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ADB:Nasse, Werner

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Artikel „Nasse, Werner“ von Theodor Kirchhoff (Arzt) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 588, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nasse,_Werner&oldid=- (Version vom 16. November 2024, 16:34 Uhr UTC)
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Nasse: Werner N., ist geboren am 7. Juni 1822 in Bonn als Sohn des Klinikers Fr. Nasse, welcher mit M. Jacobi die Entwicklung der Irrenheilkunde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr wesentlich beeinflußte, und die klinische Beobachtung in die Psychiatrie einführte. Nach vollendetem Studium in Bonn und Marburg besuchte er zur weiteren Ausbildung die Kliniken in Prag, Wien und Paris. 1845 erlangte er in Bonn die Doctorwürde mit einer Dissertation: „De singularum cerebri partium functionibus ex morborum perscrutatione indagatis“. Nach einigen Jahren der Praxis errichtete er 1847/48 eine Privatirrenanstalt, anfangs mit seinem Vater gemeinsam; 1854 wurde er als Nachfolger Flemming’s zum Director der mecklenburgischen Staatsirrenanstalt Sachsenberg bei Schwerin berufen. Am 6. November 1863 übernahm er die Leitung der verwilderten Irrenanstalt Siegburg in seiner heimathlichen Provinz, deren Irrenwesen damals nicht gut war; er that es daher mit schwerem Herzen und mußte in dem ein halbes Jahr später eintretenden Verluste seiner Gattin, welche am Typhus starb, den schlechten Einrichtungen gleich noch dies schwere Opfer bringen. Er reorganisirte dann die alte als Irrenanstalt eingerichtete Abtei Siegburg unter dem Widerstande von Behörden und Publicum, welche glaubten, die beste der möglichen Irrenanstalten zu besitzen; aber er setzte auch die Gründung mehrerer anderer neuer Anstalten durch. Nachdem er von diesen eine Zeitlang Andernach geleitet hatte, übernahm er am 3. Mai 1881 die Direction von Bonn mit der Verpflichtung zu klinischen Vorträgen. Fast 25 Jahre rheinischer Anstaltsdirector, später ständiger Vorsitzender des Vereins rheinischer sowie des Vereins der deutschen Irrenärzte, starb er am 19. Januar 1889 in Bonn. Seine zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen erstreckten sich über weite Gebiete der Psychiatrie, behandelten aber mit Vorliebe praktische Fragen; besonders war er bahnbrechend in der Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs. Dies that er vorzüglich auch in Versammlungen, wobei seine gesamte Persönlichkeit, sein versöhnliches Wesen, seine geschäftliche Gewandtheit und sein reiches Wissen ihn zum geeignetsten Leiter machten. Unermüdlich in seiner Pflichterfüllung hat er vielfach über seine Kräfte gearbeitet. Seine strenge klinische Schulung machte ihn zum guten Arzt und zu einem stets anregenden und erfolgreichen Lehrer.

Vergl. Pelmann’s warmen Nekrolog in der Allgem. Zeitschrift für Psychiatrie und psychische-gerichtliche Medicin XLVI, 128–137. – Litteraturverzeichniß in derselben Zeitschrift XXXVIII, 40, und in Laehr’s Gedenktagen der Psychiatrie 1893, S 171.