Zum Inhalt springen

ADB:Wigger, Friedrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wigger, Peter Gottlieb Daniel Friedrich“ von Karl Ernst Hermann Krause in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 461–463, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wigger,_Friedrich&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 10:11 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Wigerich
Band 42 (1897), S. 461–463 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Friedrich Wigger (Archivar) in der Wikipedia
Friedrich Wigger in Wikidata
GND-Nummer 117370746
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|42|461|463|Wigger, Peter Gottlieb Daniel Friedrich|Karl Ernst Hermann Krause|ADB:Wigger, Friedrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117370746}}    

Wigger: Dr. Peter Gottlieb Daniel Friedrich W., litterarisch stets nur Friedrich W. genannt, † am 24. September 1886 als Geheimer Archivrath und erster Archivar am großherzogl. Geheimen und Hauptarchiv zu Schwerin in Mecklenburg, war am 17. Juni 1825 zu Dassow geboren. Er besuchte das Gymnasium zu Ratzeburg, studirte Philologie und Geschichte seit Michaelis 1844 in Göttingen und Berlin und bestand hier 1848 die Prüfung pro facultate docendi. Namentlich Lachmann’s Methode und Führung hatte auf ihn einen dauernden Einfluß geübt, doch war er später eher geneigt, angefochtene Ueberlieferungen zu stützen als anzugreifen, soweit die Schärfe seiner kritischen Erwägungen es irgend zuließ. Michaelis 1855 wurde er nach einer Reihe von Privatstellungen Lehrer am Gymnasium Fridericianum zu Schwerin und erhielt nach Herausgabe einer tüchtigen, kleinen „Hochdeutschen Grammatik [462] mit Rücksicht auf die plattdeutsche Mundart“ (1859), welche zunächst für mecklenburgische Schulen bestimmt war, 1860 den Titel „Oberlehrer“. Seinen historischen Neigungen und seiner ausgezeichneten archivalischen Forscherbegabung folgend übernahm er in der am 28. Januar 1861 vom Großherzog bestätigten „Wissenschaftlichen Commission für die Herausgabe eines Mecklenburgischen Urkundenbuches“ die Redaction desselben und verließ am 23. December desselben Jahres den Schuldienst, da er nun als Registrator beim großherzogl. Geheimen und Hauptarchiv zugleich zum 2. Bibliothekar der Regierungsbibliothek ernannt wurde. Schon vorher hatte er zur 25. Jahresfeier des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde, welche zugleich dieselbe Feier für dessen ersten Secretär, den Archivrath Lisch, war, seine fast unentbehrlichen, leider aber zu wenig bekannt gewordenen „Mecklenburgischen Annalen bis zum Jahre 1066“ (Schwerin 1860, 148 S.) erscheinen lassen, eine auf dem sorgsamsten Studium der Mon. Germ. beruhende chronologisch geordnete Quellensammlung zur mecklenburgischen und westslavischen Geschichte der ältesten Zeit, deren geographisch-historische Anmerkungen und Abhandlungen den Thatsachen jener dunkelen Periode mit ausgezeichneter kritischer Schärfe die thunlichst mögliche Feststellung verschafften. Der beste Beweis für ihre Genauigkeit war, daß die Entdeckung der Reise des Ibrahim ben Jakûb, jenes marokkanischen Juden von der Gesandtschaft an Otto den Großen, 972 nach Mecklenburg (Weligard) durch de Goeje die erste und einzige Vermehrung und Bereicherung der von W. gegebenen Daten bildet. Von der Zeit seines Eintritts in das Archiv an hat er in regster, selbstlosester Weise sich an den Arbeiten für die Mecklenburgischen Jahrbücher betheiligt und die Redaction des „Mecklenburgischen Urkundenbuchs“ geführt, welche die Arbeit seines Lebens werden sollte. Vollständig in seinem stillen, gemüthvollen und aufopferungsfähigen Wesen verschieden von seinem Chef, dem rührigen, anregenden aber auch leicht abspringenden und ehrgeizigen Lisch (A. D. B. XVIII, 752), den er an kritischem Scharfblick und Gediegenheit sicherer Kenntnisse weit überragte, sah er seine stille Arbeit zuerst vielfach bei Seite gesetzt (z. B. seinen unbezweifelbaren Nachweis über Goderac = Kessin) und in den Hintergrund gedrängt, obwol der Großherzog Friedrich Franz II., dessen Vorleser er war, seine gediegene, nie versagende Kenntniß zu schätzen wußte. 1864 wurde W. zum Archivar, 1876 zum Archivrath, 1883 zum Geheimen Archivrath ernannt. Schon 1876 hatte er, obwol nur 2. Secretär, factisch die Geschäfte des Vereins für mecklenburgische Geschichte etc., welche Lisch bis 1879 nominell behielt, geführt, 1880 übernahm er, nunmehr als 1. Secretär, auch die Leitung der unter ihm rasch wieder aufblühenden „Meckl. Jahrbücher“, denen seine umfänglichen Arbeiten zur Geschichte des Landes und des Fürstenhauses schon früher zur besonderen Zierde gereichten. Zum 50jährigen Bestehen des Vereins, 1885, brachten sie die mühsam zusammengetragenen, auch separat als Festschrift erschienenen „Stammtafeln des Großherzoglichen Hauses von Mecklenburg“. Das „Mecklenburgische Urkundenbuch“, dessen erste Anregung freilich Lisch gehört und an dessen Arbeiten auch andere, wie Beyer, Mann, Masch, Crull und Wedemeier und der Verfertiger des vorzüglichen Sachregisters, Rector Römer in Grabow, sich betheiligten, ist doch thatsächlich sein Werk, und die allgemein anerkannte Mustergültigkeit bleibt ein Denkmal seines stillen Schaffens. 14 starke Bände, bis 1360, sind von 1863–1886 davon ausgegeben, für den 15. hat er das Material zum Drucke fertig gestellt, bis 1400 hatte er dasselbe auch gesammelt. 1870, 1878 und 1879 erschien daneben von ihm die umfängliche „Geschichte der Familie von Blücher“, auch für die abgelegeneren und dem allgemeinen Interesse entrückteren Theile das Muster einer Familiengeschichte, die sich auch der weiteren Forschung nothwendig zu machen versteht. Die minutiös genaue Darstellung [463] des Marschall Vorwärts (Bd. II, 1) hat sich rasch genug Beachtung erworben. Erwähnt sei noch das für pommersche Proceßzwecke, für die Universität Greifswald, verfaßte und in den rechtsgelehrten Kreisen Aufsehen erregende archivalisch juristische Gutachten über die Abgabe „des Hundekorns“. Ausgezeichnet war seine Liebenswürdigkeit in Förderung fremder Arbeiten und Ermunterung jüngerer Kräfte. Ein Schlagfluß brachte ihm den unvermutheten Tod.

Nekrologe brachten die Meckl. Anzeigen 1886, Nr. 224; Meckl. Zeitung 1886, 25. Sept. (daraus die Rostocker Ztg., Nr. 448, 2. Beil.); Deutscher Reichsanzeiger 1886, Nr. 227. – K. K(oppmann), Zur Gesch. d. Mecklenb. Urkundenbuches (Rostocker Zeitung 1886, Nr. 468, S. 1 ff.).