Zum Inhalt springen

ADB:Mor, Anthonis

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Mor, Anthonis“ von Wilhelm Schmidt (Kunsthistoriker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 210–211, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mor,_Anthonis&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 06:33 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 22 (1885), S. 210–211 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Anthonis Mor in der Wikipedia
Anthonis Mor in Wikidata
GND-Nummer 118784749
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|22|210|211|Mor, Anthonis|Wilhelm Schmidt (Kunsthistoriker)|ADB:Mor, Anthonis}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118784749}}    

Mor: Anthonis M. (Moro) van Dashorst, Maler, geb. zu Utrecht. Seine Biographie ist noch ziemlich verwirrt. K. van Mander läßt ihn zu Antwerpen ein Jahr vor der französischen Furie 56 Jahre alt sterben. Nun fand diese Furie den 17. Januar 1583 statt, der Maler wäre also 1581 oder 1582 gestorben. Dem steht aber entgegen, daß zwischen 1576 und 1578 eine Rechnung existirt, kraft deren für ein unvollendetes Bild Mor’s für die Capelle zu U. L. Frau (in der Frauenkirche) zu Antwerpen den Erben die Summe von 25 Pfund zugesprochen wird; auch in einer Utrechter Urkunde vom J. 1576 wird sein Sohn Philipp „Erbe und Lehnfolger“ des Anthonis M. genannt. Möglich, daß van Mander sich verschrieb und statt der französischen Furie die spanische meinte, oder daß er dieselben verwechselte, oder daß an einen Druckfehler (statt Fransche Spaensche) zu denken ist; es würde dann das Todesjahr des Künstlers in das Jahr 1575 fallen, da die spanische Furie 1576 stattfand. Dies paßte zu den erwähnten urkundlichen Angaben. Zieht man nun 56 von [211] 1575 ab, so käme man auf 1519 als Geburtsjahr; dies ist aber unmöglich. Van Mander muß sich mit den 56 Jahren geirrt haben. Denn bereits vor dem 28. Juli 1559 war Mor’s Sohn Philipp durch die Gnade König Philipps zum Canonicus von Oudmunster in Utrecht ernannt worden. War er damals auch nur 20 Jahre alt, so müßte sein Vater zum mindesten mit 19 Jahren schon verheirathet gewesen sein und zwar das Alles nur im besten Falle. Die krasse Unwahrscheinlichkeit liegt auf der Hand und wir setzen Mor’s Geburt mehrere Jahre früher. M. lernte bei seinem Landsmanne J. van Schoorl und ging zu seiner Ausbildung nach Rom. Zurückgekommen ward er dem Kaiser Karl V. bekannt, der ihn etwa zu Beginn 1543 nach Lissabon sandte, um das Bildniß der Braut seines Sohnes Philipp, Maria von Portugal, zu malen. M. wurde hier glänzend aufgenommen und bildete den König, seine Gemahlin und viele vornehme Portugiesen ab. Im J. 1547 trat er zu Antwerpen in die St. Lucasgilde. Den 4. Januar 1554, 26. October 1558 und den 28. Juli 1559 ist er in Utrecht nachgewiesen. Etwa im J. 1554 wurde er nach England gesandt, um die Königin Maria, Braut des Königs Philipp, zu malen; auch hier hatte er großen Erfolg. Der Cardinal Granvella war ein Beschützer von ihm. Nach dem Frieden von Câteau–Cambresis (jedenfalls nach dem 28. Juli 1559) ging M. mit dem König Philipp nach Spanien, wo er viele Porträts zu malen hatte, aber sich vor der Inquisition, der er verdächtig geworden war, nach den Niederlanden aus dem Staube machen mußte. Hier wurde er mit dem Herzog Alba bekannt, der im August 1567 nach Brüssel kam und er malte dessen Concubinen; Alba soll ihm auch behülflich gewesen sein, den Anforderungen des Königs, der ihn wieder in Spanien zu haben wünschte, auszuweichen. Im J. 1572 nahm M. zu Antwerpen einen gewissen Wyllen von Wyberghen in die Lehre. Sein letztes nicht vollendetes Bild war eine für die Liebfrauencapelle in der Cathedrale zu Antwerpen bestimmte Beschneidung Christi (s. o.). Der Künstler starb 1575 oder 1576 in der Scheldestadt. M. malte auch Historien, doch selten; seine Hauptbedeutung beruht auf dem Porträt. Er steht zwischen der Holbein’schen bezw. Massys’schen Manier und den großen niederländischen Porträtisten des 17. Jahrhunderts (Rubens etc.), doch immerhin mit größerem Zuneigen zu der ersteren; seine Charakteristik ist schlicht, aber eindringend, die Behandlung verhältnißmäßig weich, aber sehr gewissenhaft. Bilder von ihm kommen ziemlich häufig vor, besonders viele sind in Madrid, sehr schöne auch in Wien. Sein Porträt ist in der bekannten Bildnißsammlung des Hen. Hondius erschienen, ein langes knochiges Gesicht.