ADB:Oesfeld, Karl Wilhelm von
Johann Friedrich Oe., war Prediger des Cadettencorps zu Berlin, lutherischer Hof- und Garnison-Prediger und Inspector des großen Militärwaisenhauses zu Potsdam, sowie Feldprediger im Königsregiment und stand daher bei König Friedrich Wilhelm I. in großer Gunst, auf dessen Befehl er verschiedene Predigten drucken lassen mußte, während dessen beide Söhne, und zwar Friedrich Wilhelm v. Oe. als Advocat und Financier, der jüngere Karl Ludwig v. Oe. aber als Topograph, sich rühmlichst hervorgethan haben. Der erstere, geb. am 16. November 1736 zu Potsdam, wurde 1758 Hof-Fiscal und Advocat beim Stadtgericht zu Frankfurt a. O., dann durch einstimmige Wahl der Kreisstände 1765 Kreiseinnehmer zu Potsdam, wozu ihm König Friedrich II. den Charakter als Hofrath verlieh, 1769 landschaftlicher Zinsenmeister daselbst, 1782 Director des dem großen Militär-Waisenhause zuständigen Lombard- oder Pfandleihinstituts und ist Verfasser verschiedener wissenschaftlicher [471] Werke, von denen am bekanntesten geworden ist: „Versuch einer Anleitung zur Finanz-Rechnungswissenschaft und Verwaltung öffentlicher Cassen“, Berl. 1773. – Sein Bruder Karl Ludwig v. Oe., als Topograph und Ingenieur rühmlichst genannt, geb. am 4. März 1741 und † am 4. November 1804, trat 1759 auf Empfehlung des Generals v. Schenkendorf als Conducteur bei dem königlichen Ingenieurcorps ein, wurde als solcher während des siebenjährigen Krieges der Suite des Königs attachirt, 1762 Fähnrich im v. Schenkendorf’schen Regimente und nahm nach dem Hubertsburger Frieden seine Demission als Ingenieurlieutenant. Im J. 1770 auf Vorschlag der Teltow’schen Kreisstände zum Kreisrendanten mit dem Charakter als Hofrath ernannt, wurde er vom Minister v. Herzberg vielfach mit archivalischen Arbeiten, namentlich für das „Landbuch des Kurfürstenthums und der Mark Brandenburg“, Berl. 1781, betraut, übernahm 1782 als Generalpächter der preußischen Kalender, welche zum Besten der preußischen Akademie der Wissenschaften[WS 1] erschienen, die Herausgabe derselben und unterzog sich selbst der Redaction der „Almanachs portatifs et militaires généalogiques“ für die Jahre 1784 und 1785. Im J. 1788 erhielt er als Zeichen besonderer königlicher Gnade, zugleich mit der Erneuerung des Adels für ihn und seinen Bruder, den Charakter als Geheimer Rath. Sein bekanntestes schriftstellerisches Werk ist die mit großem Fleiße ausgearbeitete: „Topographische Beschreibung des Herzogthums Magdeburg und der Grafschaft Mansfeld Magdeburgischer Hoheit“, Berlin 1780, zu welcher die Resultate von ihm größtentheils an Ort und Stelle gewonnen waren. Sein großer Sammelfleiß vererbte sich auf seinen einzigen Sohn Karl Wilhelm v. Oe., späteren Oberst und Chef des trigonometrischen Bureaus des großen Generalstabes der Armee. Dieser war ohne Zweifel einer der bedeutendsten Kartographen unserer Zeit, obwohl im Ganzen weniger bekannt, weil sich seine Thätigkeit auf dem Gebiete der Topographie und Trigonometrie mehr der Verbesserung und Berichtigung des bereits Vorhandenen und dem deutschen Elemente als dem Neuzuschaffenden zugewandt hat, obwohl er auch in diesem sich nicht minder hervorgethan. Fast ein halbes Jahrhundert hat er gewirkt und sich während dieser Zeit durch anhaltende, geräuschlose und angestrengte Thätigkeit in der geographischen Welt eine Stelle errungen, welche ihm einen ehrenvollen Namen sichert. In jeder Beziehung günstige Verhältnisse seiner Jugend bildeten seinen Geschmack und seine Liebe zu den geographischen Wissenschaften früh aus. Sein Vater besaß ein nicht unbedeutendes Vermögen und insbesondere eine reiche Bibliothek, sowie außer vielen Kunst- und Kupferstichwerken, eine schöne Sammlung von sämmtlichen gestochenen und gezeichneten Landkarten des preußischen Staates in genere und specie von Anfang der brandenburgischen Geschichte, welche, später durch Kauf von König Friedrich Wilhelm II. erworben, in den Besitz der königlichen Bibliothek zu Berlin übergegangen ist. Unter solchen Verhältnissen und den unmittelbaren Eindrücken aus den eigensten Anschauungen, mußte sich in dem Sohne bald eine besondere Vorliebe für das geographische Studium entwickeln; dieses Gebiet zu erforschen und auszubilden, blieb denn auch sein Lebensziel und ihm hat er auch seine letzte Lebenskraft gewidmet. Nachdem v. Oe. vier Jahre als Pensionär die königliche Académie militaire, welche zur wissenschaftlichen Ausbildung von tüchtigen Officieren damals in Berlin bestand, besucht hatte, trat er im März 1801 als Fähnrich in das Regiment v. Arnim ein und avancirte in diesem im J. 1804 zum Secondelieutenant. Schon als solcher nahm er reges Interesse an topographischen Arbeiten und gab, erst 23 Jahre alt, einen „Grundriß des Manöverplatzes bei Potsdam“ heraus, welcher nach der eigenen Aeußerung Königs Friedrich Wilhelm IV. lange zu den besten gerechnet wurde. Als in den folgenden Jahren der unglücklichen Kriegsperiode die meisten preußischen [472] Regimenter aufgelöst wurden, verließ auch v. Oe. seine bisherige Stellung, wurde aber bei der Reorganisation der Armee im J. 1813 auf besondere Empfehlung des Prinzen Wilhelm von Preußen demselben als Adjutant sowie dem Generalstabe des Fürsten Blücher attachirt. In dieser Stellung machte er die Campagne von 1813 und 1814 mit und wurde vorzüglich zur Aufnahme von Lagerplänen und Festungen verwandt, wobei er oft in persönliche Gefahr gerieth; im J. 1813 mit dem eisernen Kreuze decorirt, wurde er zum Stabscapitän in dieser Stellung ernannt. Zur Wahrnehmung der Grenzregulirungs-Interessen ging er dann 1814 auf Specialbefehl des Königs nach Wien zum Congresse, wurde 1820 Major und auf seinen Wunsch zum Dirigenten des trigonometrischen Bureaus des Generalstabes ernannt. Diese Stellung benutzte v. Oe. von nun an unablässig zur Ausbeutung aller Zweige des geographischen Wissens; auch gab sie ihm Muße genug, seine litterarischen und kartographischen Bestrebungen eifrigst zu verfolgen. Diese waren es auch, welche ihn mit den berühmtesten Geographen der Zeit, mit Al. v. Humboldt, Karl Ritter, Berghaus, Mädler, Reymann u. a. in nahe Berührung brachten. Zugleich begann er die Herausgabe seiner mannigfachen Kartenwerke, sowie eine umfangreiche Sammlung von Karten, Grundrissen und Zeichnungen, welche, in etwa 30 000 Bl. bestehend, die ältesten seltenen kartographischen Werke enthielt und nach seinem Tode in den Besitz der französischen Regierung übergegangen ist. Um aber diese nicht als todtes Material liegen zu lassen, sondern das sehr umfangreiche Gebiet der verschiedenen Zweige der Geographie, der Topographie, Trigonometrie etc. für die Wissenschaft überhaupt nutzbar zu machen, entwickelte sich bei v. Oe. die Idee eines großen, kritisch-litterarischen Kartenwerks über alle seit Ursprung der Welt erschienenen Karten etc. etc., dessen selbstredend unvollendeter Katalog im Manuscript, welcher den Beweis seiner bis ins Unendliche gehenden minutiösen Genauigkeit und Sorgfalt giebt, sich gegenwärtig im Besitz der königlichen Bibliothek zu Berlin befindet. Der im J. 1841 begonnene „Kartenfreund“, einen Theil jenes Katalogs bildend, mußte wegen der inzwischen eingetretenen Krankheit v. Oesfeld’s unvollendet bleiben. Er starb am 2. November 1843 zu Berlin. Von den noch nicht erwähnten größeren Arbeiten v. Oesfeld’s sind folgende bemerkenswerth, welche sämmtlich ebenso von dem großen Fleiße als von der treuen Gewissenhaftigkeit ihres Urhebers zeugen: „Der Brocken für Harzreisende“, „Geographische Darstellung der europäischen Meilen, soweit deren Größe sicher bekannt, im Maßstabe von 1/100 000“, 1831, „Litteratur der besseren Karten der Niederlande etc.“, 1832, „Litteratur der besseren Karten der Schweiz etc.“, 1833, „Tafel zur unmittelbaren Verwandlung mehrerer Längenmaße in Pariser Fuße etc.“, 1836; „Verzeichniß der Autoren von den vorzüglichsten Landkarten europäischer Landestheile“ o. J., „Kartenindex, nach den Hauptländern geordnet, mittelst des Verhältnisses der Maßstäbe zur natürlichen Länge“, o. J., und als das bedeutendste, leider immer noch nicht vollendete Werk, auf welches v. Oe. in seinen letzten acht Lebensjahren alle seine materiellen wie geistigen Kräfte und den unausgesetztesten Fleiß verwandt hat, die Fortsetzung der berühmten Reymann’schen topographischen Specialkarte von Deutschland in 342 Blatt, von denen er einen großen Theil neu umarbeitete, einen anderen neu herausgegeben hat. Ueber den Werth dieser Arbeiten hat die Kritik längst entschieden, denn v. Oe. verstand es, bei seiner großen Sachkenntniß, seinen Erzeugnissen stets einen Grad der Vollkommenheit zu geben, wie er der Zeit und Wissenschaft angemessen. Uebrigens war er einer der eifrigsten unter den Stiftern der Berliner geographischen Gesellschaft, zog sich aber später aus ihr zurück, weil dieselbe nach seiner Ansicht falschen Tendenzen huldigte, ebenso Mitglied der Breslauer naturforschenden Gesellschaft, auch Mitarbeiter von vielen militärischen Zeitschriften und in diesen als strenger Kritiker sehr gefürchtet.
Oesfeld: Karl Wilhelm v. Oe., bedeutender Topograph und Kartograph, geb. am 28. Juni 1781 zu Berlin, † daselbst am 2. November 1843, stammt aus einer recht eigentlich brandenburgisch-preußischen Familie. Sein Großvater,Anmerkungen (Wikisource)
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