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ADB:Reinhard, Johann (Dramatiker)

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Artikel „Reinhard, Johann (Dramatiker)“ von Johannes Bolte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 36–37, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reinhard,_Johann_(Dramatiker)&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 14:23 Uhr UTC)
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Reinhard: Johann R., deutscher Dramatiker des 16. Jahrhunderts. Seine Heimath, welche er in seinen Schriften durch den Zusatz „Grawingellinus“ bezeichnet, hat Holstein fälschlich im flandrischen Gravelingen gesucht; er stammt aus dem Dorfe Grauwinkel in der Nähe von Merseburg. Da er sich im Sommer 1546 in Erfurt als „Johannes Reinhart de Grawinckell“ immatriculiren ließ, muß er um 1530 geboren sein. Später ging er nach Preußen. Zu Königsberg gab er 1561 ein Schauspiel, 1563 und 1564 zwei gereimte „Newe Zeytungen“ über das Vordringen der Russen in Livland und etwa gleichzeitig eine in niederdeutschem Dialekte abgefaßte „gantz erbarmlike, vnd elende klage Des armen vnnd Hartgedrengden Lyfflandes“ heraus. Die erste dieser Flugschriften widmete er seinem jüngeren, in Erfurt studirenden Bruder David, die letztgenannte enthält auch eine Parodie des Luther’schen Liedes: „Ach Gott vom Himmel, sieh [37] darein“. Wahrscheinlich ist er mit dem Johann Reinhard (der Name begegnet in dieser Zeit öfter, z. B. bei Rhesa, Presbyterologie 2, 78) identisch, welcher 1562 von Herzog Albrecht zum Pfarrer im Kirchspiel Laptau bei Königsberg eingesetzt wurde, 1566 aber seine Stelle räumen mußte und 1568 als Pfarrer in Mewe erscheint. – Das 1561 gedruckte Drama: „Eine wünderliche Geschicht Francisci Spierae, Reimweyß in eine Tragoediam verfast“, stellt gleich seinen späteren Schriften ein Ereigniß der jüngsten Vergangenheit (1548) dar, das viel Aufsehen gemacht hatte: die Bekehrung eines italienischen Juristen zur lutherischen Lehre, seinen Abfall und darauf seine Gewissensqualen und seinen Tod. Unbeholfen folgt R. dabei seiner Quelle, der prosaischen Historia F. Spierae, nur ein paar typische Teufelsscenen (zwischen Vnrhu, Schadenfro und Hurlehu) und eine Engelerscheinung hinzufügend; die Einführung der kleinen Kinder Spiera’s (II, 6: „O. o. herzliebstes Memmelein“) verräth directen oder indirecten Einfluß von Rebhun’s Susanna. Auf weitere Ausmalung verzichtend, glaubt er doch jeden Zug der Erzählung auf der Bühne vorführen zu müssen.

Goedeke, Grundriß² 2, 305, 393. – Holstein, Die Reformation im Spiegelbilde der dramat. Litteratur, 1886, S. 234 f. – E. Winkelmann, Bibliotheca Livoniae historica², 1878, Nr. 5455–5456. – Weißenborn, Akten der Univ. Erfurt 2, 364, 402. – D. H. Arnoldt, Prebyterologie, S. 10. – Gödtke, Preuß. Prov.-Bl. 1845, 753 f. – Ueber Spiera vergl. Sixt, P. P. Vergerius 1855, S. 124–160. Comba, Francesco Spiera 1872. – Mehrere dieser Nachweise verdanke ich der Güte von Dr. R. Reicke.