Zum Inhalt springen

ADB:Nagy de Alsó-Szopor, Ladislaus Freiherr

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Nagy de Alsó-Szopor, Ladislaus Freiherr“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 237–239, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nagy_de_Als%C3%B3-Szopor,_Ladislaus_Freiherr&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 12:38 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 23 (1886), S. 237–239 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Ladislaus Nagy von Alsó-Szopor in der Wikipedia
Ladislaus Nagy von Alsó-Szopor in Wikidata
GND-Nummer 138674396
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|23|237|239|Nagy de Alsó-Szopor, Ladislaus Freiherr|Adolf Schinzl|ADB:Nagy de Alsó-Szopor, Ladislaus Freiherr}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=138674396}}    

Nagy: Ladislaus Freiherr N. de Alsó-Szopor, k. k. Feldzeugmeister, wirklicher geheimer Rath, Inhaber des Infanterieregiments Nr. 70, Großkreuz und Commandeur österreichischer, päpstlicher, russischer, preußischer, sächsischer, toscanischer Orden, correspondirendes Mitglied der società colombaria fiorentina, Mitglied der k. k. geographischen Gesellschaft zu Wien als auch der Gesellschaft der Aerzte zu Wien, entstammt einem altadeligen ungarischen Geschlechte Oedenburg’s, wurde am 23. Juni 1803 zu Vukovár in Syrmien geboren und ist am 13. September 1872 zu Graz in Steiermark gestorben, hochgeachtet als vielseitig bewährter Generalstabsofficier, sicher leitender Chef des Generalstabscorps und außergewöhnlich gelehrter Militär. N., der schon als Zögling der Militärakademie zu Wiener Neustadt, in welcher er am 17. Mai 1816 Aufnahme gefunden, sich durch bedeutende Geistesgaben und Sucht nach Selbstausbildung bemerkbar machte, trat am 19. November 1823 als der erste seiner Classe in der Charge eines Lieutenants in das Jägerbataillon Nr. 11. Am 16. Februar 1828 wurde er zum Infanterieregimente Radossevich Nr. 53 versetzt, worauf er in Berücksichtigung seiner mehrfachen Brauchbarkeit bis zum Obersten verhältnißmäßig rasch vorrückte. Er avancirte am 15. April 1831 zum Oberlieutenant, am 16. November 1837 zum Capitänlieutenant beim Infanterieregimente Bentheim Nr. 9, am 17. April 1834 zum Hauptmann, am 2. Mai 1835 wurde er zum Generalquartiermeisterstabe übersetzt, in welchem er am 1. April 1839 zum Major, am 8. Februar 1847 zum Oberstlieutenant, am 18. August 1848 zum Obersten befördert worden ist. Während dieser Periode stand N. fünf Jahre im Truppendienste, die übrige Zeit beim Generalstabe oder als Adjutant in Verwendung. Speciell im J. 1824 befand sich N. beim Hauptquartier zu Neapel, 1828 bei der militärischen Landesbeschreibung in Dalmatien und Croatien, 1831 war er Personaladjutant des Hofkriegsrathspräsidenten Feldzeugmeister Grafen Gyulai; 1832 begleitete er als Adjutant den Generalmajor Grafen Clam-Martinitz in besonderer militärisch-diplomatischer Mission nach Berlin; 1837 und 1838 benutzte er seine Eintheilung beim Occupationscorps des Generalmajor Puchner in der Romagna zu freiwilligen Recognoscirungsreisen nach Livorno, Florenz, Rom und das von französischen Truppen besetzte Ancona, über welche Orte er dem Generalstabe sehr werthvolle Berichte erstattete; 1839 und 1840 lenkte er bereits als Generalstabschef des 2. Corps in Italien die Aufmerksamkeit des Feldmarschalls Grafen Radetzky auf sich; 1841 und 1842 leitete er die Militäraufnahme im Kirchenstaate, Toscana und Lucca, wobei er das Land auch als eventuellen Kriegsschauplatz studirte; 1843 und 1844 wurde zu Wien nach seinen Weisungen die Ausarbeitung der vorerwähnten Aufnahmen vorgenommen und dieselbe in jenes großes Kartenwerk über Italien eingereiht, für welches das k. k. geographische Institut auf der Weltausstellung zu London 1863 prämiirt worden ist; 1845–1849 wirkte N. als Generalstabschef des 1. Corps, vielfach ausgezeichnet durch die hochzuschätzende Anerkennung Radetzky’s. Dieselbe galt vorzugsweise Nagy’s vielversprechender Thätigkeit bei den damals in Europa noch seltenen großen Uebungsmanövern; ferner seinen verschiedenfältigen geistigen Leistungen, so beispielsweise dem aus eigenem Antriebe schon mehrere Jahre vor 1848 entworfenen Plane, Pavia im Hinblick auf die kommenden Ereignisse in einen place du moment und Pivotpunkt der Operationen zu gestalten; endlich Nagy’s Scharfblick, Selbständigkeit und Muth im Angesichte des Feindes. Er focht im J. 1848 am 18.–22. März zu Mailand, am 23. März zu Melegnano, im März und April in vielen Gefechten am Mincio, am 6. Mai bei [238] Santa Lucia, am 29. Mai bei Curtatone, am 30. und 31. Mai bei Goito, am 10. Juni bei Vicenza, am 14. Juni bei Somma Campagna, am 25. Juli bei Custoza, am 30. Juli bei Cremona, am 2. August bei Lodi und im J. 1849 am 21. März in den Treffen bei San Siro, Gamboló und La Sforzesca. Seine glänzendste That war jene bei Santa Lucia. Zur Zeit nämlich, als der mit seltener Ausdauer vertheidigte Friedhof von Santa Lucia vor der mehr als vierfachen Uebermacht des Gegners geräumt werden sollte, vermochte es N., den Corpscommandanten General der Cavallerie, Grafen Wratislaw, unter Begründung der Wichtigkeit des so lange gehaltenen Punktes, zu einem neuen Angriffe zu bewegen und hierfür auch die Unterstützung der Brigade des Generalmajors Fürsten Taxis vom Corps des Feldzeugmeisters Freiherrn d’Aspre zu erwirken. Hierauf dirigirte er persönlich mit allseits angestaunter Ruhe, Umsicht und Energie alle noch verfügbaren Kräfte in die Kampfeslinie, und als auch diese Unternehmung mißlang, war N. wieder der Erste, der nicht ruhte, bis die folgenschwere Entscheidung sich zu Gunsten des k. k. Heeres gewendet hatte. N., dessen beispielgebende Aufopferung für die Ehre der kaiserlich königlichen Waffen 1848 mit dem Ritterkreuze des Leopoldordens, 1849 mittelst Bezeugung der kaiserlichen Zufriedenheit und später mit dem Militärverdienstkreuze mit der Kriegsdecoration gelohnt worden war, kam nun Ende April 1849, weil mit den Verhältnissen in Mittelitalien wohlvertraut, in der Stellung eines Generalstabchefs zum Expeditionscorps des Feldmarschalllieutenants Grafen Wimpffen. Bei diesem Corps hat N., wie die bezügliche Relation erklärt, durch Muth und hohe militärische Begabung einen wesentlichen Antheil an den Waffenerfolgen im Kirchenstaate und besonders bei der Unterwerfung von Bologna am 16. Mai und von Ancona am 19. Juni genommen. Namentlich bei den beiden Belagerungen bewies N. ein sehr zutreffendes Urtheil in der Wahl der zur Beschießung geeigneten Punkte und in der Ausnützung des zur Verfügung gehabten Geschützes. Seine Decorirung mit dem Eisernen Kronenorden 2. Classe, an welche sich am 17. December 1854 statutengemäß die Erhebung in den Freiherrnstand schloß, war sohin eine wohlverdiente und schlug schon damals der Feldmarschall Radetzky den Obersten N. zum künftigen Nachfolger des Feldzeugmeisters Freiherrn v. Heß, Generalquartiermeisters bei der Armee in Italien, vor, indem er vor allem hervorhob, daß N. lange vor dem Eintreten der Revolution von 1848 wol der Einzige gewesen, welcher die zu ergreifenden militärischen Maßregeln richtig erfaßte und beurtheilte. N. entsprach nun auch weiterhin dem in seine Fähigkeiten gesetzten Vertrauen, so im Juli 1849 bei der Richtigstellung der mangelhaften Cernirung von Venedig, dann vom Herbste 1849 bis 22. April 1852 in der Verwendung als Generalstabschef der I. Armee unter dem General der Cavallerie Grafen Wratislaw, in welcher er am 11. November 1849 zum Generalmajor mit dem Range vom 1. Juli 1849 avancirte und im Winter 1850–1851 gelegentlich der Truppenaufstellung gegen Preußen unermüdlich und mit allseits vordenkendem Sinne für die Beschaffung der Armeebedürfnisse sorgte. Ganz besondere, durch des Kaisers Lob geehrte Verdienste erwarb sich N. ferner vom 23. April 1852 bis 5. November 1854 als Director[WS 1] der neu begründeten Kriegsschule für die Ausbildung von Generalstabsofficieren; noch während dieser Zeit, nämlich am 21. Juni 1854, wurde N. überdies zur Leitung der Section für die operativen Angelegenheiten bei der III. und IV. Armee unter Feldzeugmeister Freiherrn v. Heß beordert und entwarf er die für einen etwaigen Krieg mit Rußland erforderlichen Operationspläne. In Würdigung dieser Arbeiten ernannte der Kaiser im J. 1855 N. zum Adlatus des Generalquartiermeisters der Armee, Feldzeugmeisters Freiherrn v. Heß und am 17. Februar 1857 zum Chef der 2. Section (Operationskanzlei) beim Armeeobercommando zu Wien; am 28. Februar 1857 [239] avancirte N. zum Feldmarschalllieutenant. Während des Feldzuges 1859 befand sich N. gleich vom Anfange Mai an als Stellvertreter des abwesenden Civil- und Militärgouverneurs in Dalmatien. Dort verblieb er bis zum 4. August und haben seine Entschiedenheit und Umsicht bei der Kampffähigmachung der festen Plätze, bei der Aufstellung von 22,000 Mann Landesmilizen und dann sein kluges Einwirken auf die dem Fürsten Danilo von Montenegro feindlich gesinnte Partei mit Erfolg dazu beigetragen, das von einer französischen Flotte und von den Rajas und Montenegrinern bedrohte Dalmatien zu schützen. Bereits am 16. August 1859 wurde N. „in Anerkennung seiner Dienstleistung in Dalmatien“ die geheime Rathswürde verliehen. N. übernahm nun wieder die 2. Section beim Armeeobercommando; am 17. Februar 1860 wurde er zum Oberstinhaber des Infanterieregiments Nr. 70 ernannt, am 26. Februar 1861 durch die Berufung zum Leiter deß Generalquartiermeisterstabes ausgezeichnet. In dieser verantwortungsvollen, an Pflichten reichen Sphäre wirkte N. in jeder Beziehung mustergiltig und nutzbringend; vornehmlich glänzte er aber durch die umfassende Entfaltung seiner stets vorausblickenden Schaffenskraft. So wurden seine Vorkehrungen für die Wahrung der Interessen des Reiches und des Erfolges der kaiserlich königlichen Waffen der jeweiligen Weltlage entsprechend entworfen und bis in das kleinste Detail ausgearbeitet; im Marschallsrathe beantragte er andererseits als zeitgemäße Neuerungen unter anderen die Vereinigung des Generalstabes mit der Adjutantur, einen geregelten Wechsel der Stabsofficiere des Generalstabes in ihren Verwendungen, ferner die dringend gebotene, durch die Folgen des Feldzuges 1866 bestätigte Systemisirung einer Landwehrreserve und der Befestigung von Wien etc.; denkwürdig sind endlich seine Memoires an die Mitglieder des Reichsrathes, in welchen aufklärende Erörterungen geboten wurden über die Nothwendigkeit strategischer Rücksichtsnahme bei der Anlage von Eisenbahnen, über die Bedeutung einer Kriegsflotte, der Reichsbefestigung etc. Leider vermochten schon damals Nagy’s körperliche Kräfte nicht mehr den geistigen Stand zu halten und so wurde denn N. auf seine Bitte am 24. November 1864, an welchem Tage er in Anerkennung seiner langjährigen und vorzüglichen Dienste mit dem Eisernen Kronenorden 1. Classe geschmückt worden ist, das weniger anstrengende Commando der Festung Theresienstadt zugewiesen. In den gänzlichen Ruhestand, bei Verleihung des Feldzeugmeistercharakters, trat N. am 1. November 1865; doch schon anfangs April 1866 meldete er sich in Voraussicht des nahenden Krieges neuerlich um eine Verwendung, als welche ihm die unerwartete und traurige Bestimmung zufiel, der zur Prüfung der Armeeführung in Böhmen eingesetzten Voruntersuchungscommission beizutreten. Opferbereit genügte er auch dieser Pflicht, nach deren Erfüllung er sich schließlich nur mehr wissenschaftlichen, besonders militärischen und historischen Studien widmete. Und so ist denn das Festhalten der Erinnerung an Nagy’s Lebenslauf ein wohlberechtigtes; es gilt ja einer Persönlichkeit, welche bei aller Bescheidenheit und Herzensgüte in entscheidenden Zeiten mit Selbstbewußtsein und Mannesmuth zu handeln verstand, alles Wissen und Können für die Größe Oesterreichs und seiner Heere zu verwerthen strebte, durch vorausdenkende, keiner Anregung bedürfende Selbstthätigkeit dem Staate werthvolle Dienste leistete und in deren schriftlichem Nachlasse (siehe Streffleur’s österreichische militärische Zeitschrift. Wien 1872, 4. Bd., S. 195 und 196) noch eine bedeutende Anzahl durch Sorgfalt, Genauigkeit und Gedankentiefe schätzbare Abhandlungen unbehoben liegen. N. war seit dem Jahre 1854 mit der Hofsecretärswittwe Marie v. Kesaer verehelicht.

Streffleur, Oest.-milit. Zeitschrift, 4. Bd., Wien 1872. Svoboda, Die Zöglinge der Wiener-Neustädter Milit.-Akademie, Wien 1870.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Dieector