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ADB:Palme, Augustin

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Artikel „Palme, Augustin“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 744–746, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Palme,_Augustin&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 17:14 Uhr UTC)
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Palme: Augustin P., Historienmaler, geboren am 21. November 1808 zu Rochlitz in Böhmen, † am 18. October 1897 in München, verdient unter der langen Reihe von Namen, die sich (wie Langko, Lichtenheld und unzählige Andere) vom Handwerk zur edlen Kunst durchgerungen haben, eine achtungswerthe Stellung. Armer Landleute Kind hatte er eine harte Jugend und mußte mit zahlreichen Geschwistern frühzeitig mithelfen das nöthige Brod zu erwerben. Obwol sich früh seine Vorliebe zum Zeichnen und Malen offenbarte, kostete es doch viele Mühe bei einem Porzellanmaler in Gebhardsdorf (Schlesien) aufgenommen zu werden. Nach vierjähriger Lehrzeit zog (1824) der Jüngling auf die Wanderschaft und fand zu Ronneburg im Altenburgischen und später zu Coburg Arbeit und weitere Förderung; mit knappen Ersparnissen wagte er den Besuch der Dresdner Akademie. Der Erwerb weiterer Mittel zwang [745] ihn nach Coburg zurück und zum Eintritt in die Schmidt’sche Porzellanmalanstalt. Von da vermittelte der wackere Gustav Jäger (s. A. D. B. XIII, 649) den Uebergang nach München und die Einführung bei Julius Schnorr von Carolsfeld. Unter dessen Leitung componirte P. eine „Hochzeit Isaak’s mit Rebekka“, welche schon 1832 im Kunstverein mit einigen Porträts, der „Ehebrecherin vor Christus“ und verschiedenen akademischen Versuchen wol freundliche Anerkennung, aber geringen Lohn fand, so daß er wieder in seine frühere Stellung nach Coburg zurückkehrte. Hier ermöglichte seine Geschicklichkeit im Bildnißmalen und unermüdlicher Fleiß die Mittel zu einer Reise nach dem vielersehnten Italien, welche P. mit dem Landschafter Max Haushofer (s. A. D. B. XI, 92), dem Bildhauer Max Widnmann (s. A. D. B. XLII, 362) und dem treuen G. Jäger im Herbste 1835 antrat. In Rom vollendete P. eine „Findung Mosis“, sammelte auch eine Menge von landschaftlichen Studien und figürlichen Skizzen, flüchtete aber vor der damals Italien durchziehenden Cholera mit Friedrich Dürck (s. A. D. B. XLVIII, 204) und G. Jäger (1836) in das Sabiner-Gebirge, nach Praeneste, Olevano und Civitella, über Neapel, Amalfi und Sorrent nach dem lieblichen Capri, wo sie in einer vierwöchentlichen – von Dürck in seinen leider immer noch ungedruckten Tagbucherinnerungen so anziehend geschilderten – Idylle an den schönen Capri-Mädchen gelehrige Tänzerinnen fanden und im fröhlichsten „dolce far niénte“ alle Sorgen verträumten, während am Fuße des Vesuv die Todtenglocken Tag und Nacht heulten. Endlich trennten sich (1837) die Genossen von dem seligen Eiland, und P. eilte, um allen Pestcordons und Quarantänen zu entkommen, über Manfredonia und von da mit einem schauderhaften griechischen Trabaculo nach Triest und nach München zurück, um seinem hochverehrten Meister Schnorr bei den Cartons zu dem Cyclus aus dem Leben Karl des Großen Beihülfe zu leisten. Zu dem „Krieg gegen die Sachsen“ und dem „Reichstag in Regensburg“ soll P. die Cartons und deren Ausführung übernommen, sowie auch an den Bildern des sogenannten Barbarossa-Saales – namentlich an dem großen „Einzug im erstürmten Mailand“ – erheblich mitgemalt haben (Stuttgarter „Kunstblatt“ 1841, S. 239). Doch ergab sich immerdar noch Zeit, um neben diesen in enkaustischer Technik ausgeführten Wandgemälden eigene Oelbilder, Herren- und Damenbildnisse, auch eine „Vermählung der hl. Katharina“ (vgl. Nr. 67 „Kunstblatt“ 1839, S. 266) und eine kleine „Taufe der Clorinde“ (1843) zu vollenden. Auch entstand ein „Englischer Gruß“ für die Kirche zu Kronstadt, ein „Hl. Marcus“ für Graf Harrach in Wien (1844); Herr v. Veith, der große Kunstfreund, welcher eine böhmische Walhalla (wofür auch der Bildhauer Ludwig Schwanthaler und Ferdinand Miller als Erzgießer thätig waren) plante, bestellte eine Scene aus dem Leben des hl. Adelbert (1846). Auch fertigte P. viele Altarbilder für Linz, Böhmenkirch (Württemberg) und eine „Himmelfahrt Mariens“ (für Saalfelden bei Salzburg) „von großer Ungleichheit, mit wahrem Schönheitsgefühl und conventioneller Geziertheit“ (Julius Große in Nr. 186 „Neue Münchener Zeitung“ vom 6. August 1859) und das Prämonstratenserstift Schlügel in Oberösterreich, wozu der Maler durch eine eigene Studienreise nach Venedig sich vorbereitete. Mit Echter (s. A. D. B. XLVIII, 250), Muhr (s. A. D. B. XXII, 484) und Nilson (s. A. D. B. XIII, 700) frescotirte P. die das Münchener Kunstleben unter König Ludwig I. vorstellenden und bisweilen sehr ironisirenden und deshalb auf vielfachen Widerspruch stoßenden Bilder Kaulbach’s an den Außenwänden der Neuen Pinakothek, welche durch klimatische Einflüsse wieder vernichtet wurden. Eine neidenswerthe, selbständige Aufgabe war die Ausmalung der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, des [746] fränkischen Loretto (cf. „Gartenlaube“ 1872, S. 680), eine ganz kolossale Leistung, welche P. unter Beihülfe des gewandten Allgäuer Max Bentele (s. A. D. B. XXXXVI, 363) glücklich vollendete; das eine Hauptbild beanspruchte eine Fläche von 30 Meter Länge und 15 Meter Breite! Für die historische Galerie des Bairischen National-Museums in München erhielt P. vier, nach ihren Motiven künstlerisch kaum zu bewältigenden Fresken: Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg erwirbt Jülich, Berg und Ravenstein“ und dessen „Feierlicher Einzug zu Düsseldorf“ (1666); „Karl Theodor beschließt 1789 die Anlage des sog. Englischen Gartens durch Rumford“ und „erhebt Mannheim zum Hauptsitz von Kunstbildung“. Diese Stoffe lagen für seine Stimmung weniger; P. zog sich möglichst gut aus der Affäre; war er doch mit jüngeren frischen Kräften in Concurrenz getreten und hatte seinen Mann gestellt. Nach vielen, kleineren Arbeiten legte er rechtzeitig Pinsel und Palette nieder und erfreute sich einer mehr als behäbigen, stolzen Unabhängigkeit. Durch seinen Fleiß und eine glückliche Heirath (1841) frühzeitig in sehr wohlgeordneten Verhältnissen – sein Sohn Bonifaz Ludwig war 1850 der erste Täufling in der neuerbauten Basilika, wobei König Ludwig I. die Stelle eines Pathen übernahm – erwarb P. in reizender Lage nächst dem Botanischen Garten zwei Häuser, welche später die Generaldirection der kgl. bair. Eisenbahnen benöthigte und ankaufte. Beim Abzug aus dem liebgewordenen Heim gab P. seinen ganzen artistischen Besitz, alle eigenen Zeichnungen, Cartons und Bilder, kurz alle seine Sammlungen, nebst Maler- und Ateliergeräthe, in eine Auction (November 1888) und behielt nur die Skizzenbücher und einige seiner Lieblingsarbeiten. Sein Verkehr mit gleichstrebenden Künstlern blieb auf das Nothwendigste beschränkt; seit dem Tode seiner Frau (1879) lebte P., von den beiden Töchtern gepflegt, in skeptischer Beschaulichkeit, eingesponnen in seine Erinnerungen. Trotz hinlänglicher Muse brachte er seine Erlebnisse nicht in Schrift, obwol er als Zeuge und Mitarbeiter einer glänzenden Aera hinreichend Wissen und Berechtigung hatte. – Was P. erfaßte, führte er mit ehrgeiziger Ausdauer zu Ende, wenn auch seine Empfindung und Ueberzeugung nicht bei der Sache war; daher tragen seine Arbeiten eine gewisse, erkältende Ungleichheit von Schönheit und Manier; er strebte als Colorist einen neuen Weg anzubahnen, ohne denselben mit seinen Mitteln zu erreichen. Sein Aeußeres verrieth keinen Künstler: die wohlgepflegte stattliche Erscheinung, mit Cylinder und silberbeschlagenem spanischen Rohr, gleich einem Schiffsmakler und Rheder nach landläufiger Vorstellung. Er starb nach kurzen, aber schweren Leiden.

Vgl. Raczynski, 1840. III, 854. – Eggers’ Deutsches Kunstblatt 1850: S. 55, 114, 386; 1854: S. 147, 362, 421; 1856: S. 138. – Wurzbach, Biogr. Lexikon 1870. XXI, 245. – Stubenvoll, Beschreibung der Basilika, 1875, S. 151. – Reber, Gesch. der neueren Kunst, 1884. II, 54 u. 73. – Nr. 241 Allgem. Ztg. vom 21. October 1897. – Bettelheim Jahrbuch, 1898. II, 213 ff. – Singer, 1898. III, 363. – Fr. v. Bötticher, 1898. II, 213.