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ADB:Pangerl, Mathias

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Artikel „Pangerl, Mathias“ von Franz Ilwof in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 746–749, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pangerl,_Mathias&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 09:04 Uhr UTC)
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Pangerl: Mathias P., Historiker, wurde am 10. März 1834 zu Honetschlag im südlichen Theile des Böhmerwaldes geboren. Er studirte am Gymnasium zu Budweis, von 1855–1858 an der Universität zu Prag, 1858/59 an der zu Wien, wo er in dem Institute für österreichische Geschichtsforschung arbeitete. Professor Jäger, der tüchtige Historiker, empfahl ihn dem Benedictinerstifte St. Lambrecht in der oberen Steiermark, welches eine Kraft zur Ordnung des Archives suchte. Nachdem er diese Arbeit trefflich geleistet hatte, vollzog er eine gleiche im Cistercienserstifte Rein, nördlich von [747] Graz. Von da kam er als Aspirant in das Joanneumsarchiv in Graz (20. November 1863), wo er am 17. Juni 1864 zum zweiten Adjuncten ernannt wurde. Inzwischen war bereits seine erste Urkundenpublikation erschienen. In Verbindung mit Tauschinski gab er Vincentii Pragensis (1158 Caplan des Prager Bischofs Daniel, 1166 imperialis curiae in tota Italia judex und 1158–1160 Augenzeuge des Krieges Kaiser Friedrichs I. in Italien) Annales 1140–1167 aus dem Codex Strahoviensis in den Fontes rerum austriacarum V, 1863 heraus. Im J. 1865 bereiste er im Auftrage des steiermärkischen Landesausschusses Steiermark und Kärnten, um Urkunden für das Joanneumsarchiv zu suchen und zu erwerben, was von großem Erfolge begleitet war. In demselben Jahre erschien seine zweite Urkundenpublikation, das „Urkundenbuch des Cistercienserstiftes Beatae Mariae virginis zu Hohenfurt in Böhmen bearbeitet von M. P.“, herausgegeben von der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien in den Fontes rerum austriacarum, 23. Bd., Wien 1865.

Seinen Arbeiten im St. Lambrechter und im Joanneumsarchive in Graz entsprangen mehrere werthvolle Aufsätze: „Ueber Johannes Mannesdorfer, Chronisten des Klosters St. Lambrecht“ (Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen, 1864, I, 103–111), „Studien zur Geschichte des Klosters St. Lambrecht: I. Ueber die Reihe der Aebte des Klosters St. Lambrecht im 12. und 13. Jahrhundert. II. Ueber die Zeit der Gründung und über die Ausstattung des Klosters St. Lambrecht“ (ebenda 1865, II, 114–138 und 1866, III, 50–83), „Ueber die ältesten Todtenbücher des Benedictinerstiftes St. Lambrecht“ (ebenda 1866, III, 3–17), „Berichtigung zu meinem Aufsatze über die Reihe der Aebte des Klosters St. Lambrecht im 12. und 13. Jahrhundert“ (ebenda 1867, IV, 148–150). Endlich eine sehr werthvolle Untersuchung über den Ursprung des dem Stifte St. Lambrecht gehörigen Wallfahrtsortes „Maria Zell. Ein Beitrag zur historischen Topographie der Steiermark“ (in den Mittheilungen des historischen Vereins für Steiermark, 1870, XVIII, 3–46).

Im J. 1866 schied P. aus dem Joanneumsarchive und wurde am 1. Mai mit dem Titel und Charakter eines Archivadjuncten beim fürstlich Schwarzenberg’schen Centralarchive in Wien angestellt. Ueber seine Leistungen in Graz spricht sich der Jahresbericht des Joanneums für 1866 in folgender ehrender Weise aus: „Das Archiv des Joanneums verlor an ihm einen gewissenhaften fleißigen und treuen Arbeiter, dessen Leistungen der steiermärkische Landesausschuß gelegentlich der Enthebung gebührend anerkannte, aber es hat ihn als Mitstrebenden in der Erreichung seiner Ziele behalten, da er es übernahm, die steiermärkischen Dokumente im k. k. Staatsarchiv und im Deutsch-Ordens-Zentralarchive für das Joanneum zu bearbeiten; so konnte diese Angelegenheit keinen geeigneteren Händen anvertraut sein“, was sich auch vollständig bewährte, denn in den Jahresberichten des Joanneums aus den folgenden Jahren werden mehrfach Urkundenabschriften verzeichnet, welche P. dem Archive aus Wien eingesandt hatte.

Im fürstlich Schwarzenberg’schen Archive wurden während seiner Amtsthätigkeit von ihm alle fürstlichen Familien- und Realurkunden den Anforderungen der modernen Archivwissenschaft entsprechend neu registrirt und wurde mit der Neuordnung des gesammten Familienarchivs vom biographischen Standpunkte aus begonnen. Ueber seine Anregung wurde eine Archivsbibliothek geschaffen, für alle historischen Werke, welche für die öffentliche Thätigkeit der Mitglieder des Fürstenhauses Schwarzenberg seit dem 12. Jahrhundert von Wichtigkeit sind. An dieser Bibliothek werden alle Werke gesammelt, [748] welche von der Geschichte der fürstlichen Besitzungen in Franken, Böhmen, Steiermark, Nieder-Oesterreich und Salzburg handeln. P. hat über alle Werke, die zu seiner Zeit schon vorlagen, einen sowol nach Autoren, als nach Orten und Sachen alphabetisch geordneten Katalog angelegt. Auch die Handschriftensammlung verdankt ihm ein musterhaft angelegtes Repertorium. Ebenso hat er in dem dem fürstlich Schwarzenberg’schen Centralarchiv unterstehenden Archive zu Murau in Obersteiermark mit den Neuorganisationsarbeiten begonnen, welche später von seinen Nachfolgern fortgesetzt und beendet wurden.

Wie früher in Graz, war P. auch in Wien thätig in Untersuchungen und Aufsätzen zur Geschichte der Steiermark: „Die Handschriftensammlung des Chorherrenstiftes Vorau“ (Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen, 1867, IV, 85–137), „Das ehemalige Archiv des Klosters Admont“ (ebenda 150–151), „Geschichte des Chorherrenstiftes St. Niklas zu Rottenmann von seiner Gründung bis zu seiner Uebertragung in die Stadt“ (Mittheilungen des historischen Vereins für Steiermark, 1868, XVI, 73–182), „Ueber Johann Albert Kendlmayer und seine Chronik des Chorherrenstiftes zu Rottenmann 1480–1530“ (Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen, 1868, V, 35–44), „Beiträge zur Kulturgeschichte der Steiermark: 1. Sühne des Todschlags im 15. Jahrhundert; 2. Gestütwesen im 16. Jahrhundert“ (Mittheilungen des historischen Vereins f. Steiermark, 1870, XVIII, 47–55).

Pangerl’s Stellung im Archiv des Fürsten von Schwarzenberg, dessen größte Besitzungen im südlichen Böhmen liegen, und die Liebe zu seiner Heimath führten ihn nun wieder zu Untersuchungen und Veröffentlichungen, welche der Geschichte dieses Königreichs entnommen sind. So „Wok von Rosenberg“ (Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, 1870, 1. und 2. Heft), „Zawisch von Falkenstein“ (ebenda 1871, 4. und 5. Heft), „Die Eremitage von Heuraffel“ (ebenda, 5. und 6. Heft), das „Urkundenbuch der Stadt Goldenkron“ (1872), „Die Witigonen“ (Archiv für österreich. Geschichte, 1874, 51. Bd., 2. Hälfte). – In der Weltausstellung zu Wien 1873 hatte das Fürstenthum Schwarzenberg einen großen Pavillon errichtet, in dem alle Producte der Land- und Forstwirthschaft, des Bergbaus und der Industrie, welche auf den ausgedehnten Gütern dieses Geschlechts erzeugt werden, ausgestellt waren; auch die geistigen und wissenschaftlichen Leistungen waren nicht übergangen und so sollten auch der Bestand, der Reichthum und die Arbeiten der schwarzenbergischen Archive zur allgemeinen Kenntniß gebracht werden; zu diesem Behufe verfaßte P. das treffliche Buch: „Die Archive des fürstlichen Hauses Schwarzenberg ä. L. Beiträge zur Geschichte und Statistik derselben“, Wien 1873. Mit 2 großen Tabellen. Es erschien ohne Namen des Verfassers, wurde im Pavillon Schwarzenberg ausgelegt und an Freunde der Geschichtswissenschaft unentgeltlich vertheilt. Dieses Werk hat nicht nur als Bestandtheil der Weltausstellung Bedeutung, es hat dauernden Werth für die Geschichtsforschung.

Am 12. Januar 1875 wurde P. von der Universität Würzburg zum Doctor philosophiae erhoben und in demselben Jahre (16. Mai) zum a.o. Professor der historischen Hülfswissenschaften an die deutsche Universität Prag berufen. –

Die historischen Hülfswissenschaften waren bis dahin an der Prager Universität nicht vertreten. Wie sehr aber das Bedürfniß darnach vorhanden war, zeigte sich darin, daß sich bald ein ansehnlicher Kreis von Hörern um den eben berufenen Professor sammelte. Seine tiefdurchdachten Vorträge fanden bei ihnen [749] die dankbarste Anerkennung, er gestaltete die schwierigsten, ihrer Natur nach oft trockenen Partien der historischen Hülfswissenschaften anziehend und übersichtlich, er verband bei Einführung seiner Hörer in die Paläographie Theorie und Praxis auf die gewandteste Weise, zeigte in den Vorlesungen über Chronologie gleiche Sorgfalt und erregte mit seinen Vorträgen über österreichische Geschichte das größte Interesse. In den Seminarübungen legte er das Hauptgewicht auf Erkenntniß und Benützung der Geschichtsquellen und verstand es, eine treffliche Anleitung zum selbständigen Studium und zu Arbeiten auf geschichtlichem Gebiete zu geben. Die von den Hörern gelieferten Arbeiten unterzog er einer strengen Kritik, versagte ihnen aber die Anerkennung nicht, wenn sie ihrer würdig waren; Seine Lehrthätigkeit war eine gesegnete.

Mit dem Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen war er seit dessen Gründung in Verbindung; nach seiner Ankunft in Prag übernahm er die Stelle eines Geschäftsleiters, die Redaction der „Literarischen Beilage zu den Mittheilungen“ dieses Vereins, wurde zum Obmannsstellvertreter der historischen Section gewählt und trat stets mit dem größten Eifer für die Interessen der Gesellschaft ein.

Von Prag gingen seine letzten Arbeiten aus: „Ueber Städtegründer und Städtegründungen in Böhmen und Mähren“ (Bohemia 1877, Nr. 178 und Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, 1877, 16. Jahrgang) und die Herausgabe von „Das Buch der Malerzeche“ (Wien 1878). Alle Arbeiten Pangerl’s beruhen auf gründlichen Studien, auf genauer Kenntniß der Quellen, zeugen von scharfer Kritik und sind von echt historischem Geiste getragen. Sie haben vielfach bestehende Irrthümer berichtigt und sind durchaus als werthvolle Beiträge zur österreichischen, speciell steiermärkischen und böhmischen Geschichts-Forschung und -Schreibung zu bezeichnen.

Schon als er die Professur in Prag antrat, scheint der Keim des schweren Leidens in ihm gelegen zu sein, dem er vier Jahre später (am 14. Januar 1879) zu Arco in Südtirol erlag.

Seine nächsten Landesgenossen ehrten ihn dadurch, daß der deutsche Böhmerwaldbund an seinem Geburtshause zu Honetschlag eine Gedenktafel errichten ließ, welche am 22. August 1903 enthüllt wurde.

55. Jahresbericht des steiermärkischen Joanneums zu Graz, 1866. – Ausführliche briefliche Mittheilungen durch Herrn Anton Mörath, fürstlich Schwarzenbergischen Centralarchivsdirector zu Wittingau in Böhmen. – Eine Anfrage über das Wirken Pangerl’s in Prag an das Secretariat der dortigen deutschen Universität blieb trotz beigelegter Retourmarke unbeantwortet. – Biermann, Dr. M. Pangerl. In den Mittheilungen des Vereines für die Geschichte der Deutschen in Böhmen. Prag 1879. XVII, 306–309. – Gallistl, Heimathskunde des politischen Bezirkes Krummau, 1903, S. 212–213.