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ADB:Paulsen, Charlotte

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Artikel „Paulsen, Charlotte“ von Otto Beneke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 282–283, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Paulsen,_Charlotte&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 17:59 Uhr UTC)
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Paulsen: Charlotte P., geb. Thornton (Philanthropin). Geboren in Hamburg am 4. November 1798, eine Tochter des angesehenen Kaufmanns John Thornton, welcher, wie seine nächsten Vorfahren, der in Hamburg privilegirten Englischen Colonie (Court) angehörte. Sie galt in jungen Jahren in den Kreisen der Hamb. Gesellschaft als eine höchst liebenswürdige Erscheinung, gleich ausgezeichnet durch Anmuth und Eleganz wie durch lebhaften muntern Geist und große Herzensgüte, als eine Weltdame im besten Sinne des Worts, verheirathet seit 1814 mit dem Makler A. Ch. Paulsen, welcher 1855 verstarb. Daß eine von ihr im J. 1851 unternommene Reise nach den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, woselbst sie einen neunmonatlichen Aufenthalt nahm, zusammenhing mit ihren soeben begonnenen menschenfreundlichen Bestrebungen, erscheint wahrscheinlich. Der lebhafte Thätigkeitstrieb ihres Charakters lenkte die Grundgütigkeit ihres gefühlvollen Herzens auf den Plan der Stiftung eines Frauenvereins zur Unterstützung der selten ausreichenden männlichen Armenpflege. Dies bereits seit längerer Zeit in Hamburg durch Amalie Sieveking’s weiblichen Verein für Armen- und Krankenpflege mit großem Segen angebaute Gebiet bot allerdings noch genugsam Terrain auch für die Wirksamkeit eines zweiten Vereins. Charlotte P. entschloß sich vielleicht um so lieber zur Gründung eines solchen, als ihre der liberalen Richtung angehörige religiöse Ueberzeugung mit dem auf positiv christlichem Boden stehenden Sieveking’schen Verein nicht harmonirte. Der [283] von ihr im J. 1849 zu Stande gebrachte Damenverein hat seitdem mit anerkennungswerthem Eifer und Fleiß seine humanen Ziele verfolgt und namentlich durch die von ihm geschaffenen Institute einer Kinderbewahranstalt und einer Mädchenschule höchst segensreich gewirkt. Frau Ch. P. starb am 15. November 1862 und wurde, ihrem Verlangen gemäß, in einfachster Weise auf dem Begräbnißplatze der damals concessionirten Freien Gemeinde (einer Abtheilung des St. Gertrudenfriedhofes) unter Theilnahme zahlreicher Freunde und Verehrer bestattet.

Eine treue Helferin und Theilnehmerin aller ihrer menschenfreundlichen Bestrebungen besaß Frau Ch. P. in ihrer Gesinnungsgenossin Frau Emilie Wüstenfeld geb. Capelle, aus Hannover, geb. daselbst am 17. August 1817, verheirathet 1841 mit dem Hamb. Kaufmann Julius Wüstenfeld. Dem Paulsen’schen Frauenverein beigetreten, wurde sie bald eine der thätigsten Mitarbeiterinnen, und nach der Stifterin Tode, Präsidentin. Ihrem pietätsvollen Eifer verdankt das dem Andenken an die verewigte Freundin gewidmete „Paulsen-Stift“ sein Entstehen; das im J. 1866 eingeweihte Gebäude beherbergt sowol die Kinderbewahranstalt als die Mädchenschule, welche jetzt 370–380 Zöglinge zählt. Aber die Thätigkeit der Frau W. beschränkte sich nicht auf diese Dinge. Eifrig bedacht, dem weiblichen Geschlecht geeignete Mittel zu selbständiger Erwerbsthätigkeit zu verschaffen, brachte sie im J. 1867 einen „Verein zur Förderung weiblicher Erwerbsthätigkeit“ zu Stande, als dessen verdienstvolles Werk die Errichtung und Leitung einer besonderen weiblichen Gewerbeschule in St. Georg zu betrachten ist. – Frau Emilie W. starb am 2. October 1874. Auch ihre Bestattung auf dem St. Jacobi-Begräbnißplatz erfolgte unter Betheiligung eines zahlreichen Gefolges von Freunden und Verehrern. Zu ihrem bleibenden Andenken wurde von denselben eine nach ihr benannte Emilie Wüstenfeld-Stiftung zu Stande gebracht, deren Zweck die Erhaltung der von ihr geleiteten Institute ist, des Frauenvereins zur Unterstützung der Armenpflege und dessen im Paulsenstifte befindlichen Schöpfungen, sowie des Vereins zur Förderung weiblicher Gewerbetätigkeit.

S. Hamb. Schriftsteller-Lex. VI, 10 und VIII, 183. – Weigelt, zur Erinnerung an Frau Emilie Wüstenfeld, Hamburg 1875.