Sorgfalt. Die Bewältigung der Farben wurde ihm schwer, wie schnell er auch mit Stift und Kohle alle Schwierigkeiten überwand. Sein erstes Oelbild „Madonna mit dem Christuskinde und dem kleinen Johannes“ wurde vom Kunstverein für Rheinland und Westfalen angekauft und der städtischen Gallerie in Düsseldorf geschenkt. Das zweite Werk, eine große Zeichnung für Kupferstich, „Engelständchen“, war eine Sammlung seiner Kräfte zur Ausführung eines zweiten Oelbildes „Madonna mit dem heiligen Ludgerus und der heiligen Agnes“, bestimmt als Altarbild für die Pfarrkirche seiner Heimath. Die Ausstellung dieses vollendet schönen Bildes gestaltete sich zu einem Feste für den Künstler, ihm dargebracht von der ganzen Bevölkerung seiner Heimath. – Von zwei Madonnen also in die Kunst eingeführt, schuf er hierauf in rascher Folge eine Fülle von Compositionen voll Geist und Anmuth [771] und in seltener Formenschönheit, darunter „Das Kinderbachanal“, „Das fruchtbare Jahr“, „Der Christbaum“ (im Museum zu Hamburg), „Passionsblätter“ (Aquarelle), „Die Bergpredigt“, „Der Liebesbrief“, „Amor und Psyche“, „Weinlese“, „Elfenreigen“, „Einführung einer Seele in den Himmel“, „Die fünf Sinne“, „Die Industrie“, „Die Muse der Malerei“, „Das fruchtbare Jahr“ (neue Composition), „Christus am Oelberge“, „Die Bethlehemitischen Kinder“. – In Köln ist im Festsaal des Schaffhausen’schen Bankvereins ein Kinderfries „Kunst und Industrie“ und ein Deckengemälde „Die Elemente“; im Besitze des Kaufmanns v. Asser ein Kinderfries „Die Jahreszeiten“; im Museum Richartz-Wallraf „Der Frühling“ auf Goldgrund und endlich im Hause des Banquiers Deichmann ein Deckengemälde „Der Triumphzug Aurora’s“, in welchen Werken sich die höchste Blüthe der Kunst dieses Meisters concentrirt. Aus solcher Laufbahn, „vom Pfluge zum Tempel der Kunst“, die der Genius ihm mit so unvergänglichen Ruhmeszeichen geschmückt hatte, rief der Tod ihn am 30. Juni 1870.

Bund.