ADB:Pistoris, Simon

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Artikel „Pistoris, Simon“ von August Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 194, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pistoris,_Simon&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 20:06 Uhr UTC)
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Pistoris: Simon P. (Becker), Arzt, ist in der Mitte des 15. Jahrhunderts (1453 oder 1454) in Leipzig geboren. Er stammte aus einer angesehenen ärztlichen Familie, hatte in seiner Vaterstadt Medicin studirt, wurde daselbst 1473 zum Magister philosophiae, 1487 zum Doctor der Medicin promovirt, trat 1488 in die medicinische Facultät ein und wurde bald nachher zum Rathsherrn und Syndicus ernannt. Infolge einer (unten erwähnten) lebhaften, mit Ingrimm und Leidenschaftlichkeit geführten wissenschaftlichen Polemik mit seinem Collegen Martin Pollich sah er sich veranlaßt, Leipzig zu verlassen; er trat 1501 als Leibarzt in die Dienste des Kurfürsten Johann von Brandenburg und soll durch seine Bemühungen bei dem Fürsten an der (1506 erfolgten) Begründung der Universität zu Frankfurt a. d. O. wesentlichen Antheil gehabt haben. Als er hörte, daß Pollich Leipzig verlassen hatte und nach Wittenberg übergesiedelt war, kehrte er 1508 nach Leipzig zurück, wurde wieder zum Professor der Pathologie, später zum Professor der Therapie und zum Decan ernannt und ist hier im J. 1523 gestorben. – P. war ein enragirter Anhänger der arabischen Heilkunde und, wie die meisten Aerzte seiner Zeit, der Mystik, besonders der Astrologie zugethan. – Seine historische Bedeutung ist in seinem mit Pollich über den Ursprung der Syphilis geführten Streit begründet; der Letztgenannte hatte die von Leoniceno vorgetragenen, sehr rationellen Ansichten über die Natur der Seuche vertheidigt und dabei, in Uebereinstimmung mit diesem hervorragenden Gelehrten, die Satzungen der griechischen und römischen Aerzte über die der Araber gestellt. P. fühlte sich hierdurch in seiner tiefen Verehrung der arabischen Heilkunde schwer verletzt und veröffentlichte drei Streitschriften „Positio de morbo franco“ (1498) – „Declaratio defensiva cujusdam positionis de malo franco“ (1500) und „Confutatio conflatorum circa positionem quandam extraneam et puerilem a malefranco“ (1501), in welchen er den astralischen Ursprung der Syphilis, jedoch mit so schwachen Waffen vertheidigt hat, daß er aus dem Kampfe als Besiegter hervorgegangen ist. Außer diesen drei Gelegenheitsschriften hat er „Ein Kurtz, schon unnd gar trostlich regiment wider die sweren unnd erschrecklichen Krankheit der Pestilentz“ (1506) verfaßt. Uebrigens war P. von seinen Mitbürgern als geschickter Arzt und von seinen Schülern als Lehrer hoch geschätzt.

Vergl. hierzu Fuchs, Die ältesten Schriftsteller über die Lustseuche in Deutschland etc. Gött. 1843, S. 398. – In eben diesem Werke finden sich die drei oben genannten Streitschriften (S. 127, 155 u. 219) abgedruckt.