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ADB:Pfyffer von Altishofen, Eduard

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Artikel „Pfyffer von Altishofen, Eduard“ von Placid Meyer von Schauensee in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 722–724, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pfyffer_von_Altishofen,_Eduard&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 08:52 Uhr UTC)
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Pfyffer von Altishofen: Eduard P. v. A., schweizerischer Staatsmann, Bruder des Casimir (s. d.), geb. am 13. October 1782 zu Rom, gehörte seinen politischen Anschauungen nach wesentlich derjenigen Partei an, die die Reform des Jahres 1829, welche die für Stadt und Landschaft je auf die Hälfte festgesetzte Repräsentation beibehielt, aber die Machtbefugniß des täglichen Raths beschränkte und die Trennung der Gewalten verfügte, herbeiführte und in derselben mehr oder weniger ihr politisches Ideal im Sinne eines Gleichgewichts der Interessen von Stadt und Land erblickte. P., der seine Ausbildung meist in Rom durch Privatunterricht erhalten, bereits als sechzehnjähriger Jüngling unter der helvetischen Centralregierung ein Jahr lang die Stelle eines Kriegscommissars des Districts Luzern bekleidet, und sich vom Jahre 1803 an mit Auszeichnung der Advocatur gewidmet hatte, wurde im J. 1814 nach dem gewaltsamen Sturze der Mediationsregierung in den täglichen Rath gewählt, wo er bald eine hervorragende Stellung einnahm. Oberamtmann von 1814–17 im Entlebuch, von 1821–27 in Luzern und von 1821 bis zu seinem Tode Polizeidirector des Kantons, hat sich P. speciell als Mitglied des Erziehungsrathes bleibende Verdienste um das luzernerische Schulwesen erworben. Als jedoch die Berufung Troxlers als Professors der Philosophie nach Luzern Anlaß zu einer Bewegung gegen die in der Stadt vorherrschende clerikale und aristokratische Richtung gegeben und die Regierung die Absetzung Troxler’s wegen der Herausgabe seiner Schrift „Fürst und Volk nach Buchanans und Miltons Lehre“ ohne dessen vorherige Einvernahme verfügte, wurde auch der Einfluß Pfyffer’s, der 1821 bei einer Erneuerungswahl in den Erziehungsrath übergangen worden und gegen den die Kantonsgeistlichkeit Klage erhoben, vorübergehend erschüttert. Vom Erziehungsrath dennoch als Referent für das Landschulwesen mit berathender Stimme beibehalten, ließ sich P. in seinen Bemühungen für Hebung des Schulwesens nicht abschrecken und es erfolgte im Mai 1830, von ihm bearbeitet, ein umfassendes Erziehungsgesetz, durch welches die Secundarschulen – zwar schon 1813 beschlossen – nun wirklich eingeführt, alle Bildungsanstalten des Staates in ein Ganzes zusammengefaßt und die Aufsicht und Obsorge über das Schulwesen, das bisher fast ausschließlich in den Händen der Geistlichen gelegen hatte, unter die Gebildeten jedes Berufes vertheilt wurden. Obwohl grundsätzlich auf dem Boden der Reform von 1829 stehend, befreundete P. sich doch leicht mit der Verfassungsveränderung von 1831 und fand sich, nach dem Siege der liberalen Partei für 1832 zum Schultheiß gewählt, da Luzern Vorort geworden, an die Spitze der eidgenössischen Geschäfte gestellt. Die beiden außerordentlichen Tagsatzungen vom März und Mai 1832 befaßten sich hauptsächlich mit der Baslerfehde und es lag P. zudem die Eröffnung des Luzerner Antrages, betreffend Befreiung Neuenburgs von fürstlicher Herrschaft ob, dessen er sich auf die für den Stand Neuenburg denkbar freundlichste Weise entledigte. In der Märzsitzung leitete P., allerdings außer dem Schooße der Tagsatzung, die Verhandlungen über das Siebnerconcordat und den Entwurf einer schweizerischen Bundesverfassung, welch letzterer Gegenstand dann die am 2. Juli von P. feierlich eröffnete ordentliche Tagsatzung beschäftigte. Es wurde dann wirklich die Revision beschlossen und dieselbe einer Commission übertragen, die nach dem am 9. October stattgehabten Schluß der ordentlichen Tagsatzung schon am 29. October unter dem Vorsitz E. Pfyffer’s in Luzern zusammentrat und ihre Berathung bis zum 20. December fortsetzte, während in die gleiche Zeit die Entstehung der sog. Sarnerconferenz fällt. Der Bundesentwurf, in dem alle Kantone gleiches Stimmrecht erhielten und Luzern als Bundessitz bestimmt war, wurde, auf der Tagsatzung von Zürich von 1833, an der P. Namens des Standes Luzern den eidgenössischen Gruß entbot, zu Ende berathen, gleichzeitig von den radicalen [723] Revolutionären und von der Aristokratie und Geistlichkeit bekämpft und vom Volke des Kantons Luzern am 7. Juli 1833 mit 11,412 Stimmen gegen 7307 verworfen. Von nun an war P. wieder hauptsächlich im Erziehungsfache und speciell bei der Reorganisation der theologischen Lehranstalt thätig. Allein es wurde hier ein entschiedener Mißgriff durch die Berufung des verhängnißvollen Christoph Fuchs (s. A. D. B. VIII, 156) begangen. Weil Christoph Fuchs noch in die Suspensionsgeschichte des Aloys Fuchs (s. A. D. B. VIII, 156) verwickelt war, erhielt er die bischöfliche Admission in die Diöcese Basel nicht, und eine Folge davon war die Badener Conferenz. An und für sich waren die Grundsätze, welche P. und mit ihm noch andere Staatsmänner in der Badener Conferenz aufstellten, eines freien Volkes würdig und sie standen weit hinter dem zurück, was viele katholische Fürsten seit langer Zeit in ihren Staaten eingeführt haben, allein man übersah, wie Ludwig Meyer v. Knonau in seinen Denkwürdigkeiten sehr richtig bemerkt hat, daß in dem sog. Udligenschwylerhandel von 1725 und 1726, welcher P. in erster Linie vorschwebte, das Volk selbst gegen den Clerus unwillig geworden war, während zur Zeit der Badener Conferenz eine starke Partei im eigenen Lande der Obrigkeit entgegenstand. – P. trat, als entschiedener Freund der Reform und Gegner der Revolution, erwacht von dem schönen Traum der Einheit, wie er sich ausdrückte, in dem am 7. Mai 1834 bei Berathung über die eidgenössische Bundesrevision im Großen Rath von Luzern gehaltenen Vortrag, der recht eigentlich als sein Schwanengesang gelten kann, der Idee eines eidgenössischen Verfassungsrathes aus allen Kräften entgegen, indem er dafür hielt, daß dieser Weg nur mittels einer Revolution, deren Folgen zum Voraus nicht bestimmt werden könnten, zu betreten sei. Außer dem Erziehungsfach und den eidgenössischen Angelegenheiten war P. noch auf vielen anderen Gebieten der Verwaltung thätig, namentlich auch als Mitglied des durch das Vormundschaftsgesetz von 1819 eingesetzten „Armen- und Vormundschaftsrathes“, präsidirte 1825 die Conferenz der Abgeordneten der Stände wegen des großen Gaunerhandels, aus dem dann der Proceß betreffend die Ermordung des Schultheißen Keller ausgeschieden und die Führung der Untersuchung der Regierung von Zürich übertragen wurde und gehörte als Mitglied verschiedenen gemeinnützigen Vereinen an, so der landwirthschaftlich-ökonomischen Gesellschaft des Kantons Luzern, der schweizerischen gemeinnützigen Gesellschaft, die ihn bei ihrer Jahresversammlung in Luzern im J. 1825 zum Präsidenten gewählt und präsidirte 1826 die helvetische Gesellschaft in Schinznach. Im J. 1826 bemühte sich P. sehr für Einführung des evangelischen Gottesdienstes in seiner Vaterstadt trotz einer sich hiegegen geltend machenden starken Opposition, indem er sich hievon manches Gutes versprach und zugleich fand, daß Humanität und Gerechtigkeit dieselbe fordern. Von P. rühren auch zwei hübsche Biographien über Altschultheiß H. Krauer und Stadtpfarrer Thaddäus Müller her. P., der in jener kritischen Zeit, wo er zur Leitung der eidgenössischen Angelegenheit berufen war, eine glückliche Mitte eingenommen zwischen den Magistraten der alten und den Radicalen der Troxler’schen Schule, hatte Luzern in der Eidgenossenschaft viele Sympathien erworben, so daß Stadt und Kanton Luzern bestimmt schienen, Mittelpunkt eidgenössischen Lebens zwischen den inneren und äußern Kantonen zu werden und es ist Baumgartner recht zu geben, wenn er sagt, es sei die Verwerfung der Bundesurkunde vom Jahre 1833 in Luzern eine von mehreren Ursachen, warum später dieser Kanton von schwerem Unglück heimgesucht worden. P. genoß wegen seines milden und freundlichen Wesens einer seltenen Popularität und es wurde sein Tod, der am 11. December 1834 auf der Rückreise von Karlsruhe in Olten plötzlich erfolgte, im ganzen Kanton Luzern, der in ihm seinen gewandtesten und erfolgreichsten Staatsmann [724] betrauerte, als ein Nationalunglück empfunden. Der Glaube war später allgemein verbreitet, daß es P. mit seinem sichern Tact und dem großen Vertrauen, dessen er sich überall erfreute, bei längerem Leben geglückt wäre, die Verwicklungen der Sonderbundsperiode zu verhüten.

Geschichte des Kantons Luzern von Dr. Casimir Pfyffer, Zürich 1852, 2. Bd. – Die Jesuiten in Luzern, wie sie kamen, wirkten und giengen von Josef Imhof (pseudonym für Propst B. Leu). St. Gallen 1848. – Kurze Lebensbeschreibung des Schultheiß Eduard Pfyffer selig von Dr. Jakob Robert Steiger, Sursee 1836. – Schultheiß Eduard Pfyffer von Stadtpfarrer Waldis 1836. – Leben der beiden Zürcherischen Bürgermeister David v. Wyß, Vater und Sohn, geschildert von Professor Friedrich v. Wyß, Zürich 1886, 2. Bd., Seite 514 und 530. – Lebenserinnerungen von Ludwig Meyer v. Knonau 1769–1841, Frauenfeld, Verlag von J. Huber 1888, S. 405 f. – Die Schweiz in ihren Kämpfen und Umgestaltungen von 1830–1850, geschichtlich dargestellt von alt Landammann Jakob Baumgartner, Zürich und Stuttgart, 1. und 2. Bd. 1868.