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ADB:Reinhard, Friedrich

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Artikel „Reinhard, Friedrich“ von Karl Ernst Hermann Krause in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 35–36, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reinhard,_Friedrich&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 17:02 Uhr UTC)
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Reinhard: Adolf Friedrich R., zu Strelitz 1726 geboren, studirte in Thorn Jura, dann in Halle wesentlich Theologie, und ist im ganzen weder Theologe noch Jurist geworden, hielt sich selber aber für einen Philosophen. 1748 erhielt er die Subalternstellung eines Secretärs bei der Justizkanzlei in Neustrelitz, warf sich hier in mancherlei Schriften als Gegner Wolf’s und eifriger Anhänger von Christ. Aug. Crusius auf, ferner als Gegner von Leibniz’ „Fatalität“ und Optimismus und später auch von Kant. Er erlangte auch für zwei Schriften „Sur l’optimisme“ und „Die Vollkommenheit der Welt nach dem Systeme des Herrn Leibnitz“ 1755 einen Preis von der Akademie zu Berlin. Im Grunde genommen vertrat er die mecklenburgische Orthodoxie mehr als den Haller Pietismus, zog aber durch sein schlagfertiges Streiten gegen „Gottesleugnung“ und Glaubenslosigkeit das Auge des Herzogs Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, des eifrigen Förderers des Pietismus, auf sich. In Neustrelitz war er Kanzleirath geworden; Gedichte hatte er 1755 dem Herzoge Adolf Friedrich gewidmet, die sogar 1760 nochmals gedruckt wurden, und da er deren mehrere auch in die „Schleswigschen Gelehrten Anzeigen“ lieferte, so hielt man ihn für einen Genossen der Dichter dieses Kreises und in Mecklenburg sogar für einen bedeutenden. Auch der Engländer Th. Nugent, der infolge der Verlobung der Prinzessin Charlotte mit Georg III. Mecklenburg aufsuchte, hat ihn (1766) geschildert. Seine vielen Streitschriften mit der klotzigen, schimpfenden Weise der Kritik jener Zeit verfeindeten ihn zunächst mit Nicolai und seinem [36] Anhange, Angriffe auf die Berliner liebte man überhaupt in Mecklenburg. Wol um nach seiner Heirath mit der Tochter des Leibmedicus Hempel ein sichereres Auskommen zu haben, nahm R. 1770 die Stelle als Syndicus der Ritter- und Landschaft in Rostock an, wurde aber sofort auf Veranlassung des intriganten, heuchlerischen Consistorialraths Fidler vom Herzoge Friedrich berufen und zur Ausrottung der Freigeisterei zum Consistorialdirector und Professor jur. primarius an der neu errichteten, rottfaulen Universität Bützow befördert. Seine Stellung wurde gleich dadurch gekennzeichnet, daß er sich Freiheit von Rectorats- und Conciliargeschäften von vornherein ausbedang, auch Collegia wol anschlug, aber nie las. Sein Amt sah er im kämpfenden Auftreten gegen Alles, was dem Pietismus des Herzogs und dem Crusius’schen Systeme widerstrebte. Da durch den Hermes’schen Glaubensproceß in Mecklenburg aber der aufkeimende Rationalismus schon vor seiner Anstellung todtgeschlagen war, so kehrte er sich wesentlich gegen die Litteratur der Zeit. Auf Wunsch des Herzogs begründete er, vorzüglich zunächst gegen die Berliner „Deutsche Allgemeine Bibliothek“, die Bützower „Kritischen Sammlungen zur neuesten Geschichte der Gelehrsamkeit“, deren 1. Jahrg. 1774 erschien, und in der er den litterarischen Knittelstreit allein führte. Lessing, Herder, Wieland (aber erst später, denn anfangs lobte er ihn), auch Klopstock, vor allem aber die Musenalmanachschreiber, die Barden, die Minnesänger, die „Shakespeare-Affen“, die Göttinger, sie alle mußten herhalten; Haller, Hagedorn, Uz, Zachariä gehen über sie alle. Ueber Klopstock’s Messias ging von ihm das Wort aus: „er wird immer viele Bewunderer, wenige Leser haben.“ Klopstock schreibt ihm undeutsch und holpericht; Lessing ist der gefährlichste Feind des Christenthums. Auch Goethe bekommt sein Theil, denn nach dem hochgelobten Götz von Berlichingen hat er sich in der Stella wieder verlaufen, und sein Werther ist ein „unseliges Buch“. Die Musenalmanache sind gar „Quispeldorchen“ (Speinäpfe). Die „Kritischen Sammlungen“ brachten so eine Zeitlang bis 1778 Bützow in den Mund der litterarischen Welt, R. bildete sich auch ein, daß sie nachhaltig wirkten; er selbst und seine Gedichte sind aber derartig vergessen, daß sie nicht einmal bei Koberstein und in K. Goedeke’s 11 Büchern deutscher Dichtung, noch in dessen Grundriß d. d. D. III. 2. Aufl. genannt sind. Er selbst war zuletzt mit allen seinen Collegen zerfallen, auch verhaßt wegen seiner ständigen voreinnehmenden Berichte an den Herzog. 1779 ernannte dieser ihn für das Reichskammergericht zu Wetzlar und erwirkte ihm darnach einen kaiserlichen Adelsbrief. 1783 starb er.

S. Hölscher in Jahrb. für Meckl. Geschichte 49 (durchaus laudatorisch) und 50 (Univ. Bützow). – Höpfner und Zacher, Zeitschrift f. d. Phil. VI (1875), S. 360, Anm. zu S. 201. – Ueber den Hermes’schen Proceß: J. Wiggers, Kirchengesch. Mecklenburgs, S. 218 ff.