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ADB:Pfnor, Johann Wilhelm Gottlieb

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Artikel „Pfnor, Johann Wilhelm Gottlieb“ von Arthur Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 693–694, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pfnor,_Johann_Wilhelm_Gottlieb&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 18:20 Uhr UTC)
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Pfnor: Johann Wilhelm Gottlieb P., Mechaniker, geboren als Sohn eines hessischen Beamten zu Darmstadt am 19. December 1792, † daselbst am 9. Juni 1869. Auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt vorgebildet, bezog er 1810 die Universität Gießen, wo er sich dem Studium der Cameralwissenschaften widmete. Im J. 1813 wurde er Accessist und bald darauf Secretär und Protocollist bei der Hofkammer der Provinz Starkenburg, dann bei der Oberfinanzkammer und schließlich bei der Oberforst- und Domänendirection zu Darmstadt. Tüchtige mathematische Kenntnisse und mechanische Geschicklichkeit führten ihn früh zu technischen Arbeiten, bei deren Wahl oft rein äußerliche Umstände bestimmend waren. So brachte ihn ein Zufall auf die Holzschneidekunst. Er erlangte darin nicht nur bedeutende Fertigkeit, sondern erfand auch die für Vervielfältigung von Holzschnitten so wichtige Clichirmaschine. Dabei hatte er sich durch das Einathmen von Antimondämpfen eine Krankheit zugezogen. Dieser Unfall veranlaßte ihn zur Erfindung des Schriftgießerofens, der den Arbeiter vor den gefährlichen Wirkungen des Metalldunstes schützt. Seit [694] 1825 betrieb er gemeinsam mit Bairhoffer in Frankfurt zur Vervielfältigung seiner Holzschnitte in Clichemanier eine Polytypengießerei und erfand bei der Thätigkeit in diesem Fach ein neues vereinfachtes Stereotypverfahren, eine Letterngießmaschine, eine Schriftstempelschneidmaschine und ein neues verbessertes Verfahren für Buntdruck. Neben diesen Leistungen auf dem Gebiete der Typographie und Xylographie wandte sich sein erfindungsreicher Geist noch andern Feldern zu. Er erfand eine künstliche Hand als Ersatz der menschlichen, später auch ein künstliches Bein. Die Einführung des Jacquard’schen Webstuhles in Hessen führte ihn auf eine wichtige Verbesserung desselben, durch welche es möglich wurde, ohne Hilfe der Jacquard’schen Karten nach jedem beliebigen Muster zu weben. Weiter erfand er einen verbesserten Stubenofen (sogen. Nassauer Ofen), eine Maschine zur Herstellung progressiver Züge in Flintenläufen, einen Numerirzählapparat zur Verhütung von Unterschleif bei der Papiergeldbereitung, einen künstlichen Blutigel und eine Methode zum Stimmen der Glocken. Verschiedene dieser Erfindungen waren geeignet, bei geschickter Ausbeutung ihren Urheber zum reichen Manne zu machen. P. trug keinen Gewinn davon. Die größten Hoffnungen hatte er auf Verwerthung seiner Verbesserung des Jacquard’schen Webstuhles gesetzt. Er begab sich selbst nach Paris, um seine Erfindung zu verkaufen, hatte aber keinen Erfolg. Es fehlte ihm, wie vielen bedeutenden Menschen, die kaufmännische Betriebsamkeit, die Fähigkeit, den Moment auszunutzen. Vieles hat auch die Zeit, in der er lebte, an ihm verschuldet. So blieb er bis zu seinem Tode ein kleiner Beamter in bescheidenen Verhältnissen. Aber er besaß eine glückliche Natur; der Mangel an pecuniären Erfolgen vermochte nicht ihn zu verbittern.

Scriba, Lexikon der Schriftsteller des Großherzogth. Hessen II, 558. – Nekrolog von Ferd. Dieffenbach in der Darmstädter Zeitung 1869, Nr. 182, S. 756, wiederholt in F. Dieffenbach, Das Großherzogthum Hessen, S. 534, 2. Aufl. S. 652.