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ADB:Polentz, Georg von

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Artikel „Polentz, Georg von“ von Karl Alfred von Hase in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 382–385, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Polentz,_Georg_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 04:22 Uhr UTC)
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Polentz: Georg v. P., Bischof von Samland. Von sächsischem Adel, 1478 im Meißnischen geboren, nahm P., in Italien humanistisch und juristisch gebildet, schon mit jungen Jahren am päpstlichen Hofe die Stellung eines Geheimschreibers ein. Aus dieser Umgebung sich losmachend, that er unter Kaiser Maximilian Kriegsdienste; bei der Belagerung von Padua 1509 trat er zu dem jungen Markgrafen Albrecht von Brandenburg in ein Freundschaftsverhältniß. Als dieser 1511 zum Hochmeister des deutschen Ordens erwählt wurde, ließ auch P. in die Zahl der Ordensritter sich aufnehmen. Noch vor dem Hochmeister traf er in Preußen ein und verhandelte im Auftrag desselben mit dem Heermeister des Schwertbrüderordens in Livland über dessen Lehnspflicht; durch ihn brachte der Hochmeister sein Gesuch, als deutscher Reichsstand dem Reiche einverleibt zu werden, an den Kaiser. Seine treuen Dienste wurden ihm gelohnt durch Ernennung zum Hauscomthur von Königsberg. Da wurde 1518 der bischöfliche Stuhl von Samland erledigt; keinen treueren, ihm ergebeneren Mann konnte der Hochmeister in diesen schwierigen Zeiten für denselben finden als den Hauscomthur. War P. auch nicht Priester, so konnte er doch nach der Sitte der Zeit dazu rasch geweiht werden und für die bischöfliche Verwaltung kam ihm die juristische Bildung mit dem Grad eines Licentiaten der Rechte zu gut. An den Papst zahlte der Neuernannte durch das Bankhaus Fugger 1488 Ducaten. Am Aschermittwoch 1519 bei der Todtenfeier für des Hochmeisters Schwester, Markgräfin Elisabeth von Baden, hielt der Bischof seine erste Messe; 14 Tage später leitete er eine Procession, an welcher der Hochmeister und andere Fürstlichkeiten theilnahmen; es war die letzte, welche in Königsberg stattgefunden hat. – Im December 1519 brach der Krieg mit Polen los, der ohne große Schlachten fast nur durch Mord, Brand und Verwüstung geführt wurde. Die letzten Kräfte des Ordens wurden angestrengt, auch eine Vermögenssteuer von den Städten erzwungen; [383] aus den Bleidächern der Thürme wurden Kugeln, aus den Glocken Geschütze gegossen; des Hochmeisters Silbergeschirr verpfändet, die goldenen und silbernen Kirchengeräthe, 12800 Mark an Werth, mit Bewilligung des Bischofs eingeschmolzen. Auch der Stab des Bischofs, 38 Mark Silber schwer, wanderte in die Münze. Der Bischof schrieb damals an den Hochmeister: „E. F. G. lassen mit Freuden dreinhauen. E. F. G. wird wahrlich erfahren und inne werden, Gott im Himmel und unsre liebe Frau und der heilige Patron Sanctus Albertus werden den Unsern sichtlich Beistand thun und helfen.“ Er versprach: „Was mir bei Tag oder Nacht zur Kundschaft zukommt, will ich E. F. Gnaden nicht verhalten und mich, ob Gott will, bei meinem Hause lebendig oder todt finden lassen, als einem frommen Pfaffen vom Adel zusteht.“ Am 7. April 1521 wurde in Thorn ein Waffenstillstand auf vier Jahre geschlossen. Der Hochmeister begab sich ins Reich, um Hülfe zu suchen; für seine Abwesenheit ernannte er den Bischof zu seinem Stellvertreter, der sich nun unterschrieb: „itzo Regent und oberster Kantzler dieser Lande Preußen“. –

Es waren die Frühlingstage der Reformation, auch in Preußen fand sie Eingang; der Verfall des Ordens hat ihr den Boden bereitet. Im polnischen Preußen, in Danzig und Thorn, hatte die reformatorische Bewegung schon 1518 begonnen. Der Hochmeister selbst war in Nürnberg vom Geist der Reformation durch Osianders Predigten ergriffen worden. Durch Luther wurde ihm Briesmann, ein ehemaliger Franciscanermönch empfohlen, der am 27. September 1523 im Dom zu Königsberg seine erste Predigt im evangelischen Geiste hielt. Am Weihnachtsfest 1523 trat auch der Bischof selbst öffentlich für die Reformation ein mit der Engelsbotschaft, daß Christus von neuem der Welt geboren sei. In dieser in dem Dom gehaltenen und sofort im Druck ausgegebenen Predigt mahnt der Bischof zum persönlichen Glauben und Erfahren der seligmachenden Heilsthatsache der Menschwerdung Gottes in Christo, er warnt vor lügenhaftigen Lehren und Menschentrug und gelobt: „darum ich auch mit göttlicher Hülfe über Gottes Wort und dem Evangelio halten will, sollt ich gleich Leib und Leben, Gut und Ehre und Alles, was ich habe, daran setzen.“ Bereits am 15. Januar 1524 erließ der Bischof ein Mandat, daß fortan in allen Kirchen in der Landessprache gepredigt und getauft werden solle, „denn was nützt das Sacrament ohne Wort und Glaube“. Auch denen, welche littauisch, altpreußisch oder polnisch redeten, solle es künftig nicht an christlichem Unterricht mangeln. Eine Buchdruckerei, die erste in Preußen, wurde eingerichtet und der erste Druck, welcher aus ihr hervorging, war ein Vaterunser. Um selbstständig in der Bibel forschen zu können, erlernte der Bischof von Briesmann, der außer seinen Predigten im Dom Vorlesungen über den Römerbrief im Remter hielt, die hebräische Sprache. Neuerdings haben eingehende und scharfsinnige Studien des Professor Tschackert wahrscheinlich gemacht, daß sowohl die Weihnachtspredigt, als auch zwei spätere Predigten, welche P. zu Ostern und am Pfingstfest 1524 im Dom gehalten hat, nach Gedankeninhalt wie im Ausdruck mit Schriften Briesmann’s große Aehnlichkeit haben. Mag der gelehrte Theologe dem rechtskundigen Bischof das Material zu diesen Predigten zubereitet haben oder nur im Gedankenaustausch der Bischof die Gedankengänge und Ausdrucksweise des Theologen sich angeeignet haben, das Glaubenszeugniß des Bischofs in immerhin sehr individueller Form behält seinen Werth. In seinem Titel ließ P. fortan den Zusatz: „aus des heiligen apostolischen Stuhles Gnaden“ weg und nannte sich: „allein aus göttlicher Gnade Bischof von Samland“. Erfreut schrieb Luther: „Wie wunderbar ist Christus! Auch ein Bischof giebt endlich dem Namen Christi die Ehre und predigt das Evangelium, damit auch Preußen anfange, dem Reich des Satans den Abschied zu geben.“ Dem Hochmeister meldete P., daß gottlob das Evangelium Christi und [384] Wort Gottes gewaltiglich überhand nehme und bei Menschengedenken solcher Zulauf zu den Predigern nicht gewesen sei. Eine Reihe von Feiertagen, das Fasten wurde abgeschafft, die Nebenaltäre in den Kirchen in der Stille abgedeckt oder ganz beseitigt. Als ein Volkshaufe das Barfüßerkloster erstürmte, ließ der Hochmeister den Anstifter, Prediger Amandus, aus dem Lande weisen. Dem Bischof gab er übrigens zu erkennen, daß die Restitution der Mönche, da sie seines Erachtens in Königsberg nichts nutz wären, unterbleiben könne. –

Die lutherischen Neigungen des Hochmeisters waren in Rom nicht unbekannt geblieben, der Papst ließ den Hochmeister an seine Pflicht erinnern als ein Hauptmann der Kirche zum Schutz und Schirm des christlichen Glaubens erwählt und drohte mit Parteinahme für Polen. Als diese Drohung nur eine Mahnung des Hochmeisters an den Bischof zur Vorsicht zur Folge hatte, erging durch den päpstlichen Legaten von neuem die Aufforderung, den verbrecherischen und meineidigen Bischof von Samland, der in Preußen die lutherische Ketzerei begünstige und verbreite, zum Geständniß zu zwingen oder ihn seines Amtes zu entsetzen. Der Hochmeister, der damals in Preßburg auf eine günstige Lösung seiner politisch bedrängten Lage hoffte, half sich mit einer Ausflucht; er zeigte dem Legaten ein Schreiben, in welchem er dem Bischof sein Befremden aussprach über die ohne sein Vorwissen angenommenen Neuerungen und befahl, alle bereits eingeführten unchristlichen Gebräuche von Stund an wieder abzustellen; nebenher ging ein geheimes Schreiben, in welchem er dem vertrauten Freund mittheilte, daß er jenen Befehl nur zum Schein habe ausstellen müssen; der Bischof möge nur mit Vorsicht und in der Stille auf dem betretenen Wege weitergehen und seine Antwort so stellen, daß sie durch das Wort Gottes und die Wahrheit bestätigt werde; dabei wolle er den Bischof so lange schützen, als er von Gott selbst in Gnaden erhalten werde. –

Im Jahre 1525 kam der Friede zu Krakau zu Stande, nach Umwandlung des Ordenslandes in ein weltliches Herzogthum unter polnischer Lehnshoheit kehrte der Herzog im Mai nach Königsberg zurück. Noch in demselben Monat wurden die Stände versammelt; bei der Huldigung am 30. Mai entsagte Bischof P. aller weltlichen Herrschaft, welche nach dem Rechte des Ordens jeden Bischof in einem Drittheil seines Bisthums zum souveränen Herrn machte und trat die Hoheitsrechte mit Landen und Leuten an den Herzog ab, dieweil nach christlicher Ordnung und evangelischer Freiheit einem Bischof nicht gebühre so viel Herrlichkeit zu haben; für sich selbst bedingte er sich nur die standesgemäße Versorgung. Unter rühmender Anerkennung, daß solcher Verzicht frei und ungezwungen geschehen, verlieh der Herzog dem Bischof als Wohnsitz die Ordensburg Balga am frischen Haff, welche P. im Herbste 1525 bezog und bis an sein Ende bewohnt hat; später kam, weil der Bischof dem Herzog mit einer tapfern Summe Geldes sich hülfreich erwiesen, durch Verschreibung noch Grundbesitz im Kreise Rosenberg, seit 1542 auch der noch heute in Königsberg dem Generalsuperintendenten zustehende sogenannte Bischofshof in der Nähe des Doms dazu. Noch im J. 1525 vermählte sich der Bischof, fünf Tage früher als Luther, mit Catharina Truchseß von Wetzhausen, die aber bereits im folgenden Jahr im Wochenbett starb mit Hinterlassung einer Tochter, welche später den Oberburggraf Christoph von Kreutzen auf Domnau heirathete. Um dieser kleinen Tochter willen vermählte sich P. 1527 zum zweitenmal mit Anna Freiin zu Heydeck, bisher versperrt in einem [WS 1] Jungfrauenkloster bei Bamberg, das heilige Grab genannt, welche ihm einen Sohn gebar und ihren Gatten überlebte. Auch der Herzog vermählte sich 1526 mit einer dänischen Prinzeß; als er von P. die Trauung mit einer Messe nach katholischem Brauch, wohl der größeren Feierlichkeit wegen, wünschte, antwortete[WS 2] P. mit Freimuth, daß er sich vorgenommen habe mit Gottes Beistand nie wieder eine Messe zu feiern und nimmer die päpstliche [385] Tracht als Kapsel, Chorkappen oder dergleichen mehr zu tragen; dazu solle weder Papst noch Kaiser ihn vermögen; worin er sonst nach seinem Vermögen dem Herzog dienen könne, solle F. G. ihn ganz bereitwillig finden. –

Seines bischöflichen Amtes wartend hat P. im Auftrag des Herzogs fleißig Kirchenvisitationen gehalten; der herzogliche Erlaß an die Bischöfe von Samland und Pomesanien vom 24. April 1528 wegen jährlich abzuhaltender Kirchenvisitation ist vermuthlich von P. selbst verfaßt. An der Revision der Kirchenordnung von 1525, welche auf der ersten preußischen Landessynode im Februar 1530 vorgenommen wurde und aus welcher die constitutiones synodales hervorgingen, hatte er gewiß Antheil. Ende 1531 betheiligte er sich an dem Colloquium, welches zu Rastenburg mit den von Friedrich v. Heydeck begünstigten Wiedertäufern gehalten wurde. Auf Veranlassung des Herzogs erließ er 1539 ein biblisch begründetes Mandat, durch welches er den Geistlichen seiner Diöcese verbot, unter dem Vorwand der evangelischen Freiheit Personen in zu nahem Verwandtschaftsgrad zu trauen. Auf seine Befürwortung zu Gunsten des Bischofs von Pomesanien, Paul Speratus, erging mit Bewilligung der Stände unter dem 18. Nov. 1542 die „Vernottelung wegen der Bischöfe“, welche den Wirkungskreis und die Einkünfte der beiden Bischöfe von Samland und Pomesanien für die Zukunft festsetzt. Auch bei Gründung der Universität Königsberg 1544 wirkte P. mit, abgesehen davon, daß zur Stiftung und Dotirung auch die von ihm abgetretenen Ländereien mit benutzt worden sind. Der Herzog ernannte ihn zum Conservator und übertrug ihm die Oberaufsicht über den Rector, Kanzler und die übrigen akademischen Behörden, den Vorsitz im Senat und die Jurisdiction über Professoren und Studirende. Eine Einmischung in die bald darauf entstehenden theologischen Streitigkeiten der Professoren hat er abgelehnt; er sei nicht Theologe.

Durch Kränklichkeit und Alter behindert zog er sich immer mehr von den öffentlichen Angelegenheiten zurück. Bereits 1546 hatte er, aufgefordert seinen Wohnsitz von Balga nach Königsberg zu verlegen, statt dessen seinen Freund Briesmann mit Bewilligung des Herzogs zum Administrator und Präsidenten des Bisthums Samland ernannt. Einen Dienst konnte er seinem Herzog noch erweisen. Die Herzogin Dorothea war im J. 1547 gestorben; die Stände drängten zur Wiederverheirathung. P. hat die Braut, eine Prinzessin von Braunschweig, an der Grenze empfangen und am 16. Februar 1550 die Trauung vollzogen. Im März sandte der Herzog dem alten Freund nach Balga eine halbe Tonne leichten rheinischen Weins mit dem Wunsch, er möge solches mit Gesundheit austrinken. Bereits im folgenden Monat, am 28. April 1550 ist der Bischof 72jährig in Balga gestorben. Die Leiche wurde im Beisein des Herzogs und des Hofes im Dom zu Königsberg beigesetzt. Im alten Herzogthum Preußen ist das Gedächtniß an diesen ersten evangelischen Bischof noch heute lebendig. – Ein Sermon – gepredigt am Christtag, gedruckt zu Königsberg im Anfang des XXIV. Jahres. – Ein Sermon am Ostertag gepredigt im Jahre 1524. – Des Erwürdigen – Sermon am Pfingsttag – im Jahr 1524. – Zahlreiche Manuscripte und Briefe im Staatsarchiv zu Königsberg.

Rhesa, Vita Georgii a Polentis (Königsb. Univ.-Programm, 1825 und 1827). – Gebser und Hagen, Der Dom zu Königsberg. 1835. – Gebauer, Preuß. Prov.-Bl. B. 23, S. 541 u. f. 1840. – G. v. Polenz, Georg v. Polentz, der erste evang. Bischof. Halle 1858. – Hase, Herzog Albrecht etc. 1879. S. 14 u. f. – Tschackert, G. v. Polentz, Bischof von Samland, ein Charakterbild (Abdruck aus den kirchengeschichtlichen Studien) mit einer Auswahl ungedruckter Briefe des Bischofs. 1888.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: in einem versperrt
  2. Vorlage: anwortete