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ADB:Pirmin von Reichenau

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Artikel „Pirminius, der heilige“ von Wilhelm Wiegand in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 179, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pirmin_von_Reichenau&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 14:51 Uhr UTC)
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Pirminius: der heilige P., ein christlicher Glaubensbote aus der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, der in seiner missionirenden Thätigkeit sich vornehmlich durch Klosterstiftungen im südwestlichen Deutschland ausgezeichnet hat. Die legendenhafte Ausschmückung seiner Lebensbeschreibung gestattet nur wenige sichere Punkte seiner Wirksamkeit festzustellen. Wie es scheint, stammte P. aus den westlichen Theilen des Frankenreichs, vielleicht aus Neustrien, zum mindesten von der Sprachgrenze, denn der Zug der Ueberlieferung, daß P. beim Gottesdienst beide Sprachen, die romanische wie die fränkische, mit gleicher Sicherheit zu handhaben wußte, wird als echt und ursprünglich festgehalten werden dürfen. Als fränkischer Regionarbischof nach Schwaben gerufen, begründete er dort um das Jahr 724, wohl von Karl Martell begünstigt, auf einer Insel des Bodensees das Kloster Reichenau. Vor der Feindseligkeit des alamannischen Fürsten nach wenigen Jahren weichend, wendete er sich nach dem Elsaß, wo ihm mit Recht die Gründung des Klosters Murbach zugeschrieben wird. Mit Bischof Heddo von Straßburg, seinem Reichenauer Nachfolger, scheint er in engem Verkehr gestanden zu haben; es bleibt aber sehr unsicher, ob sich die Klöster des Straßburger Sprengels, Schwarzach, Gengenbach, Schuttern, Neuweiler und Mauersmünster auf Pirmin, als ihren Stifter, berufen dürfen und ob sich nicht vielmehr aus der Fürsorge Heddo’s für sie und aus dem Zusammenhang mit Reichenau erst diese Tradition gebildet hat. Begründeteren Anspruch können Nieder-Altaich und Pfäffers erheben, unzweifelhaft ist derjenige Hornbachs im Metzer Sprengel, wo P. inmitten einer fränkischen Bevölkerung die letzten Jahre seines Lebens zubrachte und am 3. November 753 starb. Kurz vor seinem Tode soll er noch eine Zusammenkunft mit Bonifaz gehabt haben. Mit der großen organisatorischen und reformirenden Thätigkeit dieses seines Zeitgenossen ist übrigens die stille Arbeit Pirmins im kleinsten Kreise nicht zu vergleichen. Eine Schrift, die uns von ihm erhalten ist, die „Dicta abbatis Pirminii de singulis libris canonicis scarapsus“, in dem barbarischen Latein seiner Zeit geschrieben, ist besonders durch die eingehende Kenntniß der Bibel merkwürdig, von der Art seiner Predigt gewinnen wir daraus nur eine ungefähre Vorstellung; interessant sind die Hinweise auf die Ueberreste heidnischer Sitte.

Die Lebensbeschreibung Pirmins ist uns in einer älteren und jüngeren Fassung aus dem 9. und 11. Jahrhundert erhalten, sie stammt aus dem Kloster Hornbach. Dieselbe gibt Holder-Egger in M. G. SS. XV neu heraus. Einige brauchbare Notizen liefern noch zwei Gedichte von Walafrid und von Hrabanus Maurus, sowie die Chronik Hermanns des Lahmen von Reichenau. Vergl. außerdem bei Caspari, Kirchenhistorische Anecdota I, 151 ff. die beste Ausgabe der „dicta abbatis Pirminii“ die kritischen Bemerkungen von Rettberg, Kirchengeschichte Deutschlands II, 50 ff. und die neueste Untersuchung von A. Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands I, 315 ff.