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ADB:Nagel, Paul

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Artikel „Nagel, Paul“ von Gustav Frank in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 215–216, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nagel,_Paul&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 14:04 Uhr UTC)
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Nagel: Paul N., Chiliast, vates numeralis und Adeptus astrologus in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, nennt sich bald Philosophus et Astronomus, bald Stud. Theol. et Astron. Lipsiensis, später Art. Magister. Im J. 1605 hielt er sich zu Dalbitz auf, 1621 zu Argelia. d. i. Torgau, wo er nach Jöcher’s Angabe Schulrector war. In seinem „Prognosticon astrologicum“ (1619), „Prodromus astronomiae apocalypticae“ (1620); „Philosophia nova“ (1624) und anderen apokalyptisch-astrologischen Schriften hat er schwere Klage geführt über die zunehmende pharaonische Verstockung und ägyptische Finsterniß unter den Menschen, da man schreiet und rühmet: „Hic verbum Dei“ und doch dem heiligen Worte Gottes stracks zuwiderlebt, über die metaphysici rationales oder zänkischen Disputirbrüder, Bauchdiener und Götzenknechte, welche, auf ihre hohen spitzfindigen rationes bauend, mit Disputiren und Distinguiren dem Teufel sein Sündenreich stärken, endlich über die Theologie, die eine Theorie ohne Praxis, ein bloßer Buchstabe geworden sei. Er hat sonach vor den Menschenschulen gewarnt und an die Schule des heiligen Geistes verwiesen, darinnen alle mysteria und die magnalia Dei gelernt werden, insbesondere an die Stelle der astronomia rationalis s. spuria der Aegypter und Babylonier astronomiam veram gesetzt, welche, weil auf Gottes Wort, besonders Apocalypsin fundiret, alle Dinge am Himmel ebenso lesen lehre wie in der Bibel. Mit ihrer Hülfe aus den Bewegungen des natürlichen Himmels die Veränderungen am Kirchenhimmel deducirend fand er, daß, nachdem die 120 Jahre, der letzten Welt zur Buße gegeben, abgelaufen, über die animalischen Menschen die schreckliche Sündfluth hereinbrechen werde. „Darum ihr Menschenkinder, hinein, hinein aus dem Fleisch in den Geist, als in den Kasten Noäh! Da möget ihr noch erhalten werden; was draußen bleibet, muß sterben.“ Seine Freunde sahen diese Unglücksprophetie nur zu nachdrücklich erfüllt in den Gerichten, die im dreißigjährigen Kriege über Deutschland kamen. Den Gegnern (Phil. Arnoldi, Justus Groscurdt, Georg Rost, Alexander Buzinger) war er ein Phantast und Teufelsnarr, Luciferianische Reden führend, ein toller Nagel (homo vere clavatus et coecus), der gern alle Schulen, Kirchen und Predigtstühle zugenagelt und versperret hätte. Sein Todesjahr scheint mit 1621 zu früh angesetzt. Wie er bei Lebzeiten „ungütige Proceduren der Theologen“ erfahren hat – er wurde 1619 vor die theologische Facultät zu Wittenberg geladen –, so soll des Verstorbenen Beerdigung auf dem Gottesacker verboten worden sein. „Weil ihn daher Niemand in die Erde bringen wollte, haben ihn endlich die Weiber verscharret. Er ist aber wieder ausgegraben und die Weiber mit vier Wochen Gefängniß bestraft worden.“

[216] G. Arnold, Kirchen- u. Ketzerhistorie II, 53 ff. – A. H. Kästner, Gesch. der Mathematik IV, 398–403.