ADB:Nikolaus das Kind

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Artikel „Nikolaus das Kind, Edler Herr von Rostock“ von Karl Ernst Hermann Krause in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 616–617, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nikolaus_das_Kind&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 11:25 Uhr UTC)
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Nicolaus das Kind, Edler Herr von Rostock: N., der Sohn Woldemars, der Enkel des 1278 verstorbenen Heinrich oder Borwin III., † am 25. November 1314, war der letzte selbständige Herr des Landes Rostock, und mit ihm starb diese Linie des Hauses Mecklenburg aus. Für die Geschichte hat er die Bedeutung, daß er den letzten Versuch der Dänen veranlaßte, sich an der mecklenburgischen Küste vereint mit den askanischen Markgrafen von Brandenburg festzusetzen. Unmündig bei dem Tode seines Vaters 1282 erhielt er den Beinamen puer, „das Kind“, der ihm später wegen kindischer Schwäche und Wandelbarkeit verblieb. Sein erstes Verlöbniß mit einer Gräfin von Lindow hinderte die Kirche wegen verbotenen Verwandtschaftsgrades. Seiner zweiten Braut, Margarete, der Tochter des Markgrafen Albrecht und Schwester Woldemars von Brandenburg, Wittwe des 1296, wie man meinte nicht ohne ihre Zuthat, erschlagenen Herzogs Przemislav von Gnesen, brach er das Wort, um sich mit einer Tochter Herzogs Boguslav von Wolgast zu vermählen, und reizte dadurch die Brandenburger zum Kriege, denen sich Fürst Heinrich II. von Mecklenburg (der Löwe) als Bundesgenosse anschloß. Der Rath von Rostock erkaufte 1299 durch schwere Zahlung den Frieden, rief dadurch nach dem Abzug der Brandenburger aber einen Aufstand der Zünfte wach, und N. nahm 1300 König Erich von Dänemark „als Vormünder“, d. h. als eine Art Lehnsherr für sein Land an. Die Folge war ein heftiger Krieg der verwandten Häuser Mecklenburg und Werle gegen Rostock, worin jene gegen Erich unterlagen, letzterer aber, wie es scheint, den Rostocker Herrn direct zum Vasallen Dänemarks machte, und das Land als das seinige ansah. 1310 hatte er eine Zusammenkunft mit Markgraf Woldemar zu Ribnitz und verabredete dort das berühmte große Turnier für Pfingsten 1311 zu Rostock. Die Seestadt aber verschloß dem Könige die Thore, [617] so daß er den glänzenden „Hof“, von dem alle Chronisten erzählen, auf freiem Felde am rechten Ufer der Warnow halten mußte. Das führte zu den wüthenden Fehden von 1311–1314, welche Heinrich II. von Mecklenburg als „Capitaneus“ des Königs gegen Rostock führte. Die Stadt erhob in einem Zunftaufstande, der mehreren friedesuchenden Rathsherren den Tod brachte, 1312 N. wieder zu ihrem unabhängigen Fürsten, aber schon am 6. December desselben Jahres mußte sie sich im Verträge zu Polchow bei Laage dem Fürsten Heinrich als des Königs Hauptmann unterwerfen. Einen neuen Aufstand dämpfte Heinrich durch die vom Rath herbeigeführte Ueberrumpelung vom 12. Januar 1314 und erhielt nun die Herrschaft Rostock bis auf zwei kleine von der Küste abgelegene Ländchen, die N. blieben, zu Lehen, während in der Feste zu Warnemünde dänische und brandenburgische Besatzung blieb. Als N. starb, blieb die Herrschaft Rostock dänisch, aber unter Heinrichs Verwaltung. Dieser entledigte sich 1319 der Warnemünder Besatzungen, mußte aber am 21. Mai 1323 doch die Lande Rostock, Schwaan (Sivan) und Gnoien vom Könige Christoph als erbliches Lehen sich verleihen lassen. N. wurde im Chor der Kirche des Dominikanerklosters zu St. Johannis in Rostock begraben, der Leichenstein beim Abbruch der Kirche noch in unserem Jahrhundert verkauft! – Die Herrschaft Rostock war selbständig, aber als dänisches Lehen seit 1184 unter Nicolaus I. (Niclot) († am 25. Mai 1201 bei Waschow), dem Sohne Wartislav’s, den der Sachsenherzog Heinrich der Löwe 1164 vor Malchow erhängen ließ. Nachher hatte Heinrich Borwin II. († 1226) noch zu Lebzeiten seines Vaters Heinrich Borwin I. das halbe damalige Slavien oder Wenden unter dem Namen Herrschaft Rostock; seine vier unmündigen Söhne nannten sich auch als Inhaber ganz Slaviens „Herrn von Rostock“, bis sie 1229 das Ganze so theilten, daß unter dem Namen Rostock ein Viertel des Landes an Heinrich oder Borwin III. kam. „Borwin“ heißt „der Kriegerische“, der Name galt als dem deutschen „Heinrich“ gleichbedeutend; Heinrich II.(† am 21. Januar 1229), der den slavischen Beinamen nicht mehr führen mochte, nannte sich statt dessen „Leo“. Das Siegel der Herrn von Rostock und früher des ganzen Fürstenhauses war der Greif.

Vgl. die Meckl. Historiker v. Rudloff, v. Lützow und E. Boll, wo auch der Umfang der Herrschaft Rostock (aber irrig reducirt auf die alten slavischen Stammnamen). – Chronik von Rostock in Schröter’s Beitr., Heft I (einz.) und dazu Krause im Rostocker Gymn.-Progr. 1873. – Lisch, Jahrb., besonders X. Vgl. Register zu 1–30. – Wigger, Stammtafeln (Festschrift 1885–). S. 157 f. = Jahrb. L. S. 157 f.