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ADB:Nikolaus von Dinkelsbühl

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Artikel „Nicolaus von Dinkelsbühl“ von Franz Stanonik in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 622–623, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nikolaus_von_Dinkelsb%C3%BChl&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 21:57 Uhr UTC)
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Nicolaus von Dinkelsbühl, katholischer Theologe, erhielt seinen Beinamen von seiner schwäbischen Heimath, wo er um das Jahr 1360 geboren wurde. Er war durch eine Reihe von Jahren die bedeutendste Persönlichkeit unter den Professoren der Wiener Universität, wie unmittelbar vor ihm Heinrich von Langenstein (A. D. B. XVII, 672) und nach ihm Thomas Ebendorfer (A. D. B. V, 526). Im Verzeichniß der artistischen Baccalarien erscheint sein Name zuerst im J. 1385. Vier Jahre später war er schon als Magister in die artistische Facultät aufgenommen. Hier hielt er von 1390–1405 (mit Ausschluß der Jahre 1398–1402, in denen er zuerst über biblische Gegenstände, dann über die Sentenzen des Petrus Lombardus las, um sich auf den Uebertritt an die theologische Facultät vorzubereiten) mathematische, physikalische und philosophische Vorlesungen und bekleidete öfter die Facultätsämter. Als er vom October 1405 bis zum April 1406 das Rectorat führte, war er bereits Baccalarius in Theologia formatus und Canonicus bei St. Stephan. Förmlich trat er in die theologische Facultät im J. 1409 als Doctor ein, nachdem er im Jahre vorher Licentiat geworden war. 1410, 1425 und 1427 war er Decan der theologischen Facultät. Dagegen lehnte er 1409 die neuerdings auf ihn gefallene Wahl zum Rector ab und mußte die Strafsumme von 10 Gulden bezahlen. Da Nicolaus mit seiner Gelehrsamkeit eine nicht gewöhnliche Beredsamkeit und Geschäftstüchtigkeit verband, wurden ihm theils von der Universität, theils vom Landesfürsten verschiedene wichtige Gesandtschaften übertragen. An den Verhandlungen zur Beilegung des päpstlichen Schisma nahm er hervorragenden Antheil, insbesondere als Abgesandter des Herzogs Albrecht V. bei der Constanzer Kirchenversammlung. Hier verhalf er auch der Wiener Universität in einem Rechtsstreite gegen den Passauer Domdechanten Thiem zum Siege. Als Kaiser Sigismund nach Constanz kam, hielt er an ihn im Namen der versammelten Väter die Anrede, worin er ihm die Sache der Kirchenunion warm an’s Herz legte. Als nach Beseitigung des Schisma ein neuer Papst gewählt werden und außer den Cardinälen auch je sechs Abgeordnete der fünf am Concil vertretenen Nationen theilnehmen sollten, befand sich auch Nicolaus unter diesen Wählern. An den neugewählten Papst Martin V. hielt Nicolaus eine Anrede als Abgeordneter des österreichischen Herzogs Albrecht V. Nach seiner Rückkehr von Constanz widmete er sich ganz dem Lehrfache und den Universitätsangelegenheiten und war thätig bei den kirchlichen Reformen, welche der Salzburger Erzbischof in seiner Diöcese einführte. Als das Baseler Concil einberufen und auf Wunsch des Passauer Bischofs von der Universität ein Ausschuß von elf Mitgliedern eingesetzt wurde, um über die dem Concil vorzulegenden Reformvorschläge zu berathen (Ende 1431), war es wieder N., der im Vereine mit Thomas Ebendorfer von Haselbach mit der Abfassung des Gutachtens betraut wurde. Nach diesem Jahre wird er jedoch in den Universitätsacten nicht mehr erwähnt. Er starb im Kloster von Mariazell am 17. März 1433. Seit Possevin haben ihn mehrere Litterarhistoriker, insbesondere die Nomenclatoren des Augustinerordens, auf Grund von zwei Handschriften für einen Augustinereremiten gehalten. Allein in der großen Menge anderer Handschriften seiner Werke fehlt jede derartige Angabe, so daß Ossinger gerade aus diesem Grunde seine Zugehörigkeit zum Orden bestritt. Entscheidend aber ist der Umstand, daß nach den mittelalterlichen [623] Universitätsstatuten kein Ordensgeistlicher zum Rector gewählt werden konnte. – N. gehörte zu den fruchtbarsten Schriftstellern der alten Wiener Universität. Außer einem „Commentarius in libros physicorum Aristotelis“ gehören seine Werke sämmtlich der Theologie an. Nur wenige davon sind im Drucke erschienen, nämlich „Postilla cum sermonibus evangeliorum dominicalium.“ Straßburg 1496. „Collecta et praedicata de passione Christi“, sine l. a. et t. (Speier), „Concordantia in passionem Dominicam, s. l. a. et t.“ (Ulm). Alle drei bei Hain Nr. 11760–62. Ferner ein Folioband zu Straßburg 1516 mit folgenden acht Tractaten: „De dilectione Dei et proximi sermones XI“; „De praeceptis decalogi“; „De oratione Dominica“; „De tribus partibus poenitentiae“; „De octo beatitudinibus“; „De 7 peccatis mortalibus et virtutibus oppositis“; „Confessionale“; „De 5 sensibus“. Endlich findet sich bei de Hardt, Concil. Constantiense, II, 182; „Oratio Nicolai de D. ad Sigismundum imperatorem in concilii exordio habita“. Ungedruckt blieben: „Commentationes in psalmos Davidicos, in Isaiam“; „Lectura super Matthaeum, in s. Pauli epistolas canonicas, in epistolam secundam ad Corintios, in epist. ad Galatas, ad Ephesios“; „Quaestiones in epistolas ad Corinthios“; „Quaestiones motae contra diversos passus epistolae ad Galatas“. – „Commentarii in 4 libros sententiarum“ und „Quaestiones in 4 ll. sent.“; „Brevis expositio 7 sacramentorum“; „Quaestio de haeresibus et haereticis ac de veritatibus catholicis“; „Quaestiones variae theologicae“; „De 7 donis Spiritus s.“; „De communione sacramentali“; „Responsio contra communionem sub utraque“; „Sigillum poenitentiae“; „De indulgentiis“; „De veneratione imaginum“; „De lectione s. Scripturae in lingua vulgari“; „Avisamentum super articulis Joannis de Falkenberg“; „De superstitionibus“; „De gratitudine et ingratitudine“; „De eleemosyna“; „De oblationibus“; „De 7 instrumentis musicis diaboli“; „Speculum amatorum huius mundi“; „Quinque genera speculorum ad faciem hominis considerandam“; „Speculum praelatorum“; „De peccatis linguae“; „De operibus faciendis die dominica“; „De salutatione angelica“; „De chorea“; „De mendacio“; „De ieiunio“; „De vita et morte“; „De arte moriendi“; „Lavacrum conscientiae sacerdotis secularis etc.“. Der eine oder andere dieser Tractate, die sich meist in mehreren Abschriften in den Hofbibliotheken von Wien und München, aber auch in anderen deutschen und selbst ausländischen Büchersammlungen befinden, dürfte nur einen Bestandtheil seiner Erklärung der Sentenzen des Petrus Lombardus bilden, wie dieses bezüglich des Tract. de indulgentiis in einer Münchener Handschrift angemerkt ist. Sehr viele andere sind jedoch aus Canzelreden entstanden, so daß in manchen Handschriften ein Werk als Tractatus bezeichnet ist, welches in anderen als Sermo betitelt sich findet. Einzelne Bände finden sich auch in deutscher Uebersetzung. Hiezu kommen die größeren Sammlungen seiner Predigten: „Sermones de tempore sive dominicales“; „Sermones de Sanctis“; „Sermones morales“.

Vgl. Dom. Ant. Gandolfus Genuensis, Dissertatio hist. de 200 celeb. Augustinianis scriptoribus, 272 ff – Oudin, Comment. de scriptor. eccles. III, 2301Kink, Gesch. d. kais. Univers. Wien, I, II, 17, 19, 21 f. 53, 57. – Wappler, Gesch. d. theol. Facult. d. Univ. Wien. S. 10, 22, 24, 36, 387, 365. – Cruel, Gesch. d. Predigt im M. A., 498 ff. und besonders genau und reichhaltig: Aschbach, Gesch. d. Wiener Univers. I, 430 ff. – Vgl. dazu Halm, Laubmann und Wilh. Meyer. Catalogus codd. lat. biblioth. reg. Monacens. I, II, 245. I, III, 231. II, III, 316. – Schmeller, Deutsche Hdschr., S. 590. – Tabulae codd. mss. in biblioth. palatina Vindobon. asservat. I, 353. II. 368. III, 533 f.