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ADB:Peiper, Rudolf (Philologe)

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Artikel „Peiper, Rudolf“ von Ferdinand Meister in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 5–8, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Peiper,_Rudolf_(Philologe)&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 05:29 Uhr UTC)
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Band 53 (1907), S. 5–8 (Quelle).
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Peiper: Leo Rudolf Samuel P., bedeutender Alterthumsforscher, wurde geboren zu Hirschberg i. Schl. am 16. Januar 1834. Sein Vater Dr. C. R. S. Peiper, geboren in Striegau am 20. Januar 1790, † am 23. Mai 1879, wurde in jungen Jahren an die Gnadenkirche zu Hirschberg als Pastor berufen und hat länger als 50 Jahre segensreich an derselben gewirkt. Die Muße, welche ihm das Amt ließ, verwandte er mit Vorliebe auf wissenschaftliche Thätigkeit, auf das Studium alter und neuer Sprachen und Litteraturen. Im J. 1823 veröffentlichte er die Schrift „de Mollaka Lebidi“, die Erzählungen Hariri’s gab er mit Auswahl Hirschberg 1831 (2. Ausgabe Leipzig 1835) und 1832, vollständig in lateinischer Uebersetzung Hirschberg 1832 (2. Ausgabe 1836) heraus, „Die Stimmen aus dem Morgenlande“ Hirschberg 1850, die „Promethea carmen, in quo disputatur de optima eruditi vitae socia“ (24 Bücher mit 12702 lateinischen Hexametern) Hirschberg 1864. [6] Seine Mutter, eine geborene Richter, entstammte einer weitverzweigten Geistlichen-Familie des Riesengebirges. Rudolf war der älteste von sechs Brüdern, klein, schwächlich, von zartem Gliederbau; den ersten Unterricht erhielt er in der von Fräulein Schöndörfer geleiteten höheren Töchterschule, dann besuchte er das Gymnasium, wo Director Dr. Dietrich und Oberlehrer Dr. Mosler den größten Einfluß auf ihn ausübten. Ostern 1852 bestand er die Reifeprüfung; über die Wahl seines Studiums war er längst mit sich einig, er bezog die Universität Breslau, um Philologie zu studiren. Mit der Treue und Gewissenhaftigkeit, an welche ihn das elterliche Haus gewöhnt hatte, widmete er sich dem Studium der alten Sprachen und erwarb sich umfassende Kenntnisse, auch auf solchen Gebieten, welche für angehende Jünger der Wissenschaft gewöhnlich weniger anziehend sind. Im Sommer 1858 bestand er die Prüfung für das höhere Lehramt und trat bald darauf an dem Gymnasium in Liegnitz sein Probejahr an, an dem er darauf als Hülfslehrer beschäftigt war, bis er Michaeli 1861 an dem Gymnasium zu St. Maria Magdalena in Breslau als ordentlicher Lehrer angestellt wurde. An dieser Anstalt hat er 37 Jahre gewirkt und durch seine Lehrthätigkeit reichen Segen gestiftet, seine größte Befriedigung aber fand er in wissenschaftlicher Thätigkeit, welche mit seiner amtlichen Thätigkeit zwar in keinem Zusammenhang stand, aber immerhin ihr zu gute kam. Mit mehreren gelehrten Gesellschaften in und außerhalb Breslaus trat er in Verbindung und wurde ein thätiges Mitglied derselben. Die erste Abhandlung, welche er 1862 veröffentlichte, handelte über „Aeschyli Supplices v. 776–909“, eine Gratulationsschrift zum 150jährigen Jubiläum des Gymnasiums seiner Vaterstadt, zugleich ein rühmliches Zeugniß pietätvoller Anhänglichkeit an die Anstalt, der er seine Ausbildung verdankte. Schon im nächsten Jahre verfaßte er „Observatorum in Senecae tragoediis libellus“, abgedruckt in dem Programm des Magdalenen-Gymnasiums von 1863. Wenige Jahre später erschien „L. Annaei Senecae tragoediae rec. R. Peiper et G. Richter“, Leipzig 1867, eine Ergänzung dazu: „Praefationis in Senecae tragoedias supplementum“ in dem Programm von 1870, ferner „Walter v. Chatillon“, Breslau 1869, als Gratulationsschrift des Magdalenäums zum 300jährigen Jubiläum des Gymnasiums in Brieg. In rascher Aufeinanderfolge erschienen dann „Boetii Philosophiae consolationis libri“, Leipzig 1871, „Ekkehardi[WS 1] primi Waltharius“, Berolini 1873, „Dracontii Orestes tragoedia Wratislaviae“, 1875, „Q. Valerius Catullus“, „Beiträge zur Kritik seiner Gedichte“, Breslau 1875, „Aulularia s. Querolus Theodosiani aevi comoedia“, Leipzig 1875, „Gaudeamus, carmina vagorum selecta“, Leipzig 1877, 2. Ausgabe 1879, „Die handschriftliche Ueberlieferung des Ausonius“, Leipzig 1879.

Von großer Bedeutung für ihn und seine Weiterentwicklung war es, daß er Anfang 1873 in die Loge eintrat; mit dem ihm eigenen Wissensdrang hat er die Acten und die Schätze maurerischer Bibliotheken durchforscht und sich ein so ausgedehntes und fest begründetes Wissen wie nur wenige verschafft: seine Thätigkeit in der Loge und für dieselbe durch Verwaltung seiner Aemter, durch Vorträge, durch Aufsätze in Zeitschriften, in denen er die Ergebnisse seiner Forschungen niederlegte, nahmen Zeit und Kraft in hohem Maße in Anspruch, fanden aber auch allseitige Anerkennung.

Das Hauptwerk, an dem er Jahre lang mit unerschöpflicher Geduld gearbeitet, dessen Vorarbeiten ihn auch nach Frankreich zur Vergleichung der dortigen Handschriften führten, ist „Alcimi Ecdicii Aviti opera“, Berolini 1883 (= Monum. German. histor. auct. antiquiss. t. VI, 2). In gerechter Würdigung seiner wissenschaftlichen Thätigkeit ernannte ihn die philosophische [7] Facultät der Universität Breslau am 31. October 1883 zum Ehrendoctor, das Prädicat als Professor erhielt er am 21. December 1889.

Außerdem veröffentlichte P. eine große Menge Abhandlungen und Recensionen z. Th. von recht bedeutendem Umfang in philologischen und historischen Zeitschriften, in den N. Jahrbb. für Philologie und Pädagogik von Fleckeisen und Masius, in der Zeitschrift für Gymnasialwesen, im Philologus, Philologischen Anzeiger, Rheinischen Museum, Archiv für Litteraturgeschichte, Litterarischen Centralblatt, in der Jenaer und der Deutschen Litteraturzeitung, im Anzeiger des germanischen Museums, in Steinmeyer’s Anzeiger für deutsches Alterthum und deutsche Litteratur, in Zacher’s und Höpfner’s Zeitschrift für deutsche Philologie, in der Philologischen Rundschau, der Berliner philologischen Wochenschrift, den Göttinger gelehrten Anzeigen, in den Forschungen zur deutschen Geschichte, in der Zeitschrift für Geschichte und Alterthum Schlesiens u. A. In den Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik, Heft 3, veröffentlichte er „Fortolfi Rhythmimachia“, Leipzig 1880.

Im J. 1876 übernahm er die Verwaltung der Gymnasialbibliothek, im Herbst 1884 wurde er von den städtischen Behörden in das Curatorium der Stadtbibliothek gewählt und fand in dieser Ehrenstellung Gelegenheit, sein reiches bibliothekarisches Wissen zu erweitern und nutzbar zu machen. Die Beschäftigung mit den classischen Schriften des Alterthums war und blieb der Mittelpunkt seines Lebens und Strebens; allmählich wandte er sich auch mehr und mehr einer späteren Zeit zu und war in dem mittelalterlichen Latein wohlbewandert. Um aber neben den Pflichten seines Berufs, die allein schon die volle Manneskraft erforderten, leisten zu können, was er geleistet hat, mußte er sich die Erholung, deren er dringend bedurfte, auf das geringste Maß beschränken und besonders auch die Nächte zum Arbeiten benutzen; in schlaflosen Nächten nahm er leichtere Lectüre zur Hand, und so blieb ihm keine einigermaßen bedeutende Erscheinung der Tageslitteratur unbekannt.

Eine nothwendige Folge dieser Lebensweise war es, daß er im Februar 1888 in eine schwere Krankheit verfiel und lange Zeit jeder geistigen Anstrengung entsagen mußte, so schmerzlich er auch dies empfand und sich dagegen sträubte. Erst nach beinahe drei Vierteljahren war er so weit hergestellt, daß er seine amtliche Thätigkeit wieder theilweise aufnehmen konnte. Zugleich aber beschäftigten ihn auch seine wissenschaftlichen Arbeiten. Den „Ausonius“ hatte er 1886 herausgegeben, 1891 erschien in Wien im „Corpus scriptorum eclesiasticorum latinorum Cypriani Galli poetae Heptateuchos, accedunt incertorum de Sodoma et Jona et ad venatorem carmina et Hilarii quae feruntur in Genesin, de Maccabaeis atque de evangelio“, andere Ausgaben derselben Sammlung, wie die des Dracontius de deo libri III. Eugenius Toletanus, u. s. w. sollten in den nächsten Jahren erscheinen, doch – sie blieben unvollendet, die Vorarbeiten gingen in andre Hände über. In der Festschrift zur 250jährigen Jubelfeier des Gymnasiums zu St. Maria Magdalena zu Breslau am 30. April 1893 kehrte P. noch einmal zu Seneca zurück in der Abhandlung „De Senecae tragoediarum vulgari lectione constituenda“, seine weiteren Pläne blieben unausgeführt. Drei Jahre später war infolge übermäßiger Anstrengung sein Augenlicht bedroht, der härteste Schlag, der den unermüdlichen Forscher treffen konnte: dazu gesellten sich noch heftige Kopfschmerzen. Mit Aufbietung seiner ganzen Willenskraft widmete er sich mit langen Unterbrechungen seiner amtlichen Thätigkeit, schließlich mußte er sich überzeugen, daß unbedingte Ruhe für ihn nothwendig war; er entschloß sich in den Ruhestand zu treten. Doch bevor dies geschah, erlöste ihn ein sanfter Tod am 9. October 1898 von seinen Leiden.

[8] Von seinen Brüdern ist ihm Alexander, Dr. med., Corps- und Generalarzt zu Königsberg i. Pr. im J. 1890, Woldemar, Seminardirector in Koschmin (Posen) 1894 im Tode vorangegangen, Hermann, Dr. med., ist Sanitätsrath in Bolkenhain, Karl Professor am Gymnasium zu Kreuzburg O.-S.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Ekkchardi